OGH 6Ob18/15p

OGH6Ob18/15p19.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers A***** F*****, Ungarn, vertreten durch Dr. Markus Kellner, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, gegen die Antragsgegnerin Z***** B*****, wegen Rückgabe des minderjährigen Adam Imre F*****, geboren am 18. Februar 2004, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Dezember 2014, GZ 43 R 714/14i‑22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00018.15P.0219.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.  Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, denen der Antragsteller weder in seinem Rekurs noch in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs entgegengetreten ist, verbüßt der Antragsteller und Vater des minderjährigen Adam Imre seit 2005 eine lebenslange Freiheitsstrafe in Ungarn. Der persönliche Kontakt zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn, der seit August 2013 mit seiner Mutter, der Antragsgegnerin, in Österreich lebt, ist ausgesetzt.

Nach Art 13 HKÜ ist die Rückgabe des Kindes unter anderem dann nicht anzuordnen, wenn die Person, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens des Kindes tatsächlich nicht ausgeübt hat. Auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0106625, RS0106624) ist Voraussetzung für die Anwendung des Art 3 HKÜ die Verletzung eines tatsächlich ausgeübten Obsorgerechts oder Mitobsorgerechts. Da im hier zu beurteilenden Fall der unmittelbare persönliche Kontakt zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn ausgesetzt ist, entspricht die Abweisung des Rückführungsantrags durch die Vorinstanzen der Rechtslage.

2.  Der Hinweis des Antragstellers in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs auf die jüngst ergangene Entscheidung 6 Ob 167/14y verkennt, dass dieser Entscheidung gemeinsame Obsorge der dort beteiligten Eltern zugrunde lag. Weder den Feststellungen der Vorinstanzen noch den Behauptungen des Antragstellers ist hier aber zu entnehmen, dass die Eltern gemeinsam oder beide jeweils allein obsorgeberechtigt wären.

3. Die im außerordentlichen Revisionsrekurs behauptete Verletzung seines rechtlichen Gehörs ist nicht erkennbar, hat doch der Vater des minderjährigen Adam Imre selbst den Rückführungsantrag gestellt. Dass sein ‑ als Verfahrenshelfer bestellter ‑ Vertreter vom Erstgericht gefordertes weiteres Vorbringen mangels rechtzeitiger Kontaktaufnahmemöglichkeiten nicht erstatten konnte, bewirkt hier allein schon deshalb keine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, weil die entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente (Obsorge, Aussetzung des persönlichen Kontakts) vom Antragsteller unwidersprochen festgestellt wurden und auch das nunmehr mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs vorgelegte persönliche Schreiben des Antragstellers keine andere Beurteilung der Sache zuließe.

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