Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.
Text
Begründung
Mit der am 16. 1. 1992 zu 1 C 5/92p beim Bezirksgericht Feldkirch gegen die Ablehnungswerberin eingebrachten Protokollarklage hatte deren geschiedener Ehemann die Feststellung des Erlöschens seiner im Scheidungsvergleich vom 29. 10. 1984 vereinbarten Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ablehnungswerberin begehrt. In diesem von Richter Dr. Franz S***** geführten Verfahren wurden in der Tagsatzung vom 27. 1. 1992 Vergleichsgespräche geführt, deren Ergebnis als Vergleich protokolliert und sodann schriftlich als Vergleich ausgefertigt und den Parteien zugestellt wurden.
Mit Schriftsatz vom 29. 4. 1998 begehrte die Beklagte die Anberaumung einer Tagsatzung und die Einvernahme des seinerzeitigen Verhandlungsrichters, weil kein gültiger Vergleich zustandegekommen sei.
Mit Beschluß vom 12. 5. 1998 hat der nunmehr zuständige Richter Dr. Martin S***** diese Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, das Verfahren sei durch den am 27. 1. 1992 geschlossenen gerichtlichen Vergleich beendet worden.
Gleichzeitig mit dem dagegen erhobenen Rekurs lehnte die Beklagte sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten wegen Befangenheit mit der Begründung ab, im vorliegenden Verfahren seien die selben Befangenheitsgründe wie im Verfahren 1 C 95/95b gegeben, in dem der ebenfalls zuständige Richter Dr. Martin S***** seine Befangenheit wegen seiner Freundschaft mit Dr. Franz S***** bekanntgegeben habe und in dem mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. 7. 1996 die Richterinnen und Richter des Bezirksgerichtes Feldkirch für befangen erklärt worden seien. In diesem Verfahren hat die Beklagte den von Dr. S***** protokollierten Vergleich vom 27. 1. 1992 wegen Zwang, List und Irrtums angefochten und diesem Richter, der als Zeuge geführt wurde, Pflichtverletzungen vorgeworfen.
Da der im gegenständlichen Verfahren als Zeuge angebotene Richter Dr. S*****, nunmehr Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch, früher Richter des Landesgerichtes Feldkirch gewesen sei, sei zu befürchten, daß er auch zu den Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes Feldkirch nicht nur rein dienstliche, sondern auch seit viele Jahren freundschaftliche Beziehungen unterhalte. Richter des Landesgerichtes Feldkirch hätten durch eine nicht unvoreingenommen gefaßte und auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhende Berufungsentscheidung im Prozeß über die Vergleichsanfechtung ihre Befangenheit bewiesen.
Das Oberlandesgericht Innsbruck wies den Ablehnungsantrag zurück.
Entscheidungsgegenstand im vorliegenden Verfahren sei nur, ob eine Mangelhaftigkeit durch Nichteinvernahme des Zeugen Dr. Franz S***** vorliege, ob das als "Vergleich" protokollierte Ergebnis der Tagsatzung vom 27. 1. 1992 ein Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB sei und ob dieser eine prozeßbeendende Wirkung im Sinne des § 204 ZPO habe. Bei der Beurteilung dieser Fragen spielten Erwägungen über die Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Dr. Franz S***** keinerlei Rolle, zumal eine auf ihre Glaubwürdigkeit zu beurteilende Aussage noch gar nicht vorliege und das Rekursverfahren nach § 526 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorhergehende mündliche Streitverhandlung durchzuführen sei. Eine unmittelbare Beweisaufnahme in diesem Rahmen komme von vornherein nicht in Betracht. Das Naheverhältnis der Richter des Landesgerichtes Feldkirch zu Dr. S***** habe auf die gegenständliche Entscheidung über die Zurückweisung der Anträge der Ablehnungswerberin keinerlei Einfluß. Eine (angeblich) unrichtige Sachentscheidung bzw Mißbilligung vorangegangener Entscheidungen könne nach ständiger Rechtsprechung nicht zur Begründung einer Befangenheit herangezogen werden.
Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Ausführungen des Oberlandesgerichtes Innsbruck sind zutreffend (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO). Solange noch gar nicht feststeht, daß ein Richter in einem bestimmten Verfahren als Zeuge zu vernehmen sein wird, kann noch kein Ablehnungsgrund für diesen Richter oder für einen mit ihm befreundeten, für die Entscheidung zuständigen Richter gegeben sein. Die sachliche Überprüfung von Entscheidungen eines Richters im Rechtsmittelweg durch mit dem Erstrichter befreundete Richter entspricht dem Gerichtsalltag, ist von jedem verantwortungsbewußten Richter als selbstverständlich vorauszusetzen und stellt keinen Ablehnungsgrund dar. Das Bestehen eines kollegialen Verhältnisses des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofes zu einem abgelehnten Richterkollegen allein vermag weder dessen Befangenheit noch auch die Zweckmäßigkeit einer Delegierung zu begründen, weil der Gesetzgeber selbst in § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofes, welchem der abgelehnte Richter angehört, normiert und damit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses nicht als entscheidungshindernd ansieht. Eine allenfalls unrichtige rechtliche Beurteilung einer Rechtssache ist im Instanzenzug anzufechten und stellt keinen Ablehnungsgrund dar.
Dem Rekurs kommt daher keine Berechtigung zu.
Im Ablehnungsverfahren besteht kein Kostenersatzanspruch.
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