OGH 6Ob218/00b

OGH6Ob218/00b23.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt W*****, vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Prettenhofer & Jandl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,982.662,80 S, über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Endurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2000, GZ 3 R 214/99h-20, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 zweiter Satz ZPO abgewiesen.

Text

Begründung

Der 1990 von den Parteien geschlossene Kfz-Direkthändlervertrag wurde von der beklagten Kraftfahrzeugimporteurin zum 31. 8. 1995 aufgekündigt. Der Kläger begehrt - gestützt auf die analoge Anwendung des § 24 HVertrG 1993 - 832.219 S als Ausgleichsanspruch für das Neuwagengeschäft, 600.000 S für das Ersatzteilgeschäft und 220.000 S für die von der Beklagten nicht zurückgenommene, für den Kläger aber unverkäufliche Vertragsware, jeweils zuzüglich 20 % Umsatzsteuer.

Das Berufungsgericht verhielt mit seinem Endurteil die Beklagte zur Zahlung von 553.721,60 S und wies das Mehrbegehren von 1,428.941,20 S ab. Es ging von einer jährlichen durchschnittlichen Händlerspanne des Klägers aus dem Neuwagengeschäft von 692.152 S aus. Ein Anspruch aus dem Ersatzteilgeschäft bestehe nach der jüngsten oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht. Dem beweispflichtigen Kläger sei der Nachweis über rücknahmefähige, originalverpackte Ware nicht gelungen. Bei der Bemessung des Ausgleichsanspruches aus dem Neuwagengeschäft seien die zu berücksichtigenden Faktoren der Sogwirkung der Marke und des Abwanderungsrisikos mangels genauerer Feststellbarkeit der den Vertragspartnern zuzurechnenden Anteile am Aufbau des Kundenstocks gemäß § 273 Abs 1 ZPO einzuschätzen. Gegen die Einschätzung des Erstgerichtes bestünden keine Bedenken. Für vorzunehmende Abzüge von der Händlerspanne treffe den hier beklagten Geschäftsherrn die Behauptungs- und Beweislast.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien sind mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Zur Revision des Klägers:

Wohl wurde bei der Bemessung des Ausgleichsanspruches eines Vertragshändlers in der Entscheidung 9 Ob 2065/96h = EvBl 1998/104 auch das Ersatzteilgeschäft berücksichtigt. Von dieser noch zur alten Rechtslage nach § 25 HVG 1921 ergangenen Entscheidung ist der 4. Senat bei den nach dem § 24 HVertrG 1993 zu entscheidenden Fällen aber mit eingehender Begründung abgegangen. Er qualifizierte das Ersatzteilgeschäft grundsätzlich als bloßes Nebenprodukt des Werkstättenbetriebs, bei dem regelmäßig nicht zu erwarten sei, dass der Unternehmer auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses zu

seinem Händler erhebliche Vorteile erzielen könne (4 Ob 79/99t = EvBl

1999/189). Dieser Auffassung sind der 1. Senat (1 Ob 359/99x = EvBl

2000/122) und zuletzt der 7. Senat (7 Ob 161/00b mwN) gefolgt, sodass bereits von einer gefestigten Judikaturlinie gesprochen werden kann, von der das Berufungsgericht nicht abgewichen ist. Der begründungslosen Zurückweisung einer außerordentlichen Revision durch den Beschluss 1 Ob 369/98s lag zwar eine der Entscheidung 9 Ob 2065/96h folgende Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes zugrunde, der Zurückweisungsbeschluss erging aber vor der zitierten jüngeren Judikatur, deren eingehender Begründung sich der erkennende Senat anschließt. Dies steht entgegen der Auffassung des Revisionswerbers nicht im Gegensatz zur Entscheidung 6 Ob 247/99p, wurde doch dort die Frage der Berücksichtigung des Ersatzteilgeschäfts gerade nicht meritorisch entschieden, weil sie einerseits beim angefochtenen Zwischenurteil als zum Bereich der Höhe des Anspruches gehörig qualifiziert wurde und die Frage andererseits nicht revisibel war, weil der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes einen Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zuließ.

Mit seinen Revisionsausführungen zum Rückabwicklungsanspruch für Vertragsware bei Vertragsende geht der Revisionswerber nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Eine Verletzung der Anleitungspflicht des Erstgerichtes (§ 182 ZPO) hätte der Kläger schon im Berufungsverfahren rügen müssen (RIS-Justiz RS0037325).

Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:

Diese Revisionswerberin rügt das Fehlen von Feststellungen zu den Bemessungsfaktoren Sogwirkung der Marke, Abwanderungsrisiko und anteilige Vertriebskosten, wendet sich gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Einschätzung nach § 273 ZPO und strebt statt des vorgenommenen Abzuges von einem Drittel der Jahresprovision einen solchen von mindestens 50 % an. Durch die Einschätzung nach § 273 ZPO kann sich die Beklagte nicht für beschwert erachten, hat sie doch zu den angeführten Abzugsfaktoren im Verfahren erster Instanz keine konkreten Behauptungen aufgestellt. Dies kann sie im Revisionsverfahren auch nicht nachholen. Eine im Revisionsverfahren aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung setzte eine gravierende Überschreitung des richterlichen Ermessensspielraums voraus. Eine solche vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen; sie liegt auch nicht vor. Dazu kann auf die Begründung der Entscheidung 7 Ob 161/00b verwiesen werden (in diesem Parallelverfahren wurde der Beklagten eine Abzugsquote von insgesamt 40 % zugebilligt).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte