OGH 6Ob166/72

OGH6Ob166/7212.10.1972

SZ 45/108

Normen

ABGB §1238
ABGB §1238

 

Spruch:

In den Rahmen der iS des § 1238 ABGB vermuteten Vertretungsmacht gehören Maßnahmen zur Erhaltung und Vermehrung des Vermögens der Frau und zu dessen Bewahrung vor Nachteilen, aber nicht Substanzänderungen (hier: Errichtung einer Werkshalle durch den Mann auf der gemeinsamen Liegenschaft)

OGH 12. 10. 1972, 6 Ob 166/72 (LGZ Graz 1 R 115/72; BGZ Graz 2 C 609/71)

Text

Der Kläger beantragte Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des für von ihm an einer Werkshalle geleistete Arbeiten angesprochenen Betrages von S 14.875.- sA und behauptete, sie hafte als Bestellerin mit ihrem Gatten, darüber hinaus auch deshalb, weil sie zur Hälfte Eigentümerin der Liegenschaft und durch die Bauführung bereichert sei; hilfsweise erklärte er noch, den Anspruch auf jeden nur möglichen Rechtsgrund zu stützen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte und ihr Gatte Josef Erich K sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes 375/2 der EZ 1289 KG G. Dieses Grundstück wurde im Tauschwege erworben, um darauf eine Werkshalle für den Schlosserbetrieb des Gatten der Beklagten zu errichten. Die Beklagte unterfertigte als Miteigentümerin sowohl das Bauansuchen als auch die Baupläne für den Hallenneubau. Darüber hinaus entwickelte sie für den Betrieb ihres Gatten aber keinerlei Tätigkeit und nahm keinen Einfluß auf die Ausführung des Hallenbaues. So erteilte ihr Gatte allein die Aufträge, darunter auch an den Kläger zur Eterniteindeckung der Halle. Die Beklagte wußte von der Errichtung der Halle, nicht aber, wann und an wen die bezüglichen Aufträge erteilt wurden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, mangels Nachweises der vom Kläger behaupteten Erteilung des Auftrages durch die Beklagte sei die Forderung nicht berechtigt. Dem Kläger stehe wegen seines Vertragsverhältnisses zum Gatten der Beklagten kein Verwendungsanspruch, auch kein Bereicherungsanspruch zu, es komme keiner der von ihm geltend gemachten nur erdenklichen Rechtsgrunde in Frage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Die Bestellung der Dacheindeckung, die die zur Hälfte im Eigentum der Beklagten stehende Halle betreffe, durch den Gatten der Beklagten sei ein Akt der Verwaltung des Frauengutes gemäß § 1238 ABGB. Da ein Widerspruch der Beklagten gegen die Verwaltung nicht hervorgekommen und diese Maßnahme wirtschaftlich zweckmäßig gewesen sei, sei auch sie zahlungspflichtig. Es bedürfe daher der Prüfung der Forderung. Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 226 ZPO muß die Klage die Tatsachen, auf die der Kläger seinen Anspruch grundet, die sogenannten rechtserzeugenden Tatsachen, enthalten (Pollak, System 379, Sperl, Lehrbuch 306, Fasching III 36). Der Kläger kam dieser Verpflichtung insofern nach, als er den Abschluß eines Vertrages ebenso wie mit dem Gatten der Beklagten auch mit dieser sowie weiter behauptete, daß ihr als Miteigentümerin der Liegenschaft die von ihm geleisteten Arbeiten ebenfalls zugute gekommen seien, so daß sie für den Aufwand hafte. Selbst wenn in den ergänzenden Ausführungen des Klägers im Zuge des Verfahrens, daß die Beklagte diese Arbeiten durch den Kläger ausführen ließ, im Zusammenhalte mit dessen Erklärung, den Anspruch auf jeden nur möglichen Rechtsgrund zu stützen, die Geltendmachung des vom Berufungsgericht herangezogenen § 1238 ABGB erblickt werden sollte, wäre daraus im Ergebnis für den Kläger noch nichts zu gewinnen. In den Rahmen dieser vermuteten Vertretungsmacht gehören Maßnahmen zur Erhaltung und Vermehrung des Vermögens der Frau und zu dessen Bewahrung vor Nachteilen. Sie umfaßt nach außen nur Vertretungen, die in den normalen Wirkungskreis einer dieses Vermögen besorgenden Verwaltung fallen (Weiß in Klang[2] V 834, EvBl 1957/201), was die Erhaltung und Verwaltung des Frauenvermögens erfordert und gewöhnlich damit verbunden ist (SZ 25/274, EvBl 1957/258). Dazu gehören aber nicht Substanzänderungen (SZ 17/8) und insbesondere nicht Bauarbeiten, um die es sich hier handelt (Weiß aaO 835 unten). Eine Einschränkung in dieser Richtung ließ die Rechtsprechung nur zu, soweit es sich um die Behebung eines baukonsenswidrigen Zustandes handelte (EFSlg 10.129). Darum handelte es sich hier aber nicht. Dieser vom Berufungsgericht bezogenen Entscheidung lag damit ein ganz anders gearteter Sachverhalt zugrunde. Aus ihr ist für das gegenständliche Verfahren nichts zu gewinnen.

Unter diesem Gesichtspunkte bedarf es daher der vom Berufungsgericht vermißten Erörterungen nicht. Es wird vielmehr über die Berufung infolge Spruchreife des Verfahrens iS der Abweisung des Klagebegehrens neuerlich zu erkennen haben.

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