OGH 6Ob239/97h

OGH6Ob239/97h11.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr.Florian G*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H*****aktiengesellschaft, vertreten durch Dr.Preslmayr und Partner, Rechtsanwälte in Wien, und 2. Z***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Egon Engin-Deniz ua Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei A***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Raits ua Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung eines Rechtsverhältnisses, Duldung und Überlassung (Gesamtstreitwert 4,900.000 S), infolge der außerordentlichen Revisionen der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.Mai 1997, GZ 3 R 85/97h-37, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob ein konkludenter Vertragsabschluß oder ein konkludentes Abgehen von einer vereinbarten Form vorliegten, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalles gelöst werden und ist über die dafür maßgeblichen Kriterien hinaus entwickelten Grundsätze keiner generellen, über den konkreten Einzelfall hinaus gültigen Abgrenzung zugänglich. Maßgeblich ist immer, daß kein Zweifel am endgültigen Bindungswillen besteht. Zutreffend hat das Berufungsgericht (unter Berufung auch auf Krejci, Das Recht der Arbeitsgemeinschaften in der Bauwirtschaft) ausgeführt, daß bei Anwendung der von der Judikatur entwickelten Grundsätze über die Formfreiheit und das konkludente Zustandekommen einer GesbR durch Einzelpersonen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes für die Annahme eines Bindungswillens beim Abschluß von ARGE-Verträgen in der Bauwirtschaft durch mehrere Großbauunternehmen, die Mitglieder der Vereinigung industrieller Bauunternehmungen Österreichs sind und Unterwerfungserklärungen hinsichtlich der von dieser Vereinigung ausgearbeiteten Muster-ARGE-Verträge mit ihren weitreichenden, detaillierten Regelungen abgegeben haben, Vorsicht angebracht ist und nach der herrschenden Übung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs in dieser Sparte im Zweifel anzunehmen ist, die Parteien wollten ihren Geltungswillen erst durch Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrages manifestieren, der Vorbehalt der Schriftform also geradezu als selbstverständlich vorausgesetzt werden müsse.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist es trotz der Vermutung des § 884 ABGB möglich, daß die Parteien den Vertrag bereits mündlich bindend abgeschlossen haben und die über den Vertrag zu errichtende Urkunde nur deklarative Bedeutung haben soll, doch ist dies vom Behauptenden zu beweisen (so schon 7 Ob 571/75 uva). Ist die Errichtung eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages vorgesehen, so wird gemäß § 884 ABGB vermutet, daß die Form als Dispositivform (Konstitutivform) das Gesellschaftsverhältnis erst zum Entstehen bringt und nicht als Beweisform (Beurkundungsform) über das schon formlos zustande gekommene Gesellschaftsverhältnis gedacht ist. Diese Vermutung muß widerlegt werden (so schon 6 Ob 57/73 und ihr folgend va).

Bei der hier gegebenen Situation - die Bauarbeiten waren schon aufgenommen, es bestand Zeitdruck, der Abschluß eines ARGE-Vertrages in anderer Form als er dann von den Klägern behauptet wurde, war vereinbart, kann durch die Aufnahme der Tätigkeit der Beklagten noch vor der schriftlichen Begründung einer GesbR, die ja auf mehrere Jahre gedacht war, noch nicht von "Vertragserfüllung" gesprochen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte