Spruch:
Die im § 1486 ABGB. genannten Forderungen verjähren in 30 Jahren, wenn sie durch eine Hypothek gesichert sind.
Entscheidung vom 19. Februar 1964, 6 Ob 48/64. I. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin begehrte mit der am 10. Mai 1962 eingebrachten Klage die Zahlung von 3.151.18 US-$ zu dem näher bezeichneten Kurs mit der Begründung, die Beklagte schulde aus einer Warenlieferung laut Schuldschein vom 10. Februar 1927 noch diesen Betrag als restlichen Kaufpreis.
Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß auf Grund des Schuldscheines vom 10. Februar 1927 zugunsten der Forderung der Klägerin für gelieferte Waren von 5.044.80 US-$ am 28. Jänner 1928 das Pfandrecht auf den Liegenschaften EZ. 3816, Grundbuch B., Haus in der J.straße 16, einverleibt wurde. Nach dem Schuldschein seien auf diese Schuld 300 US-$ bis längstens 28. Februar 1927 und der Rest jeweils bis längstens 30. eines Monates mit mindestens 100 US-$ zahlbar gewesen. Mit der am 14. Oktober 1940 eingebrachten Klage habe die Klägerin restliche 5.550.10 US-$ eingeklagt. Diese Klage sei mit der Begründung abgewiesen worden, es seien laufend Ratenzahlungen von 93.44 S (alt) geleistet worden, sodaß die konkludente Vereinbarung dieser gegenüber den vereinbarten geringeren Ratenzahlungen anzunehmen sei. Bis Ende 1946 habe der Hausverwalter aus den Erträgnissen der verpfändeten Liegenschaft monatlich 24.92 US-$ und zuletzt am 2. Jänner 1947 13.51 US-$ in Schillingbeträgen überwiesen. Rechtlich nahm das Erstgericht Verjährung bzw. Verschweigung des Anspruches an und wies die Klage ab.
Infolge Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Die Beklagte habe sich in dem vorausgegangenen Verfahren selbst darauf berufen, daß Ratenzahlungen von monatlich 62.29 RM vereinbart worden seien. Ein Anerkenntnis, das die Verjährung unterbreche, müsse nicht ausdrücklich sein, auch Teilzahlungen bewirken Unterbrechung. Da für die Forderung eine Hypothek bestellt wurde, gelte für sie die 30 jährige Verjährungsfrist. Verjährung sei damit nicht gegeben. Es bedürfe daher, wenn auch die Einwendung des "nichtigen Scheingeschäftes" im Hinblick auf die vorliegende Pfandbestellungsurkunde sowie den Umstand, daß auf die Schuld Teilzahlungen geleistet wurden (worin ein konkludentes Anerkenntnis liege), nicht haltbar erscheine, noch der Prüfung, wie weit die Forderung der Klägerin unberechtigt aushafte. Da es sich nicht um eine effektive Fremdwährungsschuld handle, könne der Gegenwert der Dollar-Forderung in Schilling zum Warenkurs zum Zeitpunkt der Zahlung begehrt werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Verjährungsfrist für Forderungen aus Geschäften des täglichen Lebens, wie es allenfalls die gegenständliche Forderung der Klägerin aus Warenlieferungen gewesen sein mag, ist gemäß § 1486 ABGB. mit 3 Jahren festgesetzt. Wenn aber für eine solche Forderung ein Pfandrecht eingetragen ist, so verjährt sie erst in 30 Jahren (Klang[2] VI S. 621). Diese Rechtsauffassung wird aus der Geschichte und aus dem Zweck der kurzen Verjährung abgeleitet. Die 3 jährige Verjährung für Forderungen des täglichen Lebens besteht erst seit der III. Teilnovelle zum ABGB. Nach der Regierungsvorlage sprach dafür das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, weil es nach Verlauf einer längeren Zeit unmöglich sei, einen Beweis zu erbringen, daß derartige Forderungen berichtigt seien. Die Ausstellung von Quittungen und Rechnungen über solche Forderungen sei nicht üblich und auch dort, wo sie ausgestellt würden, sei ihre Aufbewahrung durch 30 Jahre eine