Spruch:
I. Der Revision der Klägerinnen wird keine Folge gegeben.
II. Der Revision der Beklagten wird hingegen Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:
„Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Erstklägerin 13.765 EUR und der Zweitklägerin 4.867,15 EUR, jeweils samt 4 % Zinsen seit 28. 9. 2004 und binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen."
Die Klägerinnen sind schuldig, und zwar die Erstklägerin zu ¾ und die Zweitklägerin zu ¼, der Beklagten die mit 3.636,37 EUR (darin 606,06 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 4.533,54 EUR (darin 600,25 EUR Umsatzsteuer und 932 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ab 1997 bestand zwischen der Beklagten und Dr. Gerda K*****, Rechtsanwältin in W*****, eine Vertragsbeziehung, in die mit ihrer Gründung im Jahr 2001 die Zweitklägerin eintrat. Diese Vertragsbeziehung bestand bis 2002 darin, dass die Beklagte jährlich ein Buch, nämlich den „Österreichischen Juristenkalender", übermittelte und dieses in Rechnung stellte.
Der „Österreichische Juristenkalender" enthält (unter anderem) Tabellen, welche die Errechnung des Endes der gebräuchlichsten Fristen ersparen sollen. Der Benutzer wird angeleitet, in der linken Spalte „E" der entsprechenden Monatstabelle den Tag des Ereignisses (Zustellung) zu suchen, von welchem an die Frist zu errechnen ist. In derselben Zeile rechts davon ist sodann der letzte Tag der Frist abzulesen, und zwar in jener Spalte, welche der gesuchten Fristenlänge entspricht. Neben der 14-Tage- („14 T") und der 4-Wochen-Frist-Spalte („4 W") ist auch das Fristende unter Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit ersichtlich („14 T [F]" und „4 W [F]").
Ab 2002 erhielt die Zweitklägerin anstelle des jährlichen Buches ein Grundwerk in Form einer Loseblattsammlung, welches jährlich durch austauschbare Ergänzungslieferungen aktualisiert wurde. Dabei wurden die Ergänzungslieferungen jeweils einzeln in Rechnung gestellt. Auf der Rückseite der Rechnungen waren die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Lieferungen der Beklagten abgedruckt, welche in Punkt 7 am Ende folgende Bestimmung enthielten: „Der Verlag ist bemüht, die Druckwerke jeweils nach neuesten Erkenntnissen zu erstellen, übernimmt aber keine Haftung für ihre inhaltliche Richtigkeit." Es steht aber nicht fest, dass die Beklagte die Geltung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Zweitklägerin ausdrücklich vereinbart hätte; ebenso wenig steht fest, wann die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erstmals auf der Rechnungsrückseite abgedruckt worden waren.
Im Rahmen dieser Vertragsbeziehung bezog die Zweitklägerin auch die Aktualisierungslieferung „40208 Österreichischer Juristenkalender 2003", welche für Zustellungen ab dem 24. 12. 2003 das Ende von vierwöchigen Fristen unter Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit (unrichtig) mit 4. 2. 2004 angab; tatsächlich endeten die entsprechenden Fristen bereits mit 3. 2. 2004. Unter dem Titel „Österreichischer Juristenkalender 2003" fand sich in dieser Lieferung folgende Klarstellung: „Herausgegeben im Einvernehmen mit amtlichen Stellen von Dr. Michael Hiller, Rechtsanwalt in Wien". Die Impressumseite dieser Lieferung enthielt den Hinweis: „Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Verlags ausgeschlossen ist." Auf der Rückseite der für diese Lieferung der Zweitklägerin gelegten Rechnung waren wiederum die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abgedruckt; dieser Umstand wurde bei der Zweitklägerin jedoch erst im Zusammenhang mit diesem Verfahren bemerkt. Die Aktualisierungslieferung „40212 Österreichischer Juristenkalender 2004", in welcher das Datum für den Ablauf der Berufungsfrist für ab dem 24. 12. 2003 einlangende Urteile (richtig) mit dem 3. 2. 2004 angegeben war, gab die Beklagte um den 20. 12. 2003 zur Post; sie wurde der Zweitklägerin irgendwann zwischen dem 24. 12. 2004 und dem 31. 12. 2004 zugestellt; das genaue Datum steht nicht fest. In dieser Aktualisierungslieferung fand sich kein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass in der Aktualisierungslieferung 2003 bei der Fristberechnung ein Fehler unterlaufen war.
Die Zweitklägerin vertrat bereits seit Ende Februar 2002 die Erstklägerin, die im Übrigen auch ihr Berufshaftpflichtversicherer ist, im Verfahren 5 C 398/02v des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien als Beklagte. Der dortige Kläger begehrte von der Erstklägerin Leistung aus einer Kfz-Kaskoversicherung aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 28. 10. 2000; ihm sei lediglich ein Aufmerksamkeitsfehler unterlaufen, weshalb Deckungsschutz gegeben sei. Die Klägerinnen wendeten ein, der Unfall habe sich ereignet, weil der dortige Kläger bei Rotlicht in eine Kreuzung eingefahren sei und zudem während der Fahrt telefoniert habe; dies sei grob fahrlässiges Verhalten und schließe eine Versicherungsdeckung gemäß § 61 VersVG aus.
