OGH 5Ob84/84

OGH5Ob84/8415.1.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der antragstellenden Parteien 1.) Silvia W*****, 2.) Bruno W*****, vertreten durch Eva‑Maria Bernhard, Mieterschutzverband Österreichs, Döblergasse 2, 1070 Wien, wider die Antragsgegnerin E*****‑Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, und der anderen Mieter des Hauses 1.) Helga D*****, 2.) Firma N*****, 3.) Maria H*****, 4.) B***** Aktiengesellschaft, 5.) Gerhard S*****, 6.) Walter G*****, 7.) Maria T*****, 8.) Wilhelm M*****, 9.) Rosa B*****, 10.) Dr. Grete H*****, 11.) Christine F*****, 12.) Rosemarie K*****, 13.) Mario K*****, 14.) Erika K*****, 15.) Dieter K*****, 16.) Helene D*****, 17.) Kunigunde H*****, 18.) Josefine R*****, 19.) Helmut N*****, 20.) Georg S*****, 21.) Herbert A*****, 22.) Anton B*****, 23.) Walter S*****, 24.) Heinz A*****, 25.) Estrella R*****, 26.) Emma G*****, 27.) Epaminondas Y*****, 28.) Walter H*****, 29.) Gerald P*****, 30.) Erika T*****, 31.) Rudolf W*****, 32.) Ingrid N*****, wegen §§ 37 Abs 1 Z 8, 16 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Juli 1984, GZ 41 R 623/84‑13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 3. Mai 1984, GZ 43 Msch 43/83‑10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00084.840.0115.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragsgegnerin vermietete die in ihrem Haus W***** gelegene Wohnung Nr 22 den Antragstellern als Mitmietern am 5. 3. 1982 auf unbestimmte Zeit ab dem 1. 4. 1982. Die Vertragsteile vereinbarten die Höhe des Hauptmietzinses für die aus drei Zimmern, Küche, Vorzimmer, Bad und WC bestehende Wohnung mit 106,90 m 2 Nutzfläche mit dem nach dem Index der Verbraucherpreise 1976 wertgesicherten Betrag von monatlich 3.200 S. Bei der Überlassung der Wohnung war die Beheizung durch einen im Mauerdurchbruch zwischen zwei Wohnräumen vorhandenen automatischen Ölofen und zwei im dritten Wohnraum bereitgestellte voneinander unabhängig zu bedienende Elektroöfen möglich.

Ein Elektroboiler besorgte die Warmwasseraufbereitung.

In der Küche war nur ein Elektroherd als einzige Wärmequelle vorhanden. Sonst verfügten Küche, Bad und Vorraum über keine Heizquelle. Die Raumtemperatur sank in der als Wohnküche ausgestatteten 10 m 2 Nutzfläche aufweisenden Küche an kalten Wintertagen auf etwa 15 °C. Die Küche war dann nicht benützbar. Die Antragsteller beschafften sich einen Heizstrahler, um den Baderaum im Winter benützen zu können.

Sie hatten nach der Begehung der Wohnung am 5. 3. 1982 bestätigt, dass die Wohnung in die Ausstattungskategorie A falle.

Die Mieter entrichteten den vereinbarten Mietzins, leiteten jedoch am 1. 10. 1982 bei der Gemeinde ein Verfahren nach § 37 MRG ein und begehrten die Feststellung, dass der Mietgegenstand in die Ausstattungskategorie C falle und die Einhebung eines 11 S je Quadratmeter der Nutzfläche und Monat übersteigenden Hauptmietzinses unzulässig sei.

Die Entscheidung der Gemeinde vom 31. 5. 1983, dass die Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses insoweit unwirksam sei, als das gesetzlich höchst zulässige Ausmaß von monatlich 1.763,85 S zu den Zinsterminen vom 1. 4. 1982 bis 1. 5. 1983 überschritten wurde, und die Vermieterin den Mietern 20.106,10 S zurückzuzahlen haben, trat außer Kraft, weil sich die Vermieterin mit ihr nicht zufrieden gab und nach § 40 Abs 1 MRG die Sache bei Gericht anhängig machte.

Das Erstgericht traf die eingangs dargestellten Tatsachenfeststellungen und entschied mit Sachbeschluss, es werde der Vermieterin gegenüber festgestellt, dass die Wohnung bei Mietvertragsabschluss die Merkmale der Ausstattungskategorie B hatte und die Mietzinsvereinbarung unwirksam sei, soweit der Hauptmietzins den sich aus § 16 Abs 2 Z 2 MRG jeweils ergebenden Betrag überschreite. Zugleich verhielt das Erstgericht die Vermieterin zur Rückzahlung von 20.106,10 S samt Umsatzsteuer und Zinsen. Es meinte, die Bestätigung des Vorliegens der Merkmale der Ausstattungskategorie A durch die Mieter sei ohne Bedeutung, wenn tatsächlich Ausstattungsmerkmale fehlten, weil es sich bei den Vorschriften des § 16 MRG um zwingendes Recht handle. Sei keine zentrale Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung vorhanden, lägen die Ausstattungsmerkmale nach § 16 Abs 2 Z 1 MRG (Kategorie A) nur dann vollständig vor, wenn die Wohnung über eine gleichwertige stationäre Heizung verfüge, die eine Beheizung aller Haupträume der Wohnung ermögliche. Als Hauptraum sei auch das Badezimmer anzusehen. Dass in den Wohnräumen eine fest eingebaute Heizung vorhanden sei, bei der die Energielieferung automatisch erfolge, ohne dass es einer ständigen Bedienung bedürfe, rechtfertige zwar bei Vorhandensein der Badegelegenheit die Einordnung der Wohnung in die Ausstattungskategorie B (§ 16 Abs 3 Satz 2 MRG), doch fehle für eine Einreihung in die Ausstattungskategorie A, dass die stationäre Heizung alle Haupträume der Wohnung mit Wärme versorge. Der zulässige Hauptmietzins am 1. 5. 1982 habe daher monatlich 1.763,85 S betragen. Die Vereinbarung sei nach § 16 Abs 5 MRG unwirksam, soweit die Höhe des vereinbarten Hauptmietzinses über dem Höchstbetrag nach § 16 Abs 2 Z 2 MRG liege.

Das nur von der Vermieterin befasste Rekursgericht bestätigte diese Sachentscheidung und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die einer zentralen Wärmeversorgungsanlage oder einer Etagenheizung gleichwertige stationäre Heizung fehle schon deshalb, weil in dem Hauptraum Küche keine eigene Wärmequelle vorhanden war. Nur wenn Wärmequellen in einer solchen Anzahl zur Verfügung stünden, dass alle Haupträume der Wohnung beheizt werden können, ersetze eine stationäre Heizung mit automatischer Energielieferung und Bedienungskomfort das Erfordernis einer zentralen Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung. Als Hauptraum sei auch eine Küche anzusehen, weil diese nach der Wiener Bauordnung als Aufenthaltsraum zähle und beheizbar sein müsse. Es liege daher schon wegen des Fehlens einer Wärmequelle in der Küche keine Wohnung der Ausstattungskategorie A vor, ohne dass gesagt werden müsste, ob sonst die vorhandenen Heizquellen eine Einordnung in diese Ausstattungskategorie rechtfertigten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Vermieterin ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Es kommt nicht darauf an, ob der etwa 10 m 2 große als Küche gewidmete Raum der Wohnung als „Wohnküche“ eingerichtet war oder benützt wird, weil der Ansicht des Rekursgerichts beizupflichten ist, dass die einer zentralen Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung gleichwertige stationäre Heizung, die erst im Zuge der parlamentarischen Beratung des Entwurfs zur Regierungsvorlage des MRG durch Einfügung gleichgestellt wurde, nach dem Bericht des Justizausschusses AB 800 BlgNR 15. GP nur vorliegt, wenn eine fest eingebaute Heizung mit einer automatisch erfolgenden Energielieferung besteht, bei der es keiner ständigen Bedienung bedarf und die überdies Wärmequellen in einer solcher Zahl anbietet, dass alle „Haupträume“ der Wohnung beheizt werden können (AB Zum § 16 MRG). Das Fehlen einer Wärmequelle, die eine Beheizung der Küche ermöglicht, schadet bereits der Beurteilung als eine der Zentralheizung oder Etagenheizung gleichwertige stationäre Heizung, wenn eine ausreichende Beheizung der Küche auch nicht durch die Wärmequellen in den angrenzenden Räumen gesichert ist. Da der Justizausschuss den Begriff der „Haupträume“ nicht bestimmte, ist vom allgemeinen Sprachgebrauch und vergleichbaren Rechtsvorschriften auszugehen und jedenfalls vom Sinn der Regelung her anzunehmen, dass auch eine zentrale Wärmeversorgungsanlage oder Etagenheizung nur dann als Ausstattungsmerkmal der Kategorie A gilt, wenn dadurch nicht nur einzelne Räume oder Teile der Wohnung ausreichend beheizt werden, sondern zumindest die Möglichkeit besteht, in allen Aufenthaltsräumen der Wohnung bei kalter Witterung heizen zu können. Als Aufenthaltsräume gelten aber nach § 87 Abs 3 Satz 1 der Bauordnung für Wien LGBl 1930/11 nicht nur die Wohnräume, sondern auch Arbeitsräume und Küchen. § 90 Abs 2 der Bauordnung für Wien fordert, dass ein Raum der Wohnung als Küche oder Wohnküche gewidmet werden muss und dass eine Wohnung als Nebenräume im Wohnungsverband einen Vorraum, einen Raum zur Unterbringung einer Dusche oder Badegelegenheit, einen Abort und einen Abstellraum enthalten muss. Nach § 112 Abs 1 der Wiener Bauordnung müssen Aufenthaltsräume ausreichend beheizbar sein, also auch Küchen oder Wohnküchen.

Zieht man diese Vorschriften zum Vergleiche heran, ist in der Annahme, dass eine Küche oder Wohnküche zu den Haupträumen der Wohnung zählt, deren ausreichende Beheizbarkeit durch eine der Zentralheizung gleichwertige stationäre Heizung erst die Einordnung der Wohnung in die höchste der Ausstattungskategorien zulässt, kein Rechtsirrtum zu erblicken.

Die Tätigkeit in einer Küche, selbst wenn sie nicht, was bei einem 10 m 2 großen Raum möglich ist, auch mit einer Sitzgelegenheit und einem Tisch zur Einnahme von Mahlzeiten eingerichtet ist, kann jedenfalls einen längeren Aufenthalt in diesem Raum mit sich bringen, der bei kalten Außentemperaturen die Sicherung einer Raumwärme erfordert, die sicher nicht durch den Elektrokochherd abgegeben wird, wenn dieser etwa gar nicht in Betrieb genommen wird. Sinkt daher die Raumtemperatur in der Küche auf 15°C und besteht keine Heizmöglichkeit durch eine der gleichwertigen stationären Heizung zuzuordnende Wärmequelle, fehlt es an diesem Ausstattungsmerkmal, das auch durch keines einer höheren Kategorie ersetzt werden kann, weil es sich bei der Kategorie A um die höchste der im § 16 Abs 2 MRG umschriebenen Abstufungen handelt.

Im Revisionsrekursverfahren kann es aber nur mehr darum gehen, ob es sich (höchstens) um eine Wohnung der Kategorie B handelt, so dass, weil die Nutzfläche 130 m 2 nicht übersteigt, nicht die Vereinbarung des angemessenen Mietzinses nach § 16 Abs 1 Z 4 MRG zulässig ist, sondern die Obergrenze nach § 16 Abs 2 Z 2 MRG iVm § 16 Abs 4 MRG gilt, oder ob der angemessene Hauptmietzins vereinbart werden konnte, weil der Mietgegenstand eine Wohnung der Ausstattungskategorie A war, deren Nutzfläche 90 m 2 übersteigt (§ 16 Abs 1 Z 4 MRG).

Diese Frage hat das Rekursgericht zutreffend dahin gelöst, dass jedenfalls die Einordnung der Wohnung in die Ausstattungskategorie A schon daran scheitert, dass keine Wärmequelle für die Küche vorhanden war. Ob diese dann vom Mieter benützt wird oder nicht, spielt bei der Prüfung des Vorliegens der Ausstattungskategorie ebensowenig eine Rolle, wie die Nichtbenützung einer Etagenheizung oder einer zentralen Wärmeversorgungsanlage.

Der Wandelbarkeit der Obergrenze hat das Erstgericht durch die Fassung seines Feststellungsspruches Rechnung getragen (§ 16 Abs 4 MRG).

Es ist daher nicht mehr darauf einzugehen, ob das Fehlen der Beheizbarkeit des Badezimmers und die Ausgestaltung der Heizung mit einem Ölofen und zwei Elektroheizkörpern sonst auf die Kategorieeinordnung Einfluss hätte.

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