unerträgliche Belastung. Auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte wurden für die kürzere Verjährungszeit geltend gemacht, vor allem die Erwägung, daß die Berichtigung solcher Forderungen bei ordentlicher Wirtschaftsführung aus dem laufenden Einkommen erfolgen soll, daß sie aber, wenn sie längere Zeit ausständig seien, zu einer Höhe anschwellen könnten, durch welche die Grundlagen der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners erschüttert werden könnten. Diese Argumente treffen aber nicht zu, wenn für die Forderung ein Pfandrecht im öffentlichen Buch einverleibt wurde. Die Beweisschwierigkeiten sind hier nicht vorhanden, weil es allgemein üblich ist, bei Zahlung einer Hypothek eine einverleibungsfähige Quittung zu nehmen und zu geben. Auch die volkswirtschaftlichen Bedenken der Regierungsvorlage fallen hier weg, weil erfahrungsgemäß für solche Forderungen des täglichen Lebens erst dann Hypotheken begrundet werden, wenn sie schon zu einer gewissen Höhe angewachsen sind und aus dem laufenden Einkommen nicht mehr berichtigt werden können. Andererseits widerspricht eine kurzfristige Verjährung von Hypotheken auch dem Rechtsempfinden der Bevölkerung, die in einer Hypothek ein auf Dauer berechnetes Rechtsinstitut zu erblicken gewohnt ist (SZ. XX 103). Der Versuch des Rekurses, § 1483 ABGB. zur Begründung seiner abweichenden Rechtsansicht heranzuziehen, muß schon deswegen scheitern, weil diese Gesetzesstelle für Hypotheken nicht anwendbar ist (Klang[2] VI S. 617).
Die 30 jährige Verjährungsfrist ist hinsichtlich der gegenständlichen Forderung aber nicht abgelaufen, da sie durch Anerkenntnis unterbrochen wurde. Diese Wirkung hat nicht nur das ausdrückliche Anerkenntnis, sondern, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, genüge auch eine Rechtshandlung des Schuldners, aus der seine Absicht, die Schuld anzuerkennen, deutlich erschlossen werden kann, so im Falle von Teilzahlungen, wenn es zweifelsfrei ist, daß der Schuldner mit ihnen nur einen Teil seiner Schuld abtragen will und nicht damit den Gläubiger gänzlich zu befriedigen glaubt (SZ. XXIV 153, RZ. 1962 S. 277, Klang[2] S. 653). Diese Voraussetzung ist aber bei den bis zum Jahre 1940 geleisteten Zahlungen, unter Berufung auf welche die Beklagte seinerzeit die Abweisung der von der Klägerin eingebrachten Klage erreichte, gegeben.
Kann somit die Klage nicht wegen Verjährung abgewiesen werden, so bedarf es der Prüfung der geltend gemachten Forderung dem Gründe und der Höhe nach durch das Erstgericht. Was das Begehren auf Zahlung des Gegenwertes der Dollar-Forderung in inländischer Währung nach dem Warenkurs im Zeitpunkte der Zahlung betrifft, ist dieses im Hinblick darauf, daß es sich bei der Klagsforderung, wie aus der Pfandbestellungsurkunde hervorgeht, nicht um eine effektive Fremdwährungsschuld handelt, unbedenklich. Der Versuch der Beklagten, aus der Forderung der Klägerin in dem vorausgegangenen Verfahren von 13.875.25 RM eine Umwandlung ihrer Forderung in eine RM-Forderung und damit im Sinne des Schillinggesetzes 1945 nunmehr eine gleich hohe Schillingforderung anzunehmen, muß schon deswegen scheitern, weil einerseits im Falle der Zahlungsverzögerung der Gläubiger die Wahl hat, ob er Zahlung in Fremd- oder Landeswährung und letzterenfalls, ob zum Kurs des Verfalls- oder des Zahlungstages verlangen will (Stanzl in Klang[2] IV S. 729) und andererseits in dem vorausgegangenen Verfahren eine offene Forderung der Klägerin nach den geleisteten Teilzahlungen überhaupt nicht bestand.
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