OGH 6Ob137/97h

OGH6Ob137/97h24.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria G*****, vertreten durch Dr.Max Urbanek, Rechtsanwalt in St.Pölten, als Sachwalter, wider die beklagte Partei Gerhard G*****, vertreten durch Dr.Hans Kaska und Dr.Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in St.Pölten, wegen Unterhaltes, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Berufungsgerichtes vom 13.Dezember 1996, GZ 10 R 393/96p-60, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 14.August 1996, GZ 1 C 1108/92x-54, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird hinsichtlich der bekämpften, vom Berufungsgericht überbundenen Rechtsansichten Folge gegeben, wobei es bei der Aufhebung des Ersturteiles zu verbleiben hat.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt an rückständigem Unterhalt vom 1.12.1990 bis Dezember 1994 340.000 S samt 4 % Zinsen sowie ab 1.1.1995 monatliche Unterhaltsbeträge von 8.000 S. Den Unterhaltsrückstand gliederte sie dahin auf, daß sie bis 31.1.1993 monatlich 6.000 S und anschließend bis 31.12.1994 monatlich 8.000 S begehrte. Sie sei mit dem Beklagten verheiratet. Aufgrund einer entwürdigenden Behandlung durch ihn und seine Mutter und beginnende Mißhandlungen durch den Beklagten sei es bei ihr zu einer Alkoholsucht gekommen, die von den genannten Personen zu verantworten sei. Diese hätten sie 1989 aus der gemeinsamen Wohnung hinausgeworfen; sie habe dann jahrelang in einer kleinen Abstellkammer, die nur teilweise verputzt und kaum zu heizen gewesen sei, hausen müssen. Eine Waschmöglichkeit habe sie nicht gehabt, außerdem habe man ihr nur mehr Reste zum Essen gegeben, sie sei abgemagert und habe ihre gesamten Haare verloren. Immer wieder sei es zu Mißhandlungen gekommen, weshalb auch die Gendarmerie mehrfach interveniert habe. Im Zuge einer solchen Intervention habe die Klägerin am 10.8.1992 den gemeinsamen Haushalt verlassen und sei ins Haus der Frau gezogen. Seither habe sie keine Alkoholprobleme mehr. Da der Beklagte weder vor ihrem Auszug noch danach Unterhalt geleistet habe, sei die Klägerin gezwungen gewesen, sich nach dem Verlassen des Hauses der Frau eine Arbeit zu suchen, um nicht zu verhungern. Seit 1.2.1993 bekomme sie 10.802 S netto monatlich als Hausbesorgerin der Diözese St.Pölten. Dieses Einkommen sei bei der Unterhaltsbemessung nicht anzurechnen, weil die Aufnahme dieser Berufstätigkeit durch die Unterhaltsverletzung des Beklagten erzwungen worden sei. Tatsächlich habe die Klägerin bis 1991 den Haushalt geführt und in der Landwirtschaft mitgearbeitet; sie sei wie eine nicht berufstätige Frau zu behandeln. Der Beklagte beziehe aus der Landwirtschaft mit Viehzucht und Weingärten ein Einkommen von 877.000 S jährlich. Darüber hinaus habe er, ohne Schulden zu machen, für Grundkäufe 1,5 Mio S und für Maschinenausstattung 3 Mio S aufwenden können. Er habe auch Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Der Beklagte wandte ein, die Klägerin habe ihn am 10.8.1992 grundlos verlassen. Ihr Unterhaltsanspruch sei daher verwirkt. Aufgrund ihres Alkoholkonsums habe sie die Landwirtschaft und die Familie vernachlässigt, die Mutter des Beklagten habe einspringen müssen. Richtig sei, daß der Beklagte seit August 1992 keine Unterhaltszahlungen geleistet habe, vorher sei die Klägerin im gemeinsamen Haushalt ausreichend in natura und durch entsprechende Geldmittel versorgt worden. Sie könne nicht wie eine Hausfrau behandelt werden, weil die Gatten vereinbart hätten, den landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam zu führen und aktiv mitzuwirken. Die Klägerin sei daher verpflichtet gewesen, ihren Beitrag zum Familieneinkommen zu leisten, aus eigener Erwerbstätigkeit erfließendes Einkommen sei jedenfalls anzurechnen. Das Jahreseinkommen des Beklagten belaufe sich höchstens auf 200.000 S und habe seit dem Beitritt Österreichs zur EU sinkende Tendenz.

Das Erstgericht hat der Klägerin für die Zeit vom 1.8.1992 bis 31.1.1993 die begehrten monatlichen Unterhaltsbeiträge von 6.000 S, insgesamt somit 36.000 S samt 4 % Zinsen seit 1.2.1993 zugesprochen, hingegen das Mehrbegehren an Unterhaltsrückstand von 306.000 S (richtig 304.000 S) samt 4 % Zinsen ebenso abgewiesen wie das Begehren auf laufenden Unterhalt von monatlich 8.000 S ab 1.1.1995.

Zur Versorgung der Klägerin und den Gründen ihres Auszuges stellte das Erstgericht lediglich fest, die Ehe sei nicht besonders gut verlaufen, es habe oft Streitigkeiten mit der Mutter des Mannes gegeben. Ab 1989 hätten massive Eheprobleme begonnen. Diese seien so ausgeartet, daß die Klägerin nicht mehr im Haus habe wohnen dürfen, sondern außerhalb in einer Abstellkammer, wo sie dem Alkohol zugesprochen habe. Dort sei die Klägerin, soweit notwendig, mit Essen versorgt worden und habe ein Dach über dem Kopf gehabt. Da es wegen des Alkoholmißbrauches mehrmals zu Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten gekommen sei, sei die Klägerin am 10.8.1992 aus dem Haus ausgezogen und bewohne nun eine eigene Wohnung in St.Pölten; dort sei sie seit 1.2.1993 als Hausmeisterin tätig. Ihr monatliches Nettoeinkommen habe im Jahr 1993 10.802,89 S betragen, dazu habe sie eine eigene Wohnung kostenlos zur Verfügung, im Jahr 1996 habe sie netto 11.238,33 S verdient.

Der Beklagte habe im Jahr 1991/92 29.500 S, 1992/93 26.500 S, 1993/94 24.000 S und 1994/95 23.000 S monatlich netto verdient.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Klägerin bis 1.8.1992 mit dem Beklagten im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und dort ausreichend versorgt worden sei, weshalb ihr für diesen Zeitraum kein Geldunterhaltsanspruch zustehe. Ab 1.8.1992 habe die Klägerin ausgehend von einem durchschnittlichen Einkommen des Beklagten von 29.500 S monatlich und einer weiteren Sorgepflicht Anspruch auf den begehrten Unterhaltsbeitrag von 6.000 S monatlich. Seit 1.2.1993 habe sie eigenes Einkommen, weshalb ihr Unterhaltsanspruch mit 40 % des Familieneinkommens auszumessen sei. Unter Berücksichtigung der kostenlosen Wohnmöglichkeit und des Einkommens der Klägerin stehe ihr kein Geldunterhaltanspruch mehr zu. Die Ankäufe von Grundstücken durch den Beklagten hätten dem Ausbau der Landwirtschaft gedient und seien eine "Betriebsanlage", die im Rahmen der Unterhaltsbemessung nicht zu berücksichtigen sei. Zur eingewendeten Unterhaltsverwirkung fehlen jegliche Ausführungen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge. Es hob das Ersturteil, das in seinem stattgebenden Teil mangels Anfechtung durch den Beklagten in Rechtskraft erwachsen ist, in seinem abweislichen Teil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Die Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens seien berechtigt. Der landwirtschaftliche Sachverständige habe das landwirtschaftliche Betriebseinkommen lediglich aus dem Vergleich mit freiwillig buchführenden landwirtschaftlichen Betrieben und anhand einer Modellkalkulation des Betriebes geschätzt, ohne auf die konkrete Einkommenssituation des Beklagten einzugehen. Die zum Gutachten gestellten vielfältigen Anträge der Klägerin habe das Erstgericht zur Gänze unberücksichtigt gelassen. Auch die Beweisanträge der Klägerin zum Nachweis eines höheren konkreten Einkommens des Beklagten habe das Erstgericht zur Gänze negiert. Deren Nichterledigung stelle einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der eine erschöpfende Erörterung und Beurteilung der Streitsache verhindere. Das Rekursgericht erteilte zur Mängelbehebung hinsichtlich des Einkommens des Beklagten umfangreiche konkrete Verfahrensergänzungsaufträge.

Zur Beurteilung des Unterhaltsanspruches der Klägerin fehle es auch an jeglicher Feststellung, ob und wie lange die Klägerin den gemeinsamen Haushalt eigenverantwortlich geführt und aus welchen Gründen sie die Haushaltsführung (nach ihren eigenen Angaben) im Jahre 1991 aufgegeben habe. Sollte sich herausstellen, daß das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf der Haushaltsführung gelegen sei, eine lediglich geringfügige Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb könnte außer Betracht bleiben, würde sich der Unterhaltsanspruch nach den Regeln für eine "Hausfrauenehe" bemessen, also etwa im Bereich von einem Drittel des Nettoeinkommens des Beklagten abzüglich 4 %-Punkten für konkurrierende weitere Sorgepflichten. Eine Anspannung der Klägerin auf eine zumutbare Erwerbstätigkeit nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft komme in diesem Fall im Sinne des § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB nicht in Betracht. Für diesen Fall gelte auch, daß eigenes Einkommen des berechtigten haushaltsführenden Ehegatten, das dieser ausschließlich aufgrund der durch die Unterhaltsverletzung des anderen entstandenen Notlage erwerbe, bei der Bemessung außer Betracht zu bleiben habe. Dieselben Grundsätze müßten angewendet werden, sollte sich im fortgesetzten Verfahren herausstellen, daß, trotz zunächst einvernehmlicher Gestaltung der Ehe als "Hausfrauenehe" der Beklagte hievon in der Folge einseitig abgegangen wäre, grundsätzlich aber auch dann, wenn sich ergeben sollte, daß die Klägerin vor Aufhebung der Lebensgemeinschaft nicht mehr in der Lage gewesen sein sollte, ihren Beitrag durch Haushaltsführung wegen psychischer, physischer oder anderer Gründe zu leisten, also trotz aller Bemühungen weder Einkommen zu erzielen, noch den Haushalt zu führen vermochte.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren im Sinne des Vorbringens des Beklagten aber herausstellen, daß die Streitteile ihre Lebensgemeinschaft einvernehmlich im Sinne einer gemeinschaftlichen Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Betriebes durch aktive Mitarbeit beider gestaltet hätten und eine allfällige Haushaltsführung durch die Klägerin nur von untergeordneter Bedeutung gewesen wäre, müßte zur Beurteilung ihres Unterhaltsanspruches auf die Rechtsprechungsgrundsätze zum Anspruch des schlechter verdienenden Ehegatten nach § 94 Abs 2 Satz 3 ABGB zurückgegriffen werden. Der voll berufstätige Ehegatte habe nämlich, selbst wenn er neben seiner beruflichen Tätigkeit noch den Haushalt führe oder geführt habe, keinen Unterhaltsanspruch nach Abs 2 Satz 1 und 2 leg cit, er bleibe auf den in Abs 2 Satz 3 normierten Unterhaltsanspruch verwiesen. Der Unterhaltsanspruch des schlechter verdienenden Ehegatten wäre in diesem Fall mit 40 % des Familieneinkommens abzüglich des eigenen Einkommens zu bemessen, wie dies das Erstgericht auch ab dem Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme durch die Klägerin getan habe. In einem solchen Fall sei die Ehefrau im Sinne der Anspannungstheorie nach ihren Kräften und nach der bisherigen Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten auch verpflichtet, einen Beitrag zur Deckung der angemessenen Bedürfnisse durch eigenen Erwerb zu leisten. Für die Beurteilung der Frage, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin ein solcher aus einer Hausfrauenehe oder einer schlechter verdienenden Ehefrau sei, komme es nicht darauf an, ob sie bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ihre volle Mitarbeit in der Landwirtschaft entsprechend abgegolten bekommen habe. Hätten die Ehegatten einvernehmlich ihre Lebensgemeinschaft dahin gestaltet, daß die Frau voll berufstätig sein solle, dann gelte dies grundsätzlich auch nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Für die Unterhaltsbemessung bis zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft sei die Frage, ob die allfällige Mitarbeit der Klägerin in der Landwirtschaft entsprechend abgegolten worden sei, aber durchaus von Bedeutung. Als ebenfalls berufstätige Ehefrau hätte sie grundsätzlich Anspruch auf 40 % (abzüglich weiterer Sorgepflichten) des gesamten Familieneinkommens vermindert um ihre eigenen Einkünfte. Sollte die Klägerin tatsächlich keinerlei Einkommen aus der Landwirtschaft bezogen haben, werde ihr Anspruch bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit grundsätzlich 40 % ohne Abzüge für eigenes Einkommen zu bemessen sein. Es sei auch noch der Umfang weiterer Sorgepflichten und deren allfälliger Wegfall wegen Selbsterhaltungsfähigkeit der gemeinsamen Tochter festzustellen.

Die Feststellungen reichten auch nicht zu der Beurteilung aus, ob die Klägerin in der Zeit vom 1.12.1990 bis 31.7.1992 ausreichend Naturalunterhalt erhalten und damit keinen Geldunterhaltsanspruch habe. Hiezu seien die Behauptungen der Parteien widerstreitend. Ein Beweisverfahren über die Lebensbedingungen der Klägerin am Hof und die Ursachen ihres Alkoholmißbrauches bis zur Übersiedlung ins Haus der Frau sei überhaupt unterblieben. Die hiezu getroffenen Feststellungen könnten sich nicht einmal auf die Einvernahme der Parteien stützen, die zu diesem Thema gar nicht durchgeführt worden sei.

Obwohl die Feststellungen des Erstgerichtes auch nicht ausreichten, den vom Beklagten erhobenen Einwand der Unterhaltsverwirkung durch die Klägerin zu beurteilen, sei dieser Einwand als abschließend geklärt anzusehen. Das Erstgericht habe nämlich - vom Beklagten unbekämpft - Geldunterhalt vom 1.8.1992 bis 31.1.1993 zugesprochen, also für einen Zeitraum nach dem Auszug der Klägerin, den der Beklagte zum Anlaß für seinen Rechtsmißbrauchseinwand genommen habe. Diesen Zuspruch habe der Beklagte in Rechtskraft erwachsen lassen. Die Entscheidung von Vorfragen erwachse, wenn sie zum Gegenstand eines Zwischenantrages auf Feststellung gemacht worden sei, zwar nicht in Rechtskraft, auch Tatsachenfeststellungen zur Ermöglichung der Subsumtion des erforderlichen Tatbestandes könnten nicht in Rechtskraft erwachsen, ebensowenig wie die rechtliche Beurteilung. Weil aber der Beklagte auch in seiner Berufungsbeantwortung auf den Einwand des Rechtsmißbrauches nicht zurückgekommen sei, müsse dieser Streitpunkt als im ersten Rechtsgang abschließend erledigt angesehen werden und dürfe im zweiten Rechtsgang nicht mehr in Zweifel gezogen werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Zur Frage der unterhaltsrechtlichen Behandlung einer Ehefrau, die in der Landwirtschaft voll mitarbeite, daraus aber kein Einkommen beziehe, nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft insbesondere im Hinblick auf eine Anspannung und eine Anrechnung des von ihr aufgrund einer Unterhaltsverletzung erzielten Eigeneinkommens liege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor. Überdies sei die Frage, ob bei unzureichenden Feststellungen des Erstgerichtes zu einem Verwirkungseinwand die mangelnde Bekämpfung eines Unterhaltszuspruches eine abschließende Erledigung des Streitpunktes darstelle, über den Einzelfall hinaus von Bedeutung.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Streitteile, die nicht die Aufhebung und Zurückweisung, sondern nur die überbundenen Rechtsansichten des Berufungsgerichtes zu den im Zulassungsausspruch angeführten Fragen bekämpfen, sind zulässig und auch berechtigt.

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu den vorliegenden umfangreichen Verfahrens- und Feststellungsmängeln alle im Detail erteilten Verfahrensergänzungsaufträge werden in den Rekursen nicht bekämpft; sie sind richtig (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Rechtsausführungen zum Unterhaltsanspruch einer in der Landwirtschaft mitarbeitenden Ehefrau, die auch den Haushalt führt, können in der vom Berufungsgericht dargestellten generellen Aussage aber nicht uneingeschränkt gebilligt werden. Ebenso nicht dessen Ausführungen zur abschließenden Erledigung des Streitpunktes der Unterhaltsverwirkung.

§ 94 Abs 2 Satz 1und 2 ABGB gewährt dem haushaltsführenden Ehegatten, der, von geringfügigen Nebenerwerbstätigkeiten abgesehen, seinen Unterhalt nicht durch Erträgnisse seiner eigenen Berufstätigkeit deckt, einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen bei Bestehen der häuslichen Gemeinschaft und auch nach ihrer Auflösung. Die Führung des gemeinsamen Haushaltes muß auf der einvernehmlichen Gestaltung der gemeinsamen Lebensverhältnisse beruhen. Eigene Einkünfte des haushaltsführenden Ehegatten sind "angemessen zu berücksichtigen", das heißt nicht einfach anzurechnen, es ist vielmehr dem Einzelfall nach billigem Ermessen gerecht zu werden. Eigene Einkünfte sind nur die tatsächlich erzielten Einkünfte, die Zumutbarkeit einer eigenen Erwerbstätigkeit ist beim allein haushaltsführenden Ehegatten nicht zu prüfen. Dagegen hat der haushaltsführende, voll berufstätige, aber schlechter verdienende Ehegatte nach ständiger Rechtsprechung nur einen "Ergänzungsanspruch" nach § 94 Abs 2 Satz 3 ABGB.

Nach § 98 ABGB hat ein Ehegatte, der im Erwerb des anderen mitwirkt, Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Dabei handelt es sich um einen über den Unterhaltsanspruch hinausgehenden Anspruch. Dem Ehegatten steht dabei kein "Entlohnungsanspruch" wie einem Dienstnehmer zu, die Anspannungstheorie ist hinsichtlich der unternehmerischen Bemühungen nicht anzuwenden. Unterhaltsleistungen sind dabei zwar angemessen zu berücksichtigen, keinesfalls aber linear vom Abgeltungsanspruch abzuziehen. Abgeltungsleistungen können den Unterhaltsanspruch schmälern, aber auch umgekehrt vergrößern. Nach § 100 ABGB berührt § 98 leg cit nicht vertragliche Ansprüche des anderen Ehegatten aus einem Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb.

