Spruch:
Dem Delegierungsantrag wird nicht stattgegeben.
Text
B e g r ü n d u n g :
Die Klägerin begehrt im Verfahren AZ 2 C 2275/09i des Bezirksgerichts Braunau am Inn vom Beklagten die Bezahlung von 3.900 EUR aus der Rückabwicklung eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Kraftfahrzeugkaufvertrags. Das Fahrzeug stehe in Wien und könne nicht zugelassen werden; der Beklagte habe der Klägerin, die zu 100 % invalid sei, zugesagt, dass es sich beim Kaufgegenstand um ein Fahrzeug mit behindertengerechten Umbauten handle; diese Zusage habe jedoch nicht den Tatsachen entsprochen.
Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Josefstadt; das Fahrzeug stehe in Wien und sei nicht zugelassen, weshalb es einer Befundaufnahme durch einen „Wiener SV“ bedürfe. Die Klägerin sei schwer körperbehindert.
Der Beklagte trat sowohl dem Klagebegehren als auch dem Delegierungsantrag entgegen; deren Voraussetzungen lägen nicht vor, weil sich das Beweisverfahren ohnehin lediglich auf Rechtsmängel beziehen werde.
Das Bezirksgericht Braunau am Inn legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 31 Abs 2 JN vor und befürwortete die beantragte Delegierung unter Hinweis auf den Standort des Fahrzeugs und die Gehbehinderung der Klägerin.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht gerechtfertigt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0046589) soll die Delegierung eines anderen Gerichts die Ausnahme bilden. Kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so ist dieser der Vorzug zu geben.
Der Klägerin und dem Bezirksgericht Braunau am Inn ist zwar darin beizupflichten, dass der derzeitige Standort des nicht zugelassenen Fahrzeugs, dessen jedenfalls beantragte und offensichtlich auch notwendige Befundung durch einen Sachverständigen sowie die Gehbehinderung der Klägerin für eine Delegierung des Verfahrens nach Wien sprechen würden. Allerdings haben beide Parteien ihre eigene Einvernahme beantragt, wobei der Beklagte Pensionist und deshalb offensichtlich ebenso wie die Klägerin höheren Alters sein dürfte. Darüber hinaus hat sich der Beklagte auf die Einvernahme von drei Zeugen berufen, die alle in Oberösterreich wohnhaft sind. Dass der Beklagte die von ihm nun ins Treffen geführten Zeugen erst im Verlauf des Verfahrens, jedenfalls aber in Kenntnis des Delegierungsantrags der Klägerin beantragt hat, ist für die Entscheidung über den Delegierungsantrag unerheblich (vgl 9 Nc 27/09h zum umgekehrten Fall); maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Delegierungsantrag (5 Nd 511/99). Eine Abwägung der Wichtigkeit der beantragten Zeugen kann wiederum nicht bei der Zweckmäßigkeitsprüfung nach § 31 Abs 1 JN erfolgen (3 Nc 2/08m).
Da im Zweifel gegen die Delegierung zu entscheiden ist, war dem Antrag der Klägerin nicht Folge zu geben.
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