Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Über den Geschäftsführer der Rechtsanwalt-GmbH wurden gemäß § 283 UGB wegen Verletzung seiner Offenlegungspflichtung betreffend das Geschäftsjahr vom 1. 2. 2004 bis 31. 1. 2005 und vom 1. 2. 2005 bis 31. 1. 2006 Zwangsstrafen verhängt.
Die Revisionsrekurswerber machen geltend, aus der Neufassung des § 24 Abs 3 FBG ergebe sich, dass der Gesetzgeber die „alten Erzwingungsstrafen" gänzlich „abgeschafft" und stattdessen ein neues System von Repressivstrafen geschaffen habe, bei denen es sich eindeutig um Kriminalstrafen handle. Diese dürfe aber nicht ein „weisungsgebundener Rechtspfleger" verhängen; Voraussetzung sei vielmehr die Entscheidung eines unabhängigen Gerichts unter Beachtung der Garantien des Art 6 EMRK, also nach mündlicher Verhandlung und in einem kontradiktorischen Verfahren.
Der erkennende Senat hat erst jüngst in zwei, den Revisionsrekurswerbern bekannten Entscheidungen zu diesen Fragen Stellung genommen und folgendes ausgeführt (6 Ob 261/06k; 6 Ob 293/06s):
Rechtliche Beurteilung
„Nach § 283 Abs 4 HGB (UGB) und § 24 Abs 3 FBG, jeweils in der
Fassung PublizitätsrichtlinienG (PuG), BGBl I Nr 103/2006, ist die
verhängte Zwangsstrafe auch dann zu vollstrecken, wenn die bestrafte
Person ihrer Pflicht (bzw der gerichtlichen Anordnung) nachgekommen
oder deren Erfüllung unmöglich geworden ist. Diese Bestimmungen sind
seit 1. 7. 2006 anzuwenden. Sie dienen dem erklärten Ziel des
Gesetzgebers (RV BlgNR 1427 22. GP), in Umsetzung der Verpflichtung
des Art 6 der Publizitätsrichtlinie (RL 68/151/EWG) zu einer besseren
Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse
beizutragen. Die geänderte Rechtslage bedeutet aber nicht, dass der
zur Vorlage des Jahresabschlusses Verpflichtete vor Verhängung einer
bereits angedrohten Zwangsstrafe neuerlich zur Erfüllung seiner
Verpflichtung und Androhung eben dieser Zwangsstrafe aufgefordert
werden müsste. Die Gesetzesänderung hatte nämlich keine Auswirkungen
auf die zu erzwingende Verpflichtung und auf die Höhe der angedrohten
und schließlich verhängten Zwangsstrafe. Aufforderung und Androhung
der Zwangsstrafe dienen der Wahrung des rechtlichen Gehörs. Im
vorliegenden Fall waren die Rechtsmittelwerber bereits unter
Androhung einer Zwangsstrafe ... zur Vorlage des Jahresabschlusses
für das Geschäftsjahr ... aufgefordert worden. Ihr rechtliches Gehör
war damit gewahrt.
Der Einwand der Rechtsmittelwerber, Art 6 EMRK erfordere eine mündliche Verhandlung vor Verhängung einer Strafe im Ausmaß von bis zu 3.600 EUR, übersieht, dass eine mündliche Verhandlung keineswegs zwingend, sondern nur dann vorzunehmen ist, wenn sie das Gericht für erforderlich hält. Dies war hier nicht der Fall. Im Übrigen hatten die Rechtsmittelwerber eine mündliche Verhandlung vor dem Rekursgericht gar nicht beantragt und dient die über sie verhängte Zwangsstrafe von lediglich ... nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers (RV BlgNR 1427 22. GP) der „besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage des Jahresabschlusses", ist somit keine „Kriminalstrafe".
Der Umstand, dass der EuGH aus Anlass eines Vorabentscheidungsersuchens des Landesgerichts Feldkirch Firmenbuchgerichte nicht als vorlageberechtigte Gerichte beurteilt, besagt nicht, dass das Zwangsstrafenverfahren vor dem Rechtspfleger des Firmenbuchgerichts nicht die Qualität eines Tribunals im Sinn des Art 2 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK hätte."
Auch im vorliegenden Verfahren war der Geschäftsführer unter Androhung von Zwangsstrafen zur Vorlage der erwähnten Jahresabschlüsse aufgefordert worden. Wofür die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen wäre, wird in den außerordentlichen Revisionsrekursen nicht dargetan. Der erkennende Senat sieht daher keine Veranlassung, von seiner vorzitierten Rechtsprechung im Anlassfall abzugehen.
Die Revisionsrekurswerber monieren weiters, die Höhe der Strafen sei ohne Erhebung der Einkommensverhältnisse des Geschäftsführers festgesetzt worden; sie seien exzessiv. Dass die hier verhängten Zwangsstrafen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zur Offenlegung Verpflichteten übersteigen könnten, ist - auch ohne weitere Erhebungen - angesichts der geringen Höhe der im vorliegenden Fall verhängten Zwangsstrafen nicht zu befürchten. Davon abgesehen darf die Zwangsstrafe nicht zu niedrig angesetzt werden, dass sie dem Zweck eines Druckmittels für die Erfüllung der Offenlegungsverpflichtung nicht mehr dienen könnte. Schließlich meinen die Revisionsrekurswerber noch, § 277 HGB (UGB) und § 24 FBG seien gemeinschaftsrechts- und verfassungswidrig. Mit diesen Überlegungen hat sich der erkennende Senat aber schon mehrfach auseinandergesetzt und die dargelegten Bedenken nicht geteilt (vgl RIS-Justiz RS0113284; 6 Ob 63/06t).
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