OGH 6Ob253/16y

OGH6Ob253/16y27.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in den Firmenbuchsachen der im Firmenbuch des Landesgerichts Wels eingetragenen bzw zur Eintragung angemeldeten 1. M***** GmbH (FN *****), 2. M***** I***** GmbH (FN *****), 3. S***** GmbH & Co KG (FN *****), 4. S***** GmbH (FN *****) und 5. F***** Privatstiftung (FN *****), alle mit Sitz in G*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaften sowie der Privatstiftung und der Einschreiter 1. F***** R***** M*****, 2. F***** M***** P*****, beide *****, 3. Mag. K***** L*****, sowie 4. Dr. C***** G*****, alle vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Thomas Loidl, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 18. November 2016, GZ 6 R 197/16g, 6 R 198/16d, 6 R 199/16a, 6 R 200/16y, 6 R 201/16w, 6 R 202/16t, 6 R 203/16i, 6 R 204/16m-6, mit dem die Beschlüsse des Landesgerichts Wels vom 25. Oktober 2016, GZ 29 Fr 3007/16d, 29 Fr 3008/16f, 29 Fr 3009/16g, 29 Fr 3012/16k, 29 Fr 3025/16f, 29 Fr 3027/16h, 29 Fr 3087/16x, 29 Fr 3022/16a‑2, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00253.16Y.0227.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

F***** R***** M***** ist Alleingesellschafter der M***** GmbH, die F***** Privatstiftung ist Alleingesellschafterin der M***** I***** GmbH und der S***** GmbH.

Gegenstand dieses Firmenbuchverfahrens ist ein Umgründungsplan vom 22. 9. 2016 unter Zugrundelegung der Bilanzen zum 31. 12. 2015. Die Antragstellung beim Erstgericht erfolgte am 6. 9. 2016.

Die Vorinstanzen wiesen sämtliche Eintragungsanträge mit der Begründung ab, der für den Teilschritt „Verschmelzung der M***** GmbH zur Aufnahme in die M***** I***** GmbH“ notwendige zustimmende Generalversammlungsbeschluss der M***** GmbH sei (nach Aufforderung des Erstgerichts zu dessen Vorlage) erst am 19. 10. 2016 und damit außerhalb der Neunmonatsfrist des § 220 Abs 3 AktG gefasst worden.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage einer zulässigen Verbesserung in Form eines erst nach dieser Neunmonatsfrist ergangenen Beschlusses, zum Ersatz dieses Beschlusses durch den Umgründungsplan und zur Anwendung des § 232 AktG auf Sidestreamverschmelzungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

1. Nach dem Umgründungsplan sollen (unter anderem) zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung miteinander verschmolzen werden (§§ 96 ff GmbHG), und zwar konkret nach § 96 Abs 1 Z 1 GmbHG durch Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft (übertragende Gesellschaft: M***** GmbH) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere bestehende Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft: M***** I***** GmbH) gegen Gewährung von Geschäftsanteilen dieser Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme). Gemäß § 96 Abs 2 GmbHG sind auf diesen Vorgang, soweit nichts Abweichendes bestimmt wird, die §§ 220 bis 233 AktG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 220 Abs 3 AktG hat jede übertragende Gesellschaft auf den Verschmelzungsstichtag (hier: 31. 12. 2015) eine Schlussbilanz aufzustellen, wobei die Schlussbilanzen auf einen höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung liegenden Stichtag aufgestellt werden müssen. Nach § 98 GmbHG ist ein Beschluss der Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften über die Verschmelzung erforderlich, der einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen sowie der notariellen Beurkundung bedarf. Im vorliegenden Fall wurde zwar die Verschmelzung innerhalb der Neunmonatsfrist angemeldet, der Gesellschafterbeschluss aber erst außerhalb dieser Frist gefasst.

Gemäß § 17 FBG hat das Firmenbuchgericht unter anderem bei fehlenden Unterlagen einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, wobei der verbesserte Antrag dann als am Tag des ersten Einlangens überreicht anzusehen ist. Allerdings wurde in der Entscheidung 6 Ob 73/14z (ErwGr 3.6.) klargestellt, dass bei fristgebundenen Anträgen ein Verbesserungsverfahren dann nicht in Betracht kommt bzw die Verbesserung zumindest nicht auf den ursprünglichen Einbringungstag zurückwirken kann, wenn die fehlende Urkunde noch gar nicht errichtet ist. Konkret zur Verschmelzung wurde außerdem bereits in der Entscheidung 6 Ob 111/02w festgehalten, dass bei schwerwiegenden Mängeln wie etwa dem Fehlen des Verschmelzungsvertrags oder des Umwandlungsplans eine Verbesserung nicht in Betracht kommt. Die Literatur nennt zutreffend auch das Fehlen des erforderlichen Hauptversammlungsbeschlusses als Beispiel eines solchen schwerwiegenden Mangels (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² [2012] § 220 Rz 30; Aburumieh/Adensamer/Foglar-Deinhardstein, Praxisleitfaden Verschmelzung [2014] 177 Rz 2).

Der Revisionsrekurs setzt sich mit dieser Auffassung nicht auseinander, sondern behauptet bloß, dass das Nichtgewähren einer Verbesserungsmöglichkeit hier „sowohl allgemein als auch an den Intentionen des besonderen Falles vollkommen vorbeigehe“. Damit ist die Rechtsrüge in diesem Punkt aber nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die bloße Behauptung, das Rekursgericht habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, dafür nicht ausreicht (RIS-Justiz RS0043605).

2. Der Revisionsrekurs meint, ein Beschluss der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft sei überhaupt nicht erforderlich (gewesen), weil ohnehin ein Umgründungsplan vorgelegen sei. Er übersieht damit, dass § 98 GmbHG einen derartigen Beschluss ausdrücklich fordert, der nach dem ausdrücklichen Gesetzestext auch einer notariellen Beurkundung bedarf.

3. Schließlich verweist der Revisionsrekurs auf § 232 Abs 1a AktG, wonach die Zustimmung der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft nicht erforderlich ist, wenn „sich alle Aktien einer übertragenden Gesellschaft direkt oder indirekt in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden“. Er meint, einen vergleichbaren Fall hier nach Durchführung des Schrittes vor der Verschmelzung erkennen zu können. Bei diesem Schritt sollten die übertragende und die übernehmende Gesellschaft Schwestergesellschaften werden.

Es entspricht jedoch schon zu § 232 Abs 1a AktG herrschender Auffassung und dem Wortlaut der Bestimmung, dass dieser nur zur Anwendung kommt, wenn die Tochter up stream mit ihrer Mutter verschmolzen wird (Szep in Jabornegg/Strasser, AktG5 [2010] § 232 Rz 4; Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG² § 232 Rz 6 unter Hinweis auf Frotz in Aman/Frotz/Mühlehner/Wagner/Zöchling, Das EU‑Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz [1996] 72 und Reich‑Rohrwig, EU‑GesRÄG [1996] 43). Dem ist zu folgen, weil sich bei dieser Konstellation tatsächlich alle Aktien der übertragenden Gesellschaft bereits in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden und deshalb tatsächlich kein Bedarf nach einem umfassenden Schutz der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft besteht. Auf Side-Stream-Merger wie im vorliegenden Fall kann dies jedoch nicht übertragen werden, worauf bereits das Rekursgericht mit ausführlicher Begründung hingewiesen hat.

Der Revisionsrekurs kann für seine Auffassung keinerlei Belegstellen etwa aus der Literatur anführen, sondern verweist lediglich auf nicht näher ausgeführte „Praktikabilitätsgründe“. Soweit er im Übrigen „zur Vermeidung von Wiederholungen“ auf die Ausführungen in der Rekursschrift verweist, ist dies überhaupt unzulässig (RIS-Justiz RS0043616).

4. Da der Revisionsrekurs weitgehend nicht gesetzmäßig ausgeführt ist und sich das Rekursgericht auf eindeutige gesetzliche Bestimmungen berufen konnte, war der Revisionsrekurs trotz Zulässigerklärung durch das Rekursgericht zurückzuweisen.

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