Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Erblasser hinterließ vier Kinder; die Söhne Dipl.-Ing.Walter D*****, Ing.Klaus D***** und Ing.Werner D***** sowie die Tochter Mag.Karola D*****. In einer als "Testament" bezeichneten letztwilligen Verfügung bestimmte der Erblasser, daß seinen Anteil am Firmenvermögen KBF D***** ebenso wie seinen Privatanteil am Firmenverrechnungskonto sein Sohn Klaus erhalten solle. An diesen sollte auch der 1/5 Anteil am landwirtschaftlichen Almauer Gemeinschaftsbesitz sowie an den Sparbüchern der Eigentümergemeinschaft übergeben werden. Im weiteren verfügte der Erblasser, daß im einzelnen bezeichnete Sparbücher und Wertpapiere nach Abzug offener Verpflichtungen für Begräbnis und Honorare seine Tochter Karola erhalten solle. Für den bescheidenen Hausrat und die vorhandenen Bücher verfügte der Erblasser eine Aufteilung "in gewohnter Harmonie".
In der Verlassenschaftstagsatzung vom 3.9.1996 haben die drei Söhne aufgrund des Gesetzes zu je einem Viertel bedingte Erbserklärungen, die Tochter aufgrund des Gesetzes zur Hälfte die bedingte Erbserklärung abgegeben. Dipl.-Ing.Klaus D***** und Mag.Karola D***** erklärten, die in der letztwilligen Anordnung des Erblassers verfügten Legate anzunehmen und ersuchten um Ausstellung entsprechender Amtsurkunden, was in der Folge einschließlich der Einräumung der Verfügungsberechtigung über die Konten auch geschehen ist.
Mit Beschluß vom 12.9.1996 forderte das Verlassenschaftsgericht die erbl. Tochter auf, die aufgrund des Gesetzes zur Hälfte des Nachlasses abgegebene Erbserklärung dahin zu ergänzen, worauf sich der ein Viertel übersteigende Erbrechtstitel stütze, widrigenfalls die Erbserklärung insoweit zurückgewiesen werde.
In der hiezu erstatteten Äußerung erklärte die Tochter, es habe schon zu Lebzeiten des Erblassers Übereinstimmung bestanden, daß die anderweitig abgefundenen Söhne Walter und Werner auf den Pflichtteil gesetzt werden sollten und diese auf ihren Pflichtteil auch verzichtet hätten. In der mit "Testament" bezeichneten letztwilligen Anordnung, mit welcher im wesentlichen über das gesamte Vermögen testiert worden sei, habe der Erblasser durch bewußte Übergehung diese beiden Söhne daher auf den Pflichtteil gesetzt. In der letztwilligen Verfügung sei eine gleichteilige Erbseinsetzung der Kinder Klaus und Karola, die durch die angeführten Vermögenswerte allerdings zum Nachteil der Tochter nicht erreicht werde, zu erblicken. Die aufgrund des Gesetzes abgegebene Erbserklärung zur Hälfte des Nachlasses werde daher hilfsweise auch auf das Testament, in eventu das Kodizill vom September 1991 gestützt. Die drei Söhne des Erblassers widersprachen diesem Vorbringen und sprachen sich gegen die Annahme dieser erweiterten Erbserklärung aus. Die Verfügung vom September 1991 enthalte keine Erbseinsetzung sondern nur Vermächtnisse.
Mit Beschluß vom 12.3.1997 hat das Erstgericht die von den erbl. drei Söhnen aufgrund des Gesetzes zu je einem Viertel des Nachlasses abgegebenen Erbserklärungen und auch die von der erbl. Tochter aufgrund des Gesetzes, hilfsweise auf die letzte Willenserklärung vom September 1991 gestützte, zur Hälfte des Nachlasses abgegebene bedingte Erbserklärung angenommen und infolge der widersprechenden Erbserklärungen den drei Söhnen gegen ihre Schwester gemäß § 125 AußStrG die Klägerrolle zugeteilt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der drei Söhne des Erblassers, der nur die Zuteilung der Klägerrolle bekämpfte, Folge und wies die Klägerrolle der Tochter zu. Es führte aus, es sei zulässig, daß sich Erben zuerst aufgrund des Gesetzes und dann, auch hilfsweise aufgrund eines Testamentes zu Erben erklärten, weil die materiell-rechtliche Frage, wer letztlich Erbe sei, bei widersprechenden Erbserklärungen ohnehin nur im Rechtsweg gelöst werden könne. Auch wenn das außerurkundliche Vorbringen der Tochter als wahrscheinlich zu beurteilen wäre, könne im vorliegenden Fall die Klägerrolle nicht den Söhnen zugeteilt werden. Als Grundlage für die Abgabe der Erbserklärung der Tochter zur Hälfte des Nachlasses scheine die letztwillige Anordnung, ohne den Willen des Erblassers näher zu erforschen, nicht geeignet. Im vorliegenden Fall sei daher von der in § 126 Abs 1 AußStrG festgelegten Wertung der Erbsrechtstitel abzugehen und der Tochter trotz - zulässiger - hilfsweiser Berufung auf eine letztwillige Verfügung die Klägerrolle gegenüber den (nur) aufgrund des Gesetzes erbserklärten Söhnen zuzuweisen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine auf die besonders gelagerte Fallkonstellation übertragbare Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung außerhalb der letztwilligen Verfügung liegender Umstände nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der erbl. Tochter ist zulässig aber nicht berechtigt.
Die in § 126 AußStrG normierten Grundsätze für die Zuteilung der Klägerrolle bei widerstreitenden Erbserklärungen regeln nicht alle im Einzelfall möglichen Konstellationen. In solchen Fällen gilt der Grundsatz, daß dem Erbanwärter die Beklagtenrolle zuzuweisen ist, für den die größere Wahrscheinlichkeit des Erbrechtes spricht (SZ 42/42 uva). Maßgeblich ist nicht, daß die Erbserklärung auf einen bestimmten Titel gestützt wird, sondern ob der Inhalt des Titels die Erbserklärung rechtfertigt. Das Abhandlungsgericht hat vor der Zuteilung der Parteirollen für den künftigen Erbrechtsstreit daher auch zu prüfen, ob der im Zusammenhang mit der Erbserklärung behauptete Anspruch durch den geltend gemachten Titel gedeckt ist. Da dem Abhandlungsgericht aber bei Streitfragen über eine letztwillige Verfügung nur die Prüfung obliegt, ob die äußeren Formerfordernisse dem Gesetz entsprechen, die Klärung strittiger Inhaltsfragen einer Verfügung aber dem Prozeßgericht vorbehalten bleiben muß, ist in Fällen, in denen die Auslegung einer letztwilligen Verfügung zweifelhaft ist, dem Erbenansprecher die Klägerrolle zuzuteilen, der den Wortlaut gegen sich hat (NZ 1980, 6 u.a.).
Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die gleichzeitige oder auch hilfsweise Berufung auf mehrere Erbrechtstitel zulässig ist. Die hilfsweise Berufung auf einen weiteren Berufungsgrund bedeutet, daß sie für den Fall erfolgt, als sich der erste Berufungsgrund als unzureichend erweist. Häufigster Fall ist die Berufung auf ein Testament, das hinsichtlich seiner Gültigkeit bestritten wird, oder auf eine letztwillige Verfügung, bei der zweifelhaft ist, ob sie ein Testament oder ein Kodizill darstellt, und erst hilfsweise die Berufung auf das Gesetz. In solchen Fällen gibt die Berufung auf den stärkeren Erbrechtstitel letztwillige Verfügung den Ausschlag für die Beklagtenrolle.
Im vorliegenden Fall aber hat sich die Rechtsmittelwerberin in erster Linie auf ihr gesetzliches Erbrecht zur Hälfte und erst hilfsweise, also für den Fall, daß dieser Berufungsgrund (hinsichtlich ihres Anteiles) sich als unzureichend erweisen sollte, auf das "Testament in eventu Kodizill" gestützt. Nach dem zur Prüfung heranzuziehenden Wortlaut der letztwilligen Verfügung enthält diese keine Erbeinsetzung, sondern nur die Verfügung über einzelne Vermögensgegenstände. Die beiden darin Bedachten, die auch nach dem Gesetz zu Erben berufen sind (auch die Rechtsmittelwerberin selbst), haben erklärt, die Legate anzunehmen, übereinstimmend die Ausstellung von Amtsbestätigungen beantragt und verfügen aufgrund dieser bereits über die Vermögensgegenstände. Aber selbst wenn sich im streitigen Verfahren erweisen sollte, daß wegen der Verfügung über das gesamte Vermögen nach dem Willen des Erblassers eine Erbeinsetzung der beiden bedachten Kinder gewollt war, sind nach dem für das Verlassenschaftsgericht maßgeblichen Wortlaut der letztwilligen Verfügung weder ein gleichteiliges Bedenken der darin genannten Kinder noch auch eine ausdrückliche Beschränkung der beiden anderen Kinder auf den Pflichtteil zu entnehmen.
Ohne unzulässige Lösung der aus dem Wortlaut der letztwilligen Verfügung in keiner Weise hervorgehenden abweichenden Behauptungen der Klägerin, denen die übrigen Erbansprecher widersprochen haben, hat das Rekursgericht daher zutreffend den erbl Söhnen die Beklagtenrolle zugeteilt,für die aus der Sicht des Verlassenschaftsrichters die größere Wahrscheinlichkeit eines Erbanspruches jeder der Kinder auf je ein Viertel aufgrund des Gesetzes spricht.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)