OGH 6Ob237/16w

OGH6Ob237/16w22.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch Gheneff – Rhami – Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. C***** B*****, vertreten durch Lansky Ganzger & partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2016, GZ 3 R 49/16x‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00237.16W.1222.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat zu 6 Ob 14/01d ausdrücklich ausgesprochen, dass die rechtskräftige Verurteilung des Beklagten nach § 115 StGB für das Zivilverfahren bindend die Qualifikation der Äußerungen als Beschimpfungen im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB bewirkt. Davon haben die Zivilgerichte ohne eigene Prüfungskompetenz auszugehen.

Die Revision stellt nicht in Abrede, dass der Beklagte rechtskräftig nach § 115 StGB verurteilt wurde. Das derzeit anhängige Erneuerungsverfahren vermag daran nichts zu ändern.

Im Übrigen sind auch gegenüber Politikern, wenngleich hier im Interesse einer funktionierenden Demokratie ein großzügigerer Maßstab anzulegen ist (vgl RIS‑Justiz RS0031832), Werturteile ohne hinreichendes Tatsachensubstrat oder Wertungsexzesse nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt (RIS‑Justiz RS0054830 [T7]). Der Beklagte hat mit seiner plumpen Beschimpfung des Klägers als „Arsch“ die Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten; zur öffentlichen Debatte trägt diese Verwendung eines ordinären Schimpfwortes in keiner Weise bei. Der vorliegende Sachverhalt ist auch nicht mit der strafrechtlichen Entscheidung 15 Os 10/08x („Arsch mit Ohren“) vergleichbar, weil dort eine durchaus witzig gemeinte politische Karikatur (Satire) zu beurteilen war und nicht – wie im vorliegenden Fall – eine plumpe Beschimpfung ohne jeden satirischen oder künstlerischen Anspruch. Die Beschimpfung „Arsch“ ist noch wesentlich heftiger als selbst die vom EGMR zu Bsw 20834/92 („*****“) zu beurteilende Bezeichnung eines Politikers als „Trottel“.

Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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