Normen
HGB §161
HGB §166
HGB §161
HGB §166
Spruch:
Bei Anträgen des Kommanditisten gemäß § 166 HGB ist stets (auch) der jeweilige geschäftsführende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft Antragsgegner
Auch wenn die Ausübung der Kontrollrechte im Gesellschaftsvertrag einem Kommanditistenbeirat übertragen wurde, steht einem Kommanditisten das außerordentliche Prüfungsrecht zumindest dann zu, wenn der Beirat maßgebend an der Geschäftsführung mitzuwirken hat und ein wichtiger Grund iS des § 166 Abs. 3 HGB in der Vorgangsweise des Beirates behauptet wird
Nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ist der Kommanditist zwar berechtigt, Kontrollrechte nach § 166 HGB zur Beurteilung seiner Gewinnbeteiligungs- und sonstigen Einzelgesellschafteransprüche bis zum Ausscheiden aus der Gesellschaft, nicht aber zur Beurteilung von Sozialansprüchen geltend zu machen
OGH 27. 9. 1984, 6 Ob 2/82 (OLG Linz 1 R 204/81; LG Salzburg HRA
52. H-301)
Text
Im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg ist die Kommanditgesellschaft Gebrüder L eingetragen. § 13 des Gesellschaftsvertrages mit der Überschrift "Kommanditistenrechte" lautet: "Die Kommanditisten haben diejenigen Rechte, die ihnen in diesem Vertrag ausdrücklich zuerkannt sind. Diese werden entweder durch Abstimmung in der Gesellschafterversammlung oder durch Ihre Vertreter im Beirat ausgeübt."
Die Antragstellerin wurde im Jahr 1969 Kommanditistin. Sie war zuletzt mit 33 der 3 500 Anteile an der Gesellschaft beteiligt. Die Antragsgegner sind geschäftsführende persönlich haftende Gesellschafter.
Die Antragstellerin begehrt den gerichtlichen Auftrag an die geschäftsführenden Gesellschafter zur Vorlage der Bücher und Papiere der Gesellschaft für die Geschäftsjahre 1971 bis 1979 und zur Gewährung der Einsicht in diese Unterlagen unter Zuziehung eines von ihr beauftragten Buchsachverständigen zwecks Überprüfung der Richtigkeit der Jahresabschlüsse 1971 bis 1979 und der Richtigkeit der Gewinnverteilung in Ansehung der genannten Jahre; ferner beantragte die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegner, über folgende Umstände Aufklärung zu geben: a) Über die Gewinnanteile jedes einzelnen geschäftsführenden Gesellschafters; b) über deren Gesamtbezüge unter Darlegung der Rechtstitel zur Ermittlung der Gewinnanteile und der Gesamtbezüge; c) über die Forderungen der einzelnen Gesellschafter an die Gesellschaft samt Zinsenberechnung sowie Gutschriften sowie über die Verbindlichkeiten der einzelnen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft samt Zinsenberechnung und -belastungen; d) über die Verteilung der in den Jahren 1973 bis 1979 "gebildeten" Investitionsfreibeträge auf die einzelnen Gesellschafter sowie über die Verzinsung des sogenannten "Teil B" dieser Investitionsfreibeträge und auf Grund derselben den einzelnen Gesellschaftern erteilten Zinsgutschriften; e) über die Zusammensetzung des Zuschreibungsgewinnes auf Grund der 1976 erfolgten Betriebsprüfung der Geschäftsjahre 1971 bis einschließlich 1975 und dessen Aufteilung auf die einzelnen Gesellschafter; f) über die Kenntnisse der Geschäftsführer und der Beiratsmitglieder von den Liquiditätsschwierigkeiten der zur Firmengruppe P gehörenden Gesellschaften in der Zeit bis einschließlich 31. 12. 1978 und über die Maßnahmen der geschäftsführenden Gesellschafter und der Mitglieder des Beirates zur Vermeidung eines Verlustes, der letztlich 10 Mio. S überschritten habe. Zur Begründung ihrer Anträge behauptete die Antragstellerin im wesentlichen: Der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 31. 5. 1980, bei der nach der Tagesordnung ua. der Jahresabschluß 1979 festgestellt, über die Verwendung des Reingewinns beschlossen und über die Entlastung der Geschäftsführer und des Beirats abgestimmt werden sollte, sei zwar ein Jahresabschluß samt Erläuterungen und Gewinnverteilungsvorschlag angeschlossen gewesen, nach diesen Unterlagen seien aber für die Antragstellerin wesentliche Fragen unüberprüfbar geblieben.
In der Verweigerung von Auskünften durch den Beiratsvorsitzenden über Umstände, die für die Steuererklärung der Antragstellerin erforderlich seien, und über die Zahlen, die der Berechnung des eigenen Gewinnanteiles der Antragstellerin zugrunde gelegt worden seien, liege eine Verkürzung der Antragstellerin in dem unverzichtbaren Kernbereich ihrer gesellschaftsrechtlichen Ansprüche auf Auskunft gemäß § 166 Abs. 1 HGB. Wichtige Gründe iS des § 166 Abs. 3 HGB erblickte die Antragstellerin in einer Verweigerung des ordentlichen Prüfungsrechtes nach § 166 Abs. 1 HGB; in einer gesellschaftsvertragswidrigen Gewinnverteilung; in einer durch Jahre unterbliebenen Aufklärung der Kommanditisten über die Liquiditätsprobleme der Gruppe von Abnehmern, deren Zahlungsunfähigkeit letztlich offenbar wurde und zu hohen Forderungsverlusten der Gesellschaft geführt habe; in einer den gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsregeln widersprechenden Behandlung eines wesentlichen Teiles der Investitionsfreibeträge und schließlich in den Ergebnissen der finanzbehördlichen Betriebsprüfung.
Die Antragsgegner machten - wenn auch nicht an zentraler Stelle, so doch in Ansehung ihrer sogenannten Passivlegitimation grundsätzlich - geltend, daß sich der Antrag der Kommanditistin gegen sie persönlich als die geschäftsführenden Gesellschafter und nicht gegen den Beirat oder dessen Mitglieder und formell auch nicht gegen die Gesellschaft richte. In diesem Sinne war es der erkennbare Standpunkt der Antragsgegner, daß sie persönlich nicht wegen angeblicher Säumnisse oder aufklärungsbedürftiger Verhaltensweisen anderer Gesellschaftsorgane, insbesondere des Beirates, der Antragstellerin gegenüber zu Sonderaufklärungen zu verpflichten seien. Die Rechte nach § 166 Abs. 1 HGB seien satzungsgemäß von den Kommanditisten auf den Beirat übertragen, der einzelne Gesellschafter sei diesbezüglich daher nicht aktiv legitimiert. Ein Verdacht unredlicher Geschäftsgebarung, der Kontrollrechte nach § 166 Abs. 3 HGB auslösen könnte, sei in keiner Weise bescheinigt. Die Geschäftsgebarung durch die Antragsgegner sei nicht dadurch verdächtig, daß in Ansehung einer insolvent gewordenen Firmengruppe Millionenbeträge als Verluste ausgebucht werden mußten, weil sich diese Verluste in der Höhe von etwa einem Fünftel des Jahresumsatzes der Gesellschaft mit diesen Geschäftspartnern bewegten und daher als (betriebswirtschaftlich) vertretbar anzusehen seien; die Geschäftsgebarung sei auch nicht wegen des Ergebnisses der Steuerprüfung bedenklich, weil Grenzfälle in der steuerlichen Anerkennung von Aufwendungen immer wieder auftreten.
Das Registergericht hat alle Anträge der Kommanditistin abgewiesen. Es folgerte aus § 13 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages, daß die Kommanditisten sämtliche Kontrollrechte durch ihre Vertreter im Beirat auszuüben und sich (als einzelne Gesellschafter) an diese Beiratsmitglieder zu wenden hätten.
Das Rekursgericht hat die erstrichterliche Entscheidung zur Verfahrensergänzung aufgehoben. Die antragstellende Kommanditistin habe ihren Antrag nach § 166 HGB zwar gegen die geschäftsführenden Gesellschafter gerichtet, diese aber als Vertreter der Kommanditgesellschaft in Anspruch genommen; dabei habe die Antragstellerin geltend gemacht, daß ihre Kontrollrechte durch den Beirat nicht ausreichend gewahrt worden seien, der Beirat aber auch als Gesellschaftsorgan angesehen werden müsse. Damit erachte das Rekursgericht die passive Sachlegitimation der Antragsgegner als gegeben. Zur aktiven Sachlegitimation der Antragstellerin vertrat das Rekursgericht die Ansicht, daß nach dem Gesellschaftsvertrag das Einsichtsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB durch den Beirat ausgeübt werde, die Kontrollrechte nach § 166 Abs. 3 HGB aber dem einzelnen Kommanditisten gewahrt bleiben müßten. Sachlich gerechtfertigt könnte ein Kontrollrechtsantrag iS des § 166 HGB auch dadurch sein, daß Sachinformationen, auf die der einzelne Kommanditist auch nach der konkreten gesellschaftsvertraglichen Regelung jedenfalls persönlich Anspruch habe (zwar von den geschäftsführenden Gesellschaftern dem satzungsgemäßen Kontrollorgan "Beirat" umfassend erteilt, aber) vom Beirat nicht gehörig an die einzelnen Kommanditisten weitergegeben würde. Solches habe die Antragstellerin konkret und schlüssig mit ihrer Behauptung vorgebracht, der Vorsitzende des Beirats habe ihrem gesetzlichen Vertreter Auskünfte zur Überprüfung der vorgeschlagenen Gewinnverteilung in Ansehung der Ausschüttungen an die geschäftsführenden Gesellschafter verweigert. In der von der Antragstellerin behaupteten Aufrechterhaltung normaler Geschäftsbeziehungen zu notorisch illiquiden Kunden könnte ein Fall nicht ordnungsgemäßer Geschäftsführung gelegen sein, in der von der Antragstellerin behaupteten Finanzierung privater Aufwendungen aus Mitteln der Gesellschaft eine Unredlichkeit. Gelänge der Antragstellerin die Bescheinigung ihrer Antragsbehauptungen zu den erwähnten Themenkreisen, lägen die Voraussetzungen dafür vor, daß das Gericht gemäß § 166 Abs. 3 HGB die nach der Sachlage angemessenen Anordnungen im Rahmen des Antrages erließe. Zu den entsprechenden Antragsbehauptungen lägen Feststellungsmängel vor.
Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen der Antragstellerin und der Antragsgegner nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Verwaltungsbefugnisse der KG sind in sehr weitreichendem Maß einer von den gesetzlichen Regelungen abweichenden, den wirtschaftlichen Vorstellungen der Gesellschafter angepaßten gesellschaftsvertraglichen Gestaltung zugänglich. Den Verwaltungsbefugnissen auf der einen Seite sollen auf der anderen Seite die Kontrollbefugnisse entsprechen. Auch diese sind weitgehend der gesellschaftsvertraglichen oder einzelvertraglichen Regelung unterworfen. Dabei darf nicht bereits jede objektive Unausgeglichenheit zwischen Verwaltungs- und Kontrollbefugnissen als sittenwidrige, unbeachtliche Regelung gewertet werden. Kriterium der Zulässigkeit privatautonomer Gestaltung muß die Wahrung personengesellschaftsrechtlicher Grundsätze sein.
Die im § 166 HGB behandelten Ansprüche eines Kommanditisten habe Tatsachenmitteilungen, nämlich das in der Form der Bilanzen sowie der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisende jährliche Geschäftsergebnis sowie Sonderaufklärungen gemäß Abs. 3 und die Einsicht in die entsprechenden Belege zum Gegenstand. Die Ansprüche nach § 166 HGB sollen dem Kommanditisten Wissen über konkrete, ihn interessierende Tatumstände der Verwaltung verschaffen. Dieses Wissen soll den Gesellschaftern nicht als Selbstzweck, sondern zur Beurteilung gesellschaftsrechtlich erheblicher Verhaltensweisen, insbesondere zur Geltendmachung von Rechten aus dem Gesellschaftsverhältnis, sei es im ausschließlichen Eigeninteresse des einzelnen Gesellschafters, sei es im Gesellschaftsinteresse, zustehen. Die Ansprüche nach § 166 HGB können auf solche Art nur der Vorbereitung, nicht aber der unmittelbaren gerichtlichen Bereinigung eines Meinungsstreites unter den Gesellschaftern dienen.
Soweit dem Kommanditisten die ihn interessierenden Tatumstände bereits positiv bekannt sind und er auch für sein weiteres Vorgehen auf Belegeinsicht verzichten kann, fehlt ihm jedes rechtliche Interesse an der Geltendmachung der Rechte nach § 166 HGB. Der Abgang jedes schutzwürdigen Interesses ist aber auch insoweit anzunehmen, als die mit der Durchsetzung des Anspruches nach § 166 HGB erreichbaren Tatsachenkenntnisse nicht oder nicht mehr Grundlage für eine Rechtsausübung des Kommanditisten sein könnten (etwa zufolge unanfechtbarer Bindung an eigene Erklärungen oder Gesellschafterbeschlüsse, Verlust der Gesellschafterstellung und ähnliches).
Die Aktivlegitimation stand der Antragstellerin zur Zeit ihrer Antragstellung und auch noch zur Zeit der angefochtenen Entscheidung als Kommanditistin der Gesellschaft, über deren Verwaltungstätigkeit sie Aufklärungen begehrte, unzweifelhaft zu. Sollte die Antragstellerin, wie die Antragsgegner mitteilten, nachträglich aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden sein, hätte die Antragstellerin allerdings die den Gesellschaftern vorbehaltenen Mitwirkungsmöglichkeiten an Gesellschaftsentscheidungen und damit das rechtliche Interesse an der Information zur Vorbereitung solcher Mitwirkung verloren. Das bedeutet, daß die Antragstellerin, falls sie nicht mehr Gesellschafterin wäre, auch nicht berechtigt erschiene, Kontrollrechte nach § 166 HGB geltend zu machen, soweit sie zur Beurteilung sogenannter Sozialansprüche dienten. Zur Beurteilung von Gewinnbeteiligungs- und anderen Einzelgesellschafteransprüchen aus der Zeit bis zum Ausscheiden aus der Gesellschaft darf der Antragstellerin aber die Ausübung der ihr zustehenden Kontrollrechte iS des § 166 HGB nicht mit der Begründung verwehrt werden, sie sei inzwischen aus der Gesellschaft ausgeschieden.
Ein derartiges Ausscheiden aus der Gesellschaft während des Verfahrens übte auch keinen Einfluß auf die weitere Anspruchsverfolgung im außerstreitigen Verfahren aus. Aus § 145 FGG folgert die österreichische Rechtsprechung, daß über einen nach § 166 HGB gestellten Antrag grundsätzlich im Verfahren außer Streitsachen zu erkennen ist (SZ 25/183 uva.) Den ausgeschiedenen Kommanditisten verwies der OGH ausdrücklich auf den streitigen Rechtsweg (SZ 54/54). Die Stichhältigkeit der Argumentation, insbesondere die Anwendbarkeit der Lehre zum Recht der Bundesrepublik Deutschland kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben, weil über den von der Antragstellerin während ihrer unstreitigen Mitgliedschaft zur Gesellschaft eingebrachten Antrag gemäß § 29 JN im außerstreitigen Verfahren weiter zu verhandeln ist, selbst wenn die Antragstellerin während des Verfahrens aus der Gesellschaft ausgeschieden sein sollte (vgl. dazu Fasching I 229 und die Rechtsprechung in Unterhaltssachen: SZ 39/19 ua.).
Zur Passivlegitimation bei Kontrollrechtsanträgen nach § 166 HGB hat der erkennende Senat zu 6 Ob 4/84 unter Darlegung des Meinungsstreites erkannt, daß der Antrag grundsätzlich sowohl gegen die geschäftsführenden Gesellschafter als auch gegen die Gesellschaft gerichtet werden könne (im Falle der zitierten Entscheidung waren formell sowohl die geschäftsführenden Gesellschafter als die Gesellschaft als Antragsgegner bezeichnet worden). Die gerichtliche Geltendmachung der Kontrollrechte nach § 166 HGB setzt zu ihrer Schlüssigkeit voraus, daß ein konkreter Informationsmangel des Kommanditisten über gesellschaftsinterne Verwaltungstatsachen durch gerichtlich anzuordnende Maßnahmen behoben werden soll. Die Erfüllung der gerichtlichen Anordnung kann in der Regel nur vom gegenwärtigen geschäftsführenden Gesellschafter erwartet werden. Die gerichtliche Anordnung richtet sich in diesem Sinn auch jeweils gegen den gegenwärtigen geschäftsführenden Gesellschafter, der über die Geschäftsunterlagen verfügt, auf Grund deren die geforderten Aufklärungen erteilt und mit denen sie auch belegt werden können. Dieser Gedanke kommt nicht nur bei einem Wechsel in der Person des geschäftsführenden Gesellschafters zum Tragen, sondern auch - wie im vorliegenden Falle - bei gesellschaftsvertraglicher organschaftlicher Zwischenschaltung eines Beirats in den sonst unmittelbaren Informationsfluß vom Komplementär zum Kommanditisten. Solange die im Einzelfall gebotene Unterrichtung des Kommanditisten nicht vollständig erfolgte, besteht ein das gerichtliche Einschreiten rechtfertigender Anspruch des Kommanditisten, der den auskunftspflichtigen Gesellschafter nicht nur wegen eigenen Fehlverhaltens, sondern auch wegen jeder sonstigen, "der Gesellschaft" zuzurechnenden Minderinformation eines ihrer Gesellschafter treffen kann. In dieser Sicht ist - unabhängig von der Bezeichnung im Antrag - stets der jeweilige geschäftsführende Gesellschafter in dieser Eigenschaft als Repräsentant der Gesellschaft Antragsgegner; seine formelle Ersetzung im Falle des Komplementärwechsels während des Verfahrens würde daher auch keinen unzulässigen Parteiwechsel bedeuten. Nicht zuletzt dieser Umstand läßt auch das Außerstreitverfahren zur Geltendmachung und zwangsweisen Durchsetzung der Ansprüche nach § 166 HGB den Erfordernissen einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung angepaßt erscheinen. Das Rekursgericht hat daher die Passivlegitimation der geschäftsführenden Gesellschafter auch insofern zutreffend bejaht, als Auskunftsverweigerungen durch den Vorsitzenden des Beirats als Anspruchsbegründung geltend gemacht wurden.
Die gesellschaftsvertragliche Regelung der Kontrollrechte iS einer bloß mittelbaren Ausübung durch den Beirat, die hier entgegen der Ansicht der Antragstellerin schon nach dem Wortlaut des § 13 des Gesellschaftsvertrages vorliegt, hat das Rekursgericht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der - zwar nicht willkürlichen, wohl aber aus wichtigen Gründen widerruflichen - Bevollmächtigung durch die Kommanditisten beurteilt. Diese Betrachtungsweise - mit der Folgerung zulässigen Vollmachtswiderrufes - ist für die gesellschaftsvertragliche Aufgabenteilung unter einzelne Gesellschaftsorgane in Anlehnung an eine kapitalgesellschaftliche Organisation (vgl. Schlegelberger-Geßler[4] II 1339 ff. Rdz. 31 zu § 161; Schilling in Großkomm. HGB[3] II/2 Anm. 6 Vorbem. zur KG und Anm. 34 und 36 zu § 161) nicht angebracht. Es ist nicht nach der Widerruflichkeit einer (kollektiv) erteilten Vollmacht im Einzelfall, sondern nach der Rechtsverbindlichkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelung unter den Gesichtspunkten eines Verstoßes gegen zwingendes Recht oder der Sittenwidrigkeit zu fragen.
Die gesetzlichen Regelungen über das Innenverhältnis der KG nach den Vorschriften der §§ 164 bis 169 HGB sind gemäß § 163 HGB nur mangels (zulässiger) abweichender gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen anwendbar und in diesem Sinne grundsätzlich dispositiv. Dies gilt insbesondere für das Kontrollrecht nach § 166 Abs. 1 HGB (GesRZ 1973, 80).
Die Ausübung des sogenannten ordentlichen Prüfungsrechtes der Kommanditisten durch das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Organ eines von den Kommanditisten gewählten Beirates widerspricht dem Wesen einer personengesellschaftsrechtlichen Organisation nicht.
Ob allgemein auch das sogenannte außerordentliche Prüfungsrecht nach § 166 Abs. 3 HGB unter Ausschluß des Kommanditisten von der persönlichen Ausübung durch Gesellschaftsvertrag auf ein bestimmtes Organ übertragen werden kann, braucht nicht geprüft zu werden (vgl. zur Beschränkung des außerordentlichen Überwachungsrechtes Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht[3] II 165; Schlegelberger-Geßler in Anm. 19 zu § 166; Schilling aaO Anm. 15 zu § 166; Baumbach-Duden-Hopt, HGB[25], 1 C und 3 A zu § 166). Ein gesellschaftsvertraglicher Ausschluß des einzelnen Kommanditisten von der persönlichen Ausübung des sogenannten außerordentlichen Prüfungsrechtes verstieße nämlich jedenfalls in den Fällen gegen das Wesen der personengesellschaftlichen Organisation, in denen - wie nach dem zugrunde zu legenden Gesellschaftsvertrag - der die Geschäftsführung kontrollierende Beirat in maßgebender Weise selbst aktiv an der Geschäftsführung mitzuwirken hat und der antragstellende Kommanditist gerade in der Vorgangsweise des Beirates einen wichtigen Grund iS des § 166 Abs. 3 HGB erblickt. Im Fall einer KG mit Beirat wird aber in der Geltendmachung des sogenannten außerordentlichen Prüfungsrechtes nach § 166 Abs. 3 HGB stets die Behauptung enthalten sein, daß die gesellschaftsvertragliche Prüfungstätigkeit des Beirates im konkreten Einzelfall zumindest im Ergebnis versagt habe.
