OGH 6Ob184/97w

OGH6Ob184/97w17.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Angelika G*****, in Obsorge der Mutter, Inge G*****, Christian G***** und Bernd G*****, beide in Obsorge des Vaters, Ing.Bertram G*****, dieser vertreten durch Dr.Gebhard Heinzle, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Unterhaltserhöhung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der mj. Kinder Christian G***** und Bernd G***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 23.Jänner 1997, GZ 1 R 38/97i-95, womit infolge Rekurses der Mutter der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 6.Dezember 1996, GZ 12 P 124/96t-90, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich der in Teilrechtskraft erwachsenen Abweisung eines Teils der Unterhaltsbegehren zu lauten hat:

"Die Mutter, Inge G*****, ist schuldig, folgende Unterhaltsbeiträge zu Handen des Vaters, Ing.Bertram G*****, zu leisten:

a) Für den mj. Christian G***** für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1996 6.660 S monatlich und ab 1.10.1996 7.500 S monatlich;

b) für den mj. Bernd G***** ab 1.4.1996 6.660 S monatlich;

jeweils zuzüglich 4 % Zinsen aus den Unterhaltsbeiträgen jeweils ab Fälligkeit der einzelnen Unterhaltsbeiträge.

Das Mehrbegehren des Sohnes Christian von monatlich 540 S für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1996 und von 600 S ab 1.10.1996 sowie das Mehrbegehren des Sohnes Bernd von 540 S ab 1.4.1996 und das Zinsenbegehren beider Kinder betreffend die Mehrbegehren werden abgewiesen."

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der drei mj., 15, 16 und 17 Jahre alten Kinder wurde im Jahr 1989 geschieden. Der Mutter obliegt die Obsorge über die Tochter, dem Vater steht die Obsorge hinsichtlich der Söhne zu. Mit pflegschaftsgerichtlich genehmigtem Vergleich vom 5.10.1993 verpflichteten sich die Eltern, je Kind ab Oktober 1993 zu Handen des anderen Elternteils jeweils den "vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien veröffentlichten" Regelbedarfssatz zu zahlen, der seit 1.7.1993 für Kinder von 10 bis 15 Jahren monatlich 3.370 S betrug.

Am 9.4.1996 beantragten die Söhne eine Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung der Mutter, und zwar Christian für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1996 auf 7.200 S und ab 1.10.1996 auf 8.100 S monatlich und Bernd ab 1.4.1996 auf 7.200 S monatlich (jeweils zuzüglich Zinsen). Die Mutter verdiene 40.000 S monatlich netto. Ihr Einkommen habe sich seit Abschluß des Vergleichs erhöht, ebenso der Bedarf der Kinder.

Die Mutter sprach sich gegen eine Unterhaltserhöhung aus und stellte ihrerseits für die Tochter den Antrag, den Vater ab 1.4.1996 zu einem erhöhten Unterhaltsbeitrag von 4.210 S monatlich zu verhalten.

