Spruch:
Dem Rekurs wird stattgegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird aufgetragen, über den vom Rechtsmittelwerber gegen die Löschungsverfügung erhobenen Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Text
Begründung
Das Registergericht hatte die Gesellschaft m.b.H gemäß Art. III § 8 GmbHGNov 1980 für aufgelöst erklärt.
Das fruchtlose Verstreichen der gesetzten Nachfrist zur Anpassung des Gesellschaftsvertrages an die Bestimmungen der GmbHGNov 1980 - andere Hinweise auf die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft sind nicht aktenkundig - nahm das Registergericht zum Anlaß, das Löschungsverfahren nach § 2 ALöschG einzuleiten und setzte den Geschäftsführer der aufgelösten Gesellschaft von der Absicht, die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen zu löschen, unter Bestimmung einer einmonatigen Widerspruchsfrist mit dem Hinweis in Kenntnis, daß es mangels Widerspruches die angekündigte Löschung durchführen werde. Von der Anordnung einer Veröffentlichung durch Bekanntmachung mittels Zeitungseinschaltungen sah das Registergericht ab.
Nach dem Ablauf der Widerspruchsfrist verfügte das Registergericht, ohne das Einlagen einer Stellungnahme der hiezu aufgeforderten Handelskammer abzuwarten und ohne sonstigen aktenkundigen Erhebungen über die angenommene Vermögenslosigkeit der Gesellschaft die Eintragung, daß die Gesellschaft gemäß § 2 ALöschG von Amts wegen gelöscht sei. Diese Löschung wurde am 15. Oktober 1987 in das Handelsregister eingetragen und durch Zeitungseinschaltungen bekanntgemacht.
Ein Gläubiger der Gesellschaft, der nach seinem Antragsvorbringen gegen diese eine Forderung an rückständigem Arbeitsentgelt in der Höhe von rund 1 1/4 Mio. S klageweise verfolge, erhob gegen die in der Zwischenzeit vollzogene Löschung Widerspruch. Er behauptete, die Gesellschaft verfüge noch über Bearbeitungsmaschinen und Handelsware in erheblichem Umfang. Er beantragte deshalb die Löschung der Löschungsverfügung. Für den Fall der Nichtstattgebung seines Widerspruches und seines Antrages auf Löschung der Löschungsverfügung erhob er gegen diese Rekurs. Dabei rügte er Verfahrensmängel sowie die unzutreffende Annahme der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft.
Das Registergericht wies den Widerspruch wegen Fehlens einer Berechtigung des Gesellschaftsgläubigers zu diesem Rechtsbehelf und wegen Versäumung der mit einem Monat bestimmten Widerspruchsfrist zurück.
Bereits zwei Tage vor diesem Zurückweisungsbeschluß legte das Registergericht den für den Fall der Nichtstattgebung des Widerspruches ergriffenen Rekurs gegen die Löschungsverfügung dem Rekursgericht vor.
Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel zurück.
Es erachtete die Anfechtung zufolge der gemäß § 2 Abs.2 letzter Satz ALöschG anzuwendenden Rekursbeschränkung nach § 141 Abs.3 Satz 2 FGG als unzulässig. Das Rekursgericht enthielt sich deshalb ausdrücklich einer Stellungnahme zu den Fragen der Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis eines Gesellschaftsgläubigers, der Mindestdauer einer Widerspruchsfrist nach § 2 Abs.2 ALöschG und der Erhebungspflicht des Registergerichtes in Ansehung der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft als Löschungsvoraussetzung. Es bemerkte hiezu, daß zu diesen Fragen gegebenenfalls im Rahmen einer Entscheidung über einen Rekurs gegen die Zurückweisung des Widerspruches zu befinden sein würde. In der Zwischenzeit hat der Gesellschaftsgläubiger gegen die Zurückweisung seines Widerspruches Rekurs erhoben und das Rekursgericht hat diesem Rechtsmittel nicht stattgegeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Gesellschaftsgläubiger erhebt gegen die rekursgerichtliche Zurückweisung seines gegen die erstinstanzliche Löschungsverfügung erhobenen Rekurses Rekurs.
Die Anfechtung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses unterliegt weder allgemeinen noch besonderen Anfechtungsbeschränkungen. Der Rekurs ist zulässig. Er ist auch berechtigt.
Das Rekursgericht folgerte aus der gemäß § 2 Abs.2 letzter Satz ALöschG anzuwendenden Rekursbeschränkung nach § 141 Abs.3 FGG die Unanfechtbarkeit der Löschungsverfügung durch einen Gesellschaftsgläubiger.
Die Eintragungsverfügung ist eine registergerichtliche Entscheidung, die nicht schon deshalb einer Überprüfung durch die Rechtsmittelinstanz entzogen ist, weil sie durch die Eintragung im Register bereits vollzogen wurde. Die Vollziehung der verfügten Eintragung benimmt einem nach § 9 AußStrG Rekursberechtigten nicht den verfahrensrechtlichen Anspruch auf Überprüfung der gerichtlichen Verfügung zu einer ihn beschwerenden Eintragung und beschränkt ihn nicht auf die bloße Anregung einer Prüfung der Voraussetzungen für eine amtswegige Löschung durch das Gericht erster Instanz. Der Vollzug der bekämpften Eintragung hat lediglich Einfluß auf die sich im Falle einer Berechtigung des Rechtsmittels ergebenden Folgerungen.
Eine auf das Amtslöschungsgesetz gestützte Löschungsverfügung, die sich über die positiv ausgesprochenen Voraussetzungen nach dem § 141 Abs.4 FGG oder über tragende Grundsätze des Amtslöschungsverfahrens in einer Weise hinwegsetzt, daß die Erreichung der Ziele eines solchen Verfahrens von vornherein nicht erwartet werden könnte, ist von einer aus § 141 Abs.3 Satz 2 FGG abgeleiteten Anfechtungsbeschränkung keinesfalls erfaßt.
Infolge ihrer Löschung verliert die Gesellschaft ihre organschaftliche Vertretung (nach Hachenberg-Ulmer GmbHG7 § 60 Anh. Rdz 31, 34, 42, 44 verliert die Gesellschaft m.b.H. mit ihrer Löschung ihre Rechtspersönlichkeit; nach Scholz-Karsten Schmidt GmbHG6 Anh. § 60 Anm. 18 ff erlischt die Gesellschaft mit der Amtslöschung nur bei tatsächlicher Vermögenslosigkeit; ebenso Rowedder-Rasner GmbHG § 60 Anh. Rz 16 ff, der zur Beendigung der Gesellschaft die Erfüllung des Doppeltatbestandes der Vermögenslosigkeit einerseits und der Löschung andererseits fordert. Unbestritten bleibt aber bei diesem Meinungswiderspruch in der deutschen Lehre, daß mit der Löschung der Gesellschaft die Vertretungsbefugnis ihrer Geschäftsführer oder Liquidatoren endet:
Winkler in Keidel/Kuntze/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A12 § 144 b Anh. Bem. zu §§ 1 bis 4, Rz 9 im Text zu FN 29;
Rowedder-Rasner a.a.O. Rz 18;
Scholz-Karsten Schmidt a.a.O. Anm. 20; Hachenburg-Ulmer a.a.O Rdn 33; Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus GmbHG § 60 Rz 18;
vgl. auch Jansen FGG2 § 144 Anh. II § 2 Rz 10).
Ein Gläubiger, der die Verfolgung seiner Ansprüche gegen die Gesellschaft in einem Verfahren betreibt, wird in seiner (verfahrens-)rechtlichen Stellung allein dadurch unmittelbar betroffen, daß die Gesellschaft ihre vertretungsbefugten Organe verliert, wenn er deshalb genötigt ist, die Bestellung eines neuen vertretungsbefugten Organs (hier im Wege des § 2 Abs.3 zweiter Halbsatz ALöschG) abzuwarten. Insoweit ist auch einem Gesellschaftsgläubiger die Beteiligtenstellung und die Rechtsmittelbefugnis im Sinne des § 9 AußStrG (Art. 9 der 4. EVHGB) nicht abzusprechen.
Der vom Rekursgericht gezogenen Folgerung, gegen eine sich auf das Ergebnis eines Amtslöschungsverfahrens berufenden Löschungsverfügung stünde einem Gesellschaftsgläubiger kein Rekursrecht zu, ist zumindest in dem gegebenen Fall der Rüge von Verstößen gegen die Grundsätze des Amtslöschungsverfahrens nicht beizutreten. Der rekursgerichtliche Zurückweisungsbeschluß ist daher ersatzlos aufzuheben. Das Rekursgericht wird sich unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund einer neuerlichen Entscheidung über den vom Rekurswerber gegen die registergerichtliche Löschungsverfügung erhobenen Rekurs zu unterziehen haben.
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