OGH 6Ob109/98t

OGH6Ob109/98t23.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegfried S*****, vertreten durch Mag.Klaus Tusch, Dr.Günther Flatz und Dr.Ernst Dejaco, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1. Josef W*****, 2. Heidemarie W*****, beide ***** vertreten durch Achammer, Mennel, Welte & Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Unterlassung, infolge der Revisionen des Klägers und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 4.November 1997, GZ 3 R 338/97x-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18.Juli 1997, GZ 20 C 459/96y-14, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Revisionsbeantwortungen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren "die beklagten Parteien sind schuldig, dafür Sorge zu tragen, daß der Kläger nicht durch Lärmstörungen, welche durch den Betrieb einer Holzfräse auf der Liegenschaft der beklagten Parteien Grundstück Nr 772/2 Grundbuch T***** hervorgerufen werden, in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird".

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien teilweise Folge und erkannte diese schuldig, "dafür Sorge zu tragen, daß der Kläger nicht durch drei Arbeitstage übersteigende Lärmstörungen, welche durch den Betrieb einer Holzfräse auf der Liegenschaft der beklagten Parteien Grundstück Nr 772/2 Grundbuch T***** hervorgerufen werden, beeinträchtigt wird" und wies das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien darüber hinaus schuldig, dafür Sorge zu tragen, daß der Kläger nicht durch Lärmstörungen durch den Betrieb einer Holzfräse in einem drei Werktage unterschreitenden Ausmaß beeinträchtigt werde, ab. Ein Unterlassungsbegehren habe zwar kein Handlungsverbot, sondern ein Erfolgsverbot zu enthalten, die Unterlassungspflicht müsse aber so bezeichnet sein, daß die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten nicht erst im Zuge des Exekutionsverfahrens erfolge. Die Unterlassung "unzumutbarer" Lärmstörungen durch den Betrieb einer Holzfräse entspreche schon dem Wortlaut des § 364 Abs 2 ABGB, der Kläger habe in seinem Vorbringen die einzelnen Störungshandlungen und deren Umfang ausführlich dargelegt, stehe aber auf dem Standpunkt, jegliche Lärmentwicklung durch Sägearbeiten mit der Holzfräse auf der Nachbarliegenschaft, die er als ortsunüblich und das gewöhnliche Ausmaß bei weitem übersteigend bekämpfe, sei zu unterlassen. Ortsüblich sei der Betrieb einer Holzfräse im Gebiet der betroffenen Liegenschaften aber zur Deckung des Eigenbedarfes nur in einem Zeitraum von ein bis drei Werktagen pro Jahr.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung zur Konkretisierung unbestimmter Begriffe im Begehren einer Unterlassungsklage unter Heranziehung des Klagevorbringens bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor, so daß die Revisionen des Klägers und der Beklagten zurückzuweisen sind.

Ein auf § 364 ABGB gestütztes Begehren geht auf Unterlassung des Eingriffs. Soweit es auf sichernde Vorkehrungen gerichtet ist, darf keine bestimmte Einrichtung verlangt werden, vielmehr muß die Auswahl der Schutzmaßnahmen dem Beklagten überlassen werden. Die Unterlassungsklage ist daher auf zumutbare Vorkehrungen zur Verhinderung von Einwirkungen auf das Nachbargrundstück zu richten (SZ 61/61 uva). In jenen Fällen, in welchen die Einwirkung an sich vom Willen des beklagten Nachbarn unabhängig ist, aber eine unvermeidbare Folge seiner vermeidbaren Handlungsweise darstellt, muß das Verbot dieser Handlungsweise als Quelle der Einwirkung zugelassen werden (SZ 44/22, SZ 50/99 ua). Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes - allerdings im Verein mit konkreten Einzelverboten - ist meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht all zu leicht zu machen. Es ist bestimmt anzugeben, welche Handlungen der Beklagte, allenfalls auch wann und wo, zu unterlassen hat. Ein Begehren auf Unterlassen von Maschinenlärm ist im Rahmen des § 364 Abs 2 ABGB hinreichend bestimmt, wenn dabei die Lärmerzeugungsquelle deutlich bezeichnet ist (EvBl 1989/6, wo unter anderem auch der Betrieb einer im Freien aufgestellten Kreissäge zu beurteilen war). Die Unterlassungspflicht muß nur so deutlich gekennzeichnet sein, daß ihre Verletzung nach § 355 EO exekutiv getroffen werden kann. Die verbotene Vorgangsweise muß daher in objektiver Weise bestimmt und genau bezeichnet werden. Diesem Gebot wird das Klagebegehren insoweit gerecht, als nicht bloß der Gesetzestext des § 364 Abs 2 ABGB wiedergegeben, sondern konkret Maßnahmen gegen Lärmstörungen "durch den Betrieb einer Holzfräse auf der Liegenschaft der beklagten Parteien" gefordert werden. Die präzise Anführung von Maßeinheiten zur deutlichen Kennzeichnung der Unterlassungspflicht kann nur dort erforderlich sein, wo eine Abgrenzung eines übermäßigen von einem ortsüblichen und zumutbaren jedenfalls vorhandenen Geräuschpegels notwendig erscheint. Zur Beurteilung, daß in einer ländlichen, verkehrsarmen, ruhigen Wohngegend mit Einfamilienhäusern das durch viele Tage und immer wieder (also in einem sich gewerblichen Ausmaß annähernden Weise) verursachte Geräusch einer Kreissäge das ortsübliche und zumutbare Ausmaß ohne geeignete Lärmschutzmaßnahmen jedenfalls überschreitet, bedarf es keiner bestimmten Angabe von Dezibel (vgl SZ 67/138). Da der Kläger aber alle Lärmstörungen - also zu jeder Zeit während des gesamten Jahres durch den Betrieb der Holzfräse unterbunden haben will, hat das Berufungsgericht zu Recht unter Hinweis auf die Ortsüblichkeit eine entsprechende Einschränkung des Lärmerfolges auf drei Arbeitstage vorgenommen, wobei sich aus den Entscheidungsgründen unzweifelhaft ergibt, daß es sich um eine Einschränkung auf insgesamt drei Arbeitstage im Kalenderjahr handelt und auch zusätzlich ausgeführt wird, daß die Lärmerzeugung sich auf einzelne Werktage oder halbe Werktage zu konzentrieren hat und eine weitere Aufsplitterung der sich aus den drei Tagen ergebenden Gesamtstundenanzahl als ortsunüblich nicht zulässig wäre. Von einer "völligen Unbestimmtheit" des Unterlassungsbegehrens und auch der im Berufungsurteil vorgenommenen Einschränkung, die nicht exequierbar wäre, kann daher nicht ausgegangen werden. Daß vom Nachbargrundstück ausgehende Geräusche unter § 364 Abs 2 erster Satz zu subsumieren sind und nicht "unmittelbare Zuleitungen" im Sinne des letzten Satzes leg cit darstellen, ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut und bedarf keiner näheren Erläuterung.

Die Aufhebung der Kosten der beiden Revisionsbeantwortungen, in denen beide Streitteile zutreffend auf die Unzulässigkeit der jeweils anderen Revision hingewiesen haben, beruht auf den §§ 43 und 50 ZPO.

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