Normen
KO §21
KO §21
Spruch:
Der Rücktritt nach § 21 KO. kann auch konkludent erfolgen. Ein Anspruch der Masse auf Ersatz von Aufwendungen gebührt nur, wenn diese nach den individuellen Verhältnissen des Vertragsgegners diesem zum Vorteil gereichen.
Entscheidung vom 11. September 1963, 6 Ob 140/63.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Der seinerzeitige Betonwarenerzeuger Karl Z. wollte im Jahre 1951 auf einem im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstück in G. eine Betriebsstätte errichten, weshalb er mit dem Beklagten vereinbarte, daß ihm dieser eine 400 m2 große Fläche überlasse, wobei als Kaufpreis jener Betrag pro Quadratmeter bezahlt werden sollte, um welchen die Gemeinde G. Grundstücke an Bauwerber verkaufe. Der Kaufpreis sollte Karl Z. nach Aufnahme der Tätigkeit in der zu erbauenden Betriebsstätte bezahlt werden.
Karl Z. begann nun auf einer Fläche von 72 m2 mit dem Aushub des Gründes und dem Betonieren des Kellers, wobei das Bauwerk nicht weiter als bis zur Herstellung der Fundamente und der Kelleraußenmauern in Beton bis zur Unterkante der Kellerdecke, Versetzen von vier Fensterstöcken und einem Türstock und Herstellung der Mittelmauer einschließlich Rauchfang gedieh (ungeklärt blieb, ob die Mittelmauer einschließlich Rauchfang bis zu einer Höhe von durchschnittlich 1.90 m hergestellt wurde oder ob sie von 1.90 m Höhe bis zum Rauchfang bis auf eine Höhe von 50 cm schräg verlief).
Über das Vermögen des Karl Z. wurde am 9. Juli 1953 der Konkurs eröffnet, wobei die genannte Bauführung des Karl Z. nicht in das Vermögensverzeichnis aufgenommen wurde, weil sie für die Konkursmasse wertlos war. Es wären nämlich die Kosten der Abtragung dieses Bauwerkes höher gewesen als der zu erwartende Erlös aus dem Verkauf der Ziegel, weshalb es dem Masseverwalter erwünscht war, daß der Beklagte die Abtragung des Bauwerkes von ihm nicht begehrte. Letzterer wandte sich allerdings während des Konkurses an Z. persönlich und verlangte von diesem die Abtragung des Bauwerkes.
Am 17. Juni 1955 wurde der Konkurs nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO. aufgehoben.
Im Jahre 1957 hat der Beklagte auf dem genannten Bauwerk einen Neubau aufgeführt.
Auf Grund des Rückstandsausweises der Klägerin vom 19. November 1958 über Krankenkassenbeitragsrückstände des Karl Z. einschließlich Verwaltungskosten, zusammen in der Höhe von 14.675 S 95 g, wurde dieser zugunsten der genannten Forderung mit Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes F. vom 28. November 1958 die Exekution durch Pfändung der dem Karl Z. gegen den Beklagten zustehenden Forderung aus der "Übernahme und Verwertung der Werkstätte des Karl Z." bewilligt. Der Beklagte hat trotz Aufforderung gemäß § 301 EO. fristgerecht eine Drittschuldneräußerung nicht abgegeben, worauf mit Beschluß vom 17. Dezember 1958 die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung bewilligt wurde.
Das Erstgericht hat die von der Klägerin als Überweisungsgläubigerin gegen den Beklagten als Drittschuldner eingebrachte Klage auf Bezahlung des Betrages von 14.685 S 95 g s. A. abgewiesen. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte ihn rechtlich dahin, daß das von Karl Z. begonnene Bauwerk trotz seiner Wertlosigkeit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung zur Soll-Masse gehört habe und daß es durch die später erfolgte Bauführung seitens des Beklagten eine Werterhöhung erfahren habe. Es sei nämlich dieser zur Konkursmasse gehörende Vermögensteil, welcher bisher als unverwertbar angesehen worden sei, nunmehr verwertbar geworden. Es könne aber diesbezüglich die Klägerin den Beklagten nicht in Anspruch nehmen, weil hinsichtlich dieses neu hervorgekommenen Vermögens nach den Bestimmungen des § 138 KO. vorzugehen sei. Es sei auf seiten der Klägerin die Aktivlegitimation zur Geltendmachung dieses Anspruches nicht gegeben, und es liege auch die Passivlegitimation auf seiten des Beklagten nicht vor.
