OGH 6Ob171/06z

OGH6Ob171/06z31.8.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Edith K*****, vertreten durch Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei und widerklagende Partei Dr. Rose B*****, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 12.716,25 sA und EUR 7.000 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2006, GZ 39 R 396/05g-66, womit das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 16. August 2005, GZ 5 C 404/04p-53, teilweise bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.063,80 (darin EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte zunächst EUR 12.716,25 aus dem Titel des Investitionskostenrückersatzes. Insgesamt habe sie EUR 15.895,32 investiert. Als die Klägerin die Wohnung habe aufgeben wollen, habe ihr die Hausverwaltung den Ersatz geleisteter Investitionen zugesagt. Erst mit Schriftsatz ON 16 vom 12. 8. 2004 (Datum des Einlangens) führte die Klägerin aus, sie bringe für den Fall, dass aufgrund des zur Vereinbarung erstatteten Vorbringens das Klagebegehren noch nicht „voll gesichert erscheine", ergänzend vor, dass es sich bei den eingeklagten Beträgen um Rechnungsbeträge handle, die sie für Aufwendungen notwendiger und nützlicher Verbesserungen in der Wohnung durchgeführt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die beklagte Partei ab, sprach jedoch der beklagten und widerklagenden Partei unter Abweisung des Mehrbegehrens den Betrag von EUR 7.000 sA zu. § 10 MRG ermögliche einem Mieter, einen Ersatz für Investitionen geltend zu machen. Dieser Anspruch sei jedoch im Verfahren außer Streitsachen zu prüfen. Die zweite mögliche Anspruchsgrundlage sei eine Vereinbarung zwischen dem Mieter und dem Vermieter. Stütze sich der Mieter auf eine Vereinbarung, komme die Bestimmung des § 1097 ABGB nicht in Frage. Eine derartige Vereinbarung liege nach den Beweisergebnissen jedoch nicht vor. Ansprüche nach § 1097 ABGB seien zudem präkludiert; das Vorbringen dazu sei mehr als sechs Monate nach dem Auszug aus dem Bestandobjekt erfolgt. Zur Wahrung der Präklusivfrist reiche nicht, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werde; vielmehr sei innerhalb der sechs Monate ab dem Auszug aus dem Bestandobjekt ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten, worin der für den Hauseigentümer klare und überwiegende Nutzen der Investitionen liege. Ein solches Vorbringen sei jedoch nicht erstattet worden. Im Übrigen sei der klare und überwiegende Nutzen für den Hauseigentümer schon aufgrund der durch die Klägerin vorgenommenen Beschädigungen der eigenen Investitionen nicht ersichtlich.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten und widerklagenden Partei gegen dieses Urteil Folge und hob es hinsichtlich der Abweisung von EUR 4.059,20 auf. Hingegen gab es der Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei und der Berufung der beklagten und widerklagenden Partei hinsichtlich der Abweisung von EUR 6.300,16 sA nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil insoweit als Teilurteil. Soweit die Klägerin ihre Forderung auf § 1097 ABGB stütze, seien ihre Ansprüche präkludiert (unter Berufung auf MietSlg 42.106 und 47.104).

Mit Beschluss vom 31. 5. 2006 erklärte das Berufungsgericht die Revision nachträglich für zulässig, weil zur Frage, ob die Präklusivfrist des § 1097 ABGB auch dann eingehalten werde, wenn das Klagebegehren zunächst auf keinen bestimmten Rechtsgrund und erst nach Ablauf der Frist des § 1097 ABGB ausdrücklich auf diese Bestimmung gestützt werde, keine gesicherte Rechtsprechung vorliege. Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung kann eine in zweiter Instanz versäumte Rechtsrüge nicht erfolgreich in dritter Instanz nachgeholt werden (Zechner in Fasching/Konecny² § 503 ZPO Rz 53 mwN). Dies gilt auch dann, wenn das Ersturteil nur in bestimmten Streitpunkten, denen selbständige rechtserzeugende, rechtshemmende oder rechtsvernichtende Tatsachen zugrunde liegen, mit Rechtsrüge bekämpft wurde. Dann beschränkt sich die rechtliche Nachprüfung schon im Berufungsverfahren nur auf jene Streitpunkte, die der Rechtsmittelwerber zum Gegenstand seiner Berufung machte (Zechner aaO Rz 56). Ein derartiger selbständiger Streitpunkt ist etwa die Verjährung (vgl Zechner aaO; 1 Ob 14/01t ua). Gleiches muss für die Präklusivfrist des § 1097 ABGB gelten. Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei in der Berufung jedoch ausschließlich die Rechtsansicht des Erstgerichtes bekämpft, es liege keine Vereinbarung über den Investitionskostenersatz vor. Die tragende Begründung des Erstgerichtes für die Abweisung des Begehrens, soweit dieses auch auf § 1097 ABGB gestützt wurde, wurde in der Berufung mit keinem Wort erwähnt. Die hinsichtlich dieser Frage somit unterlassene Rechtsrüge kann aber nach dem Gesagten im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (vgl auch Zechner aaO Rz 190 mwN).

Im Übrigen vermag die klagende Partei in ihrer Revision keine Rechtsfrage von der im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erforderlichen Qualität aufzuzeigen. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beurteilung eines Vorbringens dahin, auf welchen Rechtstitel Klagsansprüche gestützt werden, für sich allein ebensowenig eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RS-Justiz RS0113563) wie die Frage, ob das Prozessvorbringen einer Partei ausreichend spezifiziert ist, um als Anspruchsgrundlage hinzureichen (6 Ob 291/05w). In der Auffassung des Berufungsgerichtes, die bloß ziffernmäßige Geltendmachung eines Anspruchs ohne auch nur ansatzweise Dartuung der Nützlichkeit des Aufwandes (§ 1037 iVm § 1097 ABGB) stelle keine ordnungsgemäße Geltendmachung dieser Ansprüche dar, ist eine im Interesse der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht zu erblicken. Die Revision war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

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