OGH 6Ob549/95

OGH6Ob549/9522.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Michael M*****, Chirurg, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Leitner, Dr.Helmut Platzgummer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Cesare d'A*****, vertreten durch Dr.Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 75.600 sA und Feststellung (Streitwert S 100.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das zum Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 19.September 1994, GZ 21 Cg 44/94h-40, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Oktober 1994, ON 42, ergangene Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 1.Februar 1995, AZ 17 R 300/94 (ON 46), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

9.135 (darin S 1.522,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger wollte am 25.8.1990 im Schuhgeschäft des Beklagten Schuhe kaufen. Die für die Kunden aufgestellten Sitzbankreihen wiesen fünf Sitzfelder auf. Zwischen den Polstern steckten 40 cm lange Schuhlöffel und ragten 20 cm senkrecht aus der Polsterung heraus. Der Kläger verspürte im Zuge seines Hinsetzens einen Schuhlöffel, erschrak und wollte sich mit gestreckten Fingern abstützen. Dabei erlitt er an einem Finger einen Abriß der Strecksehne. Er begehrt vom Beklagten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten Schadenersatz (Schmerzengeld und Verdienstentgang) sowie die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß kein rechtswidriges Verhalten des Beklagten vorliege. Bei der Beurteilung der Rechtswidrigkeit sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Es seien die Zumutbarkeit der Handlungspflicht, der Wert der bedrohten Güter und Interessen sowie die Eignung des schädigenden Verhaltens, einen nachteiligen Erfolg herbeizuführen, zu berücksichtigen. Die Gefährlichkeit sei vom Standpunkt eines sachkundigen Beobachters im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung zu beurteilen. Da eine unmittelbare Verletzungsgefahr von dem in den Fugen des Polsters steckenden Schuhlöffel nicht ausgegangen sei, hätte auch eine ein "normgerechter sorgfältiger Mensch die Gefahr nicht erkannt".

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die (ordentliche) Revision zulässig sei.

Mit seiner Revision beantragt der Kläger die Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen dahin, daß der Klage stattgegeben werde.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Unstrittig ist, daß dem Unternehmer gegenüber seinen Kunden Verkehrssicherungspflichten obliegen, deren schuldhafte Verletzung Ersatzpflichten auslöst. Der Verkehr soll vor Gefahrenquellen aller Art gesichert werden. Der Verantwortliche hat im Rahmen des Zumutbaren Maßnahmen gegen naheliegende Gefahren zu treffen (JBl 1988, 318 mwN). Voraussetzung der Haftung des Geschäftsinhabers infolge Unterlassung einer Gefahrenabwehr ist, daß dem Inhaber eine Gefahrenquelle bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennbar ist. Die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht dürfen nicht überspannt werden (ZVR 1989/28; RZ 1982/50).

Das Berufungsgericht ist von den dargelegten Grundsätzen nicht abgewichen und ist aufgrund der festgestellten Umstände des Einzelfalls zum Ergebnis gelangt, daß es an der Erkennbarkeit der Gefahr mangle. Der Revisionswerber zeigt keine Umstände auf, die das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision erkennen ließen. Die Zulässigkeit könnte nur bei einem Abweichen von einheitlicher oberstgerichtlicher Rechtsprechung oder einer unrichtigen Anwendung von an sich richtig dargestellten Grundsätzen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung bejaht werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 502 mwN).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Da der Beklagte auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen hat, war der Kläger zum Ersatz der Kosten des Revisionsverfahrens zu verhalten (§§ 41, 50 ZPO).

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