Infolge der von der Klägerin erhobenen Berufung wurde das angefochtene Urteil mit Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache zur fortgesetzten Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes handelt es sich bei dem Bauwerk des Karl Z. um keine Sache, die nach § 119 (5) KO. aus dem Konkursvermögen ausgeschieden und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überlassen worden sei, weil im Konkurs Z., in welchem ein Gläubigerausschuß nicht bestanden habe, ein diesbezüglicher Beschluß des Konkurskommissärs nicht ergangen sei. Es handle sich aber auch nicht um ein erst nach der Schlußverteilung zum Vorschein gekommenes Konkursvermögen, bezüglich dessen nach der Vorschrift des § 138 KO. vorzugehen sei, weil von der Klägerin nur die dem Karl Z. gegen den Beklagten zustehende Forderung aus der "Übernahme und der Verwertung der Werkstätte des Karl Z." gepfändet worden sei, es sich sohin um eine Forderung handle, die erst mit der vom Beklagten im Jahre 1957, also rund zwei Jahre nach der Konkursaufhebung, vorgenommenen Benützung des Bauwerkes des Karl Z. entstanden sein konnte. Es finde auf diese erst nach der Konkursaufhebung entstandene Forderung des Z. gegen den Beklagten die Bestimmung des § 138 KO. keine Anwendung, denn diese beziehe sich nur auf die Fälle, in welchen nach der Schlußverteilung ein Konkursvermögen zum Vorschein komme, das vorher schon vorhanden gewesen sei.
Was nun den Anspruch anlange, welchen die Klägerin als Überweisungsgläubigerin gegen den Beklagten auf Grund der Verwendung des vorhandenen Fundamentes und Kellergeschosses für seine weitere Bauführung im Jahre 1957 geltend machen könne, so sei davon auszugehen, daß es sich hiebei entweder um einen Anspruch nach § 1041 ABGB. oder nach § 1431 ABGB. handle, je nachdem davon ausgegangen werde, daß der Beklagte Fundament und Mauerwerk unter Benachteiligung des Karl Z. zu seinem Nutzen verwendet habe, oder davon, daß der Beklagte bei der Verwendung des Fundamentes und des Mauerwerkes infolge eines Irrtums angenommen habe, es habe Z. auf eine Ablöse hiefür gültig verzichten können, und auch Z. hierüber im Irrtum gewesen sei. In beiden Fällen werde aber das gleiche Ergebnis erzielt. Im ersteren Falle sei der Wert maßgebend, welchen die Sache zur Zeit ihrer Verwendung gehabt habe, und im letzteren Fall könne ein dem verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden. Es müsse aber dem "Nutzen eines anderen" der Nachteil des "Eigentümers" gegenüberstehen, was bedeute, daß für den Wert, den der Eigentümer für die Verwendung seiner Sache verlangen könne, nur das Ausmaß seines Nachteiles maßgebend sei. Soweit aber gemäß § 1431 ABGB. der angemessene Lohn für den durch die Leistung der Sache verschafften Nutzen begehrt werde, so könne für diesen wiederum nur der vorerwähnte Nachteil maßgebend sein. Es komme daher darauf an, ob das im Jahre 1957 vorhandene Fundament und Mauerwerk für Karl Z. einen Wert gehabt habe, ob er es hätte verkaufen können oder ob er im Falle des Abtragens und der Wiederherstellung des früheren Zustandes einen Gewinn gehabt hätte. Es könne nur insoweit, als sich in dieser Richtung im Jahre 1957 ein Gewinn für Karl Z. ergeben hätte, von einer Forderung aus dem Titel der Verwendung oder der Bereicherung gegen den Beklagten gesprochen werden, welcher auf die Klägerin als Überweisungsgläubigerin übergegangen sei. Da aber Feststellungen in der aufgezeigten Richtung fehlen, so sei in Stattgebung der Berufung der Klägerin das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an die erste Instanz zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen gewesen.
Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Streitteilen erhobenen Rekursen Folge und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, daß zwischen dem Beklagten und Z. im Jahre 1951 eine Vereinbarung abgeschlossen wurde, wonach ersterer von einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück eine Fläche von 400 m2 dem letzteren zwecks Errichtung einer Betriebsstätte überlassen hat, wobei als Kaufpreis jener Betrag pro Quadratmeter bezahlt werden sollte, um welchen die Gemeinde G. Grundstücke an Bauwerber verkauft; der Kaufpreis sollte von Z. nach Aufnahme der Tätigkeit in der zu erbauenden Betriebsstätte bezahlt werden. Diese Vereinbarung, in welcher die Sache, der hiefür zu bezahlende Preis (durch Anführung eines Vergleichspreises) und dessen Fälligkeit bestimmt wurden, wies alle wesentlichen Merkmale eines Kaufvertrages auf und berechtigte Z. zur Bauführung auf dem genannten Grundstücksteil. Ein Bereicherungsanspruch des Z. nach § 1431 ABGB. kommt daher nicht in Frage, denn Z. hat das Bauwerk nicht infolge eines ihm unterlaufenden Irrtums, sondern mit Rücksicht auf den genannten Vertrag zu bauen begonnen.
Im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen Z.s (9. Juli 1953) hat der Beklagte zwar die 400 m2 große Fläche des Grundstückes bereits an Z. übergeben, denn Z. hat ja darauf bereits einen Teil des von ihm geplanten Gebäudes errichtet gehabt, jedoch war der Kaufvertrag, insbesondere die Übereignung des verkauften Liegenschaftsteiles und die Zahlung des Kaufpreises noch nicht durchgeführt. Es hatte daher der Masseverwalter gemäß § 21 KO. die Wahl, entweder vom Vertrage zurückzutreten oder auf Erfüllung des Vertrages zu bestehen und die Übereignung des 400 m2 großen Liegenschaftsteiles gegen Bezahlung des Kaufpreises zu verlangen. Dies hat der Masseverwalter nicht getan. Es wurde vielmehr weder das Grundstück noch der Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem Grundstück in das Vermögensverzeichnis eingetragen, das Grundstück ging wieder in den Besitz des Beklagten über, ihm wurde die auf dem Grundstück stehende Hütte verkauft. Es hat auch in der Folgezeit weder der Beklagte noch der Konkursmasseverwalter Erfüllung des Vertrages begehrt. Darin ist ein Rücktritt des Masseverwalters von dem Vertrag zu erblicken. Zum Rücktritt vom Vertrag war er nach § 21 KO. berechtigt; der Rücktritt konnte auch konkludent erfolgen (Bartsch - Pollak[3] I Anm. 30 zu § 21 KO.). Allerdings bedurfte der Rücktritt zu seiner Wirksamkeit nach § 116 Z. 4 KO. in der damals vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 18. November 1959, BGBl. Nr. 253/1959, geltenden Fassung der Zustimmung des Gläubigerausschusses, in diesem Fall, da ein Gläubigerausschuß nicht bestellt war, des Konkurskommissärs, sofern der Wert des Grundstückes 20.000 S überstieg. Ob diese Voraussetzung gegeben war, ist aber nicht zu untersuchen. Wäre der Vertrag noch rechtswirksam, wäre dem Klagebegehren jedenfalls der Boden entzogen, weil dann nur auf Erfüllung geklagt werden könnte. Es sind aber beide Parteien in ihrem Prozeßvorbringen davon ausgegangen, daß eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Frage kommt, sondern es sich vielmehr nur mehr darum handeln kann, ob Z. ein Ersatz von Aufwendungen gebührt; es ist daher als unbestritten anzusehen, daß infolge Rücktritts vom Vertrage dieser nicht mehr rechtswirksam ist.
Die Rechtsfolgen des Rücktrittes vom Vertrage sind im § 21 KO. nicht geregelt. Es ist lediglich bestimmt, daß im Falle des Rücktrittes des Masseverwalters der andere Teil den Ersatz des ihm verursachten Schadens als Konkursgläubiger verlangen kann. Hingegen wird im Gesetze nicht bestimmt, ob und welche Ansprüche die Masse gegen den anderen Teil aus dem Titel der vom Gemeinschuldner auf die gekaufte Sache gemachten Aufwendungen erheben kann. Keinesfalls kann die Masse hier besser gestellt werden als der redliche Besitzer. Der gemachte Aufwand ist also nur dann zu ersetzen, wenn er werterhaltend (notwendiger Aufwand) oder werterhöhend (nützlicher Aufwand) ist (Ehrenzweig, Sachenrecht[2] S. 294). Dabei muß aber beim Ersatz des nützlichen Aufwandes die Einschränkung gemacht werden, daß entgegen der Regel der §§ 331, 332 ABGB., wonach bei Beurteilung der Nützlichkeit des Aufwandes es nur auf die Erhöhung des gemeinen Wertes und nicht auf die Bedeutung des Aufwandes für den Eigentümer ankommt, hier ein Aufwandersatz nur dann gebührt, wenn nach den individuellen Verhältnissen des Vertragsgegners der Aufwand ihm zum Vorteil gereichte. Das folgt daraus, daß infolge der Vertragsauflösung der frühere Zustand wiederherzustellen ist und daher dem Vertragsgegner nicht zugemutet werden kann, die verkaufte Sache, belastet mit Aufwendungen, die für ihn gar keinen Wert haben, zurückzunehmen. Dies entspricht auch den bei allgemeinen Verwendungsansprüchen zu beobachtenden Grundsätzen (Swoboda in Klang[1] II/2 S. 916).
Aus diesem Gründe hätte die Geltendmachung eines Anspruches auf Aufwandersatz durch den Masseverwalter daran scheitern müssen, daß der Bau des Kellergeschosses für den Beklagten gar keinen Wert hatte, weil ja damals noch keine Rede davon war, daß der Beklagte die Absicht hatte, dieses Kellergeschoß für die Errichtung eines Neubaues zu verwerten; er hat im Gegenteil von Z. die Entfernung des Baues verlangt. Der Masseverwalter wäre nur berechtigt gewesen, das errichtete Bauwerk wieder abzutragen. Auf diese Abtragung aber hat der Masseverwalter, wie aus den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes ganz klar hervorgeht, konkludent verzichtet, indem er zwar die auf dem Gründe errichtete Holzhütte im Konkurse durch Verkauf an den Beklagten verwertete, aber anläßlich der Übernahme des Grundstückes durch den Beklagten hinsichtlich des errichteten Kellerbaues keinerlei Ansprüche stellte, sondern zufrieden war, daß der Beklagte nicht die Abtragung des Mauerwerkes begehrte, und das Bauwerk auch nicht in das Vermögensverzeichnis aufnahm, weil es für die Konkursmasse vollkommen wertlos war. Dieser Verzicht des Masseverwalters ist gültig. Zwar konnte der Masseverwalter, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, ohne Zustimmung des Konkurskommissärs dem Gemeinschuldner nicht Forderungen und Sachen zur freien Verfügung überlassen (§ 119 (5) KO.), was aber auch gar nicht geschehen ist. Aber er konnte ohne Genehmigung des Konkurskommissärs auf einen Anspruch hinsichtlich des Bauwerkes gegenüber dem Schuldner verzichten, weil ein solcher Verzicht gemäß § 116 Z. 2 KO. nur dann genehmigungspflichtig ist, wenn der Wert 20.000 S (jetzt 200.000 S) übersteigt und nach der unbekämpften Feststellung des Erstgerichtes das Bauwerk für die Konkursmasse völlig wertlos war. Damit wurde das Mauerwerk endgültig Eigentum des Gründeigentümers, des Beklagten, und es besteht weder ein Anspruch des Z. auf Abtragung des Mauerwerkes noch ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen hiefür. Der Umstand, daß nun nach Ablauf von mehreren Jahren der Beklagte das Bauwerk doch noch nutzbringend verwendet hat, ändert daran nichts. Es ist verfehlt, davon zu sprechen, daß durch diese Verwendung des Kellergeschosses durch den Beklagten ein Verwendungsanspruch des Z. nach § 1041 ABGB. entstanden sei. In Wahrheit erfolgte nicht eine Verwendung eines dem Z. gehörigen Bauwerkes durch den Beklagten, sondern Z. selbst hat Aufwendungen auf dem Grund des Beklagten vorgenommen. Das dadurch errichtete Bauwerk war infolge Verzichtes des Masseverwalters endgültig in das Eigentum des Beklagten übergegangen. Durch seine nunmehrige Verwendung für einen Hausbau hat daher der Beklagte nicht eine fremde, sondern eine eigene Sache zu seinem Nutzen verwendet, und es fehlt an einer Rechtsgrundlage für den von der Klägerin aus dem Titel dieser Verwendung erhobenen Ersatzanspruch.
Da somit die Sache zur Bestätigung des Ersturteils, wenn auch nicht aus dessen Gründen, spruchreif ist, war den Rekursen Folge zu geben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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