European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00082.22B.0629.000
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:
Urkunden
1. Vereinbarung zur Bestätigung der erfolgten Vertragsübernahmen vom 10. 8. 2021;
2. Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2020, AZ 7 C 213/19m;
Bewilligt wird:
In EZ * KG *
in C‑LNr 6a
34/1994 Urkunde 1993‑04‑21
PFANDRECHT Höchstbetrag 460.000
für D*, geb * die Einverleibung der Übertragung des Pfandrechts im Höchstbetrag von ATS 460.000 von D*, geboren * auf D*, geboren * und M*, geboren *,
für D*, geboren *
für M*, geboren *,
Verständigt wird:
1. Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH, *,
2. G*,
3. D*,
4. M*,
Um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten wird das Erstgericht ersucht.
Begründung:
[1] Die (nunmehrige) Alleineigentümerin einer Liegenschaft sowie ihre (mittlerweile verstorbene) Mutter als damalige Miteigentümerin vermieteten 1993 den Rohdachboden des darauf errichteten Hauses an D*. Sie vereinbarten die Verdinglichung des Bestandrechts des Mieters bis 31. 12. 2093 und die Leistung einer Kaution durch den Mieter zur Sicherstellung der Mietzinszahlungsverpflichtung. Im Hinblick auf ein dem Mieter eingeräumtes Recht zur sofortigen Vertragsauflösung aus (näher genannten) Gründen vereinbarten die Mietvertragsparteien zur Sicherstellung der Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Kaution samt Zinsen ein Höchstbetragspfandrecht von 460.000 ATS zugunsten des Mieters. Dem Mieter wurde ein Weitergaberecht eingeräumt, bei dessen Ausübung im Zeitpunkt der schriftlichen Bekanntgabe des Neumieters an die Vermieter dieser mit allen Rechten und Pflichten an die Stelle des Altmieters in das Vertragsverhältnis eintreten sollte, wozu die Vermieter vorweg ihre Zustimmung erteilten.
[2] Aufgrund dieses Mietvertrags wurden ob der Liegenschaft zu CLNr 5a das Bestandrecht des Mieters und zu CLNr 6a ein Höchstbetragspfandrecht von 460.000 ATS zu seinen Gunsten einverleibt.
[3] Das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 18. 7. 2016, AZ 7 C 476/15g, stellte zwischen I* als Kläger und der nunmehrigen Alleineigentümerin als Beklagter fest, dass die Mietrechte hinsichtlich des Rohdachbodens des Hauses gemäß den Bestimmungen des dem Urteil angeschlossenen Mietvertrags vom 21. 4. 1993 aufgrund einer Vereinbarung vom 1. 2. 2007 vom Vormieter wirksam an den dortigen Kläger übertragen worden waren.
[4] Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2020, AZ 7 C 213/19m, wurde die Alleineigentümerin gegenüber den nunmehrigen Antragstellern als Klägerin schuldig erkannt, in die Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts CLNr 5a und des Pfandrechts CLNr 6a im Höchstbetrag von 460.000 ATS an die Antragsteller einzuwilligen.
[5] Zu TZ 31/2021 bewilligte das Erstgericht auf Basis (unter anderem) dieses Urteils die Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts gemäß Mietvertrag vom 21. 4. 1993 von dem bis zu diesem Zeitpunkt noch eingetragenen Erstmieter D* auf die Antragsteller.
[6] Unter Berufung auf eine Vereinbarung vom 10. 8. 2021 zur Bestätigung der erfolgten Vertragsübernahmen, deren Bestandteil (unter anderem) auch das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2020, AZ 7 C 213/19m ist, begehrten die Antragsteller die Einverleibung der Übertragung des zu CLNr 6a intabulierten Höchstbetragspfandrechts von Dr. T* auf sie.
[7] Diese Vereinbarung enthält (unter anderem) Erklärungen, wonach D* in Ausübung seines Weitergaberechts des ursprünglichen Mietvertrags vom 21. 4. 1993 am 1. 2. 2007 eine Vereinbarung mit I* geschlossen habe, mit der D* seine gesamten Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag vom 21. 4. 1993 zur Gänze an diesen weitergegeben habe. Laut einem weiteren Punkt habe I* die ihm zustehenden und obliegenden Rechte und Pflichten aus dem genannten Mietverhältnis mit Vereinbarung vom 27. 3. 2015 zur Gänze an die Antragsteller übertragen. Das der Höchstbetragshypothek zugrundeliegende Vertragsverhältnis ist nach dieser Vereinbarung von D* auf I* und in der Folge von diesem auf die Antragsteller übertragen worden, die Übernahme des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses ist nach der Vereinbarung bereits erfolgt, was auch durch den Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt zu TZ 31/2021 durch die Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts bestätigt und in den Entscheidungen des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 476/15g sowie des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 134/17z rechtskräftig festgestellt worden sei. Die Zustimmung der Schuldnerin zur Einverleibung der Übertragung des Höchstbetragspfandrechts liege durch das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2020 zu AZ 7 C 213/19m vor.
[8] Die Vereinbarung enthält auch eine Aufsandungserklärung von D*, I* und G* betreffend die Zustimmung zur Einverleibung der Übertragung des genannten Pfandrechts von D* auf die Antragsteller. Beglaubigt unterfertigt haben D* und I*, hinsichtlich der Eigentümerin G* wird auf den Ersatz ihrer Zustimmung durch das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 213/19m verwiesen.
[9] Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab.
[10] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Die Übertragung von Höchstbetragshypotheken im Weg der Übertragung des Grundverhältnisses bedürfe der Zustimmung des Schuldners. Die vorgelegte Urkunde sei im Zusammenhang mit dem Grundbuchstand nicht geeignet, den Übergang des mit D* bestehenden Grundverhältnisses auf die Antragsteller nachzuweisen. Gemäß § 22 GBG sei Voraussetzung für die Eintragung des Letzterwerbers bei mehrfacher Übertragung eines bücherlichen Rechts, dass für jedes einzelne Erwerbsgeschäft verbücherungsfähige Urkunden vorgelegt würden. Das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 476/15g sei als Feststellungsurteil keine taugliche Grundlage für die behauptete Vertragsübernahme des Bestandverhältnisses von D* durch I*. Ein Nachweis der Übertragung der Bestandrechte auf die Antragsteller durch Privaturkunde fehle daher. Das Urteil AZ 7 C 213/19m substituiere nach seinem Spruch keine Zustimmung zu einer vertraglichen Vereinbarung, sondern nur eine Aufsandungserklärung. Die mit Beschluss vom 24. 2. 2021 bewilligte und zu TZ 31/2021 vollzogene Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts gemäß Mietvertrag vom 21. 4. 1993 von D* auf die Antragsteller ändere daran nichts, weil die Verbücherung das Bestandrecht nicht zu einem dinglichen Recht mache und der zu TZ 31/2021 erfolgten Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts keine Urkunden iSd § 31 GBG zugrunde gelegen seien.
[11] Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Rekursgericht mit 30.000 EUR übersteigend, den Revisionsrekurs ließ es mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der dagegen erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, in dem sie die Abänderung im Sinn einer Antragsstattgebung anstreben, ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine auch im Einzelfall korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist auch berechtigt.
[13] 1. Vorauszuschicken ist, dass Eintragungsgrundlage hier nicht nur die zwischen den Vormietern und den Antragstellern geschlossene Vereinbarung zur Bestätigung der erfolgten Vertragsübernahmen vom 10. 8. 2021 (somit eine Privaturkunde nach § 32 GBG), sondern auch die dort explizit erwähnten und auch angeschlossenen Urteile des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 476/15g, wiederhergestellt durch den Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 134/17z, und des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2021, AZ 7 C 213/19m, sind, somit öffentliche Urkunden iSd § 33 GBG.
[14] 2. Im Revisionsrekursverfahren ist die auf ständige Rechtsprechung des Höchstgerichts (5 Ob 40/20y, 5 Ob 50/15m) gegründete Rechtsauffassung nicht strittig, dass eine Höchstbetragshypothek durch Übernahme des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses mit Zustimmung des Schuldners übertragen werden kann. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur die Frage, ob die vorgelegten Urkunden im Zusammenhang mit dem Grundbuchstand geeignet sind, einerseits den Übergang des mit dem Erstmieter bestehenden Vertragsverhältnisses auf die Antragsteller nachzuweisen und andererseits die erforderliche Zustimmung der Eigentümerin zu ersetzen.
[15] Dies ist im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen zu bejahen.
[16] 3.1. Grundsätzlich zu teilen ist die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass im Fall, dass ein bücherliches Recht auf mehrere Personen nacheinander außerbücherlich übertragen worden ist, der letzte Übernehmer unter Nachweisung seiner Vormänner verlangen kann, dass die bücherliche Übertragung unmittelbar auf seine Person vorgenommen wird. Voraussetzung hiefür ist nach § 22 GBG die Vorlage von verbücherungsfähigen Urkunden für jedes einzelne Erwerbsgeschäft (Kodek in Kodek Grundbuchsrecht² § 22 GBG, Rz 7 mwN). Richtig ist weiters, dass nach ständiger Rechtsprechung im Fall, dass aufgrund einer öffentlichen Urkunde nach § 33 Abs 1 lit d GBG eine Einverleibung bewilligt werden soll, die Urkunde den Ausspruch einer Verpflichtung enthalten muss, durch die das Begehren begründet wird (RIS‑Justiz RS0060680), sodass nur ein Urteil, welches auch eine Exekutionsführung gemäß § 350 EO gestattet, einen „gerichtlich vollziehbaren Ausspruch“ iSd § 33 Abs 1 lit d GBG enthält (RS0004550). Die Frage, ob das Feststellungsurteil des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 476/15g diesen Anforderungen entsprach (was die Revisionsrekurswerber unter Verweis auf 5 Ob 55/14w ins Treffen führen), kann hier dahinstehen.
[17] 3.2. Nicht zu teilen ist nämlich die Auffassung des Rekursgerichts, die bereits am 24. 2. 2021 bewilligte und zu TZ 31/2021 vom Erstgericht vollzogene Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts gemäß dem ursprünglichen Mietvertrag vom 21. 4. 1993 vom Erstmieter auf die Antragsteller sei unbeachtlich. Auch Beschlüsse des Grundbuchgerichts erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft (RS0060736 [T5]). Demgemäß sind etwa anlässlich der Entscheidung über die Rechtfertigung einer Vormerkung die Voraussetzungen der Vormerkungsbewilligung grundsätzlich nicht neuerlich zu untersuchen. Zu prüfen ist nur mehr, ob die Urkunde, deren Fehlen bisher dem unbedingten Eintrag entgegenstand, nun vorliegt (RS0060736 [T4]). Der Auffassung des Rekursgerichts, der Einverleibung der Übertragung des Bestandrechts auf die Antragsteller seien keine ausreichende Urkunden iSd § 31 GBG zugrunde gelegen, steht die Rechtskraft dieser Einverleibung entgegen. Deren Voraussetzungen sind nicht noch einmal zu prüfen. Auch das Argument, die Verbücherung des Bestandrechts mache dieses nicht zu einem dinglichen Recht, ändert nichts daran, dass hier aus dem relevanten Grundbuchstand in Ansehung der Liegenschaft und des Rechts (§ 94 Abs 1 Z 1 GBG) kein Hindernis gegen die begehrte Eintragung hervorgeht. Die Übertragung des Grundverhältnisses auf die Antragsteller findet sich im Gegenteil im maßgeblichen Buchstand bereits wieder. Nähere Erörterungen dazu, ob die (mehrfache) Übertragung des Grundverhältnisses auf (zuletzt) die Antragsteller durch Privaturkunden oder öffentliche Urkunden iSd § 33 Abs 1 lit d GBG ausreichend nachgewiesen wurde, erübrigen sich somit.
[18] 4.1. Zu der für die Einverleibung der Übertragung der Höchstbetragshypothek auf die Antragsteller erforderlichen Zustimmungserklärung der Liegenschafts-eigentümerin liegt das rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 213/19m vom 15. 1. 2020 vor, wonach die Eigentümerin schuldig ist, der Übertragung des Pfandrechts CLNr 6a in einem Höchstbetrag von 460.000 ATS an der Liegenschaft an die nunmehrigen Antragsteller einzuwilligen. Gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG können Urkunden, die die Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Ausspruchs einer öffentlichen Behörde haben, Grundlage einer bücherlichen Einverleibung sein. Das gilt insbesondere für rechtskräftige Urteile, wenn sie eine Exekutionsführung nach § 350 EO gestatten (5 Ob 55/14w; 5 Ob 116/15t; RS0004572; RS0004550; Weigand in Kodek Grundbuchsrecht² § 33 GBG Rz 9 mwN). Die Exekution nach § 350 EO erfordert einen Titel, der dem betreibenden Gläubiger den Anspruch auf Einräumung, Übertragung, Beschränkung oder Aufhebung eines bücherlichen Rechts vermittelt. Dieser Titel wird in der Regel die Verpflichtung zur Einwilligung in die Vornahme der bücherlichen Eintragung aussprechen, es genügen aber auch gleichwertige Leistungspflichten, nach denen der Verpflichtete der betreffenden Änderung der bücherlichen Rechtslage zuzustimmen hat (5 Ob 116/15t; 5 Ob 55/14w). Diesfalls hat der Erwerber des einzutragenden Rechts die Wahl, direkt beim Grundbuchsgericht um die Einverleibung anzusuchen oder sie über das Exekutionsgericht zu erzwingen (RS0004572 [T1]).
[19] 4.2. Diesen Kriterien entspricht das hier vorgelegte Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt zu AZ 7 C 213/19m jedenfalls. Die Liegenschaftseigentümerin wird verpflichtet, in die Einverleibung der Übertragung des – näher bezeichneten – Pfandrechts an der Liegenschaft an die nunmehrigen Antragsteller einzuwilligen. Es handelt sich daher um eine taugliche Eintragungsgrundlage iSd § 33 Abs 1 lit d GBG.
[20] 4.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats braucht aus öffentlichen Urkunden nach § 33 Abs 1 lit d GBG ein Rechtsgrund nicht hervorzugehen (RS0060413). Urteile, die die Grundlage einer Einverleibung bilden sollen, brauchen den Rechtsgrund für die Leistung nicht anzuführen (RS0004572). Es reicht, dass im Urteil ausgesprochen wird, dass den Klägern das bücherliche Recht zusteht und die Beklagte schuldig ist, dieses anzuerkennen. Nur sonstige der Verbücherung eines Rechts entgegenstehende Hindernisse iSd § 94 GBG würden die Einverleibung hindern (5 Ob 116/15t).
[21] 4.4. Warum das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 15. 1. 2020, AZ 7 C 213/19m, als öffentliche Urkunde nur eine – lediglich für Privaturkunden erforderliche (§ 32 GBG) – Aufsandungserklärung substituieren soll, nicht aber eine Zustimmung zu einer vertraglichen Vereinbarung, ist für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar. Davon abgesehen bedarf es einer (gesonderten) Zustimmung der Liegenschaftseigentümerin zur Übertragung des Grundverhältnisses vom Zweitmieter auf die nunmehrigen Antragsteller ja aus dem bereits erörterten Grund ohnedies nicht, zumal die Antragsteller schon nach dem relevanten Grundbuchstand Bestandnehmer und damit Vertragsparteien des Grundverhältnisses geworden sind. Auch dieser Abweisungsgrund liegt daher nicht vor.
[22] 5. Weitere Abweisungsgründe sind nicht ersichtlich, sodass das Einverleibungsbegehren antragsgemäß in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen zu bewilligen war.
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