Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Am 8. 6. 1998 beantragte das Finanzamt St. Pölten beim Erstgericht die Löschung der im Firmenbuch eingetragenen Ö***** GmbH gemäß § 2 ALöschG (statt dem seit 1. 7. 1999 die Bestimmungen der §§ 39 ff FBG idF BGBl I 74/1999 in Kraft stehen), weil die Gesellschaft nach der Aktenlage keine Tätigkeit mehr ausübe und über kein Vermögen verfüge.
Mit Beschluss vom 19. 6. 1998 (in der Rekursentscheidung ist das Datum des erstgerichtlichen Beschlusses unrichtig mit 12. 8. 1999 bezeichnet) teilte das Erstgericht der Gesellschaft und der Wirtschaftskammer Niederösterreich mit, dass es die amtswegige Löschung der Gesellschaft infolge Vermögenslosigkeit beabsichtige. Zur Äußerung hiezu stehe eine Frist von vier Wochen offen. Soferne Einwendungen gegen die Löschung erhoben würden, sei der konkrete Nachweis zu erbringen, dass die Gesellschaft über Vermögen verfüge. Im Fall der Nichtäußerung binnen der angegebenen Frist werde angenommen, dass der amtswegigen Löschung keine Einwendungen entgegenstünden und die amtswegige Löschung der Gesellschaft werde verfügt.
Dieser Beschluss wurde der Gesellschaft am 25. 6. 1998 durch Hinterlegung beim Postamt der Nachsendeadresse zugestellt. Die betreffende Beschlussausfertigung enthält vor Beginn des Beschlusstextes den Hinweis "Mitteilung eingelangt am 8. 6. 1996".
Die Wirtschaftskammer Niederösterreich teilte mit, dass gegen die Löschung keine Bedenken bestünden. Die Gewerbeberechtigung sei von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten am 5. 3. 1991 gelöscht worden.
Mit am 14. 7. 1998 zur Post gegebenem Rekurs bekämpft die Gesellschaft den Beschluss mit der Begründung, dass die im Beschluss zitierte "Mitteilung eingelangt am 8. 6. 1998" dem Beschluss nicht beigefügt gewesen sei, sodass eine Äußerung und Stellungnahme nicht vorgenommen werden könne. Die aufgetragene Äußerung innerhalb der eingeräumten Frist sei somit "denkunmöglich".
Das Rekursgericht wies den Rekurs mangels Beschwer der Gesellschaft zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Bei dem angefochtenen Beschluss handle es sich im Wesentlichen um eine "Verständigung" im Sinn des § 18 FBG, die unanfechtbar sei, weil darin eine Rechtsfolge weder angeordnet noch ausgesprochen werde. Nicht die Verständigung, sondern erst die auf Grund der allfälligen Nichtäußerung zu erlassende Entscheidung könne die genannten Rechtsfolgen auslösen. Nach der Rechtsprechung werde aber bei gerichtlichen Aufträgen, deren Nichtbeachtung erst bei einer später anfechtbaren Verfügung Rechtswirkungen nach sich ziehen könne, die Zulässigkeit eines Rechtsmittels mangels Beeinträchtigung des Beteiligten abgelehnt. Aus den Gesetzesmaterialien, nach denen § 185 Abs 3 AußStrG als Vorbild für § 18 FBG gedient habe, lasse sich nicht entnehmen, warum der in § 185 Abs 3 AußStrG ausdrücklich angeordnete Rechtsmittelausschluss in § 18 FBG fehle. Daraus sei noch kein Argument für die Anfechtbarkeit zu gewinnnen, weil eine gerichtliche Anordnung, die keinen Entscheidungscharakter aufweise, schon aus diesem Grund unanfechtbar sei und es daher einer Regelung ihrer Unanfechtbarkeit gar nicht bedürfe. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Anfechtbarkeit der Verständigung gemäß § 18 FBG keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der ordentliche Revisionsrekurs der Gesellschaft ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig.
Dass der gegen den erstgerichtlichen Beschluss erhobene Rekurs der Gesellschaft allenfalls erst nach Ablauf der 14-tägigen Rekursfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG) erhoben wurde, wurde vom Rekursgericht nicht zum Anlass der Zurückweisung des Rekurses genommen. Er steht der Behandlung des Revisionsrekurses gegen die aus anderem Grund zurückweisende Entscheidung des Rekursgerichtes nicht entgegen, weil gemäß § 11 Abs 2 AußStrG auch auf verspätete Rechtsmittel Bedacht genommen werden kann.
Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
§ 18 FBG, der hier gemäß § 2 Abs 2 ALöschG (nun § 41 Satz 1 FBG) anzuwenden ist, lautet:
"Soll durch eine Verfügung des Gerichts in Rechte eines in das Firmenbuch Eingetragenen eingegriffen werden, so ist dieser hievon zu verständigen; das Gericht hat ihn hiebei unter Setzung einer angemessenen, mindestens 14-tägigen Frist zur Äußerung aufzufordern und kann im Fall der Nichtäußerung annehmen, dass er der beabsichtigten Verfügung keine Einwendungen entgegensetzt; die Aufforderung hat den Hinweis auf diese Rechtsfolgen zu enthalten. Dies gilt jedoch nicht in den Fällen des § 24".
Das Oberlandesgericht Wien vertrat in früheren Entscheidungen (NZ 1993, 40; NZ 1993, 110; NZ 1996, 151; gegenteilig bereits NZ 1996,
213) die Auffassung, dass Verfügungen nach dieser Bestimmung anfechtbar seien, weil wegen der Säumnisfolgen eine Beschwer der betreffenden Gesellschaft zu bejahen sei. Das Firmenbuchgericht müsse sich noch vor der Aufforderung Klarheit verschaffen, ob nach der - überprüften - Sachlage überhaupt davon auszugehen sei, dass die Gesellschaft kein Vermögen besitze. Andernfalls bestünde für die Anwendung des § 18 FBG keine Grundlage (NZ 1993, 40; NZ 1993, 110).
Diese Ansicht wurde von der Lehre einhellig abgelehnt. Jabornegg in Kommentar zum HGB Rz 21 zu § 18 FBG, Schoibl in FS Matscher 419 und Fink in Oberhofer/Santner, Firmenbuch II, 9.3., 8 vertreten im Gegensatz zu diesen Entscheidungen die Auffassung, dass auch hier wie bei der ausdrücklich vom Justizausschuss als Vorbild herangezogenen Aufforderung zur Äußerung nach § 185 Abs 3 AußStrG mangels Beschwer kein Rechtsmittel zulässig sei. Schoibl begründet dies mit der Vorbildfunktion des § 185 Abs 3 AußStrG und den allgemeinen Grundsätzen. Jabornegg bejaht die analoge Anwendung des § 185 Abs 3 AußStrG betreffend die Anordnung des Rechtsmittelausschlusses nach dem Zweck der Norm, die es nicht erfordere, einen "doppelten Rechtszug" zu eröffnen. Allenfalls drohende Säumnisfolgen könnten durch einfaches Bestreiten, verbunden mit der Möglichkeit zu einer allfälligen Wiedereinsetzung, abgewendet werden. Fink verweist darauf, dass der Eingriff in die Rechte Beteiligter wohl erst durch den die Eintragung oder Löschung verfügenden Beschluss bewirkt werde, während die Aufforderung nach § 18 FBG primär die Einbeziehung materiell Beteiligter in das Verfahren und damit deren rechtliches Gehör garantieren solle. Für eine gesonderte Anfechtung bestehe kein Bedürfnis, weil der ordnungsgemäß Verständigte die Möglichkeit habe, gegen die beabsichtigte Maßnahme Stellung zu nehmen und sie in der Folge anzufechten.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs soll die Anfechtungsmöglichkeit von Beschlüssen im Verfahren außer Streitsachen nur dort genommen sein, wo dies durch ausdrückliche Bestimmung der Gesetze oder durch einen Hinweis auf die im konkreten Fall anzuwendenden Prozessgesetze geboten erscheint; im Allgemeinen soll das Beschwerderecht aber auch gegen Verfügungen verfahrensleitender Natur nicht eingeschränkt werden (EvBl 1956/74; zuletzt etwa 6 Ob 192/99z mwN). Die gesonderte Anfechtbarkeit verfahrensleitender Verfügungen wurde hingegen in Fällen verneint, in denen die gerichtliche Verfügung allein der Sammlung des Entscheidungsstoffes diente und nicht darüber hinaus in Rechte Beteiligter eingriff (7 Ob 578/84). Die den jeweils das Rechtsschutzinteresse bejahenden Entscheidungen zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation lässt sich mit einer dem § 18 FBG entsprechenden, an die von einer vorzunehmenden Löschung betroffene Gesellschaft zu richtenden Verfügung nicht vergleichen.
