Spruch:
Die Veräußerung der für den im Annahmeverzug befindlichen Käufer bestimmten Ware kann nur dann als Selbsthilfeverkauf gemäß § 373 Abs. 2 HGB angesehen werden, wenn die erforderliche vorgängige Androhung klar erkennen läßt, daß ein solcher beabsichtigt ist
Bei Gattungsschulden bleibt auch nach deren Konkretisierung trotz Verkaufes des in Aussicht genommenen Kaufgegenstandes an einen Dritten die Fähigkeit des Schuldners zur Leistung erhalten, wenn er sich jederzeit eine gleichartige Ware beschaffen kann und der Käufer kein Interesse daran hat, gerade die ursprünglich angebotene Ware zu erhalten
OGH 13. Jänner 1981, 5 Ob 778/80 (OLG Linz 4 R 134/80; KG Steyr 3 Cg 22/79)
Text
Manfred S, Angestellter und stiller Gesellschafter im Kfz-Groß- und Einzelhandelsunternehmen des Beklagten, nahm am 11. September 1978 zwei Kaufanträge persischer Autokäufer über insgesamt drei Personenkraftwagen BMW 518 (einmal in der Farbe "turmalin metallic" und zweimal in der Farbe "kaschmir metallic", jeweils mit grüner Stoffpolsterung) entgegen. Diese Fahrzeuge waren zum Export nach Persien bestimmt. Der Liefertermin wurde für die erste Woche Dezember 1978 als Fixtermin festgelegt.
Da der Beklagte kein Vertragshändler von BMW ist, versuchte Manfred S die bestellten Fahrzeuge in der Weise aufzutreiben, daß er in ganz Österreich umhertelefonierte. Solcherart kam er mit dem Kläger in Verbindung, der BMW-Vertragshändler ist. Karin F, dessen im Geschäft mittätige Gattin, teilte dem anfragenden Manfred S mit, daß der Kläger noch einige Stücke seiner Zuteilungsquote frei habe. Daraufhin bestellte Manfred S am 29. September 1978 beim Kläger für den Beklagten als Käufer zwei BMW 518 Farbe kaschmir in Metallic-Lackierung und Stoffpolsterung im Gesamtbetrag von 302 011 S ohne Umsatzsteuer. Auf dