Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Beklagten haben vom Kläger am 7. 4. 1995 eine Liegenschaft gekauft. Der Kaufpreis sollte im Wege einer Fremdfinanzierung aufgebracht werden. Zur Abwicklung des Kaufvertrages wurde ein Rechtsanwalt zum Treuhänder bestellt. Der von einer Bank dem Treuhänder überwiesene Teilkaufpreis wurde nicht auf das vereinbarte Treuhandkonto (Anderkonto), sondern auf das Kanzleikonto des Treuhänders überwiesen und zur Deckung des dort befindlichen Debetsaldos verwendet. Dadurch konnte die vereinbarte Lastenfreistellung der Liegenschaft in der vereinbarten Frist nicht erwirkt werden. Im Vorprozess 13 Cg 95/96w des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz begehrten die Käufer vom beklagten Verkäufer (hier Kläger) die Einwilligung zur Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten der Käufer je zur Hälfte. Der Kaufpreis sei zur Gänze auf das vom Treuhänder bekanntgegebene Konto eingezahlt worden. Der Treuhänder habe das Geld veruntreut. Der Verkäufer habe den Vertrag als erfüllt angesehen und den Kaufgegenstand übergeben. Das Risiko der treuwidrigen Verwendung des Kaufpreises treffe den Verkäufer. Dieses Klagebegehren wurde abgewiesen. Der Rücktritt des Verkäufers sei wegen Nichterfüllung durch die Käufer rechtswirksam.
Im vorliegenden Verfahren begehrt der klagende Verkäufer der Liegenschaft die Räumung der den beklagten Käufern schon übergebenen Grundstücke. Nach dem berechtigten Rücktritt vom Vertrag benützten die Beklagten die Liegenschaft titellos.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Räumungsklage und wiederholten ihr Vorbringen aus dem Vorprozess. Der Kläger habe zu Handen des Treuhänders den Kaufpreis erhalten und den Besitz an der Liegenschaft übergeben. Ein Rücktritt vom Vertrag sei nicht mehr möglich gewesen. In der letzten Tagsatzung vom 19. 1. 1999 stellten die Beklagten einen Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozess. Sie begründeten den Unterbrechungsantrag wie folgt: "Weiters wird darauf verwiesen, dass die Unterbrechung auch deshalb sinnvoll erscheint, da der Akt 13 Cg 95/96 in den Beweisbeschluss dieses Verfahrens aufgenommen wurde und eine Beischaffung dieses Aktes ohnehin erst nach rechtskräftiger Erledigung des dortigen Verfahrens möglich sein wird, und darauf, dass die beklagten Parteien bereits erhebliche Investitionen in einer Größenordnung von etwa S 800.000 in das streitgegenständliche Objekt getätigt hätten; insbesondere auch aus diesem Grund sei eine Unterbrechung ratsam, zumal ein Auszug der beklagten Parteien lediglich Zug um Zug gegen Abgeltung der getätigten Investitionen zu erfolgen hätte. Beweis: Akt hg 13 Cg 95/96w sowie PV der beklagten Parteien, deren ergänzende Einvernahme beantragt wird" (S 2 zu ON 18).
Das Erstgericht gab der Räumungsklage statt. Es übernahm den im Vorprozess festgestellten Sachverhalt und ging wie dort von einem berechtigten Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag aus. Die Einrede der Zug um Zug-Leistung gegen Abgeltung der Investitionen der Beklagten sei "nicht genügend klar formuliert worden".
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Es ging von einer Bindungswirkung der in der Zwischenzeit rechtskräftig gewordenen Entscheidung im Vorprozess aus (die Klage auf Einverleibung des Eigentumsrechts der Käufer wurde abgewiesen). Wenn zwischen den beiden Begehren ein enger inhaltlicher Sachzusammenhang bestehe, gestatteten die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie keine widersprechende Beantwortung der entscheidenden Rechtsfragen. Nur wenn im Vorverfahren eine bestimmte Tatsache nur eine Vorfrage und nicht die Hauptfrage dargestellt hätte, wäre eine Bindung zu verneinen. Im Räumungsstreit könnten die Fragen der Erfüllung des Vertrages durch die Beklagten und die Berechtigung des Rücktritts vom Vertrag durch den Kläger wegen des Sachzusammenhanges nicht anders als im Vorprozess beurteilt werden. Das Verfahren sei dennoch noch nicht spruchreif. Die Beklagten hätten nach dem Vertragsrücktritt des Verkäufers einen Kondiktionsanspruch nach § 1435 ABGB. Die beiderseitigen Leistungen seien analog § 877 ABGB zurückzustellen. Die Beklagten hätten nun - wenn auch im Wesentlichen nur zur Begründung des Unterbrechungsantrages, so doch unmissverständlich - dargelegt, zur Herausgabe der Sache nur gegen Ersatz ihrer Aufwendungen von 800.000 S berechtigt (gemeint: bereit) zu sein, ansonsten der Kläger bereichert wäre. Über Einrede nach § 1052 ABGB sei die Liegenschaft nur gegen Ersatz der Aufwendungen der Beklagten herauszugeben. Diese Einrede sei vom Erstgericht nicht geprüft worden. Die Beklagten rügten zu Recht die unterbliebene Aufnahme der beantragten Beweise zum Thema der Aufwendungen an der Sache.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wegen der erheblichen Rechtsfrage zur Bindungswirkung der Vorentscheidung zulässig sei.
In seinem Rekurs beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur neuerlichen Entscheidung durch das Berufungsgericht.
Die Beklagten erstatteten eine Rekursbeantwortung, in der sie zwar in erster Linie die Zurückweisung des Rekurses und nur hilfsweise seine Abweisung begehren, zur Unrichtigkeit des Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes aber nur ausführen, dass "die gesetzlich vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind".
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig. Die Frage der Bindungswirkung von Vorentscheidungen (dazu SZ 70/60; 6 Ob 59/99s mwN) stellt sich hier mangels Anfechtung durch die in dieser Frage beschwerten Beklagten nicht. Die Frage ist abschließend erledigt.
Gegenstand des Rekurses des Klägers ist nur die von ihm bekämpfte Ansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagten hätten die Einrede nach § 1052 ABGB erhoben und nicht nur ihren Unterbrechungsantrag mit dem Anspruch auf Ersatz der Investitionen begründet. Der Rekurswerber verweist für seinen Standpunkt auf das unsubstanziiert gebliebene Vorbringen der Beklagten und die Verwendung des Konjunktivs (dass ein Auszug der Beklagten nur Zug um Zug gegen Abgeltung der getätigten Investitionen zu erfolgen "hätte"). Das Tatsachenvorbringen sei nicht ausreichend konkret.
Zu diesen Rekursausführungen ist zunächst zu bemerken, dass eine Leistungsverpflichtung bloß Zug um Zug gegen eine Gegenleistung nach § 1052 ABGB eine Einrede voraussetzt, ebenso wie der Retentionsanspruch nach § 471 ABGB (Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 68 zu § 1052 mwN; 1 Ob 30/98p mwN; SZ 60/15 uva). Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine ausdrückliche Einrede aber nicht erforderlich. Es genügt, dass sich aus dem Vorbringen ergibt, dass der Beklagte zur Herausgabe der Sache nur gegen Ersatz der Aufwendungen bereit ist (7 Ob 601/79). Jede Auslegung von materiellen oder prozessualen Willenserklärungen hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar. Die Auslegung durch das Berufungsgericht ist eine durchaus vertretbare. Aus der Verwendung des Konjunktivs ist nichts abzuleiten, weil auch die vorgenommenen Investitionen von 800.000 S in Konjunktivform behauptet wurden. Die Konjunktivform kann durchaus auf die Protokollierung des im Indikativ erstatteten Vorbringens der Parteien durch den Richter zurückzuführen sein. Gegen die Ansicht, die Beklagten hätten nur ihren Unterbrechungsantrag begründen und die Erhebung einer Einrede nach § 1052 ABGB bloß in Aussicht stellen wollen, spricht das gleichzeitig erstattete Beweisanbot. Auch wenn es zutrifft, dass die Beklagten ihre Behauptungen noch nicht genauer konkretisiert haben, ist dies noch kein Grund, ihre Einrede als nicht erhoben oder unschlüssig anzusehen. Das Erstgericht hätte vielmehr zu einem ergänzenden Vorbringen anzuleiten gehabt (§ 182 ZPO), was im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein wird.
Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.
Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO, weil dieser Schriftsatz mangels ausreichender Begründung der Unzulässigkeit des Rekurses zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war.
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