OGH 6Ob35/97h

OGH6Ob35/97h17.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Manfred P*****, 2. Maria P*****, beide ***** vertreten durch Dr.Karl Maier, Rechtsanwalt in Knittelfeld, wider die beklagten Parteien 1. Adolf G*****, vulgo S*****, 2. Rudolf E*****, vulgo *****, beide vertreten durch Dr.Gottfried Reif, Rechtsanwalt in Judenburg, wegen Feststellung und Unterlassung, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 13.November 1996, GZ 1 R 337/96t-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 15.April 1996, GZ 2 C 994/95x-21, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die beiden Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer des (landwirtschaftlichen) Grundstückes 189 und des einen Weg darstellenden Grundstückes 412 je der EZ *****. Der Weg führt von einem öffentlichen Weg in südlicher Richtung abzweigend zum Grundstück der Kläger und trennt die westlich und östlich des Weges gelegenen Grundstücke des Estbeklagten Nr 188/1 und des Zweitbeklagten Nr 405. Der Weg wurde im Zuge eines im Jahr 1953 eingeleiteten Zusammenlegungsverfahrens landwirtschaftlicher Grundstücke neu angelegt.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke 188/1 und 405 keine Dienstbarkeit des Fahrrechtes auf dem Weg Grundstück Nr 412 bestehe und die Verurteilung der Beklagten, alle Handlungen zu unterlassen, die sich als Ausübung einer solchen Dienstbarkeit darstellten. Die Beklagten benützten den Weg widerrechtlich, obwohl ihnen dies jahrelang untersagt worden sei. Ihre Grundstücke seien unmittelbar über den öffentlichen Weg zu erreichen. Der strittige Weg sei dem Rechtsvorgänger der Kläger im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens zugewiesen worden, der Zusammenlegungsbescheid erst am 28.1.1977 rechtskräftig geworden. Erst damit sei Eigentum an dem Weg begründet worden und hätte eine Ersitzungszeit überhaupt zu laufen beginnen können. Den Beklagten und ihren Rechtsvorgängern fehle es überdies an der Redlichkeit.

Die Beklagten wandten ein, sie und ihre Rechtsvorgänger hätten durch mehr als 30-jährige gutgläubige Benützung des Weges zur besseren Bewirtschaftung ihrer Grundstücke eine Wegeservitut ersessen. Die Übergabe und damit der Eigentumsübergang im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens und die daran anschließende Benützung durch ihre Rechtsvorgänger sei bereits 1954 erfolgt.

Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben vom 2.3.1953 3 M 9/8-1953 über Ersuchen von 29 Grundeigentümern gemäß den §§ 1, 5 Z 2 und 65 Z 2 des Gesetzes vom 26.5.1909 LGBl 1909/95 (Zusammenlegungs-Landesgesetz, ZLG) im Zusammenhalt mit § 3 des Gesetzes vom 8.6.1949 LGBl 1949/36 betreffend die Einrichtung von Agrarbezirksbehörden das Verfahren für die Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke eines Teiles der Orts- und Katastralgemeinde St.Marein bei Knittelfeld eingeleitet wurde. Nach dem Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben vom 24.5.1954 wurde am 3.5.1954 mit dem Beteiligtenausschuß gemäß § 10 ZLG über die Einrichtung gemeinsamer Anlagen, und zwar über Wege und Gräben verhandelt. Nach der Verhandlungsschrift vom 29.7.1954 wurde der Bau des Weges von St.Marein nach Mitterfeld (an welchen die Grundstücke der beiden Beklagten angrenzen und) von dem der streitgegenständliche Stichweg zum Grundstück der Kläger abzweigt, im Ausschuß besprochen und in diesem Jahr auch gebaut. Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben vom 21.9.1954 wurden gemäß § 97 Abs 4 ZLG von den Beteiligten des Zusammenlegungsverfahrens die Abfindungsgrundstücke sofort provisorisch übernommen, wobei als Tag des Vollzuges der Übergabe der 16.9.1954 festgelegt wurde, darunter befand sich auch der streitgegenständliche Weg. Seit der Übergabe wurde der Weg von den Rechtsvorgängern der Beklagten und in der Folge auch von diesen zur vorteilhafteren Bewirtschaftung ihrer Grundstücke in dem Glauben, der Weg sei ein öffentlicher, mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren, um zu ihren bis zu den beiden Wegrändern im Osten und Westen bebauten Grundstücken zuzufahren und auf dem Weg zu wenden. Eine Zufahrt vom Gemeindeweg im Norden der Grundstücke der Beklagten und ein Wenden der landwirtschaftlichen Maschinen innerhalb ihrer Grundstücke ohne Benützung des Weges der Kläger würde zu einem Flurschaden und Verdienstentgang der Beklagten führen. Bei der Benützung des Weges wurden die Benützer von niemandem gehindert.

Aus diesem Sachverhalt folgerte das Erstgericht, der Weg befinde sich seit 1954 im Eigentum der Rechtsvorgänger der Kläger, die Beklagten hätten die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens auf diesem Weg zur Bewirtschaftung ihrer Parzellen ersessen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Entscheidend sei vor allem die Frage, zu welchem Zeitpunkt nach dem ZLG Eigentum an Abfindungsgrundstücken erworben worden sei. Das Gesetz enthalte keine ausdrückliche Regelung. Sicher sei, daß das Intabulationsprinzip durchbrochen sei, weil nach § 147 der Ausführungsverordnung zum ZLG (Steiermärkisches LGBl 1909/79) die Richtigstellung des Grundbuches von Amts wegen zu erfolgen habe. Die provisorische Besitzübergabe (§ 122 der Verordnung) verschaffe lediglich Besitz. Eigentum entstehe erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes. Ab der provisorischen Besitzübergabe existiere nur aufschiebend bedingtes Eigentum. Die Rechtsvorgänger der Kläger hätten am 16.9.1954 an dem Weg daher nur Besitz erworben. Damit sei entscheidend, ob der Voreigentümer des Weges, also jener, der während der Besitzausübung durch die Kläger bzw ihrer Rechtsvorgänger Eigentümer gewesen sei, von der Benützung des Weges durch die Rechtsvorgänger der Beklagten Kenntnis von der Benützung gehabt und diese geduldet habe. Nur unter dieser Voraussetzung wäre der für eine Ersitzung notwendige Bestand eines Rechtsbesitzes, den die Kläger als Rechtsnachfolger gegen sich gelten lassen müßten, dargetan. Das Erstgericht habe nicht festgestellt, ob die Benützung des Weges mit Zustimmung des Voreigentümers, der gar nicht ermittelt worden sei, erfolgt sei. Es könne daher noch nicht beurteilt werden, ob eine Ersitzung vorliege, das Verfahren sei daher ergänzungsbedürftig. Die Feststellung des Erstgerichtes, die Beklagten und ihre Rechtsvorgänger hätten den Weg im Glauben benützt, es handle sich um einen öffentlichen Weg, hat das Berufungsgericht nicht übernommen, weil es an Ausführungen mangle, aus welchen Beweismitteln diese Feststellung gewonnen worden sei. Wenn die Beklagten bzw ihre Rechtsvorgänger tatsächlich ausschließlich einen Gemeingebrauch und kein Privatrecht hätten ausüben wollen, wäre der für eine Ersitzung erforderliche Rechtsbesitz nicht gegeben gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Zur Beurteilung der Frage, ob und gegen wen die Beklagten eine landwirtschaftliche Wegeservitut ersitzen könnten, ist als Vorfrage zunächst der Zeitpunkt des Eigentumserwerbes des Rechtsvorgängers der Kläger an dem streitgegenständlichen Weg Grundstück Nr 412 der EZ ***** zu klären. Der strittige Weg wurde als eigenes Grundstück im Zuge eines erst nach mehr als 20-jähriger Dauer rechtskräftig abgeschlossenen Zusammenlegungsverfahrens landwirtschaftlicher Grundstücke geschaffen und errichtet. Auf dieses Verfahren waren noch die Bestimmungen des Gesetzes vom 26.5.1909 für das Herzogtum Steiermark betreffend die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke LGBl 1909/45 (ZLG) und die hiezu erflossene Verordnung der Minister für Ackerbau, Inneres, Justiz und Finanzen vom 12.10.1909 LGBl 1909/79 (VO zum ZLG) und noch nicht das Flurverfassungsgrundsatzgesetz BGBl 1951/103 und das Steiermärkische Ausführungsgesetz, das Flurverfassungslandesgesetz LGBl 1963/276, anzuwenden, in welche aber die früheren Bestimmungen in großem Umfang übernommen wurden. Allgemein anerkannt und auch von den Parteien nicht bestritten ist, daß der Eigentumserwerb an landwirtschaftlichen Grundstücken aufgrund eines Zusammenlegungsverfahrens durch Verwaltungsakt der Agrarbehörde erfolgt, nicht aber erst durch Einverleibung im Grundbuch, das Intabulationsprinzip daher durchbrochen ist. Im Grundbuch sind nach Einleitung des Verfahrens und der damit gesetzlich verfügten Eintragungsbeschränkungen nur deklarativ die dem Verfahrensergebnis entsprechenden Richtigstellungen von Amts wegen vorzunehmen (§§ 144 bis 147 VO zum ZLG). Eine ausdrückliche Regelung über den Zeitpunkt des Eigentumserwerbes an Abfindungsgrundstücken ist weder im ZLG noch in der Ausführungsverordnung enthalten, die durchgehend immer nur von Besitz oder Besitznahme sprechen. Da Zusammenlegungsverfahren, wie gerade das vorliegende zeigt, sich über viele Jahre erstrecken, sind bis zu deren rechtskräftigem Abschluß Zwischenregelungen über die Rechtsausübung unumgänglich. So bestimmt § 41 VO zum ZLG unter der Marginalrubrik "mittlerweilige Rechtsausübung und Provisorien" noch vor den ausführlich geregelten einzelnen Verfahrensschritten, daß die mittlerweilige Rechtsausübung während der Verfahrensdauer bei einer agrarischen Operation bezüglich einbezogener Liegenschaften und Rechten nur insoweit gehemmt oder gehindert wird, als die Behörde behufs Erzielung eines angemessenen Überganges in die neue Gestaltung des Grundbesitzes ein Provisorium getroffen hat, das jedoch tunlichst auf die Zeit, welche zwischen der Absteckung der Abfindungsgrundstücke und der Besitznahme derselben liegt, einzuschränken ist. Davon zu unterscheiden ist die Vorweisung und provisorische Übernahme der Abfindungsgrundstücke nach § 97 ZLG und § 122 VO zum ZLG. Nach Kundmachung des zur Einsicht aufgelegten Zusammenlegungsplanes mit allen in § 123 der Verordnung festgelegten Bestandteilen mit der Aufforderung an die Beteiligten, ihre Einwendungen gegen diesen Plan zu erheben, können die Beteiligten die Abfindungsgrundstücke nach Absteckung (Vermarkung) unter Vorweisung der Grenzen der einzelnen Abfindungsgrundstücke an Ort und Stelle vorbehaltlich aller Rechtsmittel übernehmen. Eine solche Übernahme kann von der Landeskommission auch gegen den Willen der einzelnen Besitzer verfügt werden. Ab diesem Zeitpunkt hat der Übernehmer ("Besitzer") die alleinige Verfügungsmacht über das in seinen Besitz übergebene Grundstück. Dem (noch) bücherlichen Eigentümer ist ab diesem Zeitpunkt jede Einflußmöglichkeit entzogen. Das steirische Flurverfassungsgesetz LGBl 1963/276 hat in § 30 diese vorläufige Übernahme, "mit welcher die Abfindungsgrundstücke in den Besitz der Übernehmer übergehen", faktisch inhaltsgleich übernommen, in § 32 hiezu klargestellt, daß hinsichtlich aller rechtlichen Beziehungen zu dritten Personen die Abfindungsgrundstücke und die Geldausgleichungen an die Stelle der alten Grundstücke treten, wenn nichts anderes mit diesen dritten Personen vereinbart ist oder gesetzlich bestimmt wurde und schließlich in § 35 (nachträgliche Wertausgleichung), der wiederum auf § 118 VO zum ZLG aufbaut und an diesen anknüpft, für den Fall, daß der Wert eines der Zusammenlegung unterzogenen Grundstückes.....vor der Übergabe an den neuen Eigentümer durch ein, wenn auch zufälliges Ereignis dauernd vermindert wurde, festgelegt, daß der neue Eigentümer..... nach Übernahme vom früheren Eigentümer eine nachträgliche Wertausgleichung begehren kann. Wer in der Nutzung der ihm zugewiesenen Abfindungsgrundstücke verkürzt wird, kann binnen zwei Monaten nach Übernahme der Abfindungsgrundstücke vom früheren Eigentümer dieser Grundstücke Vergütung in Geld begehren. Nach § 22 Abs 4 des niederösterreichischen Flurverfassungsgesetzes geht mit der durch Bescheid angeordneten vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen das Eigentum an den Grundabfindungen unter der auflösenden Bedingung auf den Übernehmer über, daß es mit der Rechtskraft eines Bescheides erlischt, der die Grundabfindung oder Teile davon einer anderen Partei zuweist. Diese Bestimmungen stellen inhaltlich gegenüber der Gesetzeslage von 1909 hinsichtlich der provisorischen Übernahme keine Änderungen in den Auswirkungen dar, sondern brachten, bedenkt man, welche überragende Rolle der Rechtsbesitz zu Beginn unseres Jahrhunderts im Rechtsleben einnahm, nur eine Klarstellung hinsichtlich des Eigentumsüberganges. Es ist daher davon auszugehen, daß auch nach den hier noch maßgeblichen Bestimmungen mit der Anordnung der vorläufigen Übernahme von Abfindungsgrundstücken bzw der Besitzeinweisung Eigentum erworben wurde, das nur dadurch auflösend bedingt war, daß bis zum endgültigen rechtskräftigen Abschluß des Zusammenlegungsverfahrens (Rechtskraft des Generalaktes) nicht eine rechtskräftige bescheidmäßige Zuweisung an eine andere Partei erfolgte (vgl SZ 55/171). Konsequent ist in § 130 VO zum ZLG ("Besitzüberweisung") in Vollzug des Zusammenlegungsplanes wiederum nur eine Besitzüberweisung vorgesehen, dies aber nur, soweit nicht bereits eine provisorische Besitzübernahme nach § 122 leg cit stattgefunden hat.

Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Leoben vom 29.1.1954 verfügt, daß die unmittelbar Beteiligten im Zusammenlegungsgebiet St.Marein, darunter auch die Rechtsvorgänger der Streitteile, die Abfindungsgrundstücke sofort provisorisch zu übernehmen haben. In der Kundmachung vom selben Tag wurde festgehalten, daß die Einweisung der Abfindungsgrundstücke gemäß § 122 der VO zum ZLG bereits am 16.9.1954 stattgefunden habe und die Übernahme mit diesem Tag als vollzogen zu betrachten sei. Gleichzeitig wurden die anläßlich der Übergabe der Abfindungsgrundstücke erforderlichen Übergabebestimmungen durch eine an die Beteiligten ergangene provisorische Verfügung festgesetzt, die beim Gemeindeamt in St.Marein eingesehen werden konnte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war daher der Rechtsvorgänger der Kläger ab dem 16.9.1954 nur durch die auflösende Bedingung einer späteren entgegenstehenden rechtskräftigen bescheidmäßigen Zuweisung der bereits vermarkten und übernommenen Grundstücke - auch der als gemeinsame Anlage festgelegte Weg von St.Marein nach Mitterfeld und der davon abzweigende ins Eigentum des Rechtsvorgängers der Kläger übertragene Stichweg wurden 1954 errichtet - bedingter Eigentümer, dem abgesehen von dieser Bedingung alle Verfügungsrechte als Eigentümer zustanden. Dem damals noch im Grundbuch eingetragenen "Eigentümer" der Grundfläche kamen keinerlei Verfügungsrechte mehr zu. Auch wenn der Generalakt erst am 4.9.1961 erlassen und erst zu einem viel späteren Zeitpunkt in Rechtskraft erwachsen ist - hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Grundstückes, Weg, und auch der anderen dem Rechtsvorgänger der Kläger zugewiesenen Grundstücke sind, wie sich aus dem Zusammenlegungsakt ergibt, nach dieser Zuweisung keinerlei Streitigkeiten, Rechtsmittel oder bescheidmäßige Änderungen erfolgt - konnte daher ab dem 16.9.1954 grundsätzlich durch Besitzausübung eines Nichtberechtigten gegen den (bedingten) neuen Eigentümer der Beginn einer Ersitzungszeit in Lauf gesetzt werden.

Zur Ersitzung ist nach § 1460 ABGB die rechtmäßige, redliche und echte Besitzausübung während der gesamten Ersitzungszeit erforderlich. Nur wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer redlich übernimmt, ist nach § 1493 ABGB berechtigt, die Ersitzungszeit seines Vorgängers einzurechnen. Die Unredlichkeit des früheren Besitzers hindert einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen (§ 1463 ABGB). Die Redlichkeit des Besitzes, das heißt der gute Glaube an die Rechtmäßigkeit der Besitzausübung, muß während der gesamten Ersitzungszeit andauern, er entfällt, wenn der Besitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, daß sein Besitz nicht rechtmäßig ist oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Besitzausübung Anlaß geben. Dafür kann auch schon die Mitteilung des Rechtsstandpunktes des Eigentümers der als dienendes Gut in Anspruch genommenen Liegenschaft ausreichen. Zur Redlichkeit der Besitzausübung sowohl der Rechtsvorgänger der Beklagten als auch dieser selbst fehlt es an Feststellungen. Hiezu wird zu berücksichtigen sein, daß die Rechtsvorgänger der Beklagten unmittelbar Beteiligte des Zusammenlegungsverfahrens waren, nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes der Bescheid über die provisorische Übernahme erst nach Vorliegen des gesamten Zusammenlegungsplanes und nach Vorweisung der vermarkten Abfindungsgrundstücke an Ort und Stelle erlassen und überdies die anläßlich der Übergabe der Abfindungsgrundstücke erforderlichen Übergangsbestimmun- gen durch eine an die Beteiligten ergehende provisorische Verfügung festgesetzt wurden, die beim Gemeindeamt St.Marein eingesehen werden konnte, am 4.9.1961 der Generalakt ausgefertigt wurde und zu einem bisher noch nicht festgestellten Zeitpunkt die (hinsichtlich des strittigen Weges lastenfreie) Berichtigung des Grundbuches erfolgte. Es fehlt ebenso an Feststellungen, ob zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile hinsichtlich der Benützung des Weges zur besseren Bewirtschaftung Vereinbarungen getroffen wurden, ob ihnen die Benützung gestattet oder untersagt wurde, wie über den Zeitpunkt und die Art und Weise der Übernahme der Grundstücke durch die Beklagten und des ihnen damals möglichen Informationsstandes. Sollte sich die Redlichkeit der Besitzausübung der Rechtsvorgänger der Beklagten oder zumindest ihre eigene herausstellen, wird auch festzustellen sein, ob und bejahendenfalls wann den Beklagten das Benützen des Weges unter Hinweis auf das unbelastete Eigentum der als dienendes Grundstück in Anspruch genommenen Weges untersagt wurde.

Da das Verfahren im aufgezeigten Sinn zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob Ersitzung vorliegt, noch ergänzungsbedürftig ist, kommt dem Rekurs der Kläger im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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