Das Erstgericht erhöhte antragsgemäß die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Tochter auf 4.210 S monatlich, erhöhte weiters die Unterhaltsverpflichtung der Mutter für Christian für die Zeit vom 1.4.1996 bis 30.9.1996 auf 5.800 S monatlich und ab 1.10.1996 auf 6.500 S monatlich sowie für Bernd ab 1.4.1996 auf 5.800 S monatlich und sprach die begehrten Zinsen zu. Die Mehrbegehren der Söhne wurden abgewiesen. Das Erstgericht ging dabei von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Die Mutter erziele als Lehrerin in der Schweiz ein monatliches Nettoeinkommen von 5.714 Schweizer Franken (sFR). Dieses Einkommen gelange 13 x im Jahr zur Auszahlung. Darin sei ein Kinderzuschlag für die Tochter in der Höhe von 194 sFR enthalten. Für eine Krankenversicherung leiste die Mutter einen monatlichen Beitrag von 265 sFR. Nach Abzug des Kinderzuschlages und des Krankenkassenbeitrages verbleibe ein Betrag von 5.731 sFR monatlich (als Bemessungsgrundlage). Von dieser sei noch die von der Mutter in Österreich entrichtete Steuer von 7.666 S monatlich abzuziehen. Der Devisenjahresmittelkurs betreffend den sFR betrage für die Zeit vom 1.1.1996 bis 30.11.1996 laut Auskunft der Österreichischen Nationalbank 860,30 S. Daraus errechne sich ein monatliches Einkommen der Mutter von 41.637 S. Die Mutter habe 1992 ein Reihenhaus gekauft. Hiefür müsse sie monatlich 19.707 S an Kreditrückzahlungen leisten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß von dem monatlichen Nettoeinkommen der Mutter von 41.637 S noch 5.000 S wegen der Rückzahlungsbelastung betreffend das Wohnhaus abzuziehen seien. Nach der Prozentrechnungsmethode hätten die Minderjährigen Anspruch auf je 18 % des Einkommens des Unterhaltspflichtigen. Für die weiteren Sorgepflichten seien jeweils 2 % in Abzug zu bringen. Die Kinder hätten Anspruch auf jeweils 16 % der Bemessungsgrundlage. Bei der Bemessungsgrundlage von 36.637 S entspreche dies 5.862 S je Kind. Ab dem 1.10.1996 habe der Sohn Christian nach der Prozentwertmethode einen Anspruch auf Unterhalt in der Höhe von 18 % der Bemessungsgrundlage. Dies mache 6.594 S monatlich aus. Die Kinder hätten Anrecht darauf, angemessen an den gehobenen Einkommensverhältnissen der Mutter teilzuhaben. Seit der letzten Beschlußfassung vor ca 3 Jahren hätten sich die Bedürfnisse der Minderjährigen wesentlich erhöht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge, dem Rekurs der Söhne aber teilweise Folge und änderte die Unterhaltsverpflichtung der Mutter dahin ab, daß der Unterhaltsbeitrag für Christian für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1996 auf 6.100 S und ab 1.10.1996 auf 6.900 S erhöht wurde. Die Unterhaltsverpflichtung für Bernd wurde ab 1.4.1996 mit 6.100 S monatlich festgesetzt. Das Rekursgericht sprach auch die begehrten Zinsen zu. Die Mehrbegehren wurden abgewiesen.

Das Rekursgericht teilte nicht die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, daß von der Bemessungsgrundlage 5.000 S abzuziehen seien. Die Kreditbelastungen zur Anschaffung eines Wohnhauses dienten der Vermögensbildung und nicht der Sicherung und Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage. Ausgehend von der solcherart erhöhten Bemessungsgrundlage errechnete das Rekursgericht bei einem "Umrechnungskurs von derzeit 8,--" eine Bemessungsgrundlage von

38.182 S. Christian habe bis einschließlich September 1996 einen Unterhaltsanspruch von 16 % und ab Oktober 1996 von 18 % dieser Bemessungsgrundlage, Bernd einen Unterhaltsanspruch von 16 %. Die Kinder hätten auch einen Zinsenanspruch ab Fälligkeit der Unterhaltsforderung, die mit dem Beginn der monatlichen Unterhaltsperiode eintrete.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs (jeweils) nicht zulässig sei.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Söhne die Abänderung dahin, die Unterhaltsverpflichtung der Mutter für Christian für die Zeit vom 1.4. bis 30.9.1996 mit 6.660 S monatlich und ab 1.10.1996 mit 7.500 S monatlich und für Bernd ab 1.4.1996 mit 6.660 S monatlich (jeweils zuzüglich 4 % Zinsen ab Fälligkeit der einzelnen Unterhaltsbeiträge) festzusetzen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig. Er ist auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß die Orientierung auf die sogenannte Prozentmethode als Richtlinie bei der Unterhaltsbemessung und die Bejahung der Zulässigkeit einer Unterhaltserhöhung wegen geänderter Verhältnisse im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur steht. Nicht zu beanstanden ist ferner die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, daß die Mutter ihre Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Wohnhauses bei der Unterhaltsfestsetzung nicht ins Treffen führen könne.

Die Revisionsrekurswerber wenden sich gegen den vom Rekursgericht angenommenen Umrechnungskurs von 8,0 (800) für das in sFR erzielte Einkommen der Mutter. Diese habe den vom Erstgericht ermittelten und der Entscheidung zugrundegelegten Jahresmittelkurs für Devisen nicht bekämpft. Ausgehend von einem Umrechnungskurs von 860,30 errechneten sich nach der Prozentmethode die mit dem Revisionsrekurs begehrten Unterhaltsbeiträge.

Zur Rechtsfrage, welcher Umrechnungskurs bei einem in Inlandswährung begehrten Unterhaltsbeitrag und einem in ausländischer Währung erzielten Einkommen des Unterhaltspflichtigen maßgeblich ist, sowie zur Frage des Einflusses von Kursschwankungen auf die Unterhaltsbemessung bedarf es mangels Vorliegens einer Vorjudikatur einer oberstgerichtlichen Stellungnahme.

Sowohl der sFR als auch der österreichische Schilling sind am Markt frei konvertierbare Währungen. Bei solchen bedarf es beim Zahlungsverkehr zwischen dem Inland und dem Ausland aufgrund von gerichtlich festgesetzten Unterhaltstiteln keiner individuellen Genehmigung der Nationalbank. Es ist davon auszugehen, daß die Unterhaltsschuldnerin ihre Unterhaltszahlungen im bankmäßigen Überweisungsverkehr leistet, also nicht durch Übergabe von Bargeld in sFR, welches Geld von den unterhaltsberechtigten Kindern zum jeweiligen Tageskurs für Valuten in die österreichische Währung umgewechselt werden müßte. Bei Zahlungen in frei konvertierbaren Fremdwährungen auf ein Fremdwährungskonto im Inland erfolgt die Umrechnung (Konvertierung) der inländischen Bank für den Kontoinhaber nach dem Gelddevisenkurs, soferne nicht mit dem Kontoinhaber eine Vereinbarung über einen günstigeren Kurs (etwa den Briefdevisenkurs) geschlossen wurde. Gegen die Heranziehung des vom Erstgericht ermittelten durchschnittlichen Monatsmittelkurses für Devisen (Geld) aus den Monaten Jänner bis November 1996 bestehen keine Bedenken. Dem Rekursgericht ist einzuräumen, daß sich der Kurs des sFR sich zuletzt durchaus erheblich nach unten veränderte, wie dies schon aus der Aufstellung des Erstgerichtes ON 89, aber auch aus den Konkursveröffentlichungen in der Wiener Zeitung (somit notorisch) hervorgeht. Das Rekursgericht dürfte sich allerdings bei dem von ihm angenommenen, nicht näher begründeten Kurs von 800 am Valutenkurs (Noten Geld) orientiert haben, der nach der in der Ausgabe der Wiener Zeitung vom 18.1.1997 veröffentlichten Börsennotierung per 17.1.1997, 796,00 betrug, während der maßgebliche Devisenmittelkurs an diesem Tag 814,15 betrug. In der Zwischenzeit hat sich der Devisenkurs des sFR wieder erholt, der Devisenmittelkurs betrug beispielsweise am 27.6.1997 laut Börsennotierung in der Ausgabe der Wiener Zeitung vom 28.6.1997 843,70. Bei der Unterhaltsbemessung ist auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Titelschöpfung abzustellen. Kursschwankungen sind nicht vorhersehbar. Sie sind zwar für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners von Bedeutung. Bei einem Kursverfall des sFR müßte die Mutter einen höheren Prozentsatz ihres in sFR erzielten Einkommens aufwenden, um ihrer in österreichischen Schilling festgesetzten Unterhaltsverpflichtung nachkommen zu können. Die Kursentwicklung ist jedoch nur unter dem Gesichtspunkt der geänderten Verhältnisse, die eine Neufestsetzung der Unterhaltsverpflichtung rechtfertigen, maßgeblich. Eine Neufestsetzung kommt allerdings erst dann in Frage, wenn nach einem längeren Zeitraum feststeht, daß sich der Kurs des sFR nachhaltig und in relevantem Ausmaß zu Lasten der unterhaltspflichtigen Mutter verändert hätte. Bei der Titelschöpfung widerspricht die Heranziehung des Tageskurses zum Zeitpunkt der Rekursentscheidung dem Erfordernis, daß bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners immer von einem größeren Beobachtungszeitraum auszugehen ist, damit nicht schon bei geringen Änderungen des Sachverhalts eine Neufestsetzung erforderlich wird. Dies entspricht der Judikatur, wonach bei schwankenden Einkommensverhältnissen der Durchschnittswert des Einkommens aus einer längeren Einkommensperiode maßgeblich ist. Diesem Grundsatz hat das Erstgericht mit der Heranziehung des durchschnittlichen Devisenmittelkurses Rechnung getragen. Das Erstgericht hat eine monatliche Bemessungsgrundlage von 5.731 sFR abzüglich der Inlandsbesteuerung von 7.666 S (das entspricht 891 sFR) festgestellt. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 4.840 sFR und den nicht zu beanstandenden Prozentsätzen von 16 bzw. 18 % sowie dem Umrechnungsschlüssel nach dem angeführten Gelddevisenkurs sind die von den Rekurswerbern angestrebten Unterhaltsbeiträge angemessen. Ihrem Revisionsrekurs ist daher stattzugeben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte