Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die über den Geschäftsführer verhängte Zwangsstrafe ersatzlos behoben wird.
Text
Begründung
Das Firmenbuchgericht verhängte über den Geschäftsführer der Gesellschaft mbH gemäß § 283 Abs 1 HGB eine Zwangsstrafe von 2.000 S wegen Verletzung der Offenlegungsvorschriften der §§ 277-279 HGB und forderte ihn auf, den zum 31. 3. 1999 aufgestellten Jahresabschluss samt Lagebericht und Bestätigungsvermerk bzw die Bilanz mit Anhang sowie das Formblatt zur Einordnung in die Größenklassen beim Firmenbuchgericht einzureichen, widrigenfalls eine weitere Zwangsstrafe verhängt und der Beschluss darüber veröffentlicht würde.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Geschäftsführers nicht Folge. Kapitalgesellschaften seien verpflichtet, den Jahresabschluss spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag zum Firmenbuch einzureichen. Diese Verpflichtung bestehe nach der Entscheidung 6 Ob 213/99p auch ohne Aufforderung des Gerichtes. Die bis zu dieser Entscheidung geübte Praxis der bloßen Androhung einer Zwangsstrafe im Fall der Säumnis mit der Offenlegung ändere nichts an der Rechtmäßigkeit einer sofortigen Verhängung der Zwangsstrafe nach § 283 Abs 1 HGB. Die vom Geschäftsführer für die verspätete Vorlage des Jahresabschlusses ins Treffen geführte laufende Betriebsprüfung und eine allenfalls nötige Berichtigung des Jahresabschlusses habe den Geschäftsführer von seiner Offenlegungspflicht nicht entbunden.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei.
Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Geschäftsführer die ersatzlose Behebung der verhängten Zwangsstrafe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
In der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses 6 Ob 213/99p wurde ausgesprochen, dass eine der Zwangsstrafenverhängung vorausgehende Aufforderung im Gesetz nicht vorgesehen sei, sodass den Offenlegungspflichten auch unaufgefordert zu entsprechen gewesen wäre. Daraus haben manche Firmenbuchgerichte und hier auch das Rekursgericht den vom erkennenden Senat keineswegs beabsichtigten Schluss gezogen, dass die Androhung der Zwangsstrafe völlig entbehrlich sei (vgl Pilgerstorfer, Verwirrung im Zwangsstrafenverfahren des Firmenbuchs, RdW 2000, 459 [462]). Schon in den Entscheidungen 6 Ob 177/00y und 6 Ob 178/00w wurde klargestellt, dass der Vorentscheidung 6 Ob 213/99p ein anderer Sachverhalt zugrundelag: Dort wurde nach vergeblicher Aufforderung zur Offenlegung eine Zwangsstrafe verhängt. Es war also damals gerade nicht der Fall einer sofortigen Verhängung einer Zwangsstrafe zu beurteilen. In den beiden zitierten Entscheidungen wurde im Einklang mit der Rechtsansicht Pilgerstorfers (aaO) aus dem (auch) repressiven Charakter der Zwangsstrafe und des deswegen besonders zu beachtenden Rechts auf Gehör sowie aus dem aus § 24 FBG und den Gesetzesmaterialien hervorleuchtenden Grundsatz des stufenweisen Vorgehens (Grundsatz des gelindesten Mittels zur Erreichung des primär gegebenen Beugezwecks einer Zwangsstrafe) abgeleitet, dass eine Zwangsstrafe vor ihrer Verhängung zunächst nur anzudrohen ist. Zusätzlich wurde noch der verfahrensökonomische Aspekt aufgezeigt, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH schon im Aufforderungsverfahren Gelegenheit haben sollte, allfällige die Säumnis rechtfertigende Umstände vorzutragen, weil ihm dies ansonsten im Rekursverfahren wegen der Zulässigkeit von Neuerungen eingeräumt werden müsste, was wiederum zur Verfahrensverzögerung führen könnte. Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers ist aus all diesen Gründen berechtigt. Die über ihn verhängte Zwangsstrafe ist ersatzlos zu beheben.
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