Unter Haushaltsführung, die vom Gesetz nicht definiert wird, versteht man die hauptverantwortliche Erledigung der Alltagsversorgung der Familie, wobei es auf die Größe der Belastung oder die Größe des Haushaltes nicht ankommt. Wesentlich ist dabei die Verbindung von Haushaltsleitung und einem ins Gewicht fallenden Anteil an der Haushaltsverrichtung. Die Mithilfe anderer schadet solange nicht, als deren Haushaltsarbeit nicht eindeutig überwiegt. Unter Erwerbstätigkeit wird man primär das Erzielen von frei verfügbarem Geldeinkommen verstehen, wiewohl die Rechtsprechung und Lehre darunter alles verstehen, was der Unterhaltsberechtigte an Geld- oder Naturalleistungen tatsächlich erhält und auch die Mitwirkung im Betrieb des anderen als Ausfluß der ehelichen Beistandspflicht - wenn sie der einvernehmlichen Lebensgestaltung entspricht - als Erwerbstätigkeit wertet. Gerade in bäuerlichen landwirtschaftlichen Betrieben ist aber eine differenzierte Betrachtung geboten. So sind schon die Grenzen zwischen Haushaltsführung und Mitwirkung im Betrieb in einer Landwirtschaft fließend. Man denke hier nur an die Betreuung eines Gemüsegartens, die Obstgewinnung und deren Weiterverarbeitung, Kleintierhaltung, Brot- und Käseerzeugung, die teilweise dem bäuerlichen Haushalt zugute kommen, insoweit also Haushaltsführung sind, darüber hinaus aber auch der Erzielung weiteren Betriebseinkommens dienen können. Ob die Tätigkeit eines Ehepartners in einem landwirtschaftlichen Betrieb die Rechtsfolgen des § 94 Abs 2 Satz 3 ABGB und damit auch eine Anspannung nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft auslöst, wird jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen sein. Wenn das landwirtschaftliche Unternehmen von den Ehegatten entweder in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, also durch Einbringung von Vermögen im Wege einer Gütergemeinschaft oder von Miteigentum an Grund und Boden und an den Betriebsmitteln und mitverantwortlicher Führung des Betriebes, Mitentscheidungsbefugnis sowie der dadurch ausgelösten steuer- und sozialversicherungs- rechtlichen Konsequenzen und der hinsichtlich der Erträge auch vermögensrechtlichen Beteiligung der Partner geführt wird, oder nach der Gestaltung der Mitarbeit ein Dienstverhältnis mit den daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen aufgrund voller, zumindest aber weit überwiegender Tätigkeit anzunehmen ist, wird man von einer eigenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsfordernden ausgehen können. Wenn aber einem Ehegatten, der durch Jahre im Betrieb seines Ehepartners in einem die Haushaltsführung weit überwiegenden Ausmaß mitgewirkt und seine Lebensführung völlig auf die Erfordernisse des Betriebes abgestellt und nach der einvernehmlich getroffenen Lebensgestaltung (nur) seinen Unterhalt aus den Erträgnissen der gemeinsamen Leistungen für den landwirtschaftlichen Betrieb erhalten hat, vom anderen die Weiterarbeit in der bisherigen Form unmöglich gemacht wird, oder er zu den bisherigen Leistungen nicht mehr fähig ist, dann wäre seine Verweisung auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt unzumutbar. Ein solcher Ehepartner darf nicht schlechter gestellt werden als der den Haushalt allein führende, nicht berufstätige Ehegatte. Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung SZ 68/236 im Fall einer Unterhalt nach § 94 Abs 2 Satz 1und 2 ABGB fordernden Ehefrau vertreten, die neben der Führung des gemeinsamen Haushaltes zehn Jahre im Rahmen eines Dienstverhältnisses als Aushilfskraft in der Gastwirtschaft ihres Ehemannes tätig und als solche angelernt war, von diesem aber keine Lohnzahlungen erhielt, sondern nur gemeinsam mit dem Ehemann, der sie im Zuge des Scheidungsverfahrens entlassen hatte, von den Erträgnissen des Gasthauses lebte.

Im vorliegenden Fall wird das Erstgericht nach den aufgezeigten Grundsätzen daher festzustellen haben, in welcher Art und in welchem Umfang die Klägerin, deren berufliche Ausbildung auch zu erheben sein wird, den Haushalt führte, in der Landwirtschaft mitarbeitete, wie sich die Eigentumsverhältnisse darstellen und wie die Erträgnisse den Ehepartnern zugute kamen. Es wird auch die Ursache der Beendigung der Tätigkeiten der Klägerin und in weiterer Folge ihres Weggehens in das Frauenhaus zu ermitteln sein.

