Spruch:
Der Begriff der "Zahlung" nach § 1422 ABGB. ist dem der "Erfüllung" im Sinne des § 1412 ABGB. gleichzustellen.
Die bloße Übernahme der Verbindlichkeit des bisherigen Schuldners - ohne deren Erfüllung - ist keine Einlösung der Forderung nach § 1422
ABGB.
Entscheidung vom 4. Februar 1959, 6 Ob 25/59.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger begehrte, die Beklagte zur Zahlung des auf 50.000 S eingeschränkten Betrages samt 5% Zinsen seit 1. Jänner 1955 schuldig zu erkennen, da er Verbindlichkeiten des verstorbenen Gatten der Beklagten, Ing. Arthur K., gegenüber der Sparkasse P. mit schuldbefreiender Wirkung für den Erblasser und damit für dessen Verlassenschaft übernommen habe. Die Beklagte sei Universalerbin ihres verstorbenen Gatten und habe als solche für die Forderung aufzukommen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Der dagegen erhobenen Berufung wurde nicht Folge gegeben. Das Berufungsgericht ging auf Grund teilweiser Beweiswiederholung von folgenden Feststellungen aus:
Die Sparkasse P. habe dem verstorbenen Ehegatten der Beklagten, Ing. Arthur K zum Aufbau seines Unternehmens, der späteren Firma Z.- GesmbH., einen Kontokorrentkredit gewährt. Dieser habe im Zeitpunkte des Todestages des Ing. Arthur K. 50.510 S 03 g betragen. Am 9. Dezember 1952 sei zwischen der Sparkasse und dem Kläger als alleinigem Geschäftsführer der Firma Z.-GesmbH. einverständlich festgestellt worden, daß der Kontokorrentkredit bis zum Todestag des Gesellschafters Ing. Arthur K. (8. Dezember 1952) 50.510 S 03 g betragen habe, und vereinbart worden, daß die Ing. Arthur K. direkt gewährten Darlehen und Vorschüsse im Gesamtbetrag von 3050 S von, der Firma Z.-GesmbH. übernommen würden. Diese Abmachung könne nicht anders verstanden werden, als daß der von ihrem Gesellschafter aufgenommene Kontokorrentkredit in der angeführten Höhe sowie auch der Kreditbetrag von 3050 S einvernehmlich als eine Schuld der genannten Gesellschaft festgestellt worden seien. Damit stehe auch die Aussage des Zeugen H. im Einklang, der ausdrücklich bestätigt habe, daß der bisherige Schuldner Ing. Arthur K. bzw. dessen Verlassenschaft aus der Personalhaftung entlassen worden sei. Erst später habe der Kläger der Sparkasse P. gegenüber diese Schuld aus dem mehrfach erwähnten Kontokorrentkredit und Darlehen, die in ein langfristiges Darlehen konvertiert worden seien, mit schuldbefreiender Wirkung für die Firma Z.-GesmbH. übernommen. Dies sei nach der Parteienangabe des Klägers und dem Inhalt einer Beilage im Februar 1953 geschehen.
Rechtlich gelangte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß, abgesehen von einer unmittelbaren Verpflichtung der Firma Z.- GesmbH. durch die nachträgliche Billigung der Kreditgeschäfte des Gesellschafters Ing. Arthur K., die genannte Gesellschaft jedenfalls infolge der im Einvernehmen mit der Sparkasse als Gläubigerin getroffenen Feststellung, daß der offene Kreditbetrag eine Gesellschaftsschuld darstelle, im Hinblick auf die Entlassung des bisherigen Schuldners an dessen Stelle getreten sei (§ 1406 ABGB.). Durch diese privative Schuldübernahme sei somit die bisherige (ursprüngliche) Schuldnerin, die Beklagte, als Universalsukzessorin des Ing. Arthur K. von der Haftung befreit worden. Durch die nachher erfolgte Schuldübernahme sei der Kläger in ein Schuldverhältnis eingetreten, auf Grund dessen der Sparkasse als Gläubigerin nicht mehr eine Forderung gegen Ing. Arthur K. oder dessen Rechtsnachfolgerin, die Beklagte, sondern gegen die Firma Z.-GesmbH. zustand. Demgemäß stehe dem Kläger aus der gegenständlichen Schuldübernahme gegen die Beklagte der erhobene Anspruch nicht zu.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Fragen, ob anläßlich der am 9. Dezember 1952 zwischen dem Kläger als dem alleinigen Geschäftsführer der Z.