Spruch:
Dem Ablehnungsantrag wird Folge gegeben.
Zur Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei wird das Oberlandesgericht Innsbruck bestimmt.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt für seine am 8. 5. 1990 beim Landesgericht Linz eingebrachte Klage die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Die Klage richtet sich auf Verurteilung der Beklagten dazu, daß sie es künftig unterlassen, den Kläger als "Straftäter" zu bezeichnen. Das Landesgericht Linz wies den Verfahrenshilfeantrag des Klägers ab und stellte ihm die Klage unter Fristsetzung zur Verbesserung durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zurück.
In Verbindung mit dem fristgerecht erhobenen Rekurs lehnte der Kläger für die Rechtsmittelentscheidung "das Oberlandesgericht Linz und alle seine Richter" als befangen ab. Sämtliche Mitglieder des für die Behandlung des Rechtsmittels zuständigen Senates 1 des Oberlandesgerichtes Linz erstatteten eine Befangenheitsanzeige. Sieben Richter des Oberlandesgerichtes Linz erklärten, daß sie sich nicht befangen fühlten; die übrigen - mit Ausnahme der drei Beklagten - erachteten sich entweder für befangen oder gaben keine Erklärung ab.
Das Oberlandesgericht Linz legt die Akten zur Entscheidung über die Ablehnung vor.
Da sich die Ablehnung gegen alle beim Oberlandesgericht Linz ernannten Richter wendet, wurde dieser Gerichtshof durch die Ablehnung beschlußunfähig (§ 23 JN). Zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag ist daher insoweit der Oberste Gerichtshof berufen (Fasching, Komm., I, 210).
Rechtliche Beurteilung
Der Ablehnungsantrag ist berechtigt.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung kann zwar grundsätzlich die Ablehnung eines ganzen Gerichtes nur durch die Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter, konkreter Ablehnungsgründe gegen jeden dieser Richter erfolgen (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 165; SZ 33/122; EvBl. 1989/18 mwN). Eine derartige Aufgliederung unter namentlicher Nennung aller abgelehnten Richter ist aber im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht erforderlich, weil der nicht konkret bezeichnete Befangenheitsgrund offenkundig ist und auf alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz in gleicher Weise zutrifft. Gemäß § 19 Z 2 JN genügt jeder zureichende Grund, die Unbefangenheit des Richters in Zweifel zu ziehen, auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der jeweilige Befangenheitsgrund geeignet ist, auch nur nach außen hin ernstliche Zweifel an der Unbefangenheit der abgelehnten Richter zu wecken. Hier ist über die Bewilligung oder Versagung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Klage zu entscheiden, die sich (unter anderem) auch gegen den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz als Beklagten richtet. Dem in diesem Zusammenhang vergleichbaren Fall einer Klage gegen einen Präsidenten eines Gerichtshofes erster Instanz hat der Gesetzgeber daher aus dem soeben dargelegten Grund durch die Regelung des § 79 Abs. 1, zweiter Satz, JN Rechnung getragen (vgl. Arb. 10.760).
Wegen objektiver Befangenheit sämtlicher Richter des Oberlandesgerichtes Linz im Rechtsmittelverfahren über die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer gegen den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz und zweier seiner Senatspräsidenten gerichteten Klage war somit dem Ablehnungsantrag des Klägers stattzugeben und gemäß § 30, zweiter Satz, JN ein anderes Oberlandesgericht zur Entscheidung über den Rekurs zu bestimmen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)