OGH 6Ob188/07a

OGH6Ob188/07a13.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Klagenfurt zu FN ***** eingetragenen M***** GmbH mit dem Sitz in K*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Mag. Günter G*****, dieser vertreten durch Dr. Wilfried Aichinger und andere Rechtsanwälte in Villach, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 19. Juni 2007, GZ 4 R 81/07z-5, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. April 2007, GZ 5 Fr 3895/07x-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Firmenbuch des Erstgerichtes wurde am 26. 11. 2004 zu FN ***** die „Managementkompetenz im Gesundheitswesen GmbH" mit dem Sitz in K*****, der Geschäftsanschrift *****, dem Geschäftszweig „Unternehmensberatung im Gesundheitswesen" und Mag. Günter G***** als handelsrechtlichem Geschäftsführer eingetragen. Alleinige Gesellschafterin war damals die M***** GmbH.

Gegenstand des Unternehmens war die Unternehmensberatung sowie das Marketing insbesondere - jedoch nicht ausschließlich - im Bereich des Gesundheitswesens, sowie sämtliche zu diesem Tätigkeitsbereich gehörenden Aufgaben.

Am 5. 4. 2007 beantragte der Geschäftsführer unter anderem die Änderung des Firmenwortlauts in „ManagementKompetenz GmbH". Die Gesellschaft hatte in der außerordentlichen Generalversammlung vom 3. 4. 2007 beschlossen, den Punkt 2 Abs 1 der Errichtungserklärung dahingehend zu ändern, dass Gegenstand des Unternehmens die Unternehmensberatung allgemein sowie die Ausübung von Werbe-, Marketing- und Kommunikationstätigkeiten, der Betrieb einer Agentur sowie sämtliche zu diesen Tätigkeitsbereichen gehörende Aufgaben sowie die Abhaltung von Schulungsveranstaltungen in den genannten Bereichen sei. Die Wirtschaftskammer Kärnten bestätigte, dass gegen die Eintragung des gewählten Firmenwortlauts in das Firmenbuch keine Bedenken bestünden.

Das Erstgericht wies den Antrag hinsichtlich der begehrten Eintragung der Änderung des Firmenwortlauts mangels Unternehmenskennzeichnung im Sinne des § 18 Abs 1 UGB ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Bei einer Sachfirma seien reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben mangels Individualisierungswirkung unzulässig. Außerdem fehle die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Unterscheidungskraft fehle bei reinen Sach- und Gattungsbezeichnungen, aber auch bei bloß geschäftlichen Bezeichnungen wie beispielsweise „Managementseminare" (Bokelmann in MünchKomm HGB, ErgBd § 18 Rz 27). Der Begriff „Management" stehe für Managementprozess im Sinne geplanten Handelns zur Erzielung von Ergebnissen und der Nutzung von Ressourcen, Unternehmensführung und Geschäftsführung. Dementsprechend handle es sich bei diesem Begriff um eine Gattungsbezeichnung ohne Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft, die für sich allein als Firma unzulässig wäre. Gleiches gelte für den Begriff „Kompetenz". Ein Anspruch auf eine bestimmte Schreibweise im Firmenbuch existiere nicht. Der Begriff „Managementkompetenz" in www.google.at ergebe ungefähr 118.000 Fundstellen. Schon im Hinblick darauf könne keine Rede von einem nicht alltäglichen Begriff sein. Vielmehr sei „Managementkompetenz" nach Auffassung des Rekursgerichtes eine rein beschreibende Angabe; eine entsprechende Verkehrsgeltung habe diese Bezeichnung nicht erreicht, sodass das Erstgericht zu Recht die Eintragung der Änderung des Firmenwortlauts abgelehnt habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil bisher noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den mit 1. 1. 2007 in Kraft getretenen Vorschriften des Firmenbildungsrechtes vorliege und der vorliegende Fall Anlass geben könnte, die Grenzen der durch die Neufassung des § 18 UGB vom Gesetzgeber gewollten Firmenliberalisierung abzustecken.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG).

1. Ein Kernanliegen der Handelsrechtsreform mit dem HaRÄG war die Liberalisierung der Firmenbildungsvorschriften (ErläutRV HaRÄG, abgedruckt in Krejci, Reformkommentar UGB 29; vgl auch Dehn in Krejci aaO § 18 Rz 12). Der historische Gesetzgeber erachtete die Firmenbildungsvorschriften des HGB als übermäßig starr und kompliziert (ErläutRV aaO). Bei den Bestimmungen über die Firmenbildung des Einzelkaufmanns wurde die Rigidität des bisher geltenden Rechts kritisiert, das nur die Bildung eines Firmenwortlauts aus dem Nachnamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen zuließ, sodass die Aufnahme werbewirksamerer Bezeichnungen auf Firmenzusätze beschränkt blieb. Ähnliche Bedenken wurden gegen die Bestimmungen für Personenhandelsgesellschaften ins Treffen geführt. Im Bereich der Kapitalgesellschaften wurde die Beschränkung auf Sachfirmen (§ 4 Abs 1 AktG) als Alternative zur Personenfirma (§ 4 GmbHG) als zu eng empfunden, weil unter anderem auch hier die in der Praxis häufig gewünschte Verwendung einer Marke im Firmenwortlaut außerhalb von Firmenzusätzen nicht zulässig sei (ErläutRV HaRÄG aaO).

2. Im Zentrum der Firmenliberalisierung steht die Neufassung von § 18 UGB. Demnach muss die Firma zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gleichzeitig darf die Firma nach § 18 Abs 2 UGB keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Die Firma muss daher - unabhängig von der Rechtsform - nur noch Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft besitzen, darf aber nicht irreführend sein. Diese Bestimmung entspricht dem schon mit 1. 7. 1998 in Kraft getretenen § 18 des deutschen HGB, sodass in weitem Umfang auf deutsche Lehre und Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (Dehn aaO Rz 2).

3. § 18 UGB bezieht sich nur auf neu gebildete Firmen (Dehn aaO Rz 15). Unter neu gebildeter Firma ist nicht nur die ursprüngliche (anfängliche), sondern auch die geänderte Firma zu verstehen. Fallen Teile der Firma (etwa Zusätze) fort, so geht die bisherige Firma grundsätzlich unter, weil alle Teile der Firma ein einheitliches Ganzes bilden. Jede Änderung der bisherigen Firma bedeutet gleichzeitig die Wahl einer neuen Firma, die dann auch den Anforderungen an die erstmalige Bildung einer Firma genügen muss. Dies gilt auch dann, wenn Bestandteile, die schon in der alten Firma enthalten waren, weiter verwendet werden (Bokelmann in MünchKomm HGB, ErgBd § 18 Rz 2).

4.1. Die Kennzeichnungseignung ist erste und selbstverständliche Funktion der Firma. Darunter wird die Eignung zur namentlichen Kennzeichnung eines Unternehmers (Namensfunktion) verstanden (Dehn aaO Rz 19; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB31 § 18 Rz 4; Bokelmann aaO Rz 25).

4.2. Die Sachfirma kann den Gegenstand des Unternehmens enthalten; reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben sind allerdings mangels Individualisierungswirkung unzulässig (Dehn aaO Rz 21; Hopt aaO Rz 4; Bokelmann aaO Rz 23 ff). Die Unzulässigkeit derartiger Angaben als alleiniger Firmenbestandteil wird auch mit der Verletzung des Freihaltebedürfnisses des Rechtsverkehrs sowie der darin liegenden unzulässigen „Selbstberühmung", der alleinige oder wichtigste Unternehmer einer bestimmten Gattung zu sein, begründet (Heidinger in MünchKomm HGB² § 18 Rz 26; Dehn aaO Rz 21). Bilden nämlich den Gegenstand des Unternehmens Geschäfte, die von mehreren gleichartigen Unternehmen ausgeübt werden oder ausgeübt werden können, so ist es erforderlich, dass das Unternehmen eine individuelle Bezeichnung führt, die sich von der Gattungsbezeichnung des Gewerbezweiges unterscheidet. Andernfalls bestünde die Gefahr einer Sperrwirkung und Monopolisierung hinsichtlich der Gattungsbezeichnung. Demnach ist es zumindest erforderlich, Gattungsbezeichnungen individualisierende Zusätze hinzuzufügen, um das jeweilige Unternehmen hinreichend zu kennzeichnen (OLG Oldenburg BB 1990, 443; Bokelmann aaO Rz 26).

5.1. Mit der Kennzeichnungseignung überschneidet sich zum Teil das Kriterium der Unterscheidungskraft. Auch darin liegt eine wesentliche Funktion der Firma im Geschäftsverkehr. Unterscheidungskraft bedeutet, dass die Firma geeignet ist, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken (Hopt aaO Rz 5). Die Unterscheidungskraft nach § 18 UGB geht allerdings nicht mehr so weit, dass auch die konkrete Identität eines Unternehmensträgers aus der Firma abgeleitet sein muss; die Individualisierungseignung muss vielmehr nur generell und abstrakt gegeben sein (Heidinger aaO Rz 21). Erst wenn die abstrakte Individualisierungsfunktion bejaht werden kann, stellt sich überhaupt die Frage, ob eine Firma konkret mit einer gleichen oder ähnlichen Firma verwechselt werden und deshalb unzulässig sein könnte (Dehn aaO Rz 25).