-GesmbH. und der Sparkasse P. getroffenen Vereinbarung eine Schuldübernahme seitens der ersteren unter Befreiung des bisherigen Schuldners (Arthur K. bzw. dessen Verlassenschaft) zustandegekommen ist, wobei das Ausscheiden des bisherigen Schuldners ausdrücklich vereinbart wurde, oder auch ein Schuldbeitritt (§ 1406 Abs. 2 ABGB.) seitens der letztgenannten Gesellschaft nach dem Parteiwillen als ausgeschlossen gelten muß, können unerörtert bleiben, da der Rechtsbestand des Klageanspruches schon aus folgenden Erwägungen verneint werden muß:
Im Falle des Zustandekommens einer Schuldübernahme seitens der Z.- GesmbH. unter ausdrücklicher Vereinbarung des Ausscheidens des bisherigen Schuldners aus dem Schuldverhältnis könnte von der Einlösung einer Forderung der Sparkasse P. gegen Ing. Arthur K. bzw. dessen Verlassenschaft im Sinne des § 1422 ABGB. schon deswegen nicht die Rede sein, weil dann vereinbarungsgemäß die Z.-GesmbH. an Stelle des ursprünglichen Schuldners getreten wäre, so daß in der Folge eine Schuld der Verlassenschaft nicht mehr bestanden hätte und diese daher nach einer eventuellen Einlösung der Forderung durch den Kläger hinsichtlich eines Rückgriffsanspruches nach § 1422 ABGB. passiv nicht mehr legitimiert wäre. Aber auch dann, wenn im Weg der Vereinbarung vom 9. Dezember 1952 nur eine zusätzliche Haftung der Z.-GesmbH. neben dem bisherigen Schuldner begrundet worden wäre (§ 1406 Abs. 2 ABGB.) oder auch ein solcher Schuldbeitritt der genannten Gesellschaft dem Parteiwillen nicht entsprochen hätte, so daß bis zur Übernahme der Schuld durch den Kläger als Alleinzahler im Februar 1953 die Forderung der Sparkasse gegen die Verlassenschaft als ursprüngliche Schuldnerin jedenfalls weiter bestanden hätte, könnte § 1422 ABGB. schon mangels der für die Einlösung einer formell und materiell fremden Schuld primären Voraussetzung der Zahlung keine Anwendung finden. Der Begriff "Zahlung" nach der bezogenen Gesetzesstelle ist der Erfüllung im Sinne des § 1412 ABGB. gleichzustellen. Sie kann zwar auch durch Hinterlegung oder Aufrechnung bewirkt werden, keinesfalls aber erscheint die Übernahme der Verbindlichkeit des bisherigen Schuldners mit schuldbefreiender Wirkung durch den Kläger, wie dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes im Februar 1953 geschehen ist, zur Herbeiführung der Einlösung hinreichend, da auch im Fall der privativen Schuldübernahme des Drittzahlers einer fremden Schuld der Übergang der Gläubigerrechte unter der Voraussetzung des erklärt Einlösungsbegehrens erst mit Erfüllung der Verbindlichkeit eintritt. Daß jedoch die Gläubigerin Sparkasse P. zugestimmt hätte, die Haftungsübernahme des Klägers als Alleinzahler an Stelle der Erfüllung anzunehmen (§ 1414 ABGB.), wurde nicht behauptet und stunde auch mit der erst später erfolgten Anmeldung der Forderung gegen die Verlassenschaft im Widerspruch. Daß die zur Sicherstellung der Schuld des Ing. Arthur K. von letzterem angenommenen Wechsel von der Gläubigerin und Wechselausstellerin an den Kläger indossiert, sohin Sicherungsmittel vor Zahlung bereits abgetreten wurden, läßt gleichfalls allein noch keinen Schluß in dieser Richtung zu. Wird daher davon ausgegangen, daß der Kläger bei der Streitverhandlung vom 23. Mai 1958 selbst vorgebracht hat, daß er keine Zahlungen für den Gatten der Beklagten an die Sparkasse P. geleistet, sondern lediglich dessen Schulden an die vorgenannte Sparkasse in der Höhe von 52.950 S übernommen habe, vermag er seinen Anspruch aus einer Einlösung der Forderung der Sparkasse P. im Sinn des § 1422 ABGB. auch bei Annahme eines vorher nur erfolgten Schuldbeitrittes der Z.-GesmbH. schon aus rechtlichen Gründen nicht abzuleiten.
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