Denn § 18 FBG schreibt zwingend die Verständigung von der geplanten Löschung einer Gesellschaft gemäß § 2 ALöschG (nun: § 40 FBG) und ebenso zwingend die Aufforderung zur Äußerung und den Hinweis auf die Rechtsfolgen der Nichtäußerung vor. Diese Bestimmung lässt insoweit dem Gericht keinen Ermessensspielraum. Einem gegen eine ordnungsgemäß und dem Gesetz entsprechende Aufforderung zur Äußerung erhobenen Rekurs kann daher niemals ein Erfolg beschieden sein, lässt doch der Gesetzgeber dem Gericht hier gar keine andere Vorgangsweise offen. An einem Rekurs, der von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, kann aber kein Rechtsschutzinteresse bestehen.
Anderseits löst ein im Aufforderungsverfahren unterlaufender Verfahrensmangel keine Zustimmungsfiktion aus. Erfolgt daher die Aufforderung nach § 18 FBG nicht ordnungsgemäß, wird der betroffenen Gesellschaft die Beschwer für einen Rekurs gegen einen nachfolgenden Löschungsbeschluss nicht genommen. Ist das Aufforderungsverfahren mit Mängeln behaftet, können diese noch im Rekurs gegen den Löschungsbeschluss geltend gemacht werden.
Daraus folgt, dass in jedem Fall ein Rechtsschutzinteresse an der Bekämpfung einer Verfügung nach § 18 FBG fehlt: Und zwar bei ordnungsgemäßer Aufforderung wegen der von vornherein bestehenden Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels und im Fall einer mangelhaften Aufforderung, weil die betroffene Gesellschaft selbst bei unterlassener Äußerung den Löschungsbeschluss erfolgreich wegen dieser Mängel anfechten kann.
In diesem Sinn ist der einhelligen Lehre beizupflichten, dass schon nach allgemeinen Grundsätzen kein Anlass besteht, der von einem Löschungsverfahren betroffenen Gesellschaft eine Rechtsmittelbefugnis gegen eine Verständigung nach § 18 FBG zuzuerkennen, auch wenn ein ausdrücklicher Rechtsmittelausschluss - anders als in dem als Vorbild dienenden § 185 Abs 3 AußStrG - in § 18 FBG nicht aufgenommen wurde. Für die Gesellschaft, an die eine Aufforderung im Sinn dieser Bestimmung ergeht, bedeutet dies, wie dargestellt, keinen Rechtsnachteil, aber auch keine Erschwernis, ist doch die Erstattung einer (ablehnenden) Äußerung keineswegs aufwendiger als die Erhebung eines Rekurses gegen die Aufforderung zur Äußerung.
Der die Rekurslegitimation der Gesellschaft verneinende und die ältere gegenteilige Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien ablehnende Beschluss des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.
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