Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die mj.Elisabeth S*****, geboren am 17.1.1990, wächst bei ihrer Mutter auf. Der Vater hatte seit 1.11.1990 aufgrund eines pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleiches eine monatliche Unterhaltsleistung von 2.500 S zu erbringen. Die damalige Vergleichsgrundlage war ein monatliches Durchschnittseinkommen von
15.750 S.
Am 1.10.1996 stellte die Mutter den Antrag, den vom Vater zu leistenden Unterhalt ab 1.1.1996 auf monatlich 3.500 S zu erhöhen. Sowohl die Bedürfnisse des Kindes als auch die Leistungsfähigkeit des Vaters seien gestiegen.
Der Vater sprach sich gegen die beantragte Unterhaltserhöhung aus.
Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsleistung auf 3.500
S.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, der den 2.836,80 S übersteigenden Zuspruch und die Erhöhung für die Zeit vom 1.1. bis 31.8.1996 bekämpfte, teilweise Folge, erhöhte die monatliche Unterhaltsleistung nur auf 3.000 S und wies das Mehrbegehren ab.
Das Rekursgericht stellte fest, daß der Vater außer für die mj.Elisabeth noch für seine am 24.9.1982 geborene Tochter Sonja gesetzlich zu sorgen hat. Einschließlich der für dieses in seinem Haushalt lebende Kind bezogenen Familienbeihilfe (1.550 S), des Kinderabsetzbetrages (350 S) und der Kinderzulage (200 S) verfügt der Vater über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 20.158 S. Davon zog das Rekursgericht die für Sonja bezogene Familienbeihilfe ab und gelangte zu einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 18.608 S. Unter Berücksichtigung der Prozentsatzmethode (18 % - 2 %) errechnete das Rekursgericht die monatliche Unterhaltsleistung mit gerundet 3.000 S.
Das Rekursgericht führte aus, der dem Vater gewährte Kinderabsetzbetrag stelle eine steuerliche Begünstigung im Sinn des § 33 Abs 4 Z 3a EStG dar und sei in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Einbeziehung des Kinderabsetzbetrages in die Unterhaltsbemessungsgrundlage keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters, der sich nur mehr gegen die Einbeziehung des Kinderabsetzbetrages in die Bemessungsgrundlage richtet, ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Für die Frage der Einbeziehung des vom Unterhaltspflichtigen für ein in seinem Haushalt lebendes Kind nach § 33 Abs 4 Z 3a EStG bezogenen Kinderabsetzbetrages in die Unterhaltsbemessungsgrundlage für ein anderes Kind ist entscheidend, ob dieser Betrag als frei verfügbares Einkommen zu werten ist oder aber zufolge seiner Zweckwidmung dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes (für das im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebende Kind) dient (vgl ÖA 1993, 145).
§ 33 Abs 4 EStG wurde durch das Familienbesteuerungsgesetz BGBl 1992/312 geändert. Davor standen dem Alleinerhalter oder Alleinverdiener ein Alleinverdienerabsetzbetrag zuzüglich eines Kinderzuschlages zu. Im Gesetz fehlte jegliche Zweckwidmung, sodaß die Rechtsprechung diesen Kinderzuschlag in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezog (ÖA 1993, 145).
Gemäß § 33 Abs 4 Z 3a EStG in der Fassung BGBl 1992/312 steht nun dem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 350 S für das erste (in seinem Haushalt lebende) Kind "zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen" zu.
Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (463 BlgNR 18.GP) ist zu entnehmen, daß es sich der Gesetzgeber zum Ziel setzte, die Familienbesteuerung neu zu ordnen, um einen Ausgleich in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zwischen unterhaltspflichtigen und nichtunterhaltspflichtigen Eltern gleicher Einkommen zu schaffen und alle Steuerpflichtigen mit gleicher Kinderanzahl einkommensunabhängig "gleich" zu behandeln. Diese Ziele sollen durch Direktzahlungen (bzw Absetzbeträge, die gleichfalls im Wege von Direktzahlungen erfolgen) erreicht werden, wobei der Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs 4 Z 3a EStG gemeinsam mit der Familienbeihilfe in bar ausgezahlt wird, um - wie der Gesetzgeber ausdrücklich formuliert - "gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen abzugelten".
In diesem Sinn führen die Erläuterungen zur Regierungsvorlage aus (463 BlgNR 18.GP 6), die Neuregelung berücksichtige Kinderlasten durch eine Kombination von Familienbeihilfe und Absetzbeträgen.
Die einem Unterhaltspflichtigen nach § 33 Abs 4 Z 3a EStG ausgezahlten Kinderabsetzbeträge haben - soweit sie der Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten dienen - bei der Bemessung des Unterhalts für ein weiteres, nicht im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebenden Kindes außer Betracht zu bleiben.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 13.12.1995, 7 Ob 1698/95 steht mit dieser Rechtsansicht in keinem Widerspruch. Nach dem dort zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Unterhaltsschuldner die Kinderabsetzbeträge für in seinem Haushalt lebende Stiefkinder erhalten, für die er nach dem Gesetz nicht sorgepflichtig war. Mangels gesetzlicher Sorgepflicht verneinte der Oberste Gerichtshof dort eine Verpflichtung, die erhaltenen Beträge nur für die Stiefkinder aufzuwenden und rechnete sie dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu.
Wenn auch die vom Rekursgericht herangezogene Unterhaltsbemessungsgrundlage um den bezogenen Kinderabsetzbetrag (350 S) zu reduzieren ist, erweist sich die vom Rekursgericht vorgenommene Unterhaltsbemessung dennoch als zutreffend.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (JBl 1991, 40 = ÖA 1991, 78; RZ 1991/26; RZ 1991, 50; ÖA 1994, 99 und 94; ÖA 1994, 191 F 84 ua; siehe auch Schwimann, Unterhaltsrecht 33), bietet § 140 ABGB keine Grundlage für die Anwendung eines bestimmten Systems der Unterhaltsbemessung. Diese Bestimmung verknüpft die Bedürfnisse des Kindes mit den Lebensverhältnissen der Eltern und deren Verpflichtung, zum Unterhalt nach Kräften beizutragen. Maßgeblich sind daher die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten einerseits und die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen andererseits.
Während der Regelbedarf auf die Bedürfnisse des Kindes abstellt, stellt die Anwendung der Prozentmethode die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle her und berücksichtigt die Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen (Schwimann aaO 26 f).
Allerdings stünde eine Bemessung des Unterhalts bloß in Höhe des Regelbedarfs (ohne Bedachtnahme auf die konkreten Lebensverhältnisse des Unterhaltsschuldner) mit dem Gesetz nicht im Einklang. Es kann aber auch die Anwendung der Prozentmethode allein - wenngleich sie für durchschnittliche Fälle eine brauchbare Handhabe darstellt, den Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen angemessen teilhaben zu lassen - nicht in allen Normalfällen den Ausgleich zwischen dem Bedarf des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Vaters herstellen. Kann doch eine starre Anwendung der Prozentsatzmethode ohne Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes die Gefahr einer Unteralimentierung trotz vorhandener Leistungsfähigkeit mit sich bringen.
Der vom Rekursgericht zugesprochene Betrag von 3.000 S liegt noch unter dem Regelbedarf gleichaltriger Kinder von 3.100 S. Er übrsteigt zwar den nach der Prozentsatzberechnung ermittelten monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.921,28 S (das sind 16 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage ohne Kinderabsetzbetrag in Höhe von
18.258 S), diese Überschreitung ist jedoch so geringfügig, daß auch angesichts des monatlichen Einkommens des Kindesvaters und seiner weiteren Sorgepflicht eine Überschreitung seiner Leistungsfähigkeit nicht zu befürchten ist. Der vom Rekursgericht zugesprochene Unterhalt berücksichtigt somit sowohl die Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten als auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen in angemessener Weise.
Der Rekurs des Vaters ist daher im Ergebnis nicht berechtigt.
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