OGH 6Ob107/99z

OGH6Ob107/99z13.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 6. Mai 1987 verstorbenen Ruth D*****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Uwe D*****, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Februar 1999, GZ 45 R 85/99d-506, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 25. November 1998, GZ 7 A 1338/92y-488, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Antrag des Verlassenschaftskurators auf Genehmigung der Einbringung einer Klage über 10,501.501,84 S gegen Uwe D***** im Sinne des dem Antrag beigelegten Klageentwurfes abgewiesen wird.

Text

Begründung

Die am 6. 5. 1987 verstorbene Ruth D***** war deutsche Staatsbürgerin. Sie war zuletzt in Wien wohnhaft. Sie hinterließ ihren Witwer Dkfm. Günther D***** und ihre beiden Kinder Uwe D***** und Sabine Z*****.

Am 7. 9. 1984 und am 4. 9. 1985 errichtete sie folgende letztwillige Anordnungen:

"Hiemit erkläre ich meine Kinder Sabine Z*****... und Uwe D*****...

zu meinen Haupterben. Ich hoffe, dass mein Mann Günther D*****... auf

sein Pflichtteil zugunsten unserer gemeinsamen Kinder verzichtet.

Sobald mir genügend Zeit zur Verfügung steht, werde ich mein Vermögen genauestens aufteilen.

Heute lege ich aber schon fest, dass das gesamte Grundstück F*****gasse ***** meine Tochter S***** bekommt, während mein Sohn U***** meine Anteile von S*****hof erhalten soll" (7. 9. 1984).

"Die mir monatlich zustehenden S 60.000 sollen zwischen den Kindern zu gleichen Teilen vergeben werden. Meine Tochter S***** bekommt die Auflage, für die ihr zustehenden S 30.000 eine private hohe Alterspension und eine Krankenversicherung abzuschließen.

Sollte bei meinem Ableben Bargeld vorhanden sein, so ist das gleichmäßig zwischen den Kindern zu verteilen. Kosten für erbl. Erbschaftssteuer müssen einbehalten werden. Am besten Hinterlegung bei Dkfm. Walter S*****, Steuerberater.

Geschenke, die im Laufe der Jahre von Sabine und Uwe gemacht wurden, sollen an die Geber zurückgehen" (4. 9. 1989).

Uwe D***** gab am 23. 10. 1987 die unbedingte, Sabine Z***** am 16. 11. 1987 die bedingte Erbserklärung ab. Die Erbserklärungen wurden am 1. 12. 1987 zu Gericht angenommen.

Dkfm. Günther D***** hat auf seine Pflichtteilsansprüche nicht verzichtet, sondern beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eine Pflichtteilsklage über 4,936.000 S und wegen Feststellung (Feststellungsinteresse 100.000 S) gegen die Verlassenschaft eingebracht. Dieses Verfahren ist im zweiten Rechtsgang in erster Instanz anhängig (nun 30 Cg 1/98).

Das am 23. 3. 1992 vom Gerichtskommissär errichtete Teilinventar, das mit rechtskräftigem Beschluss vom 11. 5. 1992 zu Gericht angenommen wurde, weist folgende Vermögenswerte aus: eine Liegenschaft mit Haus in Wien *****, F*****gasse ***** mit Einrichtung; Gold- und Silbermünzen; diverse Sparbücher, Juxtenbons und Wertpapierdepots; verschiedene Pretiosen; eine "Kaufpreisratenforderung" der Verlassenschaft gegen Uwe D***** in Höhe von 7,742.720 S zum Todeszeitpunkt; 98 Stück Inhaberaktien der C***** S.A. (AG).

Die Liegenschaft in Wien wurde mit dem Einheitswert von 810.000 S ins Inventar aufgenommen. Hinsichtlich der Aktien enthält das Inventar den Hinweis, dass eine Bewertung noch erfolgen wird. Für die Aktien wurde vorläufig der symbolische Betrag von einem Schilling angesetzt. Insgesamt errechneten sich auf diese Weise Aktiva von 13,412.196,97 S, denen Passiva (einschließlich der Begräbniskosten) von 292.096,10 S gegenübergestellt wurden.

Die C***** AG (C*****-AG) mit dem Sitz in der Schweiz ist Eigentümerin und Betreiberin des Gutes S*****hof in W*****, dessen Verkehrswert im Laufe des Verlassenschaftsverfahrens mit 34,754.600 S (einschließlich Liegenschaftszubehör, Jagdrecht, Möbel und Gemälde) geschätzt wurde. Der Erblasserin gehörten 98 Aktien, die einem Anteil von 49 % an der AG entsprechen. Das Nominale je Aktie beträgt 1.000 sfr. Der Wert des Aktienpaketes der Erblasserin wurde von dem vom Erstgericht beigezogenen Sachverständigen mit 14,000.000 S geschätzt. Uwe D***** behauptete hingegen zuletzt, dass diese Aktien wertlos seien.

Die Liegenschaft in Wien wurde ebenfalls bereits geschätzt. Nach dem am 11. 5. 1992 erstellten Gutachten beträgt ihr Schätzwert 5,421.000

S.

Mit Beschluss vom 29. 7. 1991, der vom Rekursgericht am 17. 10. 1991 bestätigt wurde, wurde Dr. Walter P***** zum Verlassenschaftskurator bestellt.

Dieser beantragte erstmals am 5. 2. 1993, ihn zur Klageführung namens der Verlassenschaft gegen Uwe D***** zu ermächtigen. Im Klageentwurf wurde vorgebracht:

Ruth D***** war Gesellschafterin der P***** Gesellschaft GmbH & Co KG und hat ihre Anteile an dieser Gesellschaft an ihren Ehemann um den Abtretungspreis von mehr als 10,000.000 S abgetreten. Der restliche wertgesicherte Abtretungspreis von 10,000.000 S sollte von Günther D***** in wertgesicherten Teilzahlungen a 60.000 S abgestattet werden. Am 23. 9. 1986 wurde zwischen Uwe D***** und Günther D***** ein Kaufvertrag über die auf der Liegenschaft ***** V*****, errichteten und im Eigentum Günther D*****s stehenden Superädifikate geschlossen. Als Kaufpreis wurde vereinbart, dass Uwe D***** beginnend mit 1. 10. 1986 so lange Monatsraten a 61.500 S zahlen solle, bis auf diese Art und Weise der zum Stichtag noch offene Rest aus dem vorgenannten Abtretungsvertrag zwischen Günther D***** und Ruth D***** abgestattet ist. Auch für diesen Kaufpreis wurde eine Wertsicherung, und zwar analog der seinerzeit im Abtretungsvertrag vereinbarten Wertsicherung (Basismonat August 1984) festgelegt. Uwe D***** verpflichtete sich, die Kaufpreisraten nicht an Günther D*****, sondern an Ruth D***** zu zahlen. Deshalb wurde auch die Kaufpreisforderung gemäß Punkt VIII. des Kaufvertrages an Ruth D***** abgetreten. Ruth D***** nahm diese Abtretung an. Bis zu ihrem Tod erhielt sie auch die jeweils fälligen Raten.

Es haften daher sowohl Günther D***** als ursprünglicher Vertragspartner als auch Uwe D***** als der aus der abgetretenen Kaufpreisforderung Zahlungspflichtige gegenüber der Verlassenschaft nach Ruth D***** für jenen Restbetrag, der aus dem seinerzeitigen Abtretungsvertrag betreffend die Gesellschaftsanteile an der P***** Gesellschaft mbH nicht abgestattet wurde.

Seit dem Todestag der Ruth D***** wurden keine Raten mehr gezahlt. Da in den Verträgen kein Terminverlust für den Fall einer Säumnis mit der Ratenzahlung vereinbart wurde, könnten nur die ab dem Todestag der Ruth D***** angefallenen Raten geltend gemacht werden. Zum Stichtag 10. 2. 1993 errechnen sich die rückständigen Raten einschließlich der vereinbarten Wertsicherung mit 4,694.098 S.

Das Urteilsbegehren lautete dahin, Uwe D***** schuldig zu erkennen, diesen Betrag samt 10 % Zinsen ab Klagetag zu zahlen.

Am 28. 6. 1993 unterfertigte Uwe D***** eine Erklärung, in der er die Forderung der Verlassenschaft gegen ihn, die sich aus dem Kaufvertrag vom 23. 9. 1986 ergebe, anerkannte. Er erklärte, den zum Todestag seiner Mutter aushaftenden Betrag von insgesamt 7,742.720 S sowie die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 % p.a. ab Fälligkeit der jeweiligen wertgesicherten Raten schuldig zu sein. Zugleich gab er sein Einverständnis, dass die im Nachlass befindlichen Wertpapiere, Sparbücher und Bankguthaben - mit Ausnahme der Aktien der C-*****-AG - in der Weise veranlagt werden, dass diese Nachlassmittel bis zur Hälfte der anerkannten Nachlassforderungen ausschließlich für seine Schwester Sabine Z***** "im Verlassenschaftsverfahren gehalten werden und ihr zustehen. Ihr stehen diese Gelder samt den zukünftig auflaufenden Zinsen alleine zu". Weiters nahm er zur Kenntnis, dass ihm durch die Nichtzahlung der fälligen Raten an den Nachlass rechnerisch der entsprechende Betrag zugefallen sei.

Aufgrund dieser Erklärungen zog der Verlassenschaftskurator den Antrag auf Klagegenehmigung zurück.

In einem weiteren an den Verlassenschaftskurator gerichteten Schreiben vom 14. 6. 1996 erklärte Uwe D*****, in Ergänzung zu seiner am 28. 6. 1993 abgegebenen Erklärung auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

Die im Nachlass vorhandenen Sparbücher, Bankguthaben und Wertpapiere wurden - mit Ausnahme der genannten Aktien und eines Wertpapierdepots bei der R***** in einem nach dem Akteninhalt nicht nachvollziehbaren Wert - vom Gerichtskommissär realisiert. Die daraus resultierenden Barmittel von 5,018.487,31 wurden auf einem notariellen Anderkonto erlegt.

Mit Beschlüssen des Erstgerichtes vom 31. 3. 1993 und 9. 2. 1998 wurde der Gerichtskommissär jeweils ermächtigt, aus den in seiner Verwahrung zugunsten Sabine Z***** erliegenden Nachlassmitteln an diese 1,500.000 S (inzwischen daher insgesamt 3,000.000 S) auszuzahlen.

Mit Eingaben vom 3. 9. und 29. 10. 1998 beantragte der Verlassenschaftskurator neuerlich die Genehmigung der Klageführung, und zwar nunmehr hinsichtlich eines einschließlich der Wertsicherungsbeträge und Verzugszinsen aufgelaufenen Betrages von 10,501.501,84 S zuzüglich 4 % Verzugszinsen p.a. per 1. 6. 1997, wobei im Wesentlichen dasselbe Vorbringen wie im ursprünglichen Klageentwurf erstattet wurde. In der Klageerzählung werden abermals die Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 23. 9. 1986 wiedergegeben. Der nunmehrige Klagebetrag wurde der Höhe nach im Einzelnen dargestellt. Weiters wurde auf das Anerkenntnis und den Verjährungsverzicht des Uwe D***** hingewiesen. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Miterbin Sabine Z***** die klageweise Eintreibung der Forderung gegen Uwe D***** begehre. Dieser sei nicht bereit, die offene Forderung zu berichtigen. Die im Nachlass vorhandenen, Uwe D***** zuzurechnenden Werte reichten aufgrund der aufgelaufenen Verfahrenskosten und der allenfalls den Nachlass treffenden Pflichtteilsforderung des Witwers "zur Sicherung der Ansprüche" nicht mehr aus.

Das Erstgericht ermächtigte den Verlassenschaftskurator zur Einbringung der vorgeschlagenen Klage. Der Wirkungskreis des Verlassenschaftskurators sei nicht beschränkt worden, weshalb er auch zur Eintreibung von Aktivforderungen mit Genehmigung des Gerichtes befugt sei. Uwe D***** habe der Aufforderung, die fälligen Beträge einzuzahlen, nicht entsprochen. Er habe vielmehr der von ihm anerkannten Forderung der Verlassenschaft Millionenforderungen aus dem Reinverlust der C*****-AG und eigene Forderungen sowie Forderungen seiner Unternehmen gegen die C*****-AG entgegengehalten. Die Miterbin dränge jedenfalls auf Einzahlung der aushaftenden Kaufpreisforderung an die Verlassenschaft. Die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens sei nicht abzusehen. Angesichts der von Uwe D***** behaupteten Millionenverluste im Zusammenhang mit der C*****-AG seien Liquiditätsprobleme nicht auszuschließen. Deshalb und weil Uwe D***** nunmehr das Bestehen der Klageforderung gegen ihn in Abrede stelle, sei die Klageführung zu genehmigen.

Das Rekursgericht gab den dagegen sowohl von Uwe D***** als auch vom Witwer Dkfm. Günther D***** erhobenen Rekursen nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es sei dem Erstgericht dahin zu folgen, dass angesichts der von Uwe D***** behaupteten Millionenforderungen seiner Person und seiner Firmen gegen die C*****-AG Liquiditätsprobleme in der Folge auch der Verlassenschaft nicht auszuschließen seien. Sollten diese Forderungen zu Recht bestehen, müsse nämlich die C*****-AG zu deren Berichtigung auf ihr Vermögen, das im Wesentlichen aus dem Gut S*****hof bestehe, zurückgreifen. Dadurch würde sich aber der Wert der in die Verlassenschaft fallenden Aktien verringern. Letztlich könne dies aber dahingestellt bleiben. Solange keine Einantwortung erfolgt sei, könne sich Uwe D***** nicht darauf berufen, dass er ohnehin einmal zur Hälfte Erbe sein werde. Vor Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens könne nicht von einem Erlöschen oder Teilerlöschen der Schuld des Uwe D***** gesprochen werden. Es sei auch nicht auszuschließen, dass die Verlassenschaft Geldmittel für die Berichtigung der Verfahrenskosten im Pflichtteilsprozess und zur Berichtigung des Pflichtteiles benötige, weshalb die Notwendigkeit gegeben sei, Forderungen der Verlassenschaft einzutreiben. Die strittige Frage der Bewertung der 98 Inhaberaktien der C*****-AG sei nicht geeignet, die Nachlassforderung gegenüber Uwe D***** in Frage zu stellen. Eine Kompensation von allfälligen Forderungen des Uwe D***** gegen die C*****-AG mit der Klageforderung sei mangels Gegenseitigkeit nicht möglich.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Einklagung von Forderungen, die der Erblasser dem Miterben zur Hälfte vermacht habe, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der ordentliche Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Uwe D***** ist zulässig und berechtigt.

Die Rechtsmittellegitimation Uwe D*****s ist im Hinblick auf seine Position als erbserklärter Erbe und nicht bloß als künftiger Prozessgegner zu bejahen (SZ 28/208; Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht, 105).

Wird der Wirkungskreis des Verlassenschaftskurators im Bestellungsbeschluss nicht eingeschränkt, hat dieser die im Abhandlungsverfahren vorgesehenen, insbesondere die in den §§ 129 und 145 AußStrG umschriebenen Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Die Einschränkung des Wirkungskreises auf die Vertretung der Verlassenschaft im Pflichtteilsprozess ist dem vorliegenden Bestellungsbeschluss nicht zu entnehmen.

Gemäß § 129 AußStrG hat der Verlassenschaftskurator unter anderem die Eintreibung der Aktivforderungen des Nachlasses zu besorgen. Die Klageeinbringung für die Verlassenschaft bedarf der Genehmigung des Abhandlungsgerichtes.

Bei der Frage der Genehmigung von Rechtshandlungen im Allgemeinen (vgl § 145 AußStrG) hat das Abhandlungsgericht - wie auch jedes andere zur Aufsicht über die Tätigkeit der gesetzlichen Vertreter berufene Gericht - nicht nur zu prüfen, ob die angestrebte Genehmigung überhaupt zulässig und erforderlich ist, sondern auch, ob sie im wirtschaftlichen Ergebnis für den Pflegebefohlenen (wozu auch der ruhende Nachlass zu rechnen ist) günstig ist (SZ 65/108). Liegt eine Klage zur Genehmigung vor, so bedeutet dies, dass neben den Erfolgschancen auch die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des damit angestrebten Ergebnisses zu beurteilen sind.

