Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden nur Beklagte) betreibt in L***** das Fitneß-Studio F*****. Der klagende und gefährdete Verein für Konsumenteninformation (im folgenden nur klagende Partei) entsandte seinen Angestellten Christian B***** zur Beklagten zwecks Überprüfung, welche Verträge diese mit ihren Kunden abschließt. Christian B***** gab sich am 21.Juni 1993 als ein an einem Vertragsabschluß interessierter Kunde aus und ersuchte den damals im Fitneß-Studio anwesenden Angestellten der Beklagten um entsprechende Unterlagen, um diese zwecks eines allfälligen Vertragsabschlusses mit der Beklagten zu Hause durchlesen zu können. Christian B***** erhielt neben der Information, daß er ein Probetraining absolvieren könne, aus einem im Lokal liegenden Stoß Formulare die "Trainings-Anmeldung samt Hausordnung" ausgehändigt, aber keinen Hinweis, daß noch Änderungen des Trainings-Anmeldungsformulars erfolgen werden oder auch nur möglich sein könnten. Dieses Formular enthält auf der Vorderseite ("Trainings-Anmeldung") unter anderem folgende Bestimmungen:
"... Hiermit erkläre meine Anmeldung in der F***** zu nachstehenden
Bedingungen, die ich durch meine Unterschrift als verbindlich anerkenne:
Rechte des Mitgliedes: ... Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres
Leistungsangebotes behalten wir uns vor. ...
Haftungsausschluss: Eine Haftung der F*****, auch aus außervertraglicher Haftung für eventuell auftretende Schäden, welche sich das Mitglied bei der Benützung unserer Einrichtungen bzw durch Inanspruchnahme unserer Dienstleistungen zuzieht, ist ausgeschlossen.
...
Zahlungsweise: ... Gerät das Mitglied mit den vereinbarten Zahlungen
mehr als 4 Wochen in Verzug, so werden die Monatsbeiträge für die gesamte Dauer der Mitgliedschaft sofort zur Zahlung fällig. ...
Dauer der Mitgliedschaft/Kündigung: ... Die Kündigung des
Trainingsvertrages ist jeweils drei Monate vorher per Einschreiben möglich. Der Mitgliedsbeitrag verlängert sich ansonsten um die abgeschlossene Vertragsdauer.
Gültigkeit der Anmeldung: ... Mündliche Nebenabreden haben keine
Gültigkeit, jede Änderung bedarf der Schriftform. ... Gerichtsstand
ist für beide Seiten L*****."
Auf der Rückseite ("Hausordnung") sind unter anderem die Öffnungszeiten angegeben.
Es ist nicht bescheinigt, daß die Beklagte vor Vertragsabschluß alle inkriminierten Passagen oder auch nur einzelne davon überhaupt bzw ohne Zutun des Kunden aus dem Trainings-Anmeldungsformular herausstreicht. Die Beklagte strich vor Vertragsabschluß mit Michael L***** am 3.Juli 1990 aus dem Passus "Rechte des Mitgliedes" den Teil "Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres Leistungsangebotes behalten wir uns vor", die Bestimmung über den Haftungsausschluß und die Zahlungsweise, den letzten Satz aus dem - hier nicht relevierten - Passus "Krankheit/Ausfallzeiten", den ersten Satz aus dem - hier nicht relevierten - Passus "Verlegung der Schulräume/Höhere Gewalt", den Passus über die Dauer der "Mitgliedschaft/Kündigung" und die Gültigkeit der Anmeldung, allerdings nicht die in dem letzteren Passus enthaltene Bestimmung "Gerichtsstand ist für beide Seiten L*****"; bei der Bestimmung über die Kündigungsmöglichkeit ist handschriftlich eingefügt: "Jederzeit/Stornogebühr 500 S".
Vor Abschluß der Verträge mit den Kunden Herbert D***** am 10.März 1992, Josef J***** (Wohnort L*****) am 1.Oktober 1992 und David A***** am 3.August 1993 strich die Beklagte in den Trainings-Anmeldungsformularen die Klausel über die Dauer der Mitgliedschaft/Kündigung, bei David A***** überdies den ersten Satz aus dem - hier nicht relevierten - Passus "Verlegung der Schulräume/Höhere Gewalt" nicht; sonst wurden vor Vertragsabschluß mit diesen Kunden die gleichen Teile in den Trainings-Anmeldungsformularen wie bei Michael L***** gestrichen.
Die klagende Partei begehrt zur Sicherung ihres Anspruches gegen die Beklagte auf Unterlassung gesetzwidrigen bzw gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, was Gegenstand der Klage 2 Cg 230/93 des Landesgerichtes Linz bildet, von der Beklagten die Unterlassung, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (im folgenden AGB), die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern folgende Klauseln gegenüber einem Verbraucher zu verwenden:
"Eine Haftung der F*****, auch aus außervertraglicher Haftung für eventuell auftretende Schäden, welche sich das Mitglied bei der Benützung unserer Einrichtungen bzw durch Inanspruchnahme unserer Dienstleistungen zuzieht, ist ausgeschlossen."
"Gerät das Mitglied mit den vereinbarten Zahlungen mehr als 4 Wochen in Verzug, so werden die Monatsbeiträge für die gesamte Dauer der Mitgliedschaft sofort zur Zahlung fällig."
"Die Kündigung des Trainingsvertrages ist jeweils drei Monate vorher per Einschreiben möglich. Der Mitgliedsbeitrag verlängert sich ansonsten um die abgeschlossene Vertragsdauer."
"Mündliche Nebenabreden haben keine Gültigkeit, jede Änderung bedarf der Schriftform."
"Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres Leistungsangebotes behalten wir uns vor", soweit sie nicht im einzelnen ausgehandelt wurde.
"Gerichtsstand ist für beide Seiten L*****" gegenüber einem Verbraucher, der im Inland, aber außerhalb des Gerichtssprengels Linz seinen Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Beschäftigung hat, für Klagen gegen diesen gemäß §§ 88, 89, 93 Abs 2 und 104 Abs 2 JN.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und ließ sich rechtlich neben der grundsätzlichen Berechtigung des Unterlassungsbegehrens zu den beiden - im Revisionsrekursverfahren noch strittigen - Klauseln von folgenden Erwägungen leiten:
Einseitige Änderungen von Unternehmensleistungen wie hier in der Klausel "Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres Leistungsangebotes behalten wir uns vor" seien nur dann gestattet, wenn die Abweichung zumutbar, weil geringfügig und sachlich gerechtfertigt sei, wobei entsprechende Vertragsbestimmungen nach § 6 Abs 2 KSchG ausgehandelt werden müßten. Abgesehen davon, daß dies hier nicht geschehen sei, dürfe die Leistungsänderung anerkennenswerte Interessen des Verbrauchers jedenfalls nicht widersprechen. Die Klausel lasse der Beklagten offen, für ihre Kunden unzumutbare Abänderungen der Öffnungszeiten und ihres Leistungsangebotes einseitig vorzunehmen. Die vertragliche Gegenleistung der Beklagten bestehe im Zurverfügungstellen ihrer Räumlichkeiten und der darin befindlichen Trainingsgeräte und diversen Nebenleistungen zur Benützung durch den Kunden, wobei die Beklagte auch Trainer einsetze, worauf auch die Hausordnung auf der Rückseite des Trainings-Anmeldungsformulars hinweise - in welcher auch die Öffnungszeiten der Beklagten zur Zeit der Anmeldung des Kunden aufscheinen - und zwar, wie sie der Kunde bei Vertragsabschluß vorfinde bzw wie sie ihm bei einem Probetraining vorgestellt werden. Die Klausel "Gerät das Mitglied mit den vereinbarten Zahlungen mehr als 4 Wochen in Verzug, so werden die Monatsbeiträge für die gesamte Dauer der Mitgliedschaft sofort zur Zahlung fällig" verstoße gegen § 13 KSchG.
Die zweite Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstrichters.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Rekursgericht zugelassene Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht gerechtfertigt.
Wer im geschäftlichen Verkehr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die er von ihm geschlossenen Verträge zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung geklagt werden (§ 28 KSchG). Der Anspruch kann ... vom Verein für Konsumenteninformation geltend gemacht werden (§ 29 KSchG). Die Anwendung des § 28 KSchG ist weder auf bedenkliche AGB beschränkt, die einem Verbrauchergeschäft zugrundegelegt werden, reicht also über die Kontrolle der Verträge hinaus, die das I. Hauptstück der AGB treffen will, noch auf ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs (SZ 55/111 = ÖBl 1983, 127 = MietSlg 34/25;
Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, Konsumentenschutzgesetz3 172; Jelinek
in Krejci, Handbuch zum KSchG 795). Im abstrakten Kontrollverfahren
einer Verbandsklage kann die Prüfung der Zulässigkeit von Klauseln
nur generalisierend erfolgen; für eine individualvertragskonforme
Auslegung ist in diesem Verfahren kein Raum (2 Ob 523/94). Das
Unterlassungsbegehren ist auch bei teilweiser Unzulässigkeit von
AGB-Klauseln gerechtfertigt; im Verbandsprozeß ist für eine
geltungserhaltende Reduktion kein Raum, das Ziel des KSchG ist, auf
einen angemessenen Inhalt der in der Praxis verwendeten AGB
hinzuwirken (EvBl 1985/107 = RdW 1987, 120 = MietSlg 39/2; Apathy in
Schwimann, Rz 3 zu §§ 28-30 KSchG; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer aaO
172).
Die Beklagte bestreitet hier die Tatbestandsmäßigkeit des § 28 KSchG,
weil sie ihre Trainings-Anmeldungsformulare nicht "verwende" und mit
dem Angestellten der klagenden Partei keinen Vertrag abgeschlossen
habe. Im Verbandsprozeß nach §§ 28 ff KSchG geht es nicht um die
Anfechtung konkreter Rechtsgeschäfte, sondern darum, unzulässige
AGB-Klauseln präventiv "aus dem Rechtsverkehr zu ziehen". Es kommt
daher nicht darauf an, ob im geschäftlichen Verkehr ein
Rechtsgeschäft unter Verwendung der AGB oder Formblätter, die
unzulässige Bedingungen als Vertragsbestandteile enthalten,
tatsächlich abgeschlossen wurde, sondern es genügt schon deren
drohende Verwendung (Apathy aaO Rz 2). Das ist unter anderem dann der
Fall, wenn im vorvertraglichen Bereich dem präsumptiven
Vertragspartner - wie hier dem Angestellten der klagenden Partei -
der Vertragsabschluß auf der Grundlage dieser Bedingungen angeboten
wird. Krejci (in Rummel2, Rz 8 zu §§ 28-30 KSchG) fordert nur, daß
die "AGB als Vertragsschablonen tatsächlich zum Einsatz gelangen."
Dem ist hier durch den "Einsatz" bei der Offertstellung zur
beabsichtigten Gestaltung des Vertragsinhaltes entsprochen. Der Auffassung von Jelinek (aaO 806), daß die Bedingungen in AGB oder Vertragsformblättern verwendet werden, lasse § 28 KSchG für das Rechtswidrigkeitsurteil nicht ausreichen, erforderlich sei ein Bezug zu "geschlossenen Verträgen" somit, daß die vorformulierten Vertragsbestimmungen in perfekt gewordene Verträge eingegangen seien, vermag der erkennende Senat nicht zu teilen. Bei der Übergabe der AGB oder des Formblatts an einen am Vertragsabschluß erkennbar interessierten Kunden droht die Verwendung, soferne nicht der Unternehmer bei Übergabe der AGB oder des Formblatts stets die verbotenen Klauseln streicht oder abändert oder aber dem Kunden die Streichung oder Abänderung derartiger gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßenden Klauseln in Aussicht stellt. Ein derartiges Verhalten der Beklagten ist hier nicht bescheinigt.
Ob bereits das bloße Aufliegen von AGB oder Formularen den Tatbestand ihrer drohenden Verwendung erfüllt, ist hier nicht zu beurteilen.
Im Revisionsrekursverfahren bestreitet die Beklagte dann nur mehr, daß die Klauseln "Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres Leistungsangebotes behalten wir uns vor" und "Gerät das Mitglied mit den vereinbarten Zahlungen mehr als 4 Wochen in Verzug, so werden die Monatsbeiträge für die gesamte Dauer der Mitgliedschaft sofort zur Zahlung fällig" gegen § 6 Abs 2 Z 3 KSchG bzw § 13 KSchG verstoßen.
Auch wenn eine AGB-Unklarheit im konkreten Fall mit Hilfe des § 915 ABGB durch das Gericht zugunsten des Kunden ausgelegt werden kann, so bleibt im allgemeinen Rechtsverkehr die dauernde Gefahr, daß der Verwender mit dem Hinweis auf die betreffende Bestimmung die für ihn günstigste Deutung durchzusetzen versucht. Es ist daher im Rahmen der Verbandsklage die "kundenfeindlichste", also die für den Kunden ungünstigste (objektive) Auslegung zugrunde zu legen und danach zu prüfen, ob ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten vorliegt (2 Ob 534/94).
Die Klausel "Änderungen der Öffnungszeiten bzw unseres Leistungsangebotes behalten wir uns vor" ist als nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmung nachteilig iS des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG, weil in der Hausordnung (aus der Rückseite des Trainings-Anmeldungsformulars) die Öffnungszeiten des Fitneß-Zentrums der Beklagten angeführt sind. Insoferne ist daher das Leistungsangebot der Beklagten entgegen ihrem Rechtsmittelvortrag nicht unbestimmt, sodaß die Vorinstanzen zu Recht einen Verstoß gegen das gesetzliche Gebot des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG angenommen haben. Daß die Änderung der Öffnungszeiten dem Kunden eines Fitneß-Zentrums nicht zumutbar sei, wird im Rechtsmittel nicht in Frage gestellt.
Daß § 13 KSchG nicht auf Abzahlungsgeschäfte (§§ 16 ff KSchG) beschränkt ist, sondern - wie sich schon aus seiner Einordnung ergibt - auch auf Verträge über wiederkehrende Leistungen anzuwenden ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1988/111 = WBl 1988, 61; SZ 58/144 = EvBl 1986/54 = RdW 1986, 75; zuletzt 4 Ob 1541/93) und der Lehre (Jud in Krejci, Handbuch zum KSchG 530; Krejci aaO Rz 1 zu § 13 KSchG und Rz 5 zu § 17 KSchG mwN; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer aaO 101). Die hier zu beurteilenden Verträge zwischen der Beklagten als Inhaberin eines Fitneß-Studios und ihren Kunden sind Verträge über wiederkehrende Leistungen. Die von der Beklagten verwendete Klausel "Gerät das Mitglied mit den vereinbarten Zahlungen mehr als 4 Wochen in Verzug, so werden die Monatsbeiträge für die gesamte Dauer der Mitgliedschaft sofort zur Zahlung fällig" verstößt gegen das gesetzliche Verbot des § 13 KSchG, wonach der Unternehmer das Recht zum Terminsverlust nur ausüben darf, wenn er selbst seine Leistungen bereits erbracht hat, zumindest eine rückständige Leistung des Verbrauchers seit mindestens sechs Wochen fällig ist sowie der Unternehmer den Verbraucher durch Androhung des Terminsverlustes und unter Setzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt hat. In der Klausel ist der Zeitraum für die rückständige Leistung verkürzt; überdies fehlt die Anordnung des Terminsverlustes unter Setzung einer Nachfrist.
Die Wiederholungsgefahr (vgl dazu Krejci aaO Rz 18 zu §§ 28-30 KSchG; Jelinek aaO 813 ff mwN) wird im Rechtsmittel nicht in Frage gestellt. Demgemäß ist dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 78, 402 EO iVm 40, 50 ZPO bzw § 393 EO.
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