OGH 6Ob504/94

OGH6Ob504/9422.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Redl, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Elvira H*****, ***** 2. Cornelia H*****, ***** beide vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wegen Anfechtung von Rechtshandlungen (Streitwert 4,274.092,-- S s.A.; hier: Erlassung einer einstweiligen Verfügung), infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22. Oktober 1993, GZ 16 R 201/93-11, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Korneuburg vom 3. September 1993, GZ 2 Cg 146/93h-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende und gefährdete Partei hat gegenüber dem, in der Hauptsache nicht belangten, als "Gegner der gefährdeten Partei" bezeichneten Gerhard H***** (im folgenden Dritter) eine seit 20. September 1993 fällige und vollkstreckbare Gesamtabgabenforderung von 4,274.093 S. Der Dritte ist grundbücherlicher Eigentümer einer Liegenschaft in Stockerau und räumte in Ansehung derselben mit Verträgen vom 7. Juli 1993 a) seiner Mutter, der Erstbeklagten, ein unentgeltliches Veräußerungs- und Belastungsverbot und b) seiner damaligen Braut und jetzigen Gattin, der Zweitbeklagten, ein lebenslängliches, ausschließliches und unentgeltliches Wohnrecht ein; beide Rechte sind bereits verbüchert. Mit Beschluß vom 3. August 1993 bewilligte das zuständige Bezirksgericht ob dieser Liegenschaft die Anmerkung der bis einschließlich 3. August 1994 wirksamen Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung; die einzige Beschlußausfertigung erhielt eine Notariatsangestellte.

Mit Anfechtungsklage aus dem Grunde der §§ 2 Z 1 bis 3, 3 Z 1 AnfO begehrt die klagende Partei, die Beklagten schuldig zu erkennen, zur Hereinbringung ihrer gegen den Dritten zustehenden Abgabenforderung von 4,274.093 S jegliche Exekution in die im Alleineigentum des Dritten stehende Liegenschaft zu dulden, die Zweitbeklagte im Range vor der zu ihren Gunsten einverleibten Dienstbarkeit der Wohnung.

Mit dieser Klage verband die klagende (und gefährdete) Partei den

gegen den Dritten gerichteten Sicherungsantrag, zur Sicherung ihrer

Ansprüche gegen die Beklagten auf Duldung jeglicher Exekution - in

Ansehung der Zweitbeklagten im Range vor der zu ihren Gunsten

einverleibten Dienstbarkeit - zur Hereinbringung der gegenüber dem

Dritten bestehenden Abgabenforderung von 4,274.093 S in die in seinem

Alleineigentum stehende Liegenschaft .... mittels einstweiliger

Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Anfechtungsprozesses der klagenden und gefährdeten Partei gegen die Beklagten

1) dem Dritten zu verbieten, seine Liegenschaft ..... zu belasten, zu

veräußern oder zu verpfänden;

2) die Abnahme und gerichtliche Hinterlegung der einzigen

Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses ..... beim Dritten oder

einer weiteren, sie für diesen verwahrenden Person, nämlich einer namentlich genannten Notariatsangestellten anzuordnen, und

3) dem Dritten jede Verfügung über den Anspruch gegenüber der Person, die die Beschlußausfertigung betreffend Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung für ihn verwahre, auf Herausgabe dieser Beschlußausfertigung zu untersagen.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Da einstweilige Verfügungen auf das Hauptverfahren hin ausgerichtet seien bzw. nur im Zusammenhang mit diesem erlassen werden dürften, müsse der Gegner der gefährdeten Partei auch der Gegner im Hauptverfahren sein, im Prozeß also regelmäßig der Beklagte. Diesem Grundsatz werde der vorliegende Sicherungsantrag nicht gerecht, weil er gegen einen am Prozeß nicht beteiligten Dritten gerichtet sei. Ob das Erstgericht im Hinblick auf § 387 Abs 1 EO für die Entscheidung über den gegen eine nicht am Hauptverfahren beteiligte Person gestellten Sicherungsantrag zuständig gewesen sei, müsse nicht mehr geprüft werden, weil eine allfällige Unzuständigkeit nach herrschender Ansicht keine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründen würde und vom Rekursgericht nicht aufzugreifen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist nicht berechtigt.

Es trifft zu, daß einstweilige Verfügungen zur Sicherung eines Anfechtungsanspruches bewilligt werden können. Ein Anfechtungsanspruch ist ein "anderer Anspruch" iS der §§ 378 Abs 1, 381 EO (SZ 18/137, SZ 8/143; 8 Ob 600/86; Heller-Berger-Stix EO4 2811), seine Sicherung erfolgt, abgesehen vom Fall des § 20 AnfO, nach den Bestimmungen der EO (8 Ob 600/86). Gemäß § 378 Abs 1 EO kann das Gericht zur Sicherung des Rechtes einer Partei auf Antrag einstweilige Verfügungen treffen. Eine einstweilige Verfügung muß sich aber immer im Rahmen des Hauptanspruches halten; der gefährdeten Partei dürfen Maßnahmen, auf die sie auch bei siegreicher Durchsetzung des Hauptanspruchs kein Recht hätte, auch im Provisorialverfahren nicht bewilligt werden (JBl 1987, 728; MietSlg. 36.897, JBl 1983, 652 ua). Der zu sichernde Anspruch muß mit dem Klagsanspruch identisch sein (Konecny, Der Awendnungsbereich der einstweiligen Verfügung 300). Daraus folgt, daß die gefährdete Partei gegen einen von ihr im Hauptverfahren nicht belangten Dritten im allgemeinen - ein Fall, in dem ausnahmsweise ein Dritter an seiner vom Beklagten abgeleiteten Rechtsausübung gehindert wird (vgl. WoBl 1991/56 zu § 568 ZPO; Konecny aaO 323), ist hier nicht zu beurteilen - keinen in einem Sicherungsverfahren durchzusetzenden Anspruch hat, weil sich ja der Klagsanspruch regelmäßig (nur) gegen den Beklagten und nicht gegen einen Dritten richtet. Auch Konecny (aaO 322) erachtet einstweilige Verfügungen als unzulässig, die eine Entscheidung über selbständige Hauptansprüche der gefährdeten Partei gegen Dritte darstellen.

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht als

ein selbständiger, beim unzuständigen Gericht (§ 387 Abs 2 EO)

eingebrachter Sicherungsantrag der gefährdeten Partei gegen den

Dritten vor Einleitung eines Verfahrens zu werten, weil ausdrücklich

Ansprüche der gefährdeten Partei gegen die Beklagten und nicht gegen den Dritten gesichert werden sollen.

Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden.

Die am 22. Dezember 1993 zur Post gegebene

Revisionsrekursbeantwortung des Dritten, dessen Rechtsbeistand der

Revisionsrekurs am 29. November 1993 zugestellt worden war, ist

verspätet (§ 402 Abs 3 EO) und demnach zurückzuweisen.

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