Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten für ihre Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Parteien schlossen am 1. 3. 1994 einen Agenturvertrag ab. Die Klägerin sollte für die Beklagte unter anderem Beratungsleistungen erbringen, Werbekonzeptionen für die Bewerbung der Marke der Beklagten in Österreich ausarbeiten und Dritte mit der Herstellung der von der Klägerin erarbeiteten Werbemittel beauftragen. Die Vertragslaufzeit betrug ein Jahr, beginnend mit dem 1. 3. 1994 und mit einem Vertragsende 28. 2. 1995. Der Vertrag verlängerte sich automatisch um ein Jahr, wenn er nicht mit sechsmonatiger Frist zum Ende der Vertragslaufzeit durch einen eingeschriebenen Brief gekündigt wurde. P 6. des Vertrages regelte die Vergütung der Klägerin und lautet:
"Die Agentur erhält ein Honorar, das sich wie folgt zusammensetzt:
a) Für Beratungs- und Kreationsarbeiten gem. Ziffer 2 und 3 berechnet die Agentur den tatsächlichen Stundenaufwand nach der jeweils gültigen, jetzt 1994er Preisliste (s. Anlage), die Vertragsbestandteil ist.
Sofern einzelne Jobs konkretisiert sind, erstellt die Agentur einen Kostenvoranschlag für den geschätzten Zeitaufwand. Als Mindesthonorar werden AS 1.200.000 p.a. vereinbart.
b) Die Leistungen nach Ziffer 5a) werden nach der jeweils gültigen, jetzt 1994er Preisliste abgerechnet (siehe Anlage), die Vertragsbestandteil ist.
c) Für die Leistungen gem. Ziffer 5b) - c) berechnet die Agentur eine leistungsbezogene Provision in Höhe von 15 % auf sämtliche Fremdleistungen."
Die Beklagte kündigte am 4. 10. 1994 den Agenturvertrag auf.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten restliches Honorar für erbrachte Leistungen und für den Zeitraum 1. 3. 1995 bis 28. 2. 1996 das vereinbarte Mindesthonorar von 1,2 Mio S. Die Kündigung der Beklagten sei nicht fristgerecht erfolgt, weshalb sich das Vertragsverhältnis vereinbarungsgemäß um ein Jahr verlängert habe. Die Klägerin sei leistungsbereit und leistungsfähig gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der wesentlichen Begründung, die von der Klägerin erbrachten Leistungen seien so mangelhaft gewesen, dass eine sofortige Auflösung des Vertragsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung gerechtfertigt sei. Die Klägerin müsse sich eine Eigenersparnis anrechnen lassen. Sie habe das für die Werbetätigkeit in Wien eröffnete Büro Ende 1994 geschlossen und die Dienstverhältnisse ihrer Mitarbeiter beendet.
Das Erstgericht verhielt die Beklagte zur Bezahlung von 1,461.856 S und wies das Mehrbegehren von 17.821,04 S unangefochten ab. Von den erstinstanzlichen Feststellungen ist nur hervorzuheben, dass die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin zu einem überwiegenden Ausmaß auf die Erfüllung des Agenturvertrages mit der Beklagten gerichtet war und die Klägerin das Dienstverhältnis ihres im Wiener Büro tätigen Geschäftsführers mit 31. 12. 1994 und das Dienstverhältnis mit dem zweiten Mitarbeiter per 31. 3. 1995 beendete. Außer Streit gestellt wurde, dass der Kostenaufwand der Klägerin für die beiden Dienstnehmer mehr als 100.000 S monatlich betrug.
Das Erstgericht ging, soweit hier relevant, davon aus, dass die Kündigung der Beklagten nicht fristgerecht erfolgt sei und für eine außerordentliche Kündigung ein wichtiger Grund gefehlt habe. Die Klägerin habe grundsätzlich einen Anspruch auf das vollständige Erfüllungsinteresse. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten dargelegt, dass ein Vertrag mit einer Werbeagentur ein Vertrag sui generis sei, bei dem Werk- und Dienstleistungen miteinander vermischt seien; dass eine Werbeagentur ein "Fullservice" anbiete und der Mindestpauschalbetrag allein dafür zu zahlen sei, dass die Klägerin der Beklagten "quasi rund um die Uhr zur Verfügung steht". Der Beklagten habe klar sein müssen, dass der Pauschalbetrag unabhängig davon, ob eine Leistung abgefragt werde, zu bezahlen sein werde. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben fänden hier die sonst bei Werk- und Dienstverträgen üblichen Anrechnungen der Ersparnis keine Anwendung. Auch wenn die Klägerin im zweiten Vertragsjahr keine Aufwendungen gehabt und sich Fixkosten erspart habe, habe sie Anspruch auf den vereinbarten Pauschalbetrag.
Das Berufungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es den Leistungszuspruch von 81.856 S - unangefochten - bestätigte und das Klagebegehren im Übrigen abwies. Es beurteilte den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt im Wesentlichen dahin, dass mit dem Werbeagenturvertrag ein Dauerschuldverhältnis zustande gekommen sei, das nur aus wichtigen - hier nicht vorliegenden - Gründen sofort auflösbar sei. Die Klägerin habe Anspruch auf das vereinbarte Mindesthonorar. Sie müsse sich aber die ersparten Fixkosten anrechnen lassen. Sowohl beim Werkvertrag (§ 1168 ABGB) als auch beim Dienstvertrag (§ 1155 ABGB und § 1162b ABGB) sei eine Anrechnung des Ersparten vorgesehen. Der vorliegende Vertrag enthalte sowohl Elemente des Werk- als auch des Dienstvertrags. Es sei nicht ersichtlich, warum eine Anrechnung der Ersparnis unterbleiben sollte. Die Klägerin habe sich im 2. Vertragsjahr den Kostenaufwand für die beiden Dienstnehmer in der außer Streit gestellten Höhe erspart. Nur beim Monat März 1995 sei zu berücksichtigen, dass das Dienstverhältnis mit einem Mitarbeiter erst mit Monatsende ausgelaufen sei. Unter Anwendung des § 273 ZPO werde für diesen Monat nur eine Ersparnis von 50.000 S netto angenommen. Insgesamt betrage die Ersparnis 1,38 Mio S.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur analogen Anwendbarkeit der Anrechnungsbestimmungen der §§ 1168, 1162b und 1155 ABGB auf den Werbeagenturvertrag eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses durch die Beklagte mangels Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist nicht wirksam wurde und für eine außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung ein wichtiger Grund fehlte. Revisionsgegenstand ist nur mehr die Rechtsfrage der Anrechnung ersparter Kosten auf das vereinbarte Mindesthonorar der klagenden Werbeagentur.
Zu beurteilen ist ein Werbeagenturvertrag, der als gesetzlich nicht geregelter Vertragstyp Elemente eines Werk- und eines Dienstvertrages (§ 1151 ABGB) aber auch eines Bevollmächtigungsvertrages (§ 1002 ABGB) enthält, insoweit es die Klägerin übernommen hat, als Vertreterin der Beklagten für diese Rechtshandlungen vorzunehmen (Geschäftsbesorgung). Vergleichbare Mischverträge sind die in den Bereichen der freien Berufe mit Rechtsanwälten und Steuerberatern vereinbarten Vertragsverhältnisse (vgl dazu SZ 68/21; 6 Ob 304/99w = RdW 2000, 410). Für die Abgrenzung zwischen Werk- und Dienstvertrag kommt es bei einem Mischvertrag auf das Überwiegen an (SZ 64/71; Pfeil in Schwimann ABGB2 Rz 37 zu § 1151 mwN). Für die Frage des Honorars und der Anrechnungspflicht ersparter Kosten ist dies aber nicht entscheidend, weil - worauf das Berufungsgericht zutreffend verweist - sowohl für den Werkvertrag (im § 1168 ABGB) als auch für den Dienstvertrag (im § 1155 ABGB und für den speziellen Fall der unbegründeten vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses im § 1162b ABGB) eine Anrechnungspflicht normiert ist. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin gilt die Anrechnungspflicht des §§ 1162b ABGB analog auch für den gesetzlich nicht geregelten freien Dienstvertrag, bei dem die persönliche Abhängigkeit des Dienstnehmers fehlt (Pfeil aaO Rz 32; Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag in RdA 1984, 405 [414]; RdA 1984, 442 mit Anm Wachters; RdA 1998, 570).
Ein anderes Ergebnis könnte sich hier daher nur aus dem hier zu beurteilenden Werbeagenturvertrag selbst ergeben. Das Problem der Vertragsauslegung kann aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO bilden, wenn dem Berufungsgericht dabei eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RZ 1994/45 mwN; 1 Ob 28/99w uva). Eine derartige Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor. Der Standpunkt der Revisionswerberin könnte nur dann berechtigt sein, wenn man in dem vereinbarten Mindesthonorar im P 6.a zweiter Satz des Agenturvertrags entgegen dem Inhalt dieser Vertragsbestimmung und der Bezeichnung "Mindesthonorar" eine Schadenersatzpau- schalierung erblickte. Für eine solche Auslegung müssten aber gewichtige Gründe sprechen, die die Revisionswerberin gar nicht vorträgt. Schon der Sachverständige, der im Ergebnis und in Überschreitung seiner Kompetenz eine Anrechnung der ersparten Kosten verneinte, musste einräumen, dass die Vertragsbestimmung undeutlich und für das von der Klägerin angestrebte Ergebnis im Vertragskontext an der falschen Stelle plaziert ist (S 15 in ON 68). Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes ist demnach nicht zu beanstanden.
Die Revisionsausführungen zum entgangenen Gewinn sind einerseits unbeachtliche Neuerungen, andererseits stützen sich die schadenersatzrechtlichen Erwägungen auf den bloß erwarteten Umsatz (Werbeetat der Beklagten), ohne dass die Beklagte eine Verpflichtung zu einer bestimmten Auftragssumme übernommen hätte, wogegen gerade das vereinbarte Mindesthonorar und die kurze Laufzeit des Agenturvertrags mit einer Kündigungsmöglichkeit schon im ersten Vertragsjahr sprechen.
Insoweit die Revision Feststellungsmängel zu den ersparten Fixkosten rügt, ist sie auf die ausreichenden Feststellungen zu verweisen, dass die gerade zur Erfüllung der für die Beklagte zu erbringenden Leistungen angestellten Mitarbeiter der Klägerin wegen der Kündigung des Agenturvertrages nicht weiter beschäftigt wurden. Warum dennoch keine anrechenbare Ersparnis in der außer Streit gestellten Höhe der Lohnkosten liegen sollte, wird nicht schlüssig begründet.
Kosten für die Revisionsbeantwortung waren der beklagten Partei nicht zuzusprechen, weil auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfragen nicht hingewiesen wurde.
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