OGH 6Ob100/75

OGH6Ob100/759.10.1975

SZ 48/103

Normen

ABGB §863
ABGB §932
ABGB §863
ABGB §932

 

Spruch:

Die Beurteilung, ob durch Benützung der mangelhaften Sache auf Wandlung verzichtet wurde, hat nach den Grundsätzen des § 863 ABGB zu erfolgen

OGH 9. Oktober 1975, 6 Ob 100/75 (OLG Wien 7 R 100/75; KG Krems an der Donau 14 Cg 411/74)

Text

Der Kläger erwarb vom Beklagten mit Kaufvertrag vom 10. Mai 1974 einen gebrauchten PKW Marke Opel Admiral, Baujahr 1970, um den Kaufpreis von 60.000 S, zuzüglich 4000 S für ein im Auto montiertes Radiogerät und einen Feuerlöscher. Der Betrag von 60.000 S wurde dem Beklagten über ein Kreditinstitut ausbezahlt.

Der Kläger begehrte zunächst mit der vorliegenden Klage vom Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises von 60.000 S samt Nebengebühren Zug um Zug gegen Rückstellung des PKWs samt Typenschein. Er brachte vor, der Beklagte habe ihm ausdrücklich versichert, daß der echte Kilometerstand des Fahrzeuges 93.000 km betrage und der PKW völlig havariefrei sei. Schon bald nach Übernahme habe sich jedoch gezeigt, daß der Wagen nach rechts zog und die Windschutzscheibe so schlecht erneuert worden war, daß Wasser an vielen Stellen in das Fahrzeug eindrang. Eine Untersuchung durch den ÖAMTC habe ergeben, daß der Wagen eine größere Havarie erlitten haben mußte. Auch habe sich herausgestellt, daß einer der Voreigentümer mit dem Wagen weit über 100.000 km gefahren sei und dann der Tachometer eine Zeit lang nicht funktionierte. Der Beklagte habe daher den Kläger arglistig über wesentliche Eigenschaften des Kaufgegenstandes in Irrtum geführt. Der Kläger stütze sein Aufhebungsbegehren auf die §§ 870, 871 ABGB und zusätzlich auf einen Gewährleistungsmangel sowie Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes. Vor Schluß der letzten mündlichen Streitverhandlung stellte der Kläger für den Fall, daß ein Wandlungs- oder Aufhebungsanspruch nicht für gegeben erachtet werde, das Eventualbegehren auf Zuspruch von 18.000 S samt 4% Zinsen seit Klagszustellung (das ist der 19. August 1974) aus dem Titel der Preisminderung.

Der Beklagte beantragte, das Hauptbegehren abzuweisen, erkannte jedoch das Eventualbegehren unverzüglich mit einem Teilbetrag von 7000 S an und beantragte diesbezüglich Kostenzuspruch, da er in diesem Punkte zur Klagsführung keine Veranlassung gegeben habe. Er wendete ein, daß er dem Kläger keinerlei andere Zusagen gemacht habe, als daß der Wagen vor ihm von Rechtsanwalt Dr. W gefahren worden sei und der Kilometerstand daher stimmen müsse. Von Mängeln sei dem Beklagten ebensowenig wie von einer Havarie etwas bekannt gewesen. Es liege weder eine Irreführung noch eine Verletzung über die Hälfte vor. Allfällige Schäden am Fahrzeug könnten nur nach der Übergabe entstanden sein. Der Kläger habe das Recht auf Wandlung im Hinblick darauf verwirkt, daß er trotz Kenntnis der Mängel mit dem PKW rand 50.000 km gefahren sei. Sollte ein Wandlungsrecht dennoch angenommen werden, müsse sich der Kläger für Benützung und Abnützung einen Betrag von 40.000 S abziehen lassen.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren hinsichtlich eines Betrages von 44.000 S samt 4% Zinsen seit 20. August 1974 statt und wies das Mehrbegehren von 16.000 S ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Im August 1970 erwarb Rechtsanwalt Dr. W den PKW von der Firma A, welche ihn als Vorführwagen verwendet hatte, mit einem Kilometerstand von 7000. Dr. W hatte vier ins Gewicht fallende Havarien. Bei der ersten wurde der linke Kotflügel mit dem Scheinwerfer beschädigt. Die Reparaturkosten betrugen 11.000 S, wobei die beschädigten Bestandteile durch neue ersetzt und die linke Seite neu lackiert wurde. Im Winter 1971 oder 1972 fuhr Dr. W mit dem Wagen gegen eine Leitplanke, wobei der rechte Scheinwerfer und der rechte Kotflügel beschädigt wurden. Die Reparatur kostete 1000 S. Im März 1972 fuhr Dr. W gegen eine Schneewächte und anschließend über eine verschneite niedere Mauer. Dabei wurden beide vorderen Kotflügel und Scheinwerfer, der rechte Längsträger, die mittlere Spurstange und der rechte untere Lenker in Mitleidenschaft gezogen. Die Reparaturkosten betrugen 25.691 S. Damals ließ Dr. W das Fahrzeug außen neu lackieren. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt mußte Dr. W nach einem Steinschlag die Windschutzscheibe erneuern lassen. Nach der Reparatur drang in den Wagen Wasser ein, was trotz Abdichtung nicht völlig in Ordnung gebracht werden konnte. Am 9. Oktober 1973 ließ Dr. W den PKW bei einem Kilometerstand von

81.849 (die tatsächliche Fahrleistung lag einige tausend Kilometer höher, da der Kilometerzähler eine Zeit lang ausgefallen war) vom ÖAMTC überprüfen. Der Befund lautete: Auspuffleitung und Dämpfer, Scheuern der Bremsen links vorne, Kühler löten und Reifenprofile.

Im Oktober 1973 verkaufte Dr. W das Fahrzeug an den Autohändler Karl R um 23.000 S, wobei dieser Preis wegen des gleichzeitigen Ankaufs eines anderen Fahrzeuges, auf den ein 20%iger Nachlaß gewährt wurde, nur ein "finanztechnischer" war. Der tatsächliche Kilometerstand im Zeitpunkt dieses Verkaufes betrug höchstens 90.000 bis 100.000 km. Beim Verkauf sagte Dr. W, daß der Wagen in bezug auf das Fahrgestell garantiert unfallfrei sei. Er erwähnte jedoch, daß kleinere Havarien und eine größere Havarie vorgekommen seien. Karl R verwendete den Wagen selbst nicht, sondern verkaufte ihn am 4. Jänner 1974 um 23.000 S an den Beklagten, wobei der Beklagte nur 10.000 S bar bezahlte und R für die restlichen 13.000 S einen Peugeot 204, Baujahr 1969, erhielt. Ob und was Karl R dem Beklagten über Vorschäden sagte, konnte nicht festgestellt werden. Er übergab ihm jedoch den oben erwähnten ÖAMTC-Bericht. In der Folge fuhr der Beklagte, der diesen Wagen für seinen eigenen Gebrauch gekauft hatte, etwa 10.000 bis 11.000 km mit dem Fahrzeug. Es konnte nicht festgestellt werden, daß der Beklagte eine Havarie hatte.

Am 10. Mai 1974 verkaufte der Beklagte den PKW an den Kläger. Zuvor machte dieser eine Probefahrt, bei welcher der Wagen jedoch von der Lebensgefährtin des Beklagten gelenkt wurde, da letzterer Fremde nicht mit seinem PKW fahren ließ. Im Zuge der Kaufgespräche erklärte der Beklagte über Befragen, daß der Wagen bis auf ein paar Kratzer keinen Unfall gehabt habe und er selbst mit dem Fahrzeug zufrieden gewesen sei. Der Kilometerstand betrage "ehrliche" 93.000 km. Der Beklagte garantierte dem Kläger auf dessen Verlangen ausdrücklich, daß der Wagen unfallfrei sei. Im schriftlichen Kaufvertrag wurde für den PKW ein Kilometerstand von 93.000 km angegeben und festgehalten, daß der Beklagte dem Kläger den PKW wie besichtigt und probegefahren ohne jede Gewährleistung verkaufe. Tatsächlich wies der PKW bei Abschluß des Kaufvertrages folgende Mängel auf: Die Lenkung zog nach rechts, wobei nicht festgestellt werden konnte, wie stark, und die Windschutzscheibe war undicht eingesetzt, so daß Wasser eindringen konnte. Beide Mängel mußten dem Beklagten bekannt sein und hätten auch vom Kläger durch eine Probefahrt und durch das Durchfahren einer Waschstraße festgestellt werden können. Tatsächlich bemerkte der Kläger das Ziehen des Wagens nach rechts unmittelbar nachdem er den gekauften PKW fuhr, während er etwa eine halbe Woche nach Übernahme des PKWs bemerkte, daß bei Regen Wasser in den Wagen eindringt. Aus diesem Grund forderte der Kläger den Beklagten einige Tage später auf, den Wagen zurückzunehmen. Verhandlungen über den Ankauf eines anderen Fahrzeuges gegen Aufzahlung blieben ergebnislos. Am 10. Juni 1974 ließ der Kläger den Wagen bei einem Tachometerstand von 98.142 km (und einer einige tausend Kilometer höheren effektiven Fahrleistung) vom ÖAMTC untersuchen. Dabei wurde festgestellt: Auspuffdämpfer: vorderer Topf undicht; mangelhafte Wirkung der Feststellbremse; Ölundichtheiten; Zylinderkopfdichtung (Steuerkasten); Wagen zieht nach rechts; einseitiges Ziehen bei scharfem und zartem Bremsen; Richt- und Lackierspuren vorne rechts (Havarie); Ölabsaugschlauch zum Vergaser defekt; eine optische Fahrgestellvermessung wurde angeraten. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Kläger seit der Übernahme des Fahrzeuges eine Havarie oder Panne gehabt hätte. Der Kläger fuhr den PKW auch nach Erkennen der Mängel weiterhin und der PKW hatte bei der Besichtigung durch das Erstgericht am 6. März 1975 einen Kilometerstand von

144.260 km, so daß der Kläger seit dem Ankauf des Wagens mit dem PKW noch insgesamt 51.260 km gefahren ist. Der Mangel, daß Wasser bei der Windschutzscheibe eindringt, ist an sich behebbar, doch ergeben sich zuweilen Schwierigkeiten bei dieser Behebung, weil es vorkommen kann, daß eine nachträglich eingebaute Windschutzscheibe etwa deswegen nicht richtig eingepaßt werden kann, weil in der Karosserie Spannungen vorhanden sind. Das Ziehen der Lenkung nach rechts ist grundsätzlich behebbar, die Kosten für die Behebung dieses Mangels können sich jedoch in verschiedenen Größenordnungen bewegen, je nachdem, was die Ursache für das Ziehen nach rechts ist. Die genaue Ursache ist aber nicht feststellbar. Grundsätzlich sind alle wesentlichen Verformungen des Aufbaues und des Fahrgestelles eines PKWs als Havarieschäden anzusehen, nicht jedoch Kratzer an der Außenseite der Karosserie. Der Zeitwert eines Opel Admiral, B 28 H, Baujahr 1970, im Zeitpunkt des Kaufes durch den Kläger war, wenn man von den Händlerverkaufspreisen ausgeht, 52.000 S, sofern man lediglich Alter und Fahrleistung dieses PKWs berücksichtigt. Bezieht man aber auch noch die beiden Mängel ein, die der PKW damals hatte, dann betrug dieser Zeitwert 49.000 S. In den angegebenen Werten ist das Autoradio nicht berücksichtigt, der Aufpreis für eine heizbare Heckscheibe fällt bei dem Alter des Fahrzeuges praktisch nicht ins Gewicht. Hätte der PKW im Zeitpunkt des Kaufabschlusses zwischen den Streitteilen eine um rund 50.000 km höherliegende Fahrleistung bei sonst grundsätzlich gleichem Zustand gehabt, dann wäre der Zeitwert um 10.000 S niedriger gewesen. Als Eigenersparnis für die Benützung eines Opel Admiral ist bei einer Fahrleistung von 50.000 km ein Betrag von rund 6000 S anzusetzen.

Daraus schloß das Erstgericht, daß zwar ein Gewährleistungsanspruch wegen des vertraglichen Ausschlusses und eine Verletzung über die Hälfte wegen der Relation zwischen Zeitwert und Kaufpreis nicht in Frage komme. Der Beklagte habe den Kläger jedoch über den wesentlichen Umstand der Havariefreiheit irregeführt und das Eindringen von Wasser und das Ziehen der Lenkung nach rechts verschwiegen, obgleich ihm diese Mängel bekannt gewesen sein mußten. Der Beklagte hätte sich als Fachmann (Händler mit Gebrauchtwagen) von der Havarie leicht Kenntnis verschaffen können. Auf die Behebbarkeit der Mängel komme es bei einer Anfechtung wegen List nicht an. Daß der Kläger auch nach dem Erkennen der Mängel mit dem Wagen weitergefahren sei, habe auf den Wandlungsanspruch keinen Einfluß, sondern bewirke nur einen Abzug vom rückzuzahlenden Kaufpreis im Betrage von 16.000 S, nämlich 10.000 S für den durch die Benützung verminderten Wert des PKWs und 6000 S für den Nutzen, den der Kläger daraus gezogen habe.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Streitteile Berufung, wobei der Kläger die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer völligen Stattgebung seines Hauptbegehrens beantragte, während der Beklagte den Antrag stellte, das Hauptbegehren zur Gänze und das Eventualbegehren im Umfang von 11.000 S (das ist die über den anerkannten Betrag liegende Summe) abzuweisen.

Mit dem nun angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht keiner der beiden Berufungen Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte im wesentlichen auch dessen Rechtsansicht. Ein Rechtssatz, daß der Aufhebungswerber, welcher die Sache nach erlangter Kenntnis des Mangels weiter benütze, seinen Aufhebungsanspruch verliere, bestehe in dieser allgemeinen Form nicht. Den Entscheidungen JBl. 1960, 445 und HS 6470 könne diesbezüglich nicht gefolgt werden. Nur dort, wo die Sachsubstanz durch den Käufer verändert werde (Verarbeitung, Beschädigung, die den bisherigen Gebrauch verhindert) sowie bei einer besonders intensiven Weiterverwendung der Sache in der Absicht, sich selbst auf Kosten des anderen einen dauernden Vermögensvorteil zu verschaffen, wobei eine wesentliche Entwertung hinzutreten müsse, sei das Aufhebungsbegehren ausgeschlossen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, da nicht festgestellt sei, daß die Weiterverwendung des PKWs zu einer Substanzveränderung führte oder geradezu in der Absicht erfolgte, sich auf Kosten des Beklagten zu bereichern. Schließlich hätte auch die Einstellung des Fahrzeuges durch den Beklagten entweder zu einer Entwertung durch Witterungseinflüsse oder bei Garagierung zu Verwahrungskosten geführt, welche dem zur Last gefallen wären, der den Prozeß verliert.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist davon auszugehen, daß nach den Feststellungen der Untergerichte der Beklagte dem Kläger im Zuge der Kaufgespräche ausdrücklich garantierte, daß der Wagen unfallfrei sei, obgleich er tatsächlich vier Havarien, darunter eine schwere, erlitten hatte. Wenn der Beklagte in der Revision meint, es habe sich hier keinesfalls um eine Zusage gehandelt, die er in bezug auf das Rechtsgeschäft abgeben wollte, sondern nur um seine subjektive Meinung, so stellt dies den Versuch dar, in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Untergerichte zu bekämpfen. Die Behauptung, die Untergerichte hätten nicht festgestellt, daß das Ziehen des Wagens nach rechts auch während der Zeit aufgetreten sei, in welcher der Beklagte das Fahrzeug benützte, ist aktenwidrig. Das Erstgericht hat - wenn auch im Rahmen seiner Beweiswürdigung - ausdrücklich festgestellt, daß der Beklagte das Ziehen des Wagens nach rechts gekannt hat. Schließlich war dem Beklagten auch bekannt, daß die Windschutzscheibe undicht und daß der Wagen neu lackiert war.

Bei diesem Sachverhalt haben die Untergerichte mit Recht zumindest einen Irrtum des Klägers über eine wesentliche Beschaffenheit des Fahrzeuges angenommen, wobei dieser Irrtum vom Beklagten durch die ausdrückliche Zusage der Havariefreiheit des Wagens veranlaßt wurde. Daß aber ein Irrtum über die Unfallfreiheit beim Ankauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges einen wesentlichen Irrtum darstellt, kann nicht zweifelhaft sein, da dieser Umstand für den Entschluß des Käufers, das Fahrzeug anzukaufen, von wesentlicher Bedeutung ist und auch bei der Bestimmung des Preises entscheidend in Rechnung gezogen wird (JBl. 1971, 258). Es kommt daher, wie schon das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, gar nicht darauf an, ob dem Kläger bekannt war, daß der Wagen Havarien hatte. Denn beim Irrtum ist ein Verschulden des Partners am Zustandekommen des Irrtums nicht erforderlich (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 128; Koziol - Welser, Grundriß[3] I, 96; SZ 28/103; EvBl. 1971/117, 208).

Der Kläger war daher berechtigt, den Vertrag wegen Irrtums gemäß § 871 ABGB anzufechten. Es ist somit nur noch die Frage zu prüfen, ob der Kläger sein Anfechtungsrecht dadurch verloren hat, daß er in Kenntnis der Mängel einschließlich der Havarie mit dem Wagen noch

46.118 km gefahren ist. Gemäß § 877 ABGB muß, wer die Aufhebung eines Vertrages aus mangelnder Einwilligung verlangt, auch alles zurückstellen, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat. Daraus läßt sich jedoch noch nicht ein allgemeiner Rechtssatz ableiten, wonach die Vertragsaufhebung nicht begehrt werden kann, wenn derjenige, der die Aufhebung des Vertrages anstrebt, die Sache in Kenntnis des Aufhebungsgrundes weiter benützt. Die Lehre ist in dieser Frage, die im Bereich verschiedener, hinsichtlich ihrer Auswirkungen insofern einander aber doch ähnlicher Rechtsbehelfe auftritt, uneinheitlich. Während Koziol - Welser (182 und 190) den Wandlungsanspruch auch dann für gegeben erachten, wenn der Erwerber nach Kenntnis vom Mangel die Rückstellung schuldhaft vereitelt, dem Erwerber aber das Risiko des Unterganges der Sache zuschieben, meint Gschnitzer (159 Anm. 44), daß der Irrende oder Gezwungene in diesem Falle das Anfechtungsrecht verwirkt habe. An anderer Stelle, und zwar im Zusammenhang mit dem Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB sagt Gschnitzer jedoch (536), daß zwar die Erfüllung der Verbindlichkeit des Erwerbers zur Rückstellung der mangelhaften Sache keine Bedingung für die Geltendmachung desselben sei und auch die Tatsache, daß der Erwerber an der Unmöglichkeit der Rückstellung Schuld trägt, noch nicht den Verlust des Wandlungsrechtes, sondern nur eine Schadenersatzpflicht zur Folge habe, daß in Verfügungen des Erwerbers nach erlangter positiver Kenntnis des Mangels aber regelmäßig ein stillschweigender Verzicht auf Wandlung liegt, wenn hiedurch die Rückstellung unmöglich wird.

Auch Ostheim (Wilburg-Festschrift, 307, insbesonders 315) vertritt den Standpunkt, daß nicht schon die Unmöglichkeit der Rückgewähr den Anfechtungsanspruch aufhebt, sondern in diesem Falle Wertersatz geleistet werden kann und muß. In der Beurteilung des Gesamtverhaltens des Aufhebungsberechtigten könnte dagegen unter dem Gesichtspunkt des konkludenten Verzichtes ein tauglicher Ansatzpunkt für den Untergang des Aufhebungsrechtes gefunden werden. In der Judikatur wird gleichfalls die Auffassung vertreten, daß in der Weiterbenützung der Sache trotz Kenntnis des Aufhebungsgrundes ein schlüssiger Verzicht auf die Anfechtung gelegen sein kann (EvBl. 1972/185, 349; HS 7.335/13, 6470, 4318/64 und andere, zuletzt 1 Ob 31/75). Immer wird jedoch hervorgehoben, daß die Beurteilung, ob auf Wandlung verzichtet wurde, nach den Grundsätzen des § 863 ABGB zu erfolgen hat. Bei Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ist nun besondere Vorsicht geboten (Koziol - Welser, 67; Ostheim a. a. O; RZ 1972, 14 u. a.). Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, daß er ernstlich gewollt ist (EvBl. 1957/253, 387 u. a.). Dem gerade für Fälle, wie den vorliegenden, gemachten Lösungsvorschlag Ostheims (317 f.), daß bei einem widerspruchsvollen Verhalten des Anfechtungswerbers dieser im Sinne des § 915 ABGB die für ihn ungünstigere Auslegung gelten lassen müsse, kann dagegen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil § 863 ABGB verlangt, daß die stillschweigende Erklärung des Willens keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen darf. Ein widerspruchsvolles Verhalten kann daher mit der Zielsetzung einer konkludenten Verzichtsannahme nicht im Sinne des § 915 ABGB ausgelegt werden.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann kann (bei Überlegung aller Umstände, wie dies § 863 ABGB verlangt) nicht gesagt werden, daß der Kläger durch die Weiterbenützung des PKWs zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat, er verzichte auf die Anfechtung des Vertrages. Der Kläger hat unmittelbar nach Kenntnis, daß der Wagen nach rechts zieht und bei der Windschutzscheibe Wasser eindringt, die Aufhebung des Kaufvertrages verlangt. Nachdem ihm durch das Gutachten des ÖAMTC vom 10. Juni 1974 klar geworden sein mußte, daß der Wagen eine Havarie gehabt hatte, brachte der Kläger bereits am 13. August 1974 die Klage auf Aufhebung des Kaufvertrages ein. Der Zeitraum bis zur Klagserhebung ist nicht so groß, daß daraus ein schlüssiger Verzicht abgeleitet werden könnte, dies selbst unter der Berücksichtigung, daß der Kläger das Fahrzeug weiter benützte. Aber auch im Verlauf des Verfahrens hat der Kläger immer an seinem Standpunkt festgehalten, daß der Vertrag gemäß §§ 870, 871 ABGB aufgehoben sei. Das Verfahren wurde ordnungsgemäß fortgesetzt und es ist niemals Ruhen des Verfahrens eingetreten, oder eine sonstige Verzögerung vom Kläger veranlaßt worden. Aus der - zugegebenermaßen stärkeren - Weiterbenützung des Wagens durch den Kläger während des Verfahrens - er hatte ihn nach Feststellung der Unterinstanzen für private Zwecke gekauft, ihn aber doch auch in seinem Gewerbe verwendet - kann daher im Zusammenhang mit dem sonstigen Verhalten des Klägers nicht zweifelsfrei abgeleitet werden, daß der Kläger auf die Anfechtung des Vertrages verzichten wollte. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß dem Kläger in dieser Zeit noch ein zweiter PKW zur Verfügung stand, den er nach seiner Aussage mehr geschäftlich benützte. Das Recht des Klägers, den Vertrag anzufechten, bestand daher weiter. Er muß sich allerdings, wie dies die Untergerichte bereits getan haben, einen Abzug vom Kaufpreis für die durch die Weiterbenützung eingetretene Wertminderung des PKWs gefallen lassen. Soweit in diesem Zusammenhang die Revision die von den Untergerichten festgestellte Wertminderung in Zweifel zieht, bekämpft sie aber in Wahrheit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung.

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