Es ist daher der rekursgerichtlichen Beurteilung beizustimmen, daß der einzelne Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag von der persönlichen Ausübung der Kontrollrechte nach § 166 Abs. 1 HGB wirksam ausgeschlossen ist, daß ihm aber die persönliche Geltendmachung der Rechte nach § 166 Abs. 3 HGB grundsätzlich gewahrt bleiben muß. Bei der Wertung der geltend gemachten Umstände als anspruchsbegrundende "wichtige Gründe" wird allerdings jeweils auf die Wirksamkeit der Vor- und Nachprüfung der Geschäftsführung durch das dazu berufene Organ des Beirates Bedacht zu nehmen sein.
Aus den dargelegten Erwägungen folgt, daß ein gemäß § 166 Abs. 3 HGB schützenswertes konkretes Informationsbedürfnis der Antragstellerin bestehen könnte, soweit ihr die Bekanntgabe aller jener Beträge vorenthalten blieb, von denen die Ermittlung ihres Gewinnanteiles abhängt. Das schließt auch die nach dem beiderseitigen Vorbringen vor allem umstrittenen Investitionsfreibeträge ein. In diesem Umfang ist der Verfahrensergänzungsauftrag des Rekursgerichtes jedenfalls gerechtfertigt. Insoweit zur Ermittlung der Gewinnanteile der Antragstellerin die steuerlichen Investitionsfreibeträge Bedeutung haben können, wird aber die Antragstellerin im anhängigen Verfahren nach § 166 HGB nur Aufklärung über die konkrete Geltendmachung der Freibeträge, über das gesellschaftsinterne Ergebnis dieser steuerrechtlichen Anträge und deren betriebswirtschaftliche Gesamtauswirkung sowie die Beteiligung der Antragstellerin daran erreichen können. Soweit es zur Überprüfung und Durchsetzung von Gewinnbeteiligungsansprüchen der Antragstellerin erforderlich erscheint, wird sie Aufklärung über das entsprechende Zahlenmaterial auch für vergangene Jahre fordern können. Soweit zur Überprüfung und Durchsetzung von Ansprüchen der Antragstellerin der konkrete Betrag von Zuweisungen an die geschäftsführenden Gesellschafter notwendig ist, könnte dem Anspruch auf Aufklärung eine Geheimhaltsverpflichtung aus dienstnehmerrechtlicher Erwägung nicht entgegengehalten werden. Zum Begehren auf Unterrichtung über konkrete, an ihre Mitkommanditisten zugewiesenen Beträge müßte die Antragstellerin konkrete Umstände vorbringen, um ein darauf gerichtetes Auskunftsrecht beurteilen zu können. Die rechtlichen Auffassungsunterschiede über die richtige Aufteilung der gewinnerhöhenden Auswirkungen steuerrechtlich anerkannter Investitionsfreibeträge auf die einzelnen Gesellschafter wären erst in einem allfälligen Rechtsstreit auszutragen. Die vom Rekursgericht als erforderlich erachtete Beiziehung eines Sachverständigen könnte sich nach entsprechender Ergänzung des Verfahrens zu dem hier behandelten Themenkreis als entbehrlich erweisen.
Soweit die Antragstellerin über den durch ihre Einzelgesellschafterinteressen gezogenen Rahmen hinaus Aufklärungen fordert, die nur der Beurteilung von Angelegenheiten dienen können, über die die Beschlußfassung (nach § 14 des Gesellschaftsvertrages) der Gesellschafterversammlung vorbehalten ist, wäre ein aufrechtes Informationsrecht der Antragstellerin nur unter der Voraussetzung anzuerkennen, daß sie nach wie vor Gesellschafterin ist und nicht - wie die Antragsgegner behaupteten - bereits wirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurde. In diesem Sinn ist der Verfahrensergänzungsauftrag des Rekursgerichtes einzuschränken.
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