5.2. An Unterscheidungskraft fehlt es aber nach herrschender Ansicht reinen Sach- und Gattungsbezeichnungen, aber auch bloß geschäftlichen Bezeichnungen wie beispielsweise „Managementseminare" (Bokelmann aaO Rz 27). Eine Gattungsbezeichnung wird dann schutzfähig und als Firma verwendbar, wenn sie Verkehrsgeltung erlangt hat. An die Verkehrsgeltung sind bei einem entsprechenden Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit allerdings hohe Anforderungen zu stellen (Dehn aaO Rz 28; Hopt aaO Rz 7; Bokelmann aaO Rz 27). Gattungsbezeichnungen ohne Unterscheidungskraft können durch individualisierende Zusätze die erforderliche Unterscheidungskraft erhalten (Dehn aaO Rz 28; Hopt aaO Rz 7). Derartige Zusätze fehlen im vorliegenden Fall jedoch.

6. Kein Anspruch besteht - wie gleichfalls schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - auf eine bestimmte Schreibweise im Firmenbuch, etwa auf bestimmte Schriftzüge (Heidinger aaO Rz 12). Der Umstand, dass das Wort „Managementkompetenz" zwar zusammengeschrieben werden soll, wobei das „K" in „Kompetenz" ein Großbuchstabe sein soll, reicht daher zur erforderlichen Kennzeichnung nicht aus.

7.1. Zutreffend hat das Rekursgericht auch bereits dargelegt, dass bei zusammengesetzten Firmenwortlauten der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung entscheidet. Mehrdeutigkeit geht zu Lasten des die Firma Führenden (Hopt aaO Rz 8).

7.2. Dass es sich bei dem Begriff „Management" um eine Gattungsbezeichnung ohne Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft handelt, hat bereits das Rekursgericht mit eingehender Begründung, die der Oberste Gerichtshof teilt (§ 71 Abs 3 AußStrG), zutreffend dargelegt. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass allein im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt nach einer vom Rekursgericht durchgeführten Abfrage 191 Gesellschaften mit beschränkter Haftung existieren, deren Firmenwortlaut - wenn auch mit verschiedenen Zusätzen - den Begriff „Management" enthält. Gleiches gilt für den Begriff „Kompetenz", der für sich allein mangels Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft ebenso wenig wie das Wort „Management" als Firma zulässig ist. Österreichweit gibt es immerhin 33 Unternehmen, die in ihrem Firmenwortlaut den Begriff „Kompetenz" aufweisen. Die von der Revisionsrekurswerberin hervorgehobene besondere optische Aufmachung des Firmenwortlauts reicht nach dem Gesagten gerade nicht aus.

7.3. Völlig zutreffend hat das Rekursgericht das Wort „Managementkompetenz" als rein beschreibende Angabe (Management), ergänzt um eine Qualitätsbehauptung (Kompetenz) angesehen. In der deutschen Lehre und Rechtsprechung werden etwa „Informatik", „Managementseminare", „Sicherheit plus Technik", „Creativ-Werbe-Service" als unzulässige Firmen eingestuft (Hopt aaO Rz 6), ebenso „Video Rent" (NJW 1987, 438; Dehn aaO Rz 27) oder „Baumaschinen Consulting GmbH" (OLG Oldenburg BB 1990, 443; zustimmend Dehn aaO). Gleiches gilt aber für den von der Revisionsrekurswerberin angestrebten Firmenwortlaut „Managementkompetenz". Hier spricht - wie das Rekursgericht völlig zutreffend hervorgehoben hat - nicht nur die mangelnde Individualisierungswirkung, sondern auch das Freihaltebedürfnis des Rechtsverkehrs an den verwendeten Begriffen und die im Firmenwortlaut liegende unzulässige Selbstberühmung gegen die Zulässigkeit des Firmenwortlauts. Dass der Begriff „Managementkompetenz" als Bezeichnung des Unternehmens der Revisionsrekurswerberin Verkehrsgeltung erlangt hätte, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.

8. Das Argument der Revisionsrekurswerberin, im Zweifel sei das Gesetz liberal auszulegen, übersieht, dass hier kein derartiger Zweifelsfall vorliegt.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen erweisen sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.

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