Mit Urteil vom 15. 12. 2003 verpflichtete das Bezirksgericht für Handelssachen Wien die Erstklägerin zur Zahlung von 7.594,31 EUR samt 4% Zinsen seit 1. 12. 2000 und zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 3.959,53 EUR an den dortigen Kläger. Es stellte fest, dieser habe aus Unachtsamkeit und aufgrund eines Motorengeräuschs vermutet, dass die Ampel schon auf Grün geschaltet habe; deshalb sei er in die Kreuzung eingefahren. Hinsichtlich der Frage, ob er kurz vor dem Unfall telefoniert gehabt habe, traf das Gericht eine Negativfeststellung. Rechtlich hielt es fest, dass die Erstklägerin aufgrund des bestehenden Kaskoversicherungsvertrags leistungspflichtig sei; im Hinblick auf die erwähnte Negativfeststellung sei auch kein grob fahrlässiges Verhalten des dortigen Klägers anzunehmen, weshalb Leistungsfreiheit gemäß § 61 VersVG nicht bestehe.
Das Urteil wurde der Zweitklägerin am 29. 12. 2003 zugestellt und von einer Kanzleiangestellten übernommen. Diese setzte ohne Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit einen Fristvormerk für den 26. 1. 2004, der von Dr. Heinrich F*****, einem Gesellschafter der Zweitklägerin und Rechtsanwalt, abgezeichnet und parafiert wurde. Bei der Zweitklägerin wurden damals Fristeintragungen ohne Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit vorgenommen. Diese Fristen wurden in der Regel auch eingehalten, Schriftsätze also tatsächlich auch mit diesen Fristen erledigt. Als jedoch Dr. Heinrich F***** in der ersten Jännerhälfte 2004 aufgrund erhöhten Arbeitsanfalls bemerkte, dass er die Verfassung einer Berufung im erwähnten Kaskoprozess bis 26. 1. 2004 nicht schaffen würde, berechnete er erneut das Ende der Berufungsfrist, diesmal unter Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit. Dabei benutzte er zunächst einen Kalender und errechnete (unrichtig) den 4. 2. 2004. Dr. Heinrich F***** hatte keine Erfahrung in der Berechnung von Fristen in Nichtferialsachen; es war das erste Mal, dass er eine derartige Fristenberechnung durchführte. Daher machte er sich auch keine Gedanken darüber, ob der Fristenlauf nach der verhandlungsfreien Zeit mit dem 6. oder dem 7. Jänner beginnt, und zog auch keine Literatur zu Rate. Zur Überprüfung seiner (unrichtigen) Berechnung zog Dr. Heinrich Fassl jedoch die Aktualisierungslieferung „40208 Österreichischer Juristenkalender 2003" heran, welche im Sekretariat der Zweitklägerin auflag; die Aktualisierungslieferung 2004 war zu diesem Zeitpunkt von den Schreibkräften der Zweitklägerin noch nicht eingeordnet worden. Da Dr. Heinrich F***** zur Überprüfung seiner eigenen Fristenberechnung die in diesem Punkt fehlerhafte Aktualisierungslieferung 2003 des Juristenkalenders heranzog, fiel ihm sein Berechnungsfehler auch im Zuge dieser Prüfung nicht auf. Er wies eine Kanzleiangestellte an, die neu errechnete Frist, also den 4. 2. 2004, in das Fristenbuch einzutragen und auf dem Urteil zu vermerken, und parafierte wiederum die neue Frist auf dem Urteil. Als die Zweitklägerin am 26. 1. 2004 von der Erstklägerin mit der Erhebung einer Berufung beauftragt wurde, verfasste Dr. Heinrich F***** - beginnend mit 1. oder 2. Februar - die Berufung und gab sie am 4. 2. 2004 zur Post. Vor der Postaufgabe überprüfte er nicht noch einmal die Berufungsfrist. Die Berufung wäre mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen; das Berufungsgericht hätte das Ersturteil abgeändert und das Klagebegehren abgewiesen.
Mit Beschluss vom 31. 3. 2004 wies das Handelsgericht Wien als Berufungsgericht die Berufung der Erstklägerin als verspätet zurück; der Zurückweisungsbeschluss wurde der Zweitklägerin am 2. 4. 2004 zugestellt. Ein Rechtsanwaltsanwärter wies dabei Dr. Heinrich F***** auf die Zurückweisung der Berufung und gleichzeitig auf den Fehler im Juristenkalender hin; er informierte ihn, dass die verhandlungsfreie Zeit im Winter regelmäßig am 3. 2. endet, was Dr. Heinrich F***** bis dahin nicht geläufig gewesen war.
Am 20. 4. 2005 beantragte die Zweitklägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und brachte gleichzeitig die Berufung ein. Sie brachte vor, dass Dr. Heinrich F***** sich bei der Ermittlung des Fristenendes offensichtlich um einen Tag geirrt hätte, wobei diesem der genaue Grund des Irrtums mittlerweile wegen des Zeitablaufs nicht mehr erinnerlich sei. Aufgrund der fehlerhaften Eintragung im Juristenkalender sei ihm der Irrtum auch nicht aufgefallen. Dieser Antrag wurde vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien abgewiesen; ein Rekurs der Zweitklägerin dagegen blieb erfolglos. Zur Begründung wurde ausgeführt, an berufliche rechtskundige Parteienvertreter sei ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher nicht an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen; juristische Kunstfehler eines berufsmäßigen Parteienvertreters seien grundsätzlich immer auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen, so insbesondere auch dann, wenn Fehler bei der Fristberechnung erfolgten; das Heranziehen eines Juristenkalenders sei kein taugliches Kontrollinstrument gewesen.
Am 6. 9. 2004 zahlte die Erstklägerin aufgrund des rechtskräftigen Urteils im Kaskoprozess einschließlich Zinsen 12.917 EUR an den dortigen Klagevertreter. Die von ihr vorgeschossene Pauschalgebühr für die Berufung in Höhe von 848 EUR buchte sie am selben Tag intern von der Haftpflichtversicherung in die Kasko-Leistungsabteilung um. Der (berechtigte) Honoraranspruch der Zweitklägerin im Kaskoprozess betrug 4.689,56 EUR (Auffassung des Berufungsgerichts) bzw 4.867,16 EUR (Auffassung des Erstgerichts); die Erstklägerin als Mandantin der Zweitklägerin leistete diesbezüglich jedoch keine Zahlungen.
Die Klägerinnen begehren von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes insgesamt 18.632,16 EUR. Die (letztlich als verspätet) zurückgewiesene Berufung im Kaskoprozess wäre erfolgreich gewesen, weshalb die Zweitklägerin der Erstklägerin die von dieser gemäß Urteil vom 15. 12. 2003 an den dortigen Kläger zu leistenden Zahlungen zu ersetzen gehabt habe; diese Verpflichtung der Zweitklägerin habe die Erstklägerin als Berufshaftpflichtversicherer der Zweitklägerin durch direkte Zahlung an den Klagevertreter im Kaskoprozess erfüllt. Zu diesen geleisteten 12.917 EUR kämen 848 EUR an von der Erstklägerin vorgeschossener Pauschalgebühr für die Berufung. Diese Forderungen seien gemäß § 67 VersVG auf die Erstklägerin übergegangen. Der Zweitklägerin wären für die Vertretung der Erstklägerin im Kaskoprozess 4.867,16 EUR an Honorar zugestanden, die sie von der Erstklägerin jedoch (berechtigterweise) nicht erhalten habe. Die Beklagte hafte für die unrichtige Angabe des maßgeblichen Fristenendes im „Österreichischen Juristenkalender 2003", auf den Dr. Heinrich F***** vertrauen habe dürfen; jedenfalls wäre es vertragliche Verpflichtung der Beklagten gewesen, in der Aktualisierungslieferung 2004 auf den Fehler der vorangegangenen Aktualisierungslieferung aufmerksam zu machen. Das Vertragsverhältnis zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten sei nicht als Kauf-, sondern als Abonnementvertrag, also das entgeltliche Zurverfügungstellen von Information, zu werten. Eine Haftungsfreizeichnung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten seien nicht Vertragsgegenstand geworden.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe sich vertraglich lediglich zur Übergabe des Printwerks „Österreichischer Juristenkalender" und zur Verschaffung des Eigentums daran verpflichtet. Eine Haftung für dessen inhaltliche Unrichtigkeit bestehe jedoch grundsätzlich nicht; im Übrigen habe die Beklagte die Haftung vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen. Hätte die Zweitklägerin die Aktualisierungslieferung 2004 sofort einsortiert, wozu sie auch verpflichtet gewesen wäre, hätte sie lange vor Ablauf der Berufungsfrist deren richtiges Ende erkennen können. Schließlich gehöre die Erfassung und Überwachung des Fristenwesens zu den wichtigsten Vorkehrungen eines Rechtsanwalts; das alleinige Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist treffe daher Dr. Heinrich F*****.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 6.882,50 EUR an die Erstklägerin und von 2.433,58 EUR an die Zweitklägerin. Der zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten abgeschlossene Sukzessivlieferungsvertrag habe die Verpflichtung der Beklagten umfasst, Tabellen zur Verfügung zu stellen, die die Errechnung der gebräuchlichsten Fristen ersparen sollten; dies habe auch die Verpflichtung zur Erstellung inhaltlich richtiger Tabellen umfasst. Dass Herausgeber Dr. Michael Hiller gewesen sei, ändere im Außenverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Vertragspartnern nichts; dieser sei lediglich als Erfüllungsgehilfe gemäß § 1313a ABGB anzusehen. Eine Haftungsfreizeichnung der Beklagten sei weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart worden; die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten würden ebenfalls nicht gelten. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei zumindest mitkausal für die Versäumung der Berufungsfrist im Kaskoprozess gewesen. Da die Berufung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer Abweisung des Klagebegehrens im Kaskoprozess gegen die Erstklägerin geführt hätte, habe die Zweitklägerin ihren Honoraranspruch gegenüber der Erstklägerin verloren; ihre erbrachten Leistungen seien für diese wertlos gewesen. Darüber hinaus sei sie der Erstklägerin als Mandantin gegenüber schadenersatzpflichtig geworden; der Schaden sei in der urteilsgemäßen Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger im Kaskoprozess gelegen. Für diesen Schaden habe wiederum die Erstklägerin als Berufshaftpflichtversicherer einzustehen gehabt. Damit bestünden die geltend gemachten Ansprüche der Beklagten gegenüber zu Recht, die Klägerinnen hätten sich aber ein Mitverschulden der Zweitklägerin anrechnen zu lassen. Dieses liege zwar nicht darin, dass die Aktualisierungslieferung 2004 nicht unverzüglich einsortiert wurde, weil insofern keine Verpflichtung bestanden habe; die Zweitklägerin habe sich jedoch als Verschulden zurechnen zu lassen, dass Dr. Heinrich F***** trotz seiner eigenen Unerfahrenheit in Fragen der Fristenberechnung lediglich den „Österreichischen Juristenkalender" und nicht ein Lehrbuch heranzog und außerdem bei Verfassen der Berufung nicht nochmals das Fristenende überprüfte. Dies rechtfertige eine Verschuldensteilung von 1 : 1, weshalb jeweils die Hälfte der Klagebegehren zuzusprechen gewesen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit Ausnahme eines Teilbetrags von 88,80 EUR hinsichtlich der Zweitklägerin und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob einen (juristischen) Verlag, der einen Arbeitsbehelf zur Ermittlung des Endes prozessualer Fristen entgeltlich zur Verfügung stellt, eine Haftung für Folgeschäden des Erwerbers treffe, wenn der Arbeitsbehelf einen Fehler enthält. In der Sache selbst meinte das Berufungsgericht, der deklarierte Zweck des im Rahmen des „Österreichischen Juristenkalenders" zur Verfügung gestellten Fristenkalenders bestehe darin, dem Anwender die Errechnung des Endes der gebräuchlichsten Fristen zu ersparen; es handle sich somit nicht bloß um ein literarisches Werk, sondern um einen Arbeitsbehelf für Rechtsanwälte. Unter gewährleistungsrechtlichen Gesichtspunkten sei die Aktualisierungslieferung 2003 somit mangelhaft gewesen. Zwar hafte ein Verkäufer nicht für jedes Verschulden des Produzenten, der auch nicht sein Erfüllungsgehilfe ist, sondern treffe ihn hinsichtlich der Qualität der Ware nur eine gewisse Prüfpflicht, die auch nicht überspannt werden dürfe; dies gelte auch für juristische Fachpublikationen, die unter der Bezeichnung des Autors vertrieben werden und bei denen der Verlag lediglich die Vervielfältigung und die Verbreitung übernimmt, sodass eine Haftung des Verlags für einen Schaden, der aufgrund des Vertrauens in den Inhalt der Fachpublikation entstanden ist, regelmäßig zu verneinen sei. Der „Österreichische Juristenkalender" sei aber nicht eine derartige Fachpublikation, sondern ein „simpler" Arbeitsbehelf, der durch das bloße Abzählen von Wochen und Tagen erstellt werde. Die Beklagte habe damit rechnen müssen, dass das „Zielpublikum" Rechtsanwälte auf dessen Richtigkeit vertraut. Damit hafte die Beklagte für den eingetretenen Schaden; eine Haftungsfreizeichnung sei weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart worden. Der Schaden liege darin, dass die Zweitklägerin die Berufungsfrist versäumt habe, eine fristgerechte Berufung jedoch erfolgreich gewesen wäre und zur Klagsabweisung im Kaskoprozess geführt hätte. Allerdings treffe die Zweitklägerin ein Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB. Diese Bestimmung setze weder Rechtswidrigkeit des Verhaltens noch einen Rechtswidrigkeitszusammenhang, sondern lediglich eine „adäquate Kausalität der Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern" voraus. Von einem Rechtsanwalt sei zu verlangen, dass er das Ende einer Rechtsmittelfrist anhand eines gewöhnlichen Kalenders ermitteln kann. Die Sorglosigkeit Dris. Heinrich F***** habe nun darin bestanden, dass er sich trotz seiner mangelnden Erfahrung bei der Fristenberechnung keine Gedanken darüber gemacht habe, ob der Fristenlauf wieder am 6. oder am 7. Jänner beginnt; er habe sich das erforderliche Wissen auch nicht durch Literaturstudium angeeignet. Der Grad seiner Sorglosigkeit werde zwar durch den Umstand herabgesetzt, dass er sich zur Überprüfung seines Rechenergebnisses des „Österreichischen Juristenkalenders" bedient hat; exkulpieren könne ihn dies aber nicht. Eine Verschuldensteilung von 1 : 1 sei gerechtfertigt. Zum um 88,80 EUR verminderten Klagszuspruch an die Zweitklägerin kam das Berufungsgericht dadurch, dass es einen von dieser im Kaskoprozess überreichten Schriftsatz nicht als nach TP 2, sondern nur als nach TP 1 RATG honorierbar ansah.
Die Revisionen sind aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; jene der Beklagten ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerinnen stützen ihr Begehren ausdrücklich auf den Titel des Schadenersatzes. Dies setzt zunächst den Eintritt eines Schadens voraus. Die Klägerinnen sehen diesen im Kern darin gelegen, dass bei fristgerechter Berufung im Kaskoprozess das dortige Klagebegehren gegen die Erstklägerin abgewiesen worden wäre und die Zweitklägerin für ihre Leistungen im Kaskoprozess somit einen Honoraranspruch hätte geltend machen können. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass die Berufung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen wäre.
Nach Auffassung des 1. Senats des Obersten Gerichtshofs ist das Ergebnis der Beurteilung, wie das Vorverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte, eine in dritter Instanz unanfechtbare Tatsachenfeststellung (1 Ob 260/04y). Der 4. Senat meldete zwar an dieser Rechtsansicht Zweifel an (4 Ob 39/05x). Dies kann aber hier dahin gestellt bleiben, weil die Parteien diese Frage im Revisionsverfahren nicht mehr aufgreifen.
2. Ebenso wenig Thema des Revisionsverfahrens ist die von den Vorinstanzen bejahte Aktivlegitimation der Klägerinnen.
3. Die Beklagte hat sich im Verfahren erster Instanz unter anderem darauf berufen, sie habe vertraglich ihre Haftung für die inhaltliche Richtigkeit des „Österreichischen Juristenkalenders" ausgeschlossen. Die Vorinstanzen haben die Vereinbarung einer Freizeichnung zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten verneint. In der Revision kommt die Beklagte auch darauf nicht mehr zurück.
4. Die von der Zweitklägerin erworbene Aktualisierungslieferung 2003 des „Österreichischen Juristenkalenders" war durch Angabe von falschen Fristenenden mangelhaft. Gewährleistungsansprüche machen die Klägerinnen aber nicht geltend. Sie behaupten vielmehr, dieser Mangel habe einen - darüber hinausgehenden - Schaden verursacht. War nun das von der Zweitklägerin gekaufte Produkt der Beklagten fehlerhaft und führte dies zu einem Schaden, ist zunächst an eine Ersatzpflicht der Beklagten nach dem Produkthaftungsgesetz zu denken:
In Deutschland wird die Anwendung der Produkthaftung für inhaltlich unrichtige Verlagserzeugnisse überwiegend bejaht (vgl etwa J. Meyer, Produkthaftung für Verlagserzeugnisse, ZIP 1991, 1393; Höckelmann, Die Produkthaftung für Verlagserzeugnisse (1994) 118; Cahn, Produkthaftung für verkörperte geistige Leistungen, NJW 1996, 2899; A. Meyer, Die Haftung für fehlerhafte Aussagen in wissenschaftlichen Werken, ZUM 1997, 26; Schricker, Verlagsrecht3 [2001] § 31 Rz 23; einschränkend Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht3 [2005] § 30 Rz 1049; ablehnend hingegen Foerste, Die Produkthaftung für Druckwerke, NJW 1991, 1439; Honsell, Produkthaftungsgesetz und allgemeine Deliktshaftung, JuS 1995, 211). In Österreich ist diese Auffassung, produkthaftungsrechtliche Normen auf Träger inhaltlich unrichtiger Informationen anzuwenden, zum Teil auf Zustimmung gestoßen (Fitz/Grau/Reindl, Produkthaftung [2004] § 5 Rz 137; Noll, Österreichisches Verlagsrecht [2005] 119; ablehnend hingegen Welser/Rabl, PHG2 [2004] § 4 Rz 9).
Einer Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs bedarf es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht. Die Klägerinnen machen einen reinen Vermögensschaden geltend. Nach § 1 Abs 1 PHG werden von der Produkthaftung aber nur Verletzungen der körperlichen Integrität und Schäden an vom Produkt verschiedenen Sachen erfasst. Reine Vermögensschäden sind somit nicht ersatzfähig (RIS-Justiz RS0111982).
5.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde (jedenfalls) die (fehlerhafte) Aktualisierungslieferung 2003 des „Österreichischen Juristenkalenders" von Dr. Michael Hiller „herausgegeben" und von der Beklagten verlegt. Daraus folgt, dass zwischen diesen ein Verlagsvertragsverhältnis im Sinne der §§ 1172, 1173 ABGB bestanden hat. Dabei ist es gleichgültig, ob dieses schriftlich zustandegekommen war; eine (bestimmte) Form für den Abschluss des Verlagsvertrags ist nicht vorgeschrieben (Adler/Höller in Klang, ABGB V² [1954] 433; vgl RIS-Justiz RS0015936 [sogar konkludenter Abschluss möglich]). Dass es sich beim „Österreichischen Juristenkalender" um ein Werk im Sinne des § 1172 ABGB bzw des Urheberrechtsgesetzes handelt, ist im Revisionsverfahren nicht strittig.
Nach § 1172 ABGB verpflichtet sich der Urheber des Werkes (Verlaggeber; zur Begriffsbildung vgl etwa Rebhahn in Schwimann, ABGB³ [2006] §§ 1172, 1173 Rz 8) durch den Verlagsvertrag, das Werk einem anderen (Verleger/Verlag) zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen; der Verlag wiederum verpflichtet sich, das Werk zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke zu verbreiten. Aus dieser Verpflichtung zur Vervielfältigung ist - im Übrigen ebenso wie aus dem Urheberrecht (vgl § 21 UrhG) - zu schließen, dass der Verlag nicht befugt ist, ohne Zustimmung des Verlaggebers Änderungen am Werk vorzunehmen; ausgenommen hievon wären lediglich Berichtigungen von Schreibfehlern oder die Richtigstellung von Jahreszahlen und Paragrafenangaben und ähnliches (Adler/Höller, aaO 442 mwN; vgl auch Rebhahn, aaO Rz 17). Desgleichen hat der Verlag dafür Sorge zu tragen, dass nicht Fehler oder Abweichungen aufgrund oder im Zuge des Vervielfältigungsverfahrens auftreten (Adler/Höller, aaO 443). Dritten gegenüber, mit denen der Verlag aus Anlass der Verbreitung des Werkes Kaufverträge abschließt, handelt er auf eigene Rechnung (Adler/Höller, aaO 448, 449; Krejci in Rummel, ABGB³ [2000] §§ 1172, 1173 Rz 65; Rebhahn, aaO Rz 22).
5.2. Aufgrund dieser Ausgestaltung des Verlagsvertragsverhältnisses zwischen Verlaggeber und Verlag ist die Auffassung der Vorinstanzen nicht zu beanstanden, dass der Verlag im Zusammenhang mit der Verbreitung des Werkes dessen Käufern gegenüber wie ein Händler anzusehen ist, der von einem Dritten hergestellte Produkte vertreibt/verkauft. Der Verlaggeber ist dabei kein Erfüllungsgehilfe des Verlags gemäß § 1313a ABGB (vgl Harrer in Schwimann, ABGB³ [2006] Rz 8; RIS-Justiz RS0022662).
5.3. Nach ständiger, auf der Entscheidung 2 Ob 514/79 (= SZ 52/74) basierender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl neuerlich RIS-Justiz RS0022662) haftet der Händler, der nach dem Inhalt des Kaufvertrags nicht zur Herstellung der Kaufsache verpflichtet ist, dem Käufer gegenüber nicht für jedes Verschulden des Produzenten, sondern nur für die Erfüllung der ihn selbst treffenden Pflichten, also für die Auswahl eines geeigneten Produzenten, für die einwandfreie Lagerung der Ware, für erforderliche Gefahrenhinweise und für eine ordnungsgemäße Verpackung (aus jüngerer Zeit 1 Ob 265/03g = SZ 2004/19; 10 Ob 13/05t). Dies wird damit begründet, dass der Händler als Verkäufer nicht eine „einwandfreie" Leistung im Sinne einer Erfolgsverbindlichkeit schulde. Eine Verpflichtung zur fehlerlosen Leistung würde ja bedeuten, dass der Verkäufer jeden einzelnen Kaufgegenstand untersuchen müsste, wovon jedoch nicht die Rede sein könne. Der Händler erfülle im Allgemeinen eine bloße „Verteilerfunktion", eine generelle Verpflichtung zur Kontrolle der Waren gebe es nicht (vgl Harrer, aaO § 1298 Rz 7 mwN).
Nach diesen Grundsätzen käme eine Haftung des beklagten Verlags für die geltend gemachten Schäden nicht in Betracht, weil auch er lediglich eine „Verteilerfunktion" (siehe ausdrücklich § 1172 ABGB) hatte und eine detailierte Überprüfungspflicht auf inhaltliche Richtigkeit des Werks nicht anzunehmen wäre. Ob der Käufer des Werks Ansprüche unmittelbar gegen den Verlaggeber, also den Herausgeber oder Autor, geltend machen könnte, braucht hier nicht geklärt zu werden; die Klägerinnen nehmen nur den Verlag in Anspruch.
5.4. Von der zu 5.3. dargestellten Grundregel sind jedoch Ausnahmen zu machen:
5.4.1. Der Händler haftet dem Käufer gegenüber wie der Hersteller der Kaufsache, wenn er als Hersteller auftrat und der Käufer dem Händler als Hersteller vertraute (2 Ob 514/79 mwN). Bei einer Fachpublikation, die ausdrücklich auf den „Herausgeber", also den Hersteller verweist, liegt diese Ausnahme jedoch nicht vor.
5.4.2. Nach in Deutschland herrschender Ansicht (vgl etwa BGH GRUR 1974, 50 [zust Nordemann] - NOTTESTAMENTSMAPPE; Röhl, Fehler in Druckwerken, JZ 1979, 369; Foerste, NJW 1991, 1433; Höckelmann, Die Produkthaftung für Verlagserzeugnisse [1994] 62) haftet ein Verlag Käufern eines Druckwerks gegenüber für Schäden, die durch dessen inhaltliche Unrichtigkeit verursacht wurden, (nur) dann, wenn inhaltliche Richtigkeit zugesichert war. Bei einem Druckwerk, dessen wesentlicher Inhalt in einer (etwa juristischen) Anleitung besteht, kann sich die Zusicherung der inhaltlichen Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Anleitung allein schon aus der besonderen Art dieses Druckwerks und dem von beiden Vertragsteilen bei Kaufabschluss als selbstverständlich zugrunde gelegten Verwendungszweck der Anleitung ergeben. In der Entscheidung JZ 1971, 63 - CARTER-ROBBINS-TEST hat der deutsche Bundesgerichtshof erwogen, dass es Inhalt und Zweckbestimmung von bestimmten Druckwerken nötig machen können, Druckfehler durch besondere, unter Umständen auch aufwendige Maßnahmen mit Sicherheit zu vermeiden (etwa mathematische oder technische Tabellen, Dosierungsvorschriften für Medikamente).
Diese Auffassungen lassen sich auch auf den österreichischen Rechtsbereich übertragen. Wird inhaltliche Richtigkeit des Werks zugesagt, kann sich der Verlag nicht mehr auf seine bloße „Verteilerfunktion" (5.3.) und seine fehlende Verpflichtung zur Überprüfung des Werks berufen. In diesem Sinn nimmt etwa auch Harrer (aaO § 1298 Rz 7) eine Prüfpflicht des Händlers bei ausdrücklicher oder konkludenter Zusage von bestimmten Eigenschaften an (vgl auch Noll, Österreichisches Verlagsrecht [2005] 117, der eine Haftung des Verlags für möglich hält).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war es vertragliche Verpflichtung der Beklagten, der Zweitklägerin Tabellen zur Verfügung zu stellen, welche dieser die „Errechnung der gebräuchlichsten Fristen ersparen" sollten. Dies entspricht durchaus jenem Sachverhalt, der dem deutschen Bundesgerichtshof bei seiner NOTTESTAMENTSMAPPE-Entscheidung zugrunde lag: Dort warb der Verlag mit dem Hinweis, die Nottestamentsmappe nehme „jede Sorge von Irrtümern und unabsehbaren Haftungskosten", sichere „vor der Gefahr empfindlicher Schadenersatzansprüche" und stelle ein „einfaches, erschöpfendes, klares und zuverlässiges" Hilfsmittel dar, auf das man sich verlassen könne. Sollen nämlich die Fristentabellen im „Österreichischen Juristenkalender" tatsächlich die „Errechnung der gebräuchlichsten Fristen ersparen", setzt dies deren inhaltliche Richtigkeit voraus. Andernfalls müsste der Anwender ja erst recht wieder eine Überprüfung oder Nachberechnung des konkreten aus der Fristentabelle ermittelten Fristenendes vornehmen. In diesem Fall würde sich aber der Nutzen der Fristentabelle erübrigen. Daher können die Fristentabellen auch als „mathematische" Tabellen im Sinne der CARTER-ROBBINS-TEST-Entscheidung angesehen werden.
Dennoch kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der Zweitklägerin und der Beklagten konkludent inhaltliche Richtigkeit der Fristentabellen des „Österreichischen Juristenkalenders" vereinbart worden wäre. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen enthält nämlich jeweils das Impressum der Ergänzungslieferungen für 2003 und 2004 unter anderem den Hinweis, dass „alle Angaben trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Verlages ausgeschlossen" sei. Dass dieser Hinweis „klein gedruckt" und „versteckt" in der Impressumseite gewesen wäre, wie das Erstgericht meinte, kann nicht gesagt werden (vgl Beilagen ./1 und ./2).
5.4.3. Auch wenn der Händler im allgemeinen nicht verpflichtet ist, eigene kostspielige Versuche zur Prüfung der Tauglichkeit der Kaufsache vorzunehmen, und sich daher insoweit regelmäßig auf den Produzenten verlassen kann, trifft den Händler hinsichtlich der Qualität des Kaufgegenstands eine gewisse Prüfungspflicht, wenn besondere Umstände gegeben sind, die eine Überprüfung der Kaufsache nahelegen (2 Ob 514/79), insbesondere wenn er aufgrund ihm bereits bekannt gewordener Schadensfälle Zweifel an der Qualität der Kaufsache haben muss (RIS-Justiz RS0023638). Derartige Schadensfälle aufgrund des von Dr. Michael Hiller „hergestellten" Fristenkalenders haben die Vorinstanzen nicht festgestellt.
5.4.4. Die Klägerinnen haben im Verfahren erster Instanz vorgebracht, dass es unter anderem „vertragliche Verpflichtung [der Beklagten] gewesen [wäre], die Zweitklägerin auf die Unrichtigkeit des 'Fristenkalenders 2003' hinzuweisen".
Richtig ist, dass zwischen der Beklagten und der Zweitklägerin bzw deren Rechtsvorgängerin eine langjährige Geschäftsbeziehung bestanden hatte, die die jährliche Übermittlung zunächst des „Österreichischen Juristenkalenders" und sodann der jeweiligen Aktualisierungslieferungen umfasste, somit eine Art Sukzessivlieferungsvertrag. Auf einen solchen sind die Regeln über Dauerschuldverhältnisse anzuwenden (RIS-Justiz RS0018350). Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, dass auch während des Bestehens eines Dauerschuldverhältnisses vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten von den Vertragsparteien zu beachten sind (3 Ob 544/94 = SZ 67/146). Selbst wenn man also - wie zu 5.3. dargelegt - eine Prüfungspflicht eines Verlags hinsichtlich des Inhalts von ihm verbreiteter Werke grundsätzlich nicht annimmt, besteht dennoch eine Verpflichtung zur Aufklärung über bekannt gewordene Fehler; der Verlag hat ja nunmehr aufgrund dieser Umstände „Zweifel" an der Qualität der Kaufsache (5.4.3.).
Dass - wie die Beklagte meint - die Zweitklägerin unverzüglich nach Erhalt der Aktualisierungslieferung 2004 für deren Einsortieren zu sorgen gehabt hätte, weil dadurch der Fehler der vorangegangenen Aktualisierungslieferung beseitigt worden wäre, ist dabei nicht richtig. Den Feststellungen der Vorinstanzen lässt sich eine derartige vertragliche Verpflichtung der Zweitklägerin nämlich nicht entnehmen. Die Aktualisierungslieferung 2003 enthielt vielmehr auch Angaben über die Fristenenden bei Zustellungen am 29. 12. 2003.
Allerdings haben die Vorinstanzen lediglich festgestellt, die Beklagte habe der Zweitklägerin am 20. 12. 2003 die Aktualisierungslieferung 2004 übermittelt, in welcher das Datum für den Ablauf der Berufungsfrist für ab dem 24. 12. 2003 einlangende Urteile (richtig) mit dem 3. 2. 2004 angegeben war; diese Aktualisierungslieferung sei der Zweitklägerin irgendwann zwischen dem 24. 12. 2004 und dem 31. 12. 2004 zugestellt worden, also jedenfalls vor jenem Zeitpunkt, zu dem Dr. Heinrich F***** das Ende der Berufungsfrist unter Berücksichtigung der verhandlungsfreien Zeit zu ermitteln versuchte; in dieser Aktualisierungslieferung habe sich kein ausdrücklicher Hinweis darauf gefunden, dass in der Aktualisierungslieferung 2003 bei der Fristenberechnung ein Fehler unterlaufen war. Nicht festgestellt haben die Vorinstanzen hingegen, dass der Beklagten (und nicht nur dem Herausgeber der Fristentabellen) der Fehler spätestens bei Auslieferung der Ergänzungslieferung bekannt gewesen wäre. Soweit die Klägerinnen in ihrer Revision diese Kenntnis unterstellen, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus; die Klägerinnen haben im Verfahren erster Instanz ein derartiges Vorbringen auch nicht erstattet.
Voraussetzung für die Annahme einer Verletzung der Aufklärungspflicht des Verlags über einen „erkannten Fehler" ist aber die Kenntnis des Verlags selbst. Jene des Autors, der nicht sein Erfüllungsgehilfe ist (5.2.), ist nicht maßgeblich.
6. Damit haben die Vorinstanzen zu Unrecht eine (teilweise) Haftung der Beklagten für die eingetretenen Vermögensschäden angenommen. Auf Fragen der Verschuldensteilung, die im Revisionsverfahren alle Parteien bekämpfen, sowie auf die Frage der Honorierung des Schriftsatzes der Zweitklägerin vom 4. 7. 2002 (ON 9 im Kaskoprozess) kommt es nicht mehr an. Der Revision der Beklagten war vielmehr Folge zu geben und das gesamte Klagebegehren abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Revisionsverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO; das Gesamtklagebegehren entfiel zu etwa ¾ auf die Erst- und zu etwa ¼ auf die Zweitklägerin. Die nachträgliche Verzeichnung der Pauschalgebühr für das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof mittels „korrigierten Kostenverzeichnisses" ist nicht zulässig (RIS-Justiz RS0036034; 1 Ob 263/03p); der Kostenentscheidung war daher das von der Beklagten in ihre Revision aufgenommene Kostenverzeichnis zugrundezulegen.
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