OGH 6Ob271/03a

OGH6Ob271/03a27.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache des im Firmenbuch des Landesgerichtes Feldkirch zu FN ***** eingetragenen O***** GmbH mit dem Sitz in F*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch ihren Geschäftsführer Ing. Thomas T*****, dieser vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 30. September 2003, GZ 3 R 136/03d-23, mit dem der Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 8. September 2003, GZ 15 Fr 2817/03m-20, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im angefochtenen Umfang (Abweisung des Antrages auf Eintragung der Änderung des § 15 des Gesellschaftsvertrages) aufgehoben. Dem Erstgericht wird (auch) insoweit eine neuerliche Entscheidung über den Eintragungsantrag aufgetragen.

Text

Begründung

Gesellschafter der O***** GmbH waren DI Georges O***** mit einer Stammeinlage von 7.000 EUR, DI Peter O***** mit einer Stammeinlage von 7.000 EUR, Ing. Thomas T***** mit einer Stammeinlage von 12.250 EUR und Gerhard Z***** mit einer Stammeinlage von 8.750 EUR. Mit Abtretungsvertrag vom 11 6. 2003 hat Gerhard Z***** seinen gesamten Geschäftsanteil an Ing. Thomas T***** übertragen. Mit Abtretungsvertrag vom 4. 7. 2003 haben DI Georges O***** einen Teil seines Geschäftsanteiles, der einer voll einbezahlten Stammeinlage von 5.250 EUR entspricht, und DI Peter O***** seinen gesamten Geschäftsanteil ebenfalls an Ing. Thomas T***** übertragen. DI Peter O***** und Gerhard Z***** sind aus der Gesellschaft ausgeschieden. In der Generalversammlung vom 4. 7. 2003 wurde Gerhard Z***** als Geschäftsführer abberufen. Zu dem wurden die §§ 1, 3, 8, 9, 13, 15 und 17 des Gesellschaftsvertrages geändert. Die Gesellschaft wird seither von Ing. Thomas T***** als alleinigen Geschäftsführer vertreten.

§ 15 des Gesellschaftsvertrages lautet nunmehr:

"Ausschluss:

(1) Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Geschäftsanteil den übrigen Gesellschaftern im Verhältnis von deren Beteiligung abzutreten und sind diese verpflichtet, den Geschäftsanteil im Verhältnis ihrer Beteiligung zu übernehmen, wenn dies die Gesellschafter mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wobei dem betroffenen Gesellschafter dabei kein Stimmrecht zusteht, aus einem der folgenden Gründe beschließen:

  1. a) Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters;
  2. b) Begehen gerichtlich strafbarer Handlungen zum Nachteil der Gesellschaft.

(2) In diesem Fall erhält der ausscheidende Gesellschafter den gemäß § 13 (4) ermittelten Abfindungsbetrag. Für die Fälligkeit des Abfindungsbetrages gilt § 13 (3)."

§ 12 des Gesellschaftsvertrages sieht im Fall der Teilung und der Übertragung von Geschäftsanteilen unter Lebenden ein Aufgriffsrecht der Gesellschafter binnen sechs Monaten nach Erhalt des schriftlichen Anbotes vor, wobei die Abtretungspreise einvernehmlich festzulegen sind oder, wenn keine Einigung zustandekommt, in Anwendung des Wiener Verfahrens (Richtlinien zur Ermittlung der gemeinen Werte von inländischen nicht notierten Wertpapieren und Anteilen gemäß Erlass des Bundesministeriums für Finanzen in der jeweils gültigen Fassung) zu ermitteln ist und dieser in zwei gleich hohen Raten, zahlbar binnen zwölf Monaten bzw 24 Monaten nach erfolgter Abtretung zu entrichten ist. Ein derartiges Aufgriffsrecht der Gesellschafter wurde in § 13 auch für den Fall der Erbfolge vereinbart, wobei gemäß § 13 Abs 3 der Abtretungspreis für den Fall, dass der Geschäftsanteil im Erbweg oder durch Vermächtnis an die Ehefrau des verstorbenen Gesellschafters und/oder deren Nachkommen fällt und diese nicht bereits Gesellschafter sind, ebenfalls in Anwendung des Wiener Verfahrens zu ermitteln ist und die Zahlung in zwei Raten, fällig 12 Monate bzw. 24 Monate nach Abtretung des Geschäftsanteiles durch die Erben an die übernahmeberechtigten Gesellschafter zu erfolgen hat. In § 13 Abs 4 wurde für den Fall, dass der Geschäftsanteil oder Teile desselben im Erbweg nicht an die Ehefrau des verstorbenen Gesellschafters und/oder dessen Nachkommen in gerader Linie fallen, vereinbart, dass sich der gemäß Abs 3 ermittelte Abtretungspreis um ein Drittel vermindert.

Mit der am 23. 7. 2003 beim Erstgericht eingelangten Eingabe beantragte die Gesellschaft unter Vorlage der in Notariatsaktsform errichteten Abtretungsverträge vom 11. 6. 2003 und 4. 7. 2003, des Protokolles über die außerordentliche Generalversammlung vom 4. 7. 2003, des Gesellschaftsvertrages und eines Geschäftsführersverzeichnisses, im Firmenbuch folgende Eintragungen vorzunehmen: Verminderung der Stammeinlage des DI Georges O***** auf

1.750 EUR, Erhöhung der Stammeinlage des Ing. Thomas T***** auf

33.250 EUR, Löschung der Gesellschafter DI Peter O***** und Gerhard Z*****, Löschung des Geschäftsführers Gerhard Z***** und Änderung des Gesellschaftsvertrages in den §§ 1, 3, 8, 9, 13, 15 und 17. Das Erstgericht forderte die Gesellschaft auf, binnen drei Wochen § 15 des Gesellschaftsvertrages zu ändern, weil die Bestimmung des Abs 2 iVm Abs 1 lit a eine unzulässige Einschränkung der Rechte des Masseverwalters darstelle.

In ihrer fristgerecht erstatteten Stellungnahme lehnte die Gesellschaft die aufgetragene Änderung ab. Nach ständiger Rechtsprechung könne ein Gesellschafter im Fall seines Konkurses von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. In diesem Fall sei eine Abfindungsbeschränkung nur bei Buchwertklauseln unzulässig. Hier orientiere sich der Abfindungsbetrag aber am weit höheren Verkehrswert des Anteiles. Der Abfindungsbetrag könne im Übrigen bis auf 50 % des Anteilswertes reduziert werden. Die Reduzierung des Abfindungsbetrages sei sachlich gerechtfertigt, weil die verbleibenden Gesellschafter im Fall der Insolvenz eines Gesellschafters oft zur Unzeit kurzfristig die finanziellen Mittel für die Abfindung bereitstellen müssten. In die Rechte des Masseverwalters, dessen Zustimmung zum Ausschluss nicht erforderlich sei, werde nicht eingegriffen. Er habe überdies die Möglichkeit, die Abfindungsklausel anzufechten.

Das Erstgericht wies das Eintragungsgesuch zur Gänze ab. In der Reduzierung des Abtretungspreises von 1/3 im Fall des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters sei eine unzulässige Einschränkung der Rechte des Masseverwalters zu erblicken, dessen Pflicht es sei, den größtmöglichen Erlös für die Masse zu lukrieren. Darüber hinaus greife die Bestimmung auch in Rechte der Gläubiger des insolventen Gesellschafters ein. Schon das Firmenbuchgericht habe dafür Sorge zu tragen, dass unzulässige Bestimmungen nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen würden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gesellschaft teilweise Folge. Es bestätigte den Beschluss des Erstgerichtes insoweit, als damit der Änderungsantrag betreffend § 15 des Gesellschaftsvertrages abgewiesen wurde (Punkt 1. seiner Entscheidung). Im Übrigen hob es den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche, insoweit zu begründende Entscheidung auf (Punkt 2.). Das Rekursgericht halte an seiner in der Entscheidung 5 R 264/84 (NZ 1987, 323) vertretenen Ansicht fest, dass eine Abtretungspflicht des Gesellschafters im Konkursfall zulässig vereinbart werden könne und eine in der Satzung vorgesehene Übernahme des Geschäftsanteiles durch die übrigen Gesellschafter selbst zu einem nicht vollwertigen Entgelt dann nicht zu beanstanden sei, wenn sie auch für andere Fälle des Ausscheidens des Gesellschafters vereinbart sei. Die in § 15 des Gesellschaftsvertrages enthaltene Bestimmung stelle daher insoweit eine die Gläubiger diskriminierende Klausel dar, als die im Insolvenzfall eines Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern eingeräumte Möglichkeit der Beschlussfassung zur Einziehung ohne vollwertiges Entgelt nicht auf alle vergleichbaren Fälle der Ausschließung aus wichtigem Grund vorgesehen sei. Eine unzulässige Satzungsbestimmung sei vom Firmenbuchgericht im Rahmen der sich aus § 15 FBG iVm § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG abzuleitenden amtswegigen Prüfpflicht der Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht wahrzunehmen. Das Eintragungshindernis führe aber mangels eines Zusammenhanges mit den übrigen Änderungen des Gesellschaftsvertrages nicht zur Abweisung des gesamten Eintragungsgesuches. Für die Abweisung der weiteren Anträge enthalte der angefochtene Beschluss keine Begründung und sei daher nichtig. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung über die künftige Abtretung von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters im Insolvenzfall gegen einen nicht vollwertigen Abtretungspreis fehle.

Der gegen Punkt 1. des Beschlusses des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Gesellschaft wiederholt ihre Ansicht, dass die in § 15 des Gesellschaftsvertrages für den Fall der Insolvenz eines Gesellschafters vorgesehene Reduzierung des Abtretungspreises zulässig sei, zumal eine solche Reduzierung im Gesellschaftsvertrag ohnehin bei allen Fällen der Ausschließung aus wichtigem Grund vorgesehen sei.

Über die Frage, ob ein Antrag auf Eintragung der Änderung eines

Gesellschaftsvertrages im Sinn einer solchen Abtretungsklausel zu

bewilligen ist, ist hier jedoch nicht zu entscheiden. Im Sinn der

umfassenden Prüfpflicht bei Vorliegen eines zulässigen Rechtsmittels

(vgl RIS-Justiz RS0048272) ist darauf Bedacht zu nehmen, dass - was

die Vorinstanzen offenbar nicht beachtet haben - der

Gesellschaftsvertrag in dieser Hinsicht überhaupt nicht geändert

wurde. Bereits der der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch, die

mit Beschluss des Erstgerichtes vom 31. 1. 2000 bewilligt wurde, lag

der insoweit dieselbe Bestimmung enthaltende Gesellschaftsvertrag vom

23. 12. 1999 zugrunde. Anders geregelt war bisher nur das für die

Beschlussfassung über die Abtretung des Geschäftsanteiles und dessen

Übernahme durch die verbleibenden Gesellschafter maßgebende

Mehrheitsverhältnis. Es war eine Zustimmung von 80 % der Stimmen -

ohne den betroffenen Gesellschafter, dem hiebei kein Stimmrecht zukam

- erforderlich. Zudem waren weitere Ausschlussgründe vorgesehen. Die

Regelung, dass sich (neben anderen Fällen) im Fall des Konkurses über

das Vermögen eines Gesellschafters der gemäß § 13 Abs 3 des

Gesellschaftsvertrages ermittelte Abtretungspreis um ein Drittel

reduziere (§ 15 Abs 2 iVm § 13 Abs 4), wurde durch den Beschluss der

Generalversammlung vom 4. 7. 2003 nicht geändert. Neben der

Einschränkung auf die Ausschließungsgründe des Insolvenzfalles eines

Gesellschafters und des Begehens gerichtlich strafbarer Handlungen

zum Nachteil der Gesellschaft wurde § 15 Abs 1 lediglich dahin

abgeändert, dass es dort statt "....... wenn dies die Gesellschafter

mit einer Mehrheit von 80 % der ihnen insgesamt zustehenden Stimmen

..... beschließen" nunmehr heißt ".... wenn dies die Gesellschafter

mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen ..... beschließen".

Diese Änderung erklärt sich aus den Änderungen im Stand der Gesellschafter: Ursprünglich war das Stammkapital unter drei Gesellschaftern mit Stammeinlagen von je 7.000 EUR und einem Gesellschafter mit einer Stammeinlage von 14.000 EUR aufgeteilt. Daraus ergibt sich, dass drei Gesellschafter, darunter jener mit der größten Stammeinlage, dem Ausschluss zustimmen mussten, um die Mehrheit von 80 % (= 28.000 EUR) zu erreichen. Auch nach mehrfacher Änderung im Stand der Gesellschafter mussten auf Grund der Aufteilung des Stammkapitales immer zumindest drei Gesellschafter dem Ausschluss zustimmen. Derartige Erwägungen wurden aber durch den Verbleib von bloß zwei Gesellschaftern, von denen einer 1.750 EUR und der andere

33.250 EUR hält, hinfällig. § 15 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages wurde daher offensichtlich lediglich dieser geänderten Situation angepasst.

Das Firmenbuchgericht hat zwar im Rahmen seiner sich aus § 15 FBG in Verbindung mit § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG ergebenden amtswegigen Prüfpflicht die Eintragungsvoraussetzungen in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen, insbesondere, ob die begehrte Eintragung gegen zwingende handelsrechtliche Normen verstößt und ob der Gläubigerschutz beeinträchtigt erscheint (vgl. RIS-Justiz RS0115147). Hievon ist aber das im Fall einer bereits erfolgten fehlerhaften Eintragung gemäß § 10 Abs 2 FBG einzuleitende Verfahren zu unterscheiden. Nach dieser Bestimmung kann das Gericht eine Eintragung in das Firmenbuch von Amts wegen löschen, wenn sie mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist oder wird. Ein Löschungsverfahren wurde hier nicht eingeleitet. Mangels einer aus der Änderung des Gesellschaftsvertrages allenfalls resultierenden Fehlerhaftigkeit desselben ist der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund jedenfalls zu verneinen, ohne dass es hier darauf ankommt, ob die in § 15 des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Möglichkeit der Beschlussfassung auf Einziehung des Geschäftsanteils eines in Konkurs geratenen Gesellschafters ohne vollwertiges Entgelt - infolge Diskriminierung der Konkursgläubiger - unzulässig ist. Eine Sanierung einer allenfalls auf fehlerhafter Grundlage erfolgten Eintragung der Gesellschaft ließe sich im Wege der Abweisung des den Mangel nicht begründenden Antrages auf Eintragung einer Änderung des Gesellschaftsvertrages übrigens auch gar nicht erreichen. Da die Adaptierung des § 15 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages durch die Änderung des Halbsatzes über die erforderliche Mehrheit bei der Abstimmung über den Ausschluss im Zusammenhang mit der Änderung im Stand der Gesellschafter steht, ist über den § 15 betreffenden Eintragungsantrag gemeinsam mit dem den Stand der Gesellschafter betreffenden Eintragungsantrag zu entscheiden. Infolge Aufhebung des sich darauf beziehenden Beschlussteiles durch das Rekursgericht ist somit eine Abänderung des mit Revisionsrekurs bekämpften Beschlussteiles im Sinn einer sofortigen Teilstattgebung nicht möglich. Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind daher (auch) insoweit aufzuheben.

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