OGH 5Ob7/95

OGH5Ob7/9513.1.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Johanna S*****, vertreten durch Dr.Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Karl S*****, Kürschnermeister, ***** vertreten durch Dr.Gernot Gruböck und Dr.Stephan Gruböck, Rechtsanwälte in Baden, wegen Benützungsregelung infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 4.November 1994, GZ R 418/94-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Baden vom 13.Juni 1994, GZ 3 Nc 7/94k-15, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Eigentümer ua je des halben Miteigentumsanteiles, mit denen Wohnungseigentum an zwei Objekten (top Nr.3 und 4) verbunden ist. Die Antragstellerin begehrt eine gerichtliche Benützungsregelung bezüglich dieser Objekte sowie bezüglich des Dachbodens, der nach ihrer Behauptung (AS 30) nur von den Streitteilen benützt werden darf und dessen Fläche bei der Nutzwertfestsetzung der Wohnung top Nr.3 zuschlagsmäßig berücksichtigt worden sei.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieses Benützungsregelungsantrages mit der Begründung, die Objekte gehörten zu einem gesellschaftsrechtlich gebundenen Betriebsvermögen, es bestehe eine Benützungsvereinbarung zwischen den Streitteilen und bezüglich des Dachbodens bestünden Mietrechte anderer Mit- und Wohnungseigentümer.

Das Erstgericht verwies die Parteien zur Klärung der vom Antragsgegner in seinen Einwendungen aufgeworfenen Vorfragen, ob die Objekte für eine Benützungsregelung überhaupt zur Verfügung stünden, gemäß § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG auf den Rechtsweg.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß ersatzlos auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, über den Benützungsregelungsantrag der Antragstellerin sei gemäß § 26 Abs 1 Z 3 WEG in dem besonderen außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 6 und 8 bis 21 MRG zu entscheiden. Demgemäß sei eine Verweisung auf den Rechtsweg gemäß § 37 Abs 3 Z 20 MRG unzulässig.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO (§§ 26 Abs 2 WEG iVm 37 Abs 3 Z 16 MRG) nicht zulässig.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der als erheblich geltend gemachten Rechtsfrag, ob § 26 Abs 1 Z 3 WEG idF des 3.WÄG das besondere außerstreitige Verfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 MRG auch für den Fall vorsieht, daß einer der Miteigentümer des im Ehegattenwohnungseigentum stehenden Objektes die Regelung der Benützung desselben durch Richterspruch begehrt, und ob daher in einem solchen Fall - wie das Rekursgericht ausführte - gemäß § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 20 MRG die Verweisung der Parteien auf den Rechtsweg zur Vorfragenentscheidung unzulässig ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.

b) Zur Sachentscheidung:

Gerichtliche Benützungsregelungen sind rechtsgestaltender Natur (Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 11 zu § 835 mwN; Fasching I 143) mit Wirkung für die Zukunft. Es ist daher - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht maßgebend, hier also § 26 Abs 1 Z 3 WEG idF des 3.WÄG, zumal auch die Übergangsbestimmung des Art III II.Abschnitt Z 1 des 3.WÄG die Anwendung der das WEG ändernden Bestimmungen seines I.Abschnittes auch für bereits im Wohnungseigentum stehende Objekte vorsieht.

Nach dem Wortlaut des § 26 Abs 1 Z 3 WEG (idF vor und nach dem 3.WÄG) ist über Anträge auf Beteiligung an der Verwaltung einschließlich der sonstigen Angelegenheiten der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, über die nach dem 16.Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist, im besonderen Verfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 MRG zu entscheiden. Dabei handelt es sich um eine Generalklausel, welche mangels Zuständigkeitsvorschriften im ABGB die Prüfung erfordert, welche Entscheidungen nach der Rechtsprechung im Verfahren außer Streitsachen und welche im ordentlichen Rechtsweg zu treffen sind (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 4 zu § 26 WEG). Erstere sind generell im genannten besonderen Verfahren außer Streitsachen zu treffen.

Schon vor dem 3.WÄG wurde die Bestimmung des § 26 Abs 1 Z 3 WEG dahin ausgelegt, daß auch in einem gemischten Haus, dh dessen Miteigentümer nur zum Teil auch Wohnungseigentümer sind, solche Angelegenheiten - unabhängig von der verschiedenartigen materiellrechtlichen Stellung bloß schlichter Miteigentümer gegenüber derjenigen von Wohnungseigentümern - im besonderen Außerstreitverfahren nach dem WEG zu erledigen sind, auch wenn nur ein einziger Miteigentümer auch Wohnungseigentümer ist (WoBl 1993, 231/137 mit diesbezüglicher Zustimmung von Call aaO 232 f). Dieser Auslegung liegt offenbar der Gedanke zu Grunde, daß die der besonderen Rechtsstellung der Wohnungseigentümer Rechnung tragende besondere Verfahrensart dem allgemeinen Verfahren nach dem Außerstreitgesetz vorzugehen hat.

Die Weiterführung dieses Grundgedankens im Zusammenhang mit dem allgemein gefaßten Gesetzestext läßt es angezeigt erscheinen, daß auch über solche Anträge betreffend ein im Ehegattenwohnungseigentum stehendes Objekt in diesem besonderen Außerstreitverfahren zu entscheiden ist, mag auch die materiellrechtliche Stellung dieser Wohnungseigentümer als Miteigentümer des gemeinsamen Wohnungseigentumsobjektes zueinander im Bereich der Benützungsregelung nicht von der Stellung schlichter Miteigentümer eines Objektes verschieden sein. Auf diese materiellrechtliche Stellung kommt es nämlich bei der Beurteilung der verfahrensrechtlichen Frage der anzuwendenden Verfahrensart nicht an. Jedenfalls kann nur durch diese Auslegung vermieden werden, daß in einer zweifellos in das Außerstreitverfahren gehörenden Angelegenheit sogar zwischen Wohnungseigentümern bloß im Hinblick auf deren materiellrechtlicher Stellung zueinander in einer anderen als der im WEG für solche Streitigkeiten, wenn Wohnungseigentümer beteiligt sind, vorgesehenen besonderen Verfahrensart zu entscheiden wäre.

Die durch das 3.WÄG vorgenommene Änderung des Textes des § 26 Abs 1 Z 3 WEG zieht aus folgenden Gründen keine Änderung der Auslegung der hier maßgebenden gleichgebliebenen Wortfolge "einschließlich der sonstigen Angelegenheiten der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, über die nach dem 16.Hauptstück des zweiten Teiles des ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist" nach sich:

Der letzte Halbsatz dieser Bestimmung sagt aus, daß besonders Benützungsregelungen (§ 15 WEG) als solche "sonstige Angelegenheiten" zu verstehen sind. § 15 WEG hat zwar die gerichtliche Regelung über die Benützung der verfügbaren gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft zum Gegenstand, also nicht die Regelung der Benützung eines im Miteigentum stehenden Wohnungseigentumsobjektes, wie es nur im Falle des Ehegattenwohnungseigentums möglich ist, doch nennt dieser Hinweis auf Benützungsregelungen nur ein Beispiel (arg: "wie besonders") und zitiert demgemäß nur den dem gewählten Beispiel entsprechenden, in § 15 WEG geregelten Hauptfall. Eine Einschränkung der im vorausgehenden Halbsatz enthaltenen weiterreichenden verfahrensrechtlichen Zuständigkeitsregelung erfolgt daher dadurch nicht.

Ist also - nach dem vorhin Gesagten - über den Antrag der Antragstellerin auf Benützungsregelung in dem besonderen Außerstreitverfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 MRG zu entscheiden, so ist nach § 37 Abs 3 Z 20 MRG eine Verweisung der Parteien auf den Rechtsweg (im Sinne des § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG) zwecks Klärung von strittigen Vorfragen ausgeschlossen. Die Regelung des § 37 Abs 3 Z 20 MRG ist nämlich eine Folge des Umstandes, daß es sich bei dem genannten besonderen Außerstreitverfahren um ein in wesentlichen Punkten dem Prozeß angenähertes Verfahren handelt (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 32 zu § 37 MRG), sodaß entgegen dem durch den Wortlaut des Einleitungssatzes des § 37 Abs 3 MRG (und des § 26 Abs 2 WEG) entstehenden Eindruck die allgemeinen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, nämlich dessen §§ 1 bis 19, nahezu zur Gänze durch die Sonderregelungen des MRG (WEG) ausgeschlossen sind (Würth, aaO, Rz 23 zu § 37 MRG).

Der Beschluß des Rekursgerichtes war daher zu bestätigen.

Eine Beteiligung des Antragsgegners am Verfahren über den Revisionsrekurs hat nicht zu erfolgen, weil sich der Revisionsrekurs weder gegen eine der in § 37 Abs 3 Z 18 MRG genannten Entscheidungen (Sachbeschluß oder nach § 527 Abs 2 ZPO anfechtbarer Aufhebungsbeschluß eines Sachbeschlusses) noch gegen einen verfahrensrechtlichen Beschluß des Rekursgerichtes richtet, gegen den das Rechtsmittelverfahren nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 521a ZPO zweiseitig ist. Der Revisionsrekurs des Antragsgegners richtet sich vielmehr gegen eine verfahrensrechtliche Zwischenentscheidung.

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