OGH 6Ob123/19k

OGH6Ob123/19k10.10.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und die Hofrätinnen Dr. Kodek und Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K*****, 2. J*****, sowie 3. K*****, alle vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. März 2019, GZ 11 R 28/19x‑17, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Dezember 2018, GZ 58 Cg 33/18a‑13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00123.19K.1010.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 3.006,10 EUR (darin 501,02 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 3.596,26 EUR (darin 1.431 EUR Barauslagen und 360,88 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten führen an ihrer jeweiligen, im Kopf dieser Entscheidung angeführten Adresse einen Gärtnereibetrieb. Jedes dieser Unternehmen ist derzeit an das Fernwärmenetz der Fernwärme Wien GmbH angeschlossen. Da den Beklagten eine Energieversorgung mit Erdgas kostengünstiger erscheint, streben sie den Netzzutritt zu dem von der Klägerin betriebenen Erdgasnetz an, also die erstmalige Herstellung eines entsprechenden Netzanschlusses iSd § 7 Abs 1 Z 49 Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG). Da die Klägerin dies ablehnt(e), richteten die Beklagten am 10. 10. 2017 einen Schriftsatz an die Energie‑Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts‑ und Erdgaswirtschaft (E‑Control), in dem sie zunächst nur den Antrag stellten, die E‑Control möge gemäß § 33 Abs 4 GWG 2011 feststellen, ob die Verweigerung des jeweiligen Einzelnetzzutritts durch die Klägerin rechtmäßig sei. Am 14. 11. 2017 ergänzten sie diesen Antrag dergestalt, dass sie von der Klägerin auch einen detaillierten Kostenvoranschlag für die Herstellung einer Anschlussleitung samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgehensweise forderten. Mit Bescheid vom 14. 2. 2018, R NZV G 01/17, PA 5403/18, verpflichtete die E‑Control die Klägerin zur Legung eines detaillierten Kostenvoranschlags für die Herstellung einer Anschlussleitung samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgehensweise und wies den Antrag im verbleibenden Umfang ab.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, den beklagten Parteien gemäß Punkt 32 Abs 5 der Allgemeinen Bedingungen für den Zugang zum Gasverteilernetz der Wiener Netze GmbH iVm § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung einen detaillierten Kostenvoranschlag für die Herstellung einer Anschlussleitung samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgehensweise binnen 14 Tagen zu legen. Hilfsweise begehrt die Klägerin die (Negativ‑)Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass eine diesbezügliche Verpflichtung zur Legung eines Kostenvoranschlags bestehe. Dazu brachte die Klägerin im Wesentlichen vor, es bestehe keine Anschlusspflicht, weil sie wirtschaftlich unzumutbar sei.

Die Beklagten wandten im Wesentlichen ein, die Anschlusspflicht der Klägerin sei zu bejahen, weil der angestrebte Anschluss weder unmöglich noch unzumutbar sei.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsstattgebenden Sinn ab. Die in § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung normierten Verpflichtungen des Verteilernetzbetreibers bestünden nur dann, wenn er seine Anschlusspflicht nicht bestreite oder diese Pflicht schon rechtskräftig feststehe. Sei hingegen bereits klar, dass der Verteilernetzbetreiber seine Anschlusspflicht wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit verneine, würde es der Verfahrensökonomie und damit auch den Intentionen des Gesetz‑ und Verordnungsgebers widersprechen, dem Verteilernetzbetreiber einen Kostenvoranschlag und/oder einen Vorschlag für die weitere Vorgangsweise abzuverlangen, solange die Anschlusspflicht nicht abschließend geklärt sei und der Netzzugang vom Interessenten mangels einer rechtskräftigen Entscheidung noch nicht erzwungen werden könne. Vielmehr stehe es dem Interessenten in dieser Konstellation frei, zunächst gemäß § 59 Abs 3 GWG 2011 eine Entscheidung des Landeshauptmanns zu erwirken. Erst nach einer allfälligen rechtskräftigen Bejahung der Anschlusspflicht sei der Weg für das in § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung verankerte Prozedere frei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Rechtsfrage bestehe, ob die in § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung normierten Verpflichtungen des Verteilernetzbetreibers auch schon dann bestehen, wenn die Anschlusspflicht bereits strittig ist und der Landeshauptmann darüber noch keine Entscheidung gemäß § 59 Abs 3 GWG 2011 gefällt hat.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

1.1. Ihre Zuständigkeit für den – Gegenstand des vorliegenden Gerichtsverfahrens bildenden – Ausspruch, wonach die Klägerin den Beklagten einen detaillierten Kostenvoranschlag samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgehensweise zu übermitteln habe, stützte die Regulierungsbehörde auf § 132 Abs 2 Z 1 GWG iVm § 12 Abs 1 Z 2 Energie-Control-Gesetz, wonach die Regulierungsbehörde „auch in allen übrigen Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen entscheidet“.

1.2. Dies steht mit der Judikatur zum ElWOG in Einklang, wonach die „übrigen Streitigkeiten“ iSd § 21 Abs 2 ElWOG zivilrechtliche Streitigkeiten insbesondere aus dem Vertragsverhältnis zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern sind, etwa über die Höhe oder die Rückforderung überhöhter Systemnutzungstarife, die Auslegung der Allgemeinen Bedingungen oder wenn ein Netzzugang vom Netzbetreiber weiter verweigert wird (RS0125513).

1.3. Gemäß § 12 Abs 4 Energie-Control-Gesetz kann die Partei, die sich mit der Entscheidung nicht zufrieden gibt, die Sache innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids bei dem zuständigen ordentlichen Gericht anhängig machen. Es handelt sich um ein streitiges Verfahren (vgl RS0118326). Eine solche Klage ist im vorliegenden Verfahren zu beurteilen.

2.1. Das GWG unterscheidet grundsätzlich zwischen den in § 7 Abs 1 Z 18–20 definierten Begriffen „Fernleitung“, „Fernleitungsanlage“ und „Fernleitungs-netzbetreiber“ einerseits und den in § 7 Abs 1 Z 71–73 definierten Begriffen der „Verteilerleitungsanlagen“, des „Verteilernetzbetreibers“ und der „Verteilung“ andererseits. Die erste Begriffsgruppe erfasst den hauptsächlich mit Hochdruck erfolgenden Transport von Erdgas durch ein Netz, um die Versorgung von Kunden zu ermöglichen, jedoch nicht die Versorgung der Kunden selbst. Die zweite Begriffsgruppe bezieht sich dagegen auf den Transport von Erdgas über örtliche oder regionale Leitungsnetze zum Zweck der Belieferung von Kunden und der Befriedigung deren Nachfrage nach Erdgas. Als Überbegriff für Fernleitungs- und Verteilernetzbetreiber wird gemäß § 7 Abs 1 Z 43 GWG der Begriff des „Netzbetreibers“ verwendet. Unter dem Begriff des „Netzzugangs“ wird gemäß § 7 Abs 1 Z 46 GWG ganz allgemein die Nutzung eines Netzes verstanden, während unter „Netzzutritt“ gemäß § 7 Abs 1 Z 49 GWG die (hier gegenständliche) erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses zu verstehen ist.

2.2. Im vorliegenden Fall begehren die Beklagten den Anschluss an das Erdgasverteilernetz. In diesem Zusammenhang normiert § 59 Abs 1 GWG eine so bezeichnete „allgemeine Anschlusspflicht“ des Verteilernetzbetreibers, wonach dieser verpflichtet ist, zu den Allgemeinen Netzbedingungen innerhalb des von seinem Verteilernetz abgedeckten Gebiets mit Endverbrauchern privatrechtliche Verträge über den Anschluss an das Erdgasverteilernetz sowie die Netznutzung abzuschließen. Die Allgemeine Anschlusspflicht besteht gemäß § 59 Abs 2 GWG jedoch nicht, soweit der Anschluss dem Betreiber des Verteilernetzes unter Beachtung der Interessen der Gesamtheit der Kunden im Einzelfall wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Kann über das Bestehen einer Anschlusspflicht zwischen einem Netzbetreiber und einem Endverbraucher keine Einigung erzielt werden, entscheidet über Antrag eines der Beteiligten der Landeshauptmann (§ 59 Abs 3 GWG). Ein solcher Antrag wurde hier offenbar bisher nicht gestellt; jedenfalls liegt nach der Aktenlage keine Entscheidung des Landeshauptmanns vor.

2.3. Daneben hat die Regulierungsbehörde über Antrag desjenigen, der behauptet, durch die Verweigerung des „Netzzugangs“ in seinem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung des Netzzugangs verletzt worden zu sein, gemäß § 33 Abs 4 GWG festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Verweigerung eines Netzzugangs zutreffen. Einen solchen Antrag haben die Antragsgegner hier gestellt, er wurde von der Regulierungsbehörde aber abgewiesen, weil unter „Netzzugang“ gemäß § 7 Abs 1 Z 46 GWG die „Nutzung eines Netzes“ zu verstehen sei, im vorliegenden Fall aber nicht diese, sondern vielmehr der „Netzzutritt“, worunter gemäß § 7 Abs 1 Z 49 GWG die erstmalige Herstellung eines Netzanschlusses zu verstehen ist, strittig sei. Die Abweisung dieses Antrags der Beklagten durch die Regulierungsbehörde ist nicht Gegenstand des vorliegenden Gerichtsverfahrens.

