Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger betreibt das Leasinggeschäft mit Kraftfahrzeugen. Im September 1995 übergab er einem Leasingnehmer einen PKW Porsche mit einem Zeitwert von rund 500.000 S und überließ ihm auch den Typenschein. Der Leasingnehmer erwirkte unter Verwendung eines gefälschten schriftlichen Kaufvertrags, auf dem auf Verkäuferseite zwei nicht unterfertigte Firmenstampiglien eines Autohändlers aufscheinen, seine Eintragung im Typenschein als Zulassungsbesitzer und verpfändete in der Folge das Fahrzeug beim beklagten Pfandleihunternehmen zur Sicherstellung des aufgenommenen Darlehens. Bei der Verpfändung wurden der Beklagten der Typenschein, der Zulassungsschein, der Kaufvertrag, ein Kraftfahrzeugüberprüfungsgutachten sowie der Reisepaß des Verpfänders zur Einsicht vorgelegt. Die Beklagte verwertete wegen Nichtzurückzahlung des Darlehens das Fahrzeug durch Versteigerung am 2. 7. 1996. Der Leasingnehmer wurde wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt.
Der Kläger begehrt 500.000 S. Der Beklagten hätte auffallen müssen, daß der Verpfänder nicht Eigentümer des Fahrzeugs war. Die Beklagte bestritt die Verletzung von Sorgfaltspflichten.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen keine über den Anlaßfall hinausgehenden erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor:
Der gutgläubige Pfandrechtserwerb des Pfandleihers ist in der lex specialis des § 4 Abs 4 des Gesetzes vom 23. 3. 1885 RGBl 48 idF des Art 16 der V GBl Ö 1939/86 geregelt. Diese Bestimmung wurde anläßlich der Änderungen des Gewerberechts immer wieder aufrecht erhalten (zuletzt mit § 275m GewO idF BGBl 1997 I/63). Danach gehen früher erworbene Rechte dritter Personen auf Wertpapiere und andere bewegliche Sachen dem Gewerbeinhaber (Pfandleiher) nur dann vor, wenn sie dem Pfandleiher schon bei der Übergabe der Pfandsache bekannt oder doch deutlich erkennbar waren und der gute Glaube auch nicht nach der sinngemäßen Anwendung des § 367 HGB als ausgeschlossen gilt (dieser Fall kann nur Wertpapiere betreffen). Die Vorinstanzen haben eine solche deutliche Erkennbarkeit der fehlenden Eigentümereigenschaft des Verpfänders verneint.
Im Gegensatz zu den Bestimmungen des ABGB (§ 367 iVm § 456 ABGB), bei denen der gute Glaube des Erwerbers schon bei leichter Fahrlässigkeit ausscheidet (JBl 1994, 330 uva), gilt für den Kauf oder die Pfandnahme beweglicher Sachen nach Handelsrecht, daß der Erwerber dann nicht in gutem Glauben ist, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, daß die Sache dem Veräußerer oder Verpfänder nicht gehört. Das Privileg des Pfandleihers besteht nun darin, daß die Einschränkung auf grobe Fahrlässigkeit beim Pfandleiher auch beim Erwerb vom Nichtkaufmann oder vom Kaufmann bei einem reinen Privatgeschäft gilt (in 8 Ob 590/85 wurde dieses Privileg auf seine Verfassungskonformität überprüft und für unbedenklich erachtet). Die in der zitierten Gesetzesstelle verlangte deutliche Erkennbarkeit korrespondiert mit der im § 366 HGB normierten groben Fahrlässigkeit und bringt jedenfalls zum Ausdruck, daß sich der Pfandleiher nicht mit bloßen Erklärungen des Verpfänders zufriedengeben darf. Dies ist hier auch nicht geschehen. Für den Gutglaubenserwerb im Gebrauchtwagenhandel fordert die Rechtsprechung grundsätzlich, daß der Erwerber sich Urkunden, insbesondere den Typenschein, vorlegen lassen muß (Schuhmacher in Straube, HGB2 Rz 11a zu § 366 mN aus der Rechtsprechung). Dieser verbrieft allerdings noch nicht das Eigentum des Eingetragenen (ZVR 1995/63). Weil in der Praxis häufig Eigentumsvorbehalte erfolgen, trifft den Erwerber eine weitere Prüfpflicht, allenfalls muß er sich auch Rechnungen oder Zahlungsbestätigungen vorlegen lassen (SZ 60/120; Schuhmacher aaO Rz 11 mwN). Zu dieser verschärften Prüfpflicht (vgl dazu auch Bollenberger in ÖJZ 1995, 641 mN aus der oberstgerichtlichen Rechtsprechung) müßte aber nur dann näher Stellung genommen werden, wenn ein Sachverhalt vorläge, wonach der Pfandrechtserwerb der Beklagten aufgrund konkreter Umstände objektiv als verdächtig erscheinen hätte müssen (SZ 68/196). Ein Eigentumsvorbehalt des Verkäufers, der an den Verpfänder nach der von ihm vorgelegten Urkunde verkauft haben soll, ist aus dem Kaufvertrag nicht ersichtlich. Der Verpfänder wies somit den Pfandleiher zumindest dem äußeren Anschein nach seinen Eigentumserwerb nach, also den für den derivativen Rechtserwerb erforderlichen Titel und die Übergabe der Sache. Die vollständige Bezahlung des Kaufpreises wäre nur bei einem Indiz auf einen Eigentumsvorbehalt vom Pfandnehmer zu prüfen gewesen. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht (Obliegenheit) des Pfandleihers könnte sich hier nur daraus ergeben, daß der Beklagten die betrügerische Vorgangsweise des Verpfänders unbekannt blieb, obwohl sie deutlich erkennbar gewesen wäre. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß dies aus den vom Revisionswerber ins Treffen geführten Gründen (also vor allem wegen des Fehlens der Unterschrift des Verkäufers auf dem vorgelegten Kaufvertrag und wegen des Nichtaufscheinens des Verkäufers im Typenschein) noch nicht der Fall gewesen sei, liegt keine unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit und der Rechtssicherheit aufgreifbare Fehlbeurteilung (vgl 8 Ob 1505/96).
Der Rechtsansicht des Revisionswerbers, daß § 4 Abs 4 des zitierten Reichsgesetzes nur auf den Erwerb von Wertpapieren anwendbar sei und daß Pfandleiher nicht eine erleichterte, sondern sogar eine gegenüber anderen Erwerbern verschärfte Prüfpflicht treffe, geht am klaren Gesetzeswortlaut vorbei. Das Gesetz regelt den Gutglaubenserwerb bei allen beweglichen Sachen und normiert unmißverständlich einen Ausschluß des guten Glaubens nur bei deutlicher Erkennbarkeit der wahren Eigentumsverhältnisse.
Kosten der Revisionsbeantwortung waren nicht zuzusprechen, weil nicht auf die Unzulässigkeit hingewiesen wurde.
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