Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Die Parteien waren Hälfteeigentümer einer Liegenschaft im Gesamtausmaß von 3.322 m². Diese teilten sie im Jahr 2000 in eine Betriebsliegenschaft im Ausmaß von 2.702 m² und in die Restliegenschaft im Ausmaß von 620 m²; auf letzterer befindet sich das Wohnhaus der Parteien samt Garage. Die Betriebsliegenschaft übergaben sie ihrem Sohn. Der Übergabsvertrag vom 20. 12. 2000 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
8.3. Die Übergeber verpflichten sich dem Übernehmer gegenüber, das ihnen gehörige ... Grundstück [Restliegenschaft] nur an ihre leiblichen Kinder zu übergeben und nicht an Fremde zu veräußern.
8.4. Im Falle des Ablebens des Übernehmers vor dem Ableben der Übergeber fällt die Liegenschaft und das Einzelunternehmen an die Kinder des Übernehmers. Diese Regelung ist testamentarisch sicherzustellen.
Die Restliegenschaft hatte im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien einen Verkehrswert von 126.000 EUR und (unter Berücksichtigung der Beschränkungen laut Übergabsvertrag) einen Fruchtgenusswert von 57.000 EUR; im Zeitpunkt der Ehescheidung betrug der Verkehrswert 120.000 EUR und der Fruchtgenusswert 54.000
EUR.
Die Vorinstanzen wiesen der Frau die gesamte Restliegenschaft zu und gingen bei Ermittlung der von ihr gemäß § 94 EheG zu leistenden Ausgleichszahlung von einem Wert der Restliegenschaft von 54.000 EUR aus.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Mannes verweist auf einen Wert der Liegenschaft von 120.000 EUR; dieser wäre den Berechnungen zu Grunde zu legen gewesen. Sollte dies nicht der Fall sein, hätten die Vorinstanzen Wohnungseigentum oder jedenfalls schlichtes Miteigentum der Parteien begründen müssen.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hängt die nach dem Grundsatz der Billigkeit vorzunehmende Aufteilung gemäß §§ 81 ff EheG jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Eine erhebliche Rechtsfrage liege nur dann vor, wenn dargetan wird, dass die zweite Instanz bei Beurteilung dieses Einzelfalls von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen sei und so den Ermessensspielraum überschritten habe, oder dass ihr in anderer Weise eine krass fehlerhafte Ermessensübung unterlaufen sei, die im Interesse der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dabei seien sogar eine unrichtig angewendete Ermittlungsart oder eine unrichtige Gewichtung einzelner Bemessungselemente so lange zu vernachlässigen, als sich der ausgemittelte Ausgleichsbetrag innerhalb dieses Spielraums bewege (aus jüngster Zeit 9 Ob 13/06m; 7 Ob 145/06h je mwN).
Die Vorinstanzen haben weder ihren Ermessensspielraum überschritten noch ist ihnen eine krass fehlerhafte Ermessensübung unterlaufen.
1.1. Der Mann meint, der von den Parteien mit dem gemeinsamen Sohn abgeschlossene Übergabsvertrag verletze ihre Testierfreiheit und sei insoweit rechtsunwirksam; das „vereinbarte" Veräußerungsverbot sei daher nicht zu berücksichtigen. Sinn und Zweck des Punktes 8.3. des Übergabsvertrags sollte sein, dass die Liegenschaft letztwillig an die Kinder übertragen wird; dies ergebe sich aus einer Zusammenschau mit Punkt 8.4.
Dem Rekursgericht ist beizupflichten, dass ein derartiger Regelungszweck nicht zwingend aus dem Wortlaut der erwähnten Bestimmungen des Übergabsvertrags abzuleiten ist. Der Mann hat im Verfahren erster Instanz aber auch nicht behauptet, dass eine derartige Regelung tatsächlich Gegenstand der Vereinbarungen zwischen den Parteien und ihrem Sohn sein sollte. Mit seinem nunmehrigen Vorbringen verstößt der Mann daher gegen das auch im Revisionsrekursverfahren nach dem Außerstreitgesetz geltende Neuerungsverbot (7 Ob 82/05t).
1.2. Nach Auffassung des Mannes ist das Gericht im Aufteilungsverfahren nicht berechtigt, zu Gunsten Dritter vereinbarte Veräußerungsverbote aufzuheben; damit sei aber die gesamte Aufteilungsregelung unzulässig, wenn man das Veräußerungsverbot als gültig ansehe.
Nach jener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, auf die sich der Mann dazu in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs ausdrücklich beruft (7 Ob 530/93 = SZ 67/38), ist das Gericht nicht berechtigt, bücherlich einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbote aufzuheben. Zu einer solchen Aufhebung eines einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverbotes käme es aber durch die Anordnung der Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung, weil der Ersteher einer gerichtlich feilgebotenen gemeinschaftlichen Sache an ein nur den ersten Eigentümer verpflichtendes Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht mehr gebunden wäre. Die Aufhebung eines bücherlich einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverbots haben die Vorinstanzen aber gar nicht angeordnet.
Nach deren Ausführungen auf Tatsachenebene ging es den Parteien und ihrem Sohn bei Errichtung des Übergabsvertrags vielmehr darum, auch die Restliegenschaft „im Familienbesitz" zu erhalten. Deshalb sollten die Parteien die Restliegenschaft auch nur an ihre leiblichen Kinder übergeben und nicht an Fremde veräußern dürfen. Dieser Regelungszweck wird durch die Zuweisung der Restliegenschaft an die Frau - nunmehr zur Gänze - nicht beeinträchtigt. Die Vorinstanzen haben daher in das vereinbarte Veräußerungsverbot überhaupt nicht eingegriffen.
1.3. Der Mann hält die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung für unbillig. Er erhalte lediglich den halben Fruchtgenusswert der Liegenschaft, die Frau hingegen könne diese dann zum Verkehrswert entweder im Einvernehmen mit dem Sohn jederzeit oder aber durch Übertragung auf den Todesfall veräußern.
In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs scheint nicht völlig
klargestellt zu sein, für welchen Zeitpunkt der Wert der
aufzuteilenden Vermögensmasse zu ermitteln ist (vgl etwa 6 Ob 658/84
= EFSlg 48.910, 7 Ob 47/99h = EFSlg 93.911 [Zeitpunkt der Aufhebung
der ehelichen Gemeinschaft] bzw 8 Ob 202/02t = EFSlg 100.989; 3 Ob
122/04v = JBl 2005, 789 [Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz im
Aufteilungsverfahren]); das Erstgericht hat sich konkret auf den Zeitpunkt der Ehescheidung bezogen. Dazu braucht hier jedoch nicht konkret Stellung genommen zu werden, weil diese Differenzierung im außerordentlichen Revisionsrekurs nicht angesprochen wird. In sämtlichen Zeitpunkten war aber die Restliegenschaft mit einem Veräußerungsverbot belastet, das (auch) vom Mann mit seinem Sohn vereinbart worden war. Nach den Ausführungen des vom Erstgericht beigezogenen Sachverständigen, die der Mann nicht in Frage stellt, ist in einem solchen Fall vom Barwert eines theoretischen Fruchtgenussrechts auszugehen. Damit scheitert aber das Argument des Mannes, er erhalte „nicht einmal mehr die Hälfte des Verkehrswerts seines Miteigentumsanteils"; die Liegenschaft ist eben durch das vereinbarte Veräußerungsverbot erheblich entwertet worden. Ob tatsächlich zwischen der Frau und dem Sohn „ein sehr gutes Verhältnis besteht und er in Wahrheit im Hintergrund der 'Betreiber' der Sache ist", steht nicht fest. Der Mann hat im Verfahren erster Instanz auch nicht behauptet, dass die Frau und der Sohn zu seinen Lasten zusammenwirken würden. Entwicklungen, die in der Zukunft möglicherweise einmal eintreten könnten, sind im Aufteilungsverfahren infolge Ungewissheit ihres Eintritts nicht vorweg zu nehmen.
2. Schließlich führt der Mann aus, das Rekursgericht hätte aus Billigkeitsgründen Wohnungseigentum an der Liegenschaft oder zumindest schlichtes Miteigentum begründen müssen; so sei es hingegen zu einer „kalt-lächenden Enteignung" gekommen.
Die Vorinstanzen haben ausführlich dargelegt, warum sie unter Berücksichtigung des Trennungsgrundsatzes des § 84 ABGB und insbesondere der fehlenden Gesprächsbasis zwischen den Parteien diesem Ansinnen des Mannes ablehnend gegenüber standen. Diese Überlegungen sind durchaus vertretbar. Der Mann hält ihnen nur entgegen, die Grundsätze der Billigkeit und der Aufteilungsgerechtigkeit seien „höherwertig". Die im § 83 EheG genannten Grundsätze stehen aber weder in einer bestimmten Reihenfolge noch kann eine solche für sie allgemein aufgestellt werden; vielmehr sind sie gemeinsam in jedem Fall bestmöglich zu wahren (7 Ob 47/99h = EFSlg 93.953). Diese Interessenabwägung und die Abwägung der verschiedenen Grundsätze im Einzelfall bilden aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG dar.
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