2.4. Gemäß § 4 Abs 2 Gasnetzdienstleistungs-qualitätsverordnung ist der Verteilernetzbetreiber verpflichtet, auf vollständige Anträge auf Netzzutritt innerhalb angemessener, vierzehn Tage nicht überschreitender, Frist ab Einlangen mit einem konkreten Vorschlag betreffend die weitere Vorgangsweise – insbesondere unter Angabe einer Ansprechperson und der voraussichtlichen Dauer der Herstellung oder Änderung des Netzanschlusses – zu reagieren. Gemäß § 4 Abs 1 Gasnetzdienstleistungs-qualitätsverordnung übermittelt der Verteilernetzbetreiber dem Netzbenutzer auf entsprechende Anfrage innerhalb von vierzehn Tagen ab Einlangen einen schriftlichen Kostenvoranschlag gemäß § 5 KSchG für den definierten Leistungsumfang für das vom Netzbenutzer zu entrichtende Netzzutrittsentgelt auf Basis von Preisen je Leistungseinheit.

2.5. Diese Bestimmungen begründen durchsetzbare (zivilrechtliche) Pflichten des Netzbetreibers, zumal § 30 Abs 3 GWG bestimmt, dass auf die in der genannten Verordnung festgelegten Standards für Netzbetreiber in deren Allgemeinen Bedingungen (AGB) zu verweisen ist, insoweit sie die Rechte und Pflichten des Netzbetreibers gegenüber den Netzzugangsberechtigten betreffen. Dies ist hier mit Punkt 32 der AGB der Klägerin auch erfolgt.

3.1. Zu klären ist somit lediglich, ob die Regelung des § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung eine abschließende Regelung darstellt, die die darin normierten Pflichten des Netzbetreibers an keine weiteren Voraussetzungen knüpft, oder ob die Regelung einschränkend dahin zu verstehen ist, dass die in § 4 leg cit normierten Pflichten des Netzbetreibers voraussetzen, dass seine Anschlusspflicht unstrittig ist oder bereits rechtskräftig festgestellt wurde.

3.2. Im Hinblick auf die hohe Regelungsdichte der Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung erscheint es sachgerecht, in § 4 leg cit eine abschließende Regelung zu erblicken. Auch teleologische Argumente sprechen nicht gegen eine derartige Auslegung. Gerade in einer Situation, in der die Anschlusspflicht strittig ist, kann die Übermittlung der Unterlagen sinnvoll sein, um dem Interessenten die Entscheidung zu ermöglichen, ob sich die Antragstellung beim Landeshauptmann nach § 59 Abs 3 GWG überhaupt lohnt. Der diesbezügliche Kostenvoranschlag des Netzbetreibers kann für den Antragsteller auch bedeutsam sein, um die Erfolgsaussichten einer Antragstellung nach § 59 Abs 3 GWG beurteilen zu können.

3.3. In diesem Zusammenhang ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass die Kriterien des Netzanschlusses in § 59 GWG 2011 auf die Frage von bestehenden Parallelnetzen keine Rücksicht nehmen; für das GWG 2011 ist es kein rechtliches Entscheidungskriterium, ob als Alternative zu einem Gasanschluss andere Energieträger wie etwa Fernwärme zur Verfügung stehen oder nicht.

3.4. Soweit die Revisionsbeantwortung argumentiert, dass im Fall des Fehlens einer Verteilerleitung umfangreiche Erhebungen durch den Verteilernetzbetreiber notwendig seien, ist ihr entgegenzuhalten, dass § 4 Abs 1 letzter Satz der Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung für diesen Fall vorsieht, dass der Netzbetreiber einen konkreten Vorschlag über die weitere Vorgangsweise zu erstatten hat. Die Klägerin hat allerdings bisher auch einen solchen konkreten Vorschlag nicht übermittelt.

3.5. Entgegen der Ansicht der Revisionsbeantwortung haben die Beklagten bereits im erstinstanzlichen Verfahren auch den Standpunkt vertreten, dass die Klägerin trotz Strittigkeit der Anschlusspflicht zur Legung der von § 4 Gasnetzdienstleistungs-qualitätsverordnung genannten Unterlagen verpflichtet ist. Diesbezüglich haben die Beklagten sich schon in der Klagebeantwortung auf eine Pflicht der Klägerin zur Vorlage des Kostenvoranschlags berufen und dies mit dem bereits bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnis begründet.

3.6. Nicht stichhaltig ist auch das weitere Argument der Revisionsbeantwortung, aus den AGB lasse sich auch deshalb keine Verpflichtung der Klägerin ableiten, weil kein Vertragsverhältnis bestehe und die AGB nicht vereinbart worden seien. Punkt 32 der AGB betrifft ja gerade den Netzzutritt, bis zu dessen Herstellung oder zumindest Abschluss einer verbindlichen Vereinbarung über die Herstellung nie ein Vertragsverhältnis bestehen wird; dennoch verpflichtet § 28 Abs 3 Z 9 GWG die Verteilernetzbetreiber zur Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in ihre Allgemeinen Verteilernetzbedingungen. Bei der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht wäre diese Bestimmung im Ergebnis ohne jeden Anwendungsbereich.

3.7. Unzutreffend ist auch die in der Revisionsbeantwortung vertretene Auffassung, es liege bereits eine rechtskräftige Entscheidung der E‑Control über die Verneinung der Anschlusspflicht vor: Der Bescheid der E‑Control entschied einerseits über einen Antrag gemäß § 33 Abs 4 GWG auf Feststellung der Rechtmäßigkeit einer Netzzugangsverweigerung, die von der E‑Control jedoch hier nicht für einschlägig erachtet wurde, und über die Pflicht der Klägerin zur Legung der von § 4 Gasnetzdienstleistungs-qualitätsverordnung geforderten Unterlagen, die von der E‑Control unter § 12 Abs 1 Z 2 E‑ControlG subsumiert wurde. Dass die E‑Control bindend eine Anschlusspflicht verneint hätte, lässt sich dem Bescheid hingegen nicht entnehmen, zumal für eine solche Entscheidung gemäß § 59 Abs 3 GWG der Landeshauptmann zuständig wäre.

3.8. Nicht zu folgen ist jedoch auch der in der Revision vertretenen Rechtsauffassung, wonach solange vom Bestehen einer Anschlusspflicht auszugehen sei, als nicht rechtskräftig ihr Nichtbestehen festgestellt wurde. Die Formulierung des § 59 Abs 2 GWG, wonach die allgemeine Anschlusspflicht in bestimmten Fällen „nicht besteht“, deutet darauf hin, dass die Entscheidung des Landeshauptmanns keinen konstitutiven, sondern feststellenden Charakter hat. Die Entscheidung des Landeshauptmanns schafft daher nicht erst eine Ausnahme von der grundsätzlich bereits ex lege bestehenden Anschlusspflicht, sondern klärt lediglich, ob eine gesetzliche Anschlusspflicht besteht oder nicht.

4.1. Der Deutlichkeit halber ist freilich zu betonen, dass mit der vorliegenden Entscheidung noch nicht über ein Bestehen der Anschlusspflicht abgesprochen ist: § 59 Abs 3 GWG normiert, dass hierüber im Fall der Nichteinigung der Landeshauptmann entscheidet. Die Klägerin könnte also trotz Verpflichtung zur Legung der von § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung geforderten Unterlagen (weiter) ihre Anschlusspflicht bestreiten, wobei die Unterlagen diesfalls erst dann Verbindlichkeit erlangen würden, wenn die Anschlusspflicht vom Landeshauptmann geklärt wurde. So könnte auch der von der Revisionsbeantwortung geschilderte Fall der Verpflichtung zur Herstellung eines unwirtschaftlichen Anschlusses vermieden werden. Durch die Verpflichtung der Klägerin, die von § 4 Gasnetzdienstleistungsqualitätsverordnung geforderten Unterlagen zu übermitteln, wird noch nicht ausgesprochen, dass tatsächlich eine Anschlusspflicht besteht. Die Entscheidung darüber steht gemäß § 59 Abs 3 GWG auch weder der E‑Control noch dem Zivilgericht, sondern dem Landeshauptmann zu.

4.2. Durch die vorliegende Entscheidung wird der Klägerin daher nicht die Möglichkeit genommen, gleichzeitig mit der Legung eines Kostenvoranschlags und Übermittlung eines konkreten Vorschlags zur weiteren Vorgangsweise (weiterhin) ihre Anschlusspflicht zu bestreiten.

5. Zusammenfassend war daher in Stattgebung der Revision die zutreffende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.

6. Aufgrund der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts war auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens neu zu fassen. Diese sowie die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründen sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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