OGH 6Ob545/94

OGH6Ob545/9413.7.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter W*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Jeannee und Dr.Peter Lösch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Brigitte W*****, vertreten durch Dr.Gottfried Forsthuber, Rechtsanwalt in Baden, wegen restlicher S 250.000,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Dezember 1993, GZ 17 R 246/93-30, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20.Juli 1993, GZ 9 Cg 87/91-26, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 9.070,20 (darin S 1.511,70 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte war Alleingesellschafterin der M***** GmbH mit einem Gesellschaftsanteil entsprechend einer zur Hälfte bar eingezahlten Stammeinlage von S 500.000,--. Der Kläger erwirkte gegen diese Gesellschaft ein rechtskräftiges und vollstreckbares Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien. Dieses Gericht bewilligte dem Kläger mit Beschluß vom 29.6.1990 zur Hereinbringung der aushaftenden S 239.845,13 zuzüglich 12 % Zinsen seit 8.1.1990, der Kosten von S 12.461,80 und der mit S 4.886,74 bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Exekution gegen die M***** GmbH durch Pfändung der der verpflichteten Partei (u.a.) gegen die hier beklagte Brigitte W***** zustehenden Forderung auf die ausstehende Stammeinlage an der M***** GmbH. Das Exekutionsgericht Wien bewilligte mit Beschluß vom 5.7.1990 die Überweisung dieser Forderung zur Einziehung. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß und der Beschluß über die Überweisung der Forderung zur Einziehung wurden der Beklagten als Drittschuldnerin am 11.7.1990 eigenhändig zugestellt. Sie ergriff weder ein Rechtsmittel noch gab sie eine Drittschuldnererklärung im Sinne des § 301 EO ab.

Der Exekutionsbewilligungsbeschluß konnte der verpflichteten Partei nicht zugestellt werden.

Die Beklagte hat die restliche Stammeinlage von S 250.000,-- nicht eingezahlt. Sie hat ihren Geschäftsanteil entsprechend der zur Hälfte bar einbezahlten Stammeinlage von S 500.000,-- gegen ein Abtretungsentgelt von S 1,-- mit Notariatsakt vom 13.9.1990 an Erwin W***** abgetreten. Die offene restliche Stammeinlage wurde bisher noch nicht entrichtet. Die Ansprüche des Klägers aufgrund des Versäumungsurteiles des Handelsgerichtes Wien wurden bisher nicht erfüllt.

Der Kläger begehrt von der Beklagten restliche S 250.000,-- sA mit dem Vorbringen, die Beklagte sei als Drittschuldnerin aufgrund der exekutiven Überweisung des Anspruches der M***** GmbH verpflichtet, die noch aushaftende Stammeinlage an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte wandte ein, die Pfändung des Anspruches sei am 11.7.1990 erfolgt; sie habe aber am 13.9.1990 ihre Geschäftsanteile abgetreten. Insbesondere sei die Exekutionsbewilligung nicht rechtskräftig und daher nicht wirksam, weil der Bewilligungsbeschluß der verpflichteten Partei, der M***** GmbH, nicht zugestellt worden sei.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es führte in der rechtlichen Beurteilung aus, die Forderung der GmbH gegen die Beklagte sei wirksam gepfändet und dem Kläger überwiesen worden. Die Pfändung sei durch Zustellung an die Beklagte als Drittschuldnerin bewirkt. Die mangelnde Zustellung des Einziehungs- und Verfügungsverbotes an die verpflichtete Partei hindere das wirksame Entstehen des Pfandrechtes nicht. Im Verhältnis der Parteien zueinander würden keine schutzwürdigen Interessen verletzt. Der Einwand der Beklagten, sie habe ihre Geschäftsanteile abgetreten, sei ohne Bedeutung; die Beklagte habe für den Weiterbestand der gepfändeten Forderung ab Zustellung des Zahlungsverbotes einzustehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten - mit Ausnahme eines Teiles der zugesprochenen Zinsen - keine Folge. Der Vollzug der Pfändung gemeiner Forderungen erfolge durch Zustellung eines an den Drittschuldner gerichteten, vom Bewilligungsgericht zu erlassenden Verbotes, dem Verpflichteten zu leisten, zu eigenen Handen des Drittschuldners. Daneben werde vom Bewilligungsgericht an den Verpflichteten das gemäß § 345 EO unanfechtbare Verbot, über die Forderung zu verfügen, gemäß § 294 EO erlassen. Mit der Überweisung zur Einziehung gemäß § 303 EO erwerbe der betreibende Gläubiger die Möglichkeit, vom Drittschuldner Zahlung zu verlangen und gegen ihn erforderlichenfalls die Klage einzubringen. Der Kläger sei mangels Äußerung und Erhebung eines Rekurses durch die Drittschuldnerin daher berechtigt, den überwiesenen Anspruch mit Klage geltend zu machen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu der Frage, ob eine Drittschuldnerklage die Rechtskraft des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses voraussetze, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bekannt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt keine Berechtigung zu.

Nach dem Wortlaut des § 294 EO erfolgt die Exekution auf Geldforderungen des Verpflichteten durch Pfändung. Diese geschieht dadurch, daß das Gericht, welches die Exekution bewilligt, dem Drittschuldner verbietet, an den Verpflichteten zu zahlen. Zugleich ist dem Verpflichteten selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Mit der Zustellung des Verbotes an den Drittschuldner - und nicht etwa auch an den Verpflichteten - ist das Pfandrecht erworben. Die Pfändung allein gibt der betreibenden Partei zunächst nur das Recht, vom Drittschuldner gemäß § 301 EO Auskunft über den Bestand der gepfändeten Forderung zu verlangen (was die Beklagte unterlassen hat) und die Verwertung im Sinne der §§ 303 ff EO zu begehren. Mit der Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung, die durch Zustellung des Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner erfolgt, erwirbt der betreibende Gläubiger das Recht, vom Drittschuldner Zahlung zu verlangen und gegen ihn erforderlichenfalls auch die Klage einzubringen (Heller-Berger-Stix 2187; Rechberger-Simotta Exekutionsverfahren2 Rz 679).

Im Rahmen eines Prozesses über eine Drittschuldnerklage ist lediglich das Rechtsverhältnis der Drittschuldnerin zur betreibenden Partei zu prüfen. Die Drittschuldnerin ist nicht Partei des Exekutionsverfahrens. Sie kann dem Überweisungsgläubiger keine Einwendungen entgegensetzen, die das Verhältnis des Verpflichteten zum Überweisungsgläubiger betreffen. Sie kann daher weder den Vollstreckungsanspruch des betreibenden Gläubigers bestreiten noch das Fehlen der Exekutionsvoraussetzungen geltend machen. Insbesondere ist die Gültigkeit der Pfändung im Drittschuldnerprozeß nicht mehr Gegenstand einer Überprüfung (SZ 61/141 mwN). Dies bedeutet, daß die Exekutionsbewilligung bis zur Rechtskraft eines diese beseitigenden Beschlusses fortwirkt (vgl SZ 60/278). Die mangelnde Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten ist daher für das Verhältnis zwischen betreibendem Gläubiger und Drittschuldner im Drittschuldnerprozeß ohne Bedeutung und hindert daher nicht die Einbringung einer Drittschuldnerklage.

Die Vorinstanzen haben dem Klagebegehren daher zu Recht stattgegeben.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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