Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
1. Die beklagte Partei meint in ihrer außerordentlichen Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass (lediglich) die mit der Sportausübung jedenfalls verbundene Selbstgefährdung nicht durch von der Sportanlage ausgehende, nicht erkennbare Gefahrenquellen erhöht werden darf. Tatsächlich habe das Berufungsgericht der beklagten Partei aber eine Verpflichtung dahingehend auferlegt, mit dem Klettern zwangsläufig verbundenen Gefahren, nämlich das Herunterfallen, abzuwenden.
Eine Anlage wie die vorliegende Kletterwand ist so zu gestalten und zu erhalten, dass von den Benützern Gefahren, die nicht schon ihrer Natur nach mit der vorgesehenen Betätigung verbunden sind, nach Möglichkeit abgewendet werden. Die Anlage muss demnach sachgerecht und zweckgerecht konstruiert sein, sodass bei normalem, bestimmungsgemäßem Gebrauch keine durch die Art der Anlage (mit-)verursachte Schäden auftreten können. Die Anlage darf demnach nicht selbst gefahrenträchtig sein. Die mit der Sportausübung an sich verbundene Selbstgefährdung darf nicht durch von der Anlage ausgehende, nicht erkennbare Gefahrenquellen erhöht werden (RIS-Justiz RS0023427).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen boten die von der beklagten Partei im Unfallbereich aufgelegten Matten keinen ausreichenden Fallschutz beim Klettern ohne Seil. Die Matten hätten vollflächig, also den gesamten Bereich deckend, und mit einer Stärke von mindestens 30 cm aufgelegt werden müssen. Der im Verfahren erster Instanz beigezogene Sachverständige, dessen Gutachten das Erstgericht seinen Feststellungen zugrunde legte und dessen Fachkompetenz von den Parteien auch nicht bestritten wurde, führte dazu noch ergänzend aus, die Mattenabsicherung sei aus technischer Sicht (auch deshalb) nicht in Ordnung gewesen, weil sie keine Stufen und keine Spalten hätten aufweisen dürfen (AS 62). Die Klägerin kam mit ihrem rechten Fuß aber genau in einem solchen Spalt auf, der zwischen zwei Matten bestand, wodurch die Matten auseinanderrutschten und die Klägerin direkt auf dem Fußboden aufprallte und sich dadurch verletzte.
Rechtliche Beurteilung
Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die beklagte Partei für diese mangelnde Absicherung einzustehen hat, erscheint durchaus vertretbar; es liegt auch keine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten vor. Die beklagte Partei hat nicht für das „Herunterfallen" der Klägerin einzustehen, sondern für die ungenügende Sicherung durch falsch aufgelegte Matten, die letztlich zur Verletzung der Klägerin geführt hat. Im Übrigen ist der konkrete Inhalt von Verkehrssicherungspflichten regelmäßig nach den besonderen Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen. Deshalb sind Entscheidungen über Verkehrssicherungspflichten - angesichts der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärten Grundsätze - nur dann revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlief, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf (9 Ob 101/01w; 1 Ob 300/03d = MietSlg 56.176). Dies gilt auch für die Frage, wann die Grenze der Zumutbarkeit weiterer oder erhöhter Verkehrssicherungspflichten erreicht oder überschritten ist (RIS-Justiz RS0111380).
2. Nach Auffassung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Klägerin tatsächlich erkannt hatte, dass sie sich unangeseilt in eine besondere Gefahrenlage begibt; sie habe damit auf eigene Gefahr gehandelt. Richtig ist, dass sich die Klägerin bei einem Mitglied der beklagten Partei nach einer Seilsicherung erkundigte und dass dieser die Klägerin zu einem weiteren Mitglied schickte, damit sie sich von diesem anseilen lässt; in weiterer Folge stieg sie jedoch ungesichert in die Kletterwand ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt Handeln auf eigene Gefahr dann vor, wenn sich jemand einer ihm bekannten oder zumindest erkennbaren Gefahr, die ein anderer geschaffen hat, aussetzt; jede Haftung entfällt dann mangels Rechtswidrigkeit, weil den Gefährder keine Schutzpflichten gegenüber jemandem obliegen, der die Gefahr erkennt oder erkennen konnte und dem daher Selbstsicherung zuzumuten ist (RIS-Justiz RS0023006). Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ist in solchen Fällen echten Handelns auf eigene Gefahr aufgrund einer umfangreichen Interessenabwägung zu beurteilen (3 Ob 221/02z = JBl 2003, 862).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen durfte in jenem Bereich der Kletterwand, den die Klägerin benützte, laut eigener Benutzerordnung der beklagten Partei nur mit Seilsicherung geklettert werden. Auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Kletterstelle und der möglichen Sturzhöhe hätte die Klägerin jedenfalls gesichert werden müssen. Tatsächlich gab es jedoch keine offiziellen Einweisungen für Kletterunkundige; Kletterwilligen, die dies „wünschten", wurde lediglich angeboten, sich mittels eines Seils sichern zu lassen. Den Besuchern der Veranstaltung wurde damit offensichtlich signalisiert, dass eine Seilsicherung lediglich freiwillig sei. Allerdings war für diese (unerfahrenen) Besucher „überhaupt nicht erkennbar", dass die Kletterstelle relativ schwierig ist (vgl die Ausführungen des Sachverständigen AS 63). Im Sinne der dargestellten Rechtsprechung war daher für die Klägerin die Gefahrensituation, in die sie sich begeben würde, nicht erkennbar; der Haftungsausschluss des Handelns auf eigene Gefahr scheidet somit aus.
Im Übrigen ist auch die Frage, unter welchen Umständen und in welchem Umfang von einem Beteiligten eine das übliche Ausmaß übersteigende Gefährdung in Kauf genommen wird, stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass sich insoweit eine erhebliche Rechtsfrage regelmäßig nicht stellt (1 Ob 139/06g).
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