Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der Beschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 35.794,80 (darin S 5.965,80 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 44.407,40 (darin S 2.982,90 USt und S 26.510,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte wurde von der Klägerin mit Vertrag vom 1.2.1993 mit der Planung und Errichtung einer Mehrzweckhalle in W***** beauftragt und hat als Generalunternehmerin Planung, Verfassung der Ausschreibungstexte, Erteilung der Werkaufträge und Bauaufsicht übernommen. Die Dauer der Haftfrist der Beklagten wurde mit zwei Jahren ab schriftlicher Übernahme festgelegt. Die Mehrzweckhalle wurde im November 1994 fertiggestellt und übergeben.
Der Boden der Halle war von der Subunternehmerin der Beklagten, der ARGE A*****, hergestellt worden. Im Zuge der Übernahme der Halle wurde die Schlußrechnung der ARGE gegenüber der Beklagten am 22.11.1984 gelegt, die Gewährleistungsfrist des Subunternehmers gegenüber dem Generalunternehmer sollte am 22.11.1987 enden.
Nach der ersten Heizperiode traten am Hallenboden Aufschüsselungen und Wölbungen auf. Die Mängel am Schwingboden wurden im September 1985 erstmals sichtbar. Die Beklagte veranlaßte noch im Herbst 1985 zwei Mängelbehebungsversuche, bei welchen der Boden nachgeschnitten und die Lüftungsschlitze nachgefräßt wurden. Unmittelbar nach diesen Arbeiten war für die Klägerin sowie für jeden Laien erkennbar, daß diese Verbesserungsversuche erfolglos geblieben waren und sich der Boden wieder aufwölbte. In der Folge wandte sich die Klägerin wegen der aufgetretenen Schwierigkeiten an die Landesbaudirektion des Amtes der steiermärkischen Landesregierung und an den dort für die Gemeindebetreuung zuständigen Oberbaurat. Dieser führte Besichtigungen und Besprechungen durch und nahm unter anderem auch gemeinsam mit einem Vertreter der Lieferfirma des Fußbodens und einem Baumeister als Vertreter der Beklagten am 8.7.1987 an einer Baubesprechung an Ort und Stelle teil. Die Beklagte wurde wiederholt aufgefordert, die Mängel zu beheben, eine Zusage der Mängelbehebung von dieser aber nicht abgegeben.
Am 20.3.1988 erhielt die Klägerin ein von der Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten eines Sachverständigen über die am Schwingboden aufgetretenen Mängel und organisierte eine weitere Besprechung für den 30.6.1988, an welcher der Oberbaurat der steiermärkischen Landesregierung, der Bürgermeister der Klägerin, ein Vertreter der ARGE sowie der Rechtsvertreter der Beklagten und ein weiterer Angestellter der Beklagten teilnahmen. Im Zuge dieser Besprechung sagte der Vertreter der Subunternehmerin ARGE eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist gegenüber der Beklagten bis zum 31.12.1988 zu. Sowohl der Rechtsvertreter der Beklagten als auch deren anwesender Angestellter gaben bei der Besprechung keine gleichlautende Erklärung für die Beklagte gegenüber der Klägerin ab.
Mit Schreiben vom 14.5.1988 an den Rechtsvertreter der Beklagten bestätigte die ARGE die Verlängerung der Gewährleistungsfrist dieser gegenüber bis 31.12.1988. Der Rechtsvertreter der Beklagten teilte der Klägerin am 19.5.1988 mit, daß eine inhaltliche Stellungnahme der Beklagten zu dem im Anhang übermittelten Schreiben der ARGE vom 14.5.1988 noch nicht vorliege.
Am 30.12.1988 reichte die Beklagte gegen die Subunternehmerin ARGE beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu 17 Cg 280/89 (neu) die Klage ein, in welcher die Verurteilung der ARGE zur Neuverlegung des Holzschwingbodens einschließlich Unterkonstruktion und in eventu zur Zahlung eines Betrages von S 536.500,-- samt Anhang begehrt wurde.
Mit der am 2.3.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten S 536.431,62 samt Anhang mit dem Vorbringen, im September 1985 seien am Schwingboden erstmalig Mängel sichtbar geworden, die bisher nicht behoben seien. Der Beklagten seien bei der Planung des Bauvorhabens Kunstfehler unterlaufen, diese habe nicht sach- und fachgerecht gearbeitet. Die Kosten der Beseitigung der behebbaren Mängel sowie der Minderwert der unbehebbaren Mängel machten zusammen den Klagsbetrag aus. Der Anspruch werde auf Gewährleistung und Schadenersatz gestützt.
Die Beklagte wandte ein, sowohl die Planung des Gebäudes als auch die Beaufsichtigung der Subunternehmer seien ordnungsgemäß erfolgt, der Boden der Halle sei mängelfrei. In der Streitverhandlung vom 11.5.1989 vereinbarten die Parteien Ruhen des Verfahrens, wobei die Beklagte auf den Einwand des Ablaufes der Gewährleistungsfrist und die Einrede der Verjährung wegen nicht rechtzeitiger Fortsetzung des Verfahrens bis drei Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 17 Cg 280/89 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz verzichtete. Nachdem in diesem Verfahren die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes rechtskräftig zurückgewiesen war, stellte die Klägerin einen Fortsetzungsantrag. In der Folge erhob die Beklagte den Einwand der Verjährung, die Klägerin brachte vor, die Beklagte habe auf diesen Einwand verzichtet, es sei eine Verlängerung der Verjährungsfrist vereinbart worden.
Das Erstgericht wies die Klage wegen eingetretener Verjährung ab.
Die Gewährleistungsfrist beginne mit der Ablieferung der Sache, während die dreijährige Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche mit Kenntnis des Schadens und des Schädigers zu laufen beginne. Die Mangelhaftigkeit des Hallenbodens sei der Klägerin im September 1985 ebenso erkennbar gewesen wie die Person des Schädigers, nämlich die Beklagte als Generalunternehmerin. Schadenersatzansprüche seien daher seit September 1988 verjährt.
Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen werde unterbrochen, wenn derjenige der sich darauf berufen wolle, das Recht des anderen entweder ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt habe. Als Anerkenntnis seien jedenfalls die Behebungs- und Verbesserungsversuche zu werten, ab diesem Zeitpunkt beginne eine neue Frist zu laufen. Die Verbesserungsversuche seien noch im Herbst 1985 erfolgt, die ab diesem Zeitpunkt laufende zweijährige Gewährleistungsfrist sei, selbst wenn man von einer gegenüber der Klägerin wirksamen Verlängerung bis zum 31.12.1988 ausgehen wolle, ebenso wie die Verjährungsfrist der Schadenersatzansprüche bei Klagseinbringung am 2.3.1989 bereits abgelaufen. Die Beweislast für die Wahrung der Frist treffe die Klägerin, dieser Beweis sei nicht gelungen. Vergleichsgespräche oder spätere Anerkenntnisse durch die Beklagte, welche den Fristenlauf gehemmt hätten, seien nicht feststellbar gewesen. Eine, wenn auch laufend und beharrlich erfolgte Mängelrüge allein könne eine Fristenhemmung bzw -Unterbrechung nicht bewirken. Die Klagsforderung sei daher verjährt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Die vom Erstgericht vertretene Rechtsmeinung, daß die Ansprüche der Klägerin "mangels Vergleichsgesprächen bzw späterer Anerkenntnisse" durch die Beklagte generell verfristet oder verjährt seien, könne nicht geteilt werden. Es stehe fest, daß die Beklagte wiederholt aufgefordert worden sei, die geltend gemachten Mängel zu beheben, daß die Klägerin am 20.3.1988 ein von der Beklagten in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten über die am Hallenboden aufgetretenen Mängel erhalten habe und es daraufhin am 30.6.1988 zu einer (weiteren) Besprechung zwischen den Parteien unter Beiziehung eines Vertreters der ARGE gekommen sei. Die Beklagte habe im Vorprozeß gegen die Subunternehmerin auf Neuherstellung des Bodens und Behebung der Mängel geklagt und im Rahmen ihres Eventualbegehrens praktisch denselben Betrag geltend gemacht wie die Klägerin im gegenständlichen Verfahren. Aus diesen Fakten könne nur geschlossen werden, daß die Beklagte an ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung nicht gezweifelt habe. Ihre eigene Klagsführung gegen die Subunternehmerin könne nur als weiterer Verbesserungsversuch aufgefaßt werden. In der Verhaltensweise der Beklagten, den Mangel beseitigen zu lassen den sie wegen eigener Fachkompetenz nicht selbst habe beheben können, liege ein Verzicht auf die Einrede der Verspätung der Mängelrüge durch Inaussichtstellen von Gewährleistungsbereitschaft bzw ein Anerkenntnis der Mängel und der Gewährleistungspflicht. Hätte die Beklagte beabsichtigt, auf den für sie ohne weiteres erkennbaren (im Herbst 1988 eingetretenen) Ablauf der dreijährigen Frist zu bestehen, wäre sie bei der gegebenen Sachlage nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, die Klägerin ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen. Dieses Stillschweigen müsse als schlüssiger Verzicht auf die Einrede der Verjährung betrachtet werden, umsomehr als der Einwand im vorliegenden Prozeß nicht schon mit der Klagebeantwortung sondern erst nach Scheitern des Vorprozesses erhoben worden sei.
Es bleibe aber noch offen, ob die Beklagte hinsichtlich aller von der Klägerin geltendgemachten Mängel (stillschweigend) auf die Einrede der Verfristung verzichtet habe oder nur hinsichtlich jener, deren Behebung sie selbst von ihrer Subunternehmerin gefordert habe, die Klägerin habe nämlich auch Planungsfehler behauptet. Ob auch solche vom Verzicht auf die Verfristungs- und Verjährungseinrede umfaßt seien, müsse im fortgesetzten Verfahren noch geklärt werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit und zur Vermeidung allenfalls unnötigen Prozeßaufwandes der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.
Ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht kann im Sinne des § 863 ABGB nur angenommen werden, wenn mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln übrig bleibt. Das objektiv zu beurteilende Verhalten eines Vertragsteiles aus der Sicht des Erklärungsempfängers darf keine andere Bedeutung zulassen als eine stillschweigende Vertragserklärung, dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Bloßes Stillschweigen allein kann noch keinen Erklärungswert haben, ein solcher ist nur dann zu unterstellen, wenn der Stillschweigende nach Treu und Glauben, nach der Verkehrssitte oder dem Gesetz hätte reden müssen.
Das Gesamtverhalten der Beklagten kann diesen Anforderungen zur Annahme eines stillschweigenden Verzichtes auf den Einwand der Verfristung der Gewährleistungsansprüche oder der Verjährung allfälliger Schadenersatzansprüche nicht unterstellt werden. Nachdem im September 1985 klar war, daß der Mangelbehebungsversuch durch die Subunternehmerin erfolglos geblieben war und außer weiteren Besprechungen und Aufforderungen der Klägerin zur Mängelbehebung keine Maßnahmen gesetzt wurden, mußte der Klägerin klar sein, daß nach dem Vertrag die Gewährleistungsfrist (zwei Jahre nach dem erfolglosen Behebungsversuch) im Herbst 1987 die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche im Herbst 1988 ablaufen werde. Bei dieser Sachlage wäre es aber an der Klägerin gelegen, anläßlich der Besprechung aller Beteiligten am 30.6.1988, zu diesem Zeitpunkt wären, nimmt man nicht eine Hemmung wegen erfolgter Vergleichsgespräche an, die Gewährleistungsansprüche bereits verfristet gewesen, darauf zu dringen, daß ein Verzicht auf den Einwand der Verjährung auch von ihrem eigenen Vertragspartner ihr gegenüber erklärt werde. Dies wäre umsomehr erforderlich gewesen, als der Fristenlauf im Verhältnis Klägerin - Beklagte einerseits und Beklagte - Subunternehmer andererseits durchaus unterschiedlich sein konnte und auch tatsächlich war. Aber selbst wenn man, obwohl dies von der Klägerin nicht einmal behauptet wurde, davon ausginge, die Klägerin habe das Verhalten der Beklagten so verstehen können, daß auch diese auf die Verfristungseinrede ihr gegenüber bis 31.12.1988 verzichte, war die erst am 2.3.1989 eingebrachte Klage verspätet. Denn eine bindende Zusage der Beklagten, diese werde für die Klägerin deren Ansprüche unter Weiterbestehen der eigenen Haftung jedenfalls geltend machen und bis zur rechtskräftigen Beendigung des Prozesses gegen die Subunternehmerin aufrechterhalten, kann aus dem Verhalten der Beklagten jedenfalls nicht abgeleitet werden. Die tatsächliche Einbringung einer Klage der Beklagten gegen ihre Subunternehmerin ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kein Versuch des Werkunternehmers gegenüber dem Auftraggeber vorliegende Mängel am Werk zu beheben, sondern diente der Wahrung der eigenen Ansprüche der Beklagten gegen ihre Erfüllungsgehilfin.
Da die Klagsforderung insgesamt verjährt ist, erübrigt sich eine Verfahrensergänzung es war daher in der Sache selbst zu erkennen und das Ersturteil wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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