Sind auf die Ehe der Streitteile im Sinne der obigen Ausführungen zur Unterhaltsbemessung die Grundsätze der Hausfrauenehe anzuwenden, so könnte von der Klägerin, falls sie von ihrem Mann nach jahrelanger Versorgung des Haushaltes alleingelassen, ihr Auszug in das Frauenhaus von ihm veranlaßt und verschuldet gewesen sein sollte, nicht verlangt werden, daß sie nach der Auflösung des gemeinsamen Haushaltes einem eigenen Erwerb nachgeht oder für ihren Unterhalt selbst sorgt. Nur für diesen Fall gälte, daß eigenes Einkommen, das sie ausschließlich aufgrund der Unterhaltsverletzung des Beklagten erworben hat, bei der Bemessung außer Betracht zu bleiben hätte, weil es im Falle der Unterhaltsleistung wieder wegfiele. (Aus dem Akt sind einige Hinweise dafür vorhanden, daß die Hausbesorgertätigkeit der Klägerin bei der Diözese St.Pölten kein "normales", sondern ein auf humanitären und sozialen Erwägungen beruhendes Dienstverhältnis sein könnte.) Ergibt sich nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles aber, daß die Klägerin verantwortlich oder mitverantwortlich für die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft war, also nicht nur eine Unterhaltsverletzung und das Verhalten des Beklagten ausschlaggebend für ihren Auszug und die Aufnahme einer Berufstätigkeit waren, müßte im Sinne des § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB das tatsächlich erzielte Einkommen bei der Unterhaltsbemessung angemessen (nicht linear) berücksichtigt werden.

Auch den Rekursausführungen des Beklagten kommt Berechtigung zu: Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, daß die Beantwortung jener Fragen, die vom Rechtsmittelgericht, das die Aufhebung verfügt hat, auf der Grundlage des gegebenen Sachverhaltes bereits abschließend entschieden wurden, aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden können. Abschließend erledigte Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren somit nicht mehr aufgerollt werden. Eine abschließende Beantwortung des Unterhaltsverwirkungseinwandes des Beklagten ist nicht erfolgt. Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß nicht einmal die Entscheidung von Vorfragen, die zum Gegenstand eines Zwischenantrages auf Feststellung gemacht wurden, in Rechtskraft erwachse und auch nicht Tatsachenfeststellungen des Gerichtes, die es zur Gewinnung der für die Subsumtion erforderlichen Tatsachen benötigt. Nach der hier vorzunehmenden Beurteilung hat das Erstgericht nicht nur Feststellungen unterlassen, die eine Beurteilung einer Unterhaltsverwirkung ermöglicht hätten, es hat hiezu auch in keiner Weise im Sinne einer Vorfragenbeantwortung Stellung genommen, vielmehr den erhobenen Verwirkungseinwand des Beklagten nur gänzlich negiert. Aus der Tatsache, daß der Beklagte das für ihn äußerst vorteilhafte Ersturteil unbekämpft ließ und "auch in der Berufungsbeantwortung auf seinen Einwand des Rechtsmißbrauches nicht mehr zurückgekommen ist", kann keineswegs geschlossen werden, er halte für den Fall der Aufhebung des Ersturteiles (wegen hier doch eklatanter Feststellungsmängel) nicht mehr aufrecht, dieser Streitpunkt sei als abschließend erledigt anzusehen. Die Nichtbekämpfung seiner vom Erstgericht ausgesprochenen geringfügigen Unterhaltsverpflichtung hat nur zur Folge, daß der weiterhin aufrechte und daher zu prüfende Verwirkungseinwand für den Zeitraum 1.8.1992 bis 31.1.1993 wegen eingetretener Rechtskraft auch im Falle seiner Berechtigung die Verpflichtung zur Zahlung des zuerkannten Unterhaltes nicht mehr beseitigen könnte. Das Erstgericht wird daher auch zum Verwirkungseinwand ausreichende Feststellungen zu treffen haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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