Bei der Frage der Erfolgschancen der Klage ist dem Rekursgericht zunächst insoweit beizupflichten, dass nach dem derzeitigen Akteninhalt nicht davon ausgegangen werden kann, die Hälfte der Forderung des Nachlassses gegen Uwe D***** sei bereits infolge Konfusion erloschen. In diesem Zusammenhang ist vorweg zu beachten, dass die Erblasserin deutsche Staatsangehörige, obgleich mit österreichischen Wohnsitz, war. Nach § 28 Abs 1 IPRG richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Die deutsche Staatsangehörigkeit der Erblasserin verweist daher ins deutsche Recht. Diese Verweisung ist gemäß § 5 Abs 1 IPRG eine Gesamtverweisung. Sie umfasst auch deren Verweisungsnormen, die das deutsche Recht über Art 25 Abs 1 EGBGB annimmt, weil auch dieser hinsichtlich der Rechtsnachfolge von Todes wegen an die Staatsangehörigkeit des Erblassers anknüpft. In beiden Rechtsordnungen ist das Erbstatut für die Auslegung und Wirkungen der Verfügungen von Todes wegen (wie insbesondere Erbseinsetzung, Vermächtnis, Schulderlass) maßgebend (Schwimann in Rummel2 II, Rz 1c zu § 28 IPRG mwN; für das deutsche Recht: Pallandt, BGB59 Rz 11 zu Art 25 EGBGB mwN).

Wie die Anordnungen der Erblasserin auszulegen sind, insbesondere ob in ihren Verfügungen hinsichtlich der ihr gegen den Ehemann und nunmehrigen Witwer zustehenden Forderung, dass diese je zur Hälfte ihren beiden Kindern zukommen solle, ein (Voraus-)Vermächtnis oder eine (bloße) Teilungsanordnung zu erblicken ist, richtet sich daher nach deutschem Recht.

Die Sonderanknüpfung hinsichtlich des Erbschaftserwerbes durch die erbrechtlich Berechtigten, wozu auch die Vermächtnisnehmer zählen (Schwimann in Rummel2 II, Rz 3 zu § 28 IPRG; vgl auch SZ 59/205) bei einer Abhandlung in Österreich führt allerdings hinsichtlich der Frage, ob Uwe D***** bereits Eigentümer der Forderung wurde, zur Anwendung österreichischen Rechts (8 Ob 2343/96h).

Bei der Vererbung von Forderungen ist die Vorfrage des Forderungsbestandes nach dem jeweils einschlägigen Forderungsentstehungsstatut getrennt anzuknüpfen, während der erbrechtliche Übergang dem § 28 IPRG unterliegt (Schwimann aaO Rz 1). Dies gilt auch für die Erfüllung von Nachlassforderungen durch einen Schuldner, der zugleich Erbe ist (6 Ob 632, 633/89).

Im vorliegenden Fall wurde die inländische Gerichtsbarkeit für die Abhandlung des gesamten Nachlasses der deutschen Erblasserin, die ihren Wohnsitz in Wien hatte, (zutreffend) in Anspruch genommen (vgl EFSlg 52.831).

Bei Auslegung der betreffenden letztwilligen Anordnung als Vorausvermächtnis im Sinn des § 2150 BGB bedürfte daher der Forderungserwerb durch Uwe D***** der Abtretung der Forderung seitens der Verlassenschaft, worauf Uwe D***** einen schuldrechtlichen Anspruch hätte (Welser in Rummel2 II, Rz 1, 2 zu § 664 ABGB).

Bei Auslegung als Teilungsanordnung (§ 2048 BGB; vgl zum Unterschied Teilungsanordnung-Vorausvermächtnis etwa Münchener Kommentar zum BGB3, Band 9, Rz 5 ff zu § 2150 BGB) wäre (nach dem insoweit anzuwenden österreichischen Recht) die Einantwortung Voraussetzung des Forderungserwerbes.

Weder in dem einen noch in dem anderen Fall wäre die Forderung daher bereits mit dem Tod der Erblasserin auf Uwe D***** übergegangen (entgegen § 2176 BGB und § 1922 BGB - Tod des Erblassers bzw Annahme der Erbschaft).

Ein Befreiungsvermächtnis (vgl Münchener Kommentar aaO Rz 7 zu § 2150 BGB) - das im Übrigen nach österreichischem Recht ebenfalls nicht als Schulderlass zum Todeszeitpunkt des Erblassers wirkt, sondern bloß den Erben (die Verlassenschaft) verpflichtet, den Erlass vorzunehmen (Welser aaO Rz 1 zu § 663 ABGB) - liegt nicht vor: Die im Klageentwurf behauptete Forderung der Erblasserin gegen Uwe D***** entstand erst mit der Zession der Kaufpreisforderung des Dkfm. Günther D***** gegen Uwe D*****, die zugleich mit dem Kaufvertrag vom 23. 9. 1986 vorgenommen wurde. Die letztwilligen Verfügungen datieren aber vor diesem Zeitpunkt, sodass davon nur die Forderung der Erblasserin gegen ihren Mann Dkfm. Günther D***** umfasst sein kann.

Aus all diesen Erwägungen folgt, dass Uwe D***** der Klage aufgrund der letztwilligen Anordnung der Erblasserin eine Gegenforderung in Höhe der ihm hinterlassenen Hälfte der Forderung der Ruth D***** gegen Dkfm. Günther D***** derzeit nicht entgegensetzen kann, sondern erst dann, wenn er eine Abtretung der Forderung an ihn durchgesetzt hat (bei Auslegung als Vorausvermächtnis) oder wenn ihm der Nachlass eingeantwortet wurde (bei Auslegung als Teilungsanordnung).

Es wäre dann mit einem Prozessverlust seitens der Verlassenschaft (bzw in der Folge der eingeantworteten Erben) in Höhe etwa der Hälfte der Klageforderung zu rechnen. Im Fall der Einantwortung schiede Uwe D***** infolge Konfusion (§ 1445 ABGB) überhaupt als Kläger aus (vgl zur deutschen Rechtslage: Pallandt aaO, Überbl. vor § 362 BGB Rz 4; die dort genannten Ausnahmefälle - insbes im Erbrecht - liegen nach dem derzeitigen Aktenstand nicht vor).

Es ist derzeit nicht abzusehen, ob ein auf Grund der zur Genehmigung vorgelegten Klage geführter Prozess beendet wäre, ehe Uwe D***** Eigentümer der ihm von der Erblasserin zugedachten Forderung wird. Abgesehen von den unterschiedlichen Auffassungen der erbserklärten Erben und des Pflichtteilsberechtigten über einzelne Nachlasswerte stehen der Errichtung des Hauptinventars, der Fassung des Mantelbeschlusses und der Einantwortung keine erkennbaren Hindernisse mehr im Weg. Andererseits ist damit zu rechnen, dass Uwe D***** trotz seines Anerkenntnisses und Verjährungsverzichtes versuchen wird, eine Klagestattgebung mit allen Mitteln abzuwenden und das Verfahren hinauszuzögern, kann er doch jedenfalls mit einem nicht unbeträchtlichen Teilsieg rechnen, wenn die Einantwortung (allenfalls eine Legatsübertragung an ihn) vor dem Prozessende erfolgt.

Es ist daher bereits jetzt abzusehen, dass durch die vorgeschlagene Klageführung Prozesskosten auflaufen werden, die sich letztendlich auf der Passivseite des Verlassenschaftsvermögens niederschlagen werden. Schon aus diesem Grund kommt daher eine Genehmigung der Klage über den gesamten darin angeführten Klagebetrag nicht in Betracht.

Es besteht aber auch kein Anlass zur teilweisen Klagegenehmigung insoweit, als die Forderung der Verlassenschaft über die Hälfte der Forderung, die Uwe D***** im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens einmal zukommen wird, hinausgeht. Bezogen auf den Todeszeitpunkt der Erblasserin betrug laut dem vom Gericht angenommenen Teilinventar vom 23. 3. 1992 und gemäß dem Anerkenntnis Uwe D*****s der Wert der Forderung 7,742.720 S, der Wert der - inzwischen offenbar großteils realisierten - Bankguthaben und Wertpapiere (mit Ausnahme der allein Uwe D***** zustehenden Aktien) 4,341.220,70 S zuzüglich Gold- und Silbermünzen im Wert von 228.115 S, demnach 4,569.335,70 S, wozu noch Schmuck im Wert von insgesamt 256.590 S kommt. Nach dem Bericht des Verlassenschaftskurators vom 26. 3. 1993 erlagen damals aus dem teilweisen Realisat der Wertpapiere 5,018.487,31 S auf dem notariellen Anderkonto. Am 27. 11. 1998 wies dieses Anderkonto laut Mitteilung des Gerichtskommissärs nach Auszahlung von insgesamt 3,000.000 S an Ruth D***** und der Berichtigung von diversen Nachlasskosten einen Positivstand von 2,938.842,04 S auf. Der Schmuck wurde offenbar inzwischen an Sabine Z***** ausgefolgt (vgl den Vermerk des Notars Dr. Richard G***** auf dem - von den Parteien nicht unterfertigten - Protokoll vom 24. 2. 1989).

Geht man davon aus, dass dieser Teil des Nachlasses den erbserklärten Erben je zur Hälfte zukommen soll, ergebe sich nach den inventarisierten Schätzwerten, dass Sabine Z***** und Uwe D***** gleichgestellt wären, stünde ihnen aus der hinterlassenen Forderung und den oben aufgezählten Werten ein Gegenwert von je 6,284.322,50 S zu (4,825.925 S plus 7,742.720 S = 12,568.645 S : 2 = 6,284.322,50

S).

Unter diesen Prämissen hätte Uwe D***** rein rechnerisch noch einen Ausgleich von 1,458.397,50 S zu leisten, wobei diese Rechnung weder inzwischen aufgelaufene Zinsen (die einerseits das im Nachlass vorhandene Barvermögen, andererseits aber auch die offene Forderung gegen Uwe D***** vergrößern) noch den Umstand berücksichtigt, dass inzwischen diverse Kosten, die im Zusammenhang mit dem Verlassenschaftsverfahren aufgelaufen sind, aus dem im Nachlass vorhandenen Barvermögen berichtigt wurden und die nicht allein zu Lasten der erblasserischen Tochter, sondern ebenso zu Lasten Uwe D*****s zu veranschlagen sind.

Diese Erwägungen zeigen aber, dass die kostspielige Klageführung letztlich nicht den Interessen der Verlassenschaft, sondern ausschließlich jenen der Miterbin Sabine Z***** dienen würde. Um die laufend anfallenden Kosten im Zusammenhang mit dem Verlassenschaftsverfahren zu begleichen, ist eine Einklagung der ausstehenden Nachlassforderung gegen Uwe D***** oder auch nur eines Teiles derselben derzeit und voraussichtlich auch bis zum Ende des Verlassenschaftsverfahrens nicht angebracht, standen doch per 27. 11. 1998 noch 2,938.842,04 S an Barmitteln zur Verfügung. Eine Berichtigung von Kosten aus diesen Barmitteln schmälert zwar das im Nachlass vorhandene Vermögen, nicht aber den der Sabine Z***** zustehenden Erbteil.

Die Notwendigkeit, dem ruhenden Nachlass durch Eintreibung der Forderung einen höheren Barbetrag zufließen zu lassen, könnte sich allerdings daraus ergeben, dass der Nachlass gezwungen ist, die Pflichtteilsansprüche des Witwers, Dkfm. Günther D*****, zu begleichen. Der Witwer, dessen Anhörung zum Antrag auf Klagegenehmigung gemäß § 129 letzter Satz AußStrG angezeigt gewesen wäre, hat nunmehr aber seine Stellungnahme zum Antrag in seinem Rekurs dahin nachgetragen, dass er die Klagegenehmigung für verfehlt halte. Er brachte ausdrücklich vor, die Klageführung sei nicht im Interesse des Pflichtteilsberechtigten geboten, weil es nicht darauf ankomme, ob Nachlassaktiven in Form einer Forderung der Verlassenschaft oder in Form eines zufolge Zahlung der Forderung vorhandenen Barvermögens bestehe, wobei er unter anderem auf die Anerkenntniserklärung Uwe D*****s verwies. Daraus ergibt sich, dass Dkfm. Günther D***** die Einbringlichkeit seiner derzeit im Prozessweg gegen die Verlassenschaft verfolgte Pflichtteilsforderung auch dann als hinreichend gesichert ansieht, wenn die Forderung der Verlassenschaft gegen Uwe D***** nicht realisiert wird. Er vertraut offenbar der anhaltenden Zahlungskraft Uwe D*****s.

Dem gegenüber entbehren die Erwägungen des Rekursgerichtes über mögliche künftige Liquidationsprobleme Uwe D*****s jeglicher nachvollziehbarer Aktengrundlage und sind im Übrigen unschlüssig: Uwe D***** hat nicht nur umfangreiches Vermögen nach seiner Mutter geerbt. Er ist vermutlich schon jetzt Eigentümer von Aktien der C*****-AG (wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung der Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. 7. 1988, Beilage 15/1 im Schätzungsgutachten ON 388 und der Tatsache, dass Uwe D***** mehrere Eingaben namens der C*****-AG verfasst hat, ableiten lässt. Er behauptet zwar, dass diese Aktien nichts wert seien. Letztlich läuft sein Aktienbesitz aber auf ein bereits jetzt bestehendes "Miteigentum" an einem Landgut, dessen Schätzwert etwa bei 34,000.000 S liegt, hinaus. Dieses Landgut wird nach Übertragung der restlichen 98 Aktien an ihn teilweise oder auch zur Gänze im Ergebnis ihm gehören. Sollte Uwe D***** die ihm und "seinen" Firmen gegen die C*****-AG angeblich zustehenden Forderungen in Millionenhöhe nicht realisieren können, bliebe ihm letztlich immer noch das wertvolle Landgut. Sollte er die angeblichen Forderungen einbringen können und dadurch das Vermögen der C*****-AG mindern, hätte er die betreffenden Millionen zur Verfügung. Insbesondere aber behauptete die allein an der Klageführung interessierte Miterbin Sabine Z***** selbst, dass ihr Bruder vermögend sei, wobei sie auf die Betriebsliegenschaft in V***** verwies und drei dort geführte Unternehmen aufzählte (vgl ihre Eingabe vom 6. 5. 1998, ON 467).

Im Hinblick auf den von Uwe D***** erklärten Verzicht auf den Verjährungseinwand besteht daher derzeit keine erkennbare Gefahr, dass dem Nachlass und in weiterer Folge der Miterbin oder dem Pflichtteilsberechtigten Vermögenswerte entgehen könnten, wenn nicht bereits jetzt die Forderung gegen Uwe D***** realisiert wird.

Da der einzige Pflichtteilsberechtigte den vom Nachlasskurator zur Genehmigung vorgeschlagenen Prozess nicht wünscht, würde dieser letztlich ausschließlich zugunsten Sabine Z*****s geführt. Diese könnte davon insoweit profitieren, als laufend anfallende Prozesskosten zunächst - bis zur Einantwortung - die Verlassenschaft (und daher nicht die Miterbin alleine) belasten würden. Nach der Einantwortung müsste sie das Verfahren gegen Uwe D***** ohnehin alleine weiterführen. Nur im Falle einer rechtskräftigen Klageabweisung bereits vor Einantwortung trüge letztlich die Verlassenschaft und damit letztlich auch Uwe D***** an ihrer Stelle die Verfahrenskosten. Eine derartige teilweise Übernahme des Kostenrisikos der Auseinandersetzung zwischen volljährigen Erben zugunsten eines von ihnen liegt aber nicht im Sinn der sich aus § 21 Abs 1 ABGB ergebenden, auch für den ruhenden Nachlass geltenden Rechtsfürsorgepflicht des Gerichtes für Pflegebefohlene.

Für die Genehmigung oder auch nur Teilgenehmigung der Klage betreffend die im Klageentwurf dargestellte Forderung gegen Uwe D***** besteht daher entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kein Anlass. Ihre Entscheidungen sind daher im Sinn einer Abweisung des diesbezüglichen Antrages des Verlassenschaftskurators abzuändern.

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