OGH 6Ob169/64

OGH6Ob169/6424.6.1964

SZ 37/93

Normen

AußStrG §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §7
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
JN §1
AußStrG §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §7
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
JN §1

 

Spruch:

Ansprüche gegen Personen, deren Rechte hinsichtlich der Wohnung durch die Entscheidung nach den §§ 1 ff. der 6. DVzEheG. berührt werden, sind im Rechtsweg geltend zu machen.

Entscheidung vom 24. Juni 1964, 6 Ob 169/64. I. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Ehe zwischen der Klägerin und dem Viertbeklagten wurde mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS. Graz vom 15. Mai 1962 aus dem Alleinverschulden des Viertbeklagten geschieden. Am 5. November 1962 stellte die Klägerin einen Antrag nach der 6. DVzEheG., daß die Ehewohnung in dem den erst- bis drittbeklagten Parteien gehörigen Hause in G., M.-Straße 1, "weiterhin in ihrer alleinigen Hauptmiete verbleibe" und dem Viertbeklagten aufgetragen werde, die von ihm benützten Zimmer dieser Wohnung zu räumen. Da in jenem noch anhängigen Verfahren das von der Klägerin behauptete Mietrecht sowohl von den Hauseigentümern als auch von ihrem geschiedenen Ehegatten bestritten wurde, verlangte die Klägerin mit der vorliegenden Klage die Feststellung, daß sie die alleinige Mieterin der im Erdgeschoß des Hauses gelegenen, aus drei Zimmern, Küche, Badezimmer, Vorraum, Klosett und sonstigem Zubehör bestehenden Wohnung sei.

Nach teilweiser Durchführung des Verfahrens sprach das Erstgericht mit Beschluß seine Unzuständigkeit sowie die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens aus und gab die Sache an das Bezirksgericht für ZRS. Graz ab. Es stellte fest, die Klägerin habe am 12. September 1947 unter ihrem vorehelichen Namen Grete H. mit Dr. Paul St. als damaligem Hauseigentümer einen Mietvertrag als Hauptmieterin über eine aus zwei Zimmern bestehende Wohnung und am 1. Oktober 1953 einen auf die jetzt streitgegenständliche Wohnung erweiterten Mietvertrag geschlossen. Im Jahre 1947 sei der Viertbeklagete als Lebensgefährte zu ihr gezogen und nach der Eheschließung im Jahre 1949 dort verblieben.

Die vorliegende Klage betreffe somit die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung. Hiefür sei gemäß § 18 der 6. DVzEheG. der Außerstreitrichter des Bezirksgerichtes zuständig. Die Feststellung der Hauptmietrechte der Klägerin sei für die Entscheidung des Außerstreitrichters ohne Belang, daher bestehe auch kein Feststellungsinteresse der Klägerin. Es sei somit die Unzuständigkeit des Erstgerichtes sowie die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens auszusprechen und die Rechtssache an das zuständige Bezirksgericht abzugeben.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die von den Beklagten erhobene Einrede "der Unzuständigkeit des Rechtsweges" verwarf und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auftrug. Die vom Erstrichter zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene Frage des mangelnden Feststellungsinteresses der Klägerin könne auf sich beruhen, da dieser Mangel nur zur urteilsmäßigen Abweisung der Klage, nicht aber zu deren beschlußmäßiger Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges oder wegen Unzuständigkeit führen könnte. Der Erstrichter verwechsle die Begriffe "Regelung und "Feststellung". Nach § 1 der 6. DVzEheG. falle nur die Regelung nach den §§ 2, 5 und 6, allenfalls auch die Gestaltung der Rechtsverhältnisse an der früheren Ehewohnung, in die ausschließliche Kompetenz des Außerstreitrichters, nicht hingegen auch die hier begehrte, der Rechtskraft fähige Feststellung der bisherigen Rechtsbeziehungen. Ebenso wie beim Hausrat der Außerstreitrichter das Eigentum nur als Vorfrage lösen könne, eine der Rechtskraft fähige Entscheidung hierüber jedoch auf den Rechtsweg gehöre, könne das mit der Regelung oder Gestaltung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung befaßte Gericht nicht die bisher oder derzeit an der Ehewohnung bestehenden Rechtsbeziehungen feststellen. Dies sei nur im streitigen Verfahren möglich.

Die Einrede der Beklagten sei daher zu verwerfen und dazu zu bemerken, daß auch im Falle eines Abgabebeschlusses nach § 18 der 6. DVzEheG. das bisherige Verfahren nicht für nichtig zu erklären sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der erst- bis drittbeklagten Parteien nicht Folge, dem Revisionsrekurs des Viertbeklagten hingegen Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß hinsichtlich des Viertbeklagten die Rechtssache an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz abgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (SZ. XXVII 95, MietSlg. 9150 u. a.) ausgesprochen, daß durch § 18 der 6. DVzEheG. die Kompetenz des Außerstreitrichters so erweitert wurde, daß alle Ansprüche zwischen den Ehegatten hinsichtlich der Ehewohnung, aus welchem Titel immer sie geltend gemacht werden, seiner Rechtsprechung unterliegen. Daß das Begehren der geschiedenen Ehefrau gegen den geschiedenen Ehemann auf Feststellung ihres Alleinmietrechtes an der Ehewohnung, die Geltendmachung eines Anspruchs hinsichtlich dieser Wohnung bedeutet, kann nicht zweifelhaft sein.

Die Anmerkung 4 zu § 1 der VO. auf S. 607 der von Fetter und Edlbacher besorgten Ausgabe des Außerstreitgesetzes, die wörtlich den amtlichen Erläuterungen zur Verordnung (Deutsche Justiz 1944 S. 278) entnommen ist, besagt nur, daß dann, wenn eine rechtskräftige Entscheidung über das Eigentum am Hausrat allein begehrt wird, der Rechtsweg zu beschreiten ist. Insofern kann eine Stellungnahme hiezu unterbleiben. Vom Mietrecht an der Wohnung ist in dieser Anmerkung nicht die Rede. Diesbezüglich besteht jedenfalls kein Anlaß, von der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur abzugehen, zumal die Frage, wem bisher das Hauptmietrecht an der ehelichen Wohnung zustand, für die Entscheidung über die Wohnung nach der 6. DVzEheG. von geringerer Bedeutung, ja überhaupt nicht unbedingt erforderlich ist.

Hingegen sind Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung gegen andere Personen als den geschiedenen Ehegatten im Rechtsweg geltend zu machen. Das ergibt sich daraus, daß der Außerstreitrichter zwar rechtsgestaltend bestehende Bestandverhältnisse dahin regeln kann, daß ein Ehegatte an Stelle des anderen in ein von diesem eingegangenes Mietverhältnis eintritt (§ 5 der 6. DV.), daß er aber nicht ein Bestandverhältnis feststellen kann, das von dem angeblichen Bestandnehmer bestritten wird. Die Frage, ob ein solches Bestandverhältnis überhaupt besteht, kann nur im Wege einer Feststellungsklage gegen den Bestandgeber ausgetragen werden. Der Umstand, daß in dem vorliegenden Prozeß die Hauseigentümer (Bekl. 1 - 3) zunächst nur das Bestehen eines Bestandverhältnisses mit der Klägerin, nicht aber mit dem Viertbeklagten bestritten haben, während sie später erklärten, es sei ihnen gleichgültig, wer Mieter sei, könnte nur allenfalls zu der Abweisung der Klage gegen die Beklagten 1 bis 3 wegen Mangel eines rechtlichen Interesses, niemals aber zur Abgabe des Feststellungsprozesses gegen die Hauseigentümer, zu dessen Entscheidung allein der Streitrichter zuständig ist, an den Außerstreitrichter führen. Zwar spricht § 18 der V. davon, daß dann, wenn ein Beteiligter Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung in einem Rechtsstreit geltend macht, die Sache an den zuständigen Außerstreitrichter abzugeben ist. Daß daraus aber nicht zu folgen ist, daß gegen Beteiligte im Sinne des § 7 der Verordnung der Rechtsweg zur Geltendmachung von Ansprüchen an der Wohnung verschlossen sei, ergibt sich schon daraus, daß sonst über Kündigungen seitens der geschiedenen Gatten gegenüber dem Hauseigentümer im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden wäre. Die Bestimmung des § 7 der V. bedeutet nur, daß Personen, deren Rechte hinsichtlich der Wohnung durch die Entscheidung nach den §§ 1 ff. berührt werden, dem Verfahren beizuziehen sind und daß sie berechtigt sind, Anträge zu stellen und Rechtsmittel zu ergreifen. Ansprüche gegen sie sind aber im Rechtswege geltend zu machen (EvBl. 1949 Nr. 480 S. 426).

Es war daher wohl dem Revisionsrekurs des Viertbeklagten, nicht aber dem der übrigen Beklagten Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

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