OGH 5Ob88/92

OGH5Ob88/9226.5.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Helga R*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Michael Czinglar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, infolge Revisionsrekurses der Verlassenschaft nach dem am 25.August 1991 verstorbenen, zuletzt in *****, wohnhaft gewesenen Pensionisten Leopold K*****, vertreten durch Dr. Günther Steiner, Dr. Hans-Peter Herle und Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 19. Februar 1992, GZ R 11/92-4, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 21.November 1991, TZ 9202/91-1, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag der Antragstellerin auf Einverleibung des Wohnungsrechtes für sie ob der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft abgewiesen wird.

Die mit dieser Entscheidung verbundenen Löschungen sowie die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung

Die Antragstellerin schloß am 21.3.1990 mit dem Eigentümer der oben genannten Liegenschaft einen notariellen Dienstbarkeitsbestellungsvertrag, in dem die Vertragsteile festhielten, sie seien eine Lebensgemeinschaft eingegangen und bewohnten derzeit das Haus R*****, wogegen das Haus R***** 37 wohl eingerichtet, aber nicht bewohnt sei. Unter der Voraussetzung, daß im Zeitpunkt des Ablebens des Liegenschaftseigentümers diese Lebensgemeinschaft noch aufrecht bestehe, vereinbarten die Vertragsteile auf den Sterbefall des Liegenschaftseigentümers zugunsten der Antragstellerin auf deren Lebensdauer am Haus R***** 37 eine unentgeltliche Dienstbarkeit des Wohnrechtes.

Nach dem am 25.8.1991 eingetretenen Tod des Liegenschaftseigentümers beantragte die Antragstellerin unter Vorlage des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages, der Sterbeurkunde betreffend den Liegenschaftseigentümer sowie den Meldezettel betreffend ihre Anmeldung im Haus R***** am 15.7.1991 die Einverleibung der Dienstbarkeit des Wohnrechtes.

Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.

Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs der Verlassenschaft des Liegenschaftseigentümers, vertreten durch den erbserklärten und mit der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses beauftragten Erben, diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Der Antragstellerin sei die Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes unter der aufschiebenden Bedingung eingeräumt worden, daß im Zeitpunkt des Todes des Liegenschaftseigentümers die Lebensgemeinschaft zwischen diesem und der Antragstellerin noch aufrecht sei. Diesen Bedingungseintritt habe die Antragstellerin durch Vorlage der Meldebestätigung, einer öffentlichen Urkunde, nachgewiesen. Soferne nämlich nicht das Gegenteil bewiesen sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Angemeldete tatsächlich ihre Unterkunft an der in der Meldebestätigung genannten Adresse genommen habe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage des Nachweises einer Lebensgemeinschaft bei bedingter Dienstbarkeitsbestellung eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Verlassenschaft nach dem Liegenschaftseigentümer mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Antrag der Antragstellerin abgewiesen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Zutreffend erkannte das Rekursgericht, daß im Falle der Einräumung eines Rechtes unter einer aufschiebenden Bedingung der Eintritt der Bedingung urkundlich nachgewiesen werden muß. In der hier zu beurteilenden Rechtssache hätte daher die Antragstellerin den Eintritt der Bedingung - die Tatsache des aufrechten Bestehens der Lebensgemeinschaft im Zeitpunkt des Todes des Liegenschaftseigentümers - urkundlich nachweisen müssen. Aus der erst verhältnismäßig kurz vor dem Tod des Liegenschaftseigentümers erfolgten Anmeldung der Antragstellerin bei der Meldebehörde kann im für die Antragstellerin günstigsten Fall geschlossen werden, daß sie zu diesem Zeitpunkt Unterkunft an der Meldeadresse genommen hat. Daraus folgt aber weder, daß die Antragstellerin eine vorher bestandene Lebensgemeinschaft mit dem Liegenschaftseigentümer fortsetzte noch, daß sie die im Dienstbarkeitsbestellungsvertrag einvernehmlich bekundete, möglicherweise aber unterbrochene Lebensgemeinschaft wieder aufnahm.

Durch die vorgelegte Meldebestätigung wird lediglich nachgewiesen, daß die Antragstellerin am Tag der Anmeldung gegenüber der Meldebehörde erklärte, an dem in der Meldebestätigung genannten Ort Unterkunft genommen zu haben. Von einer Lebensgemeinschaft könnte aber nur gesprochen werden, wenn Personen verschiedenen Geschlechtes wie Mann und Frau zusammenleben, ohne die Ehe geschlossen zu haben. Es muß sich um einen Zustand handeln, wie er für das Zusammenleben von Ehegatten typisch ist. Dazu gehört im allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Es müssen zwar nicht ständig alle drei Merkmale vorhanden sein, weil auch im Falle einer Ehe das Fehlen einzelner dieser Merkmale vorkommt. Ob trotz Fehlens einzelner Merkmale das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bejaht werden kann, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab (EFSlg 63.510). Der Nachweis dieser Voraussetzungen kann zweifellos durch eine Meldebestätigung nicht erbracht werden.

Der Antrag der Antragstellerin war daher abzuweisen, weil ihr Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden nicht begründet erscheint (§ 94 Abs. 1 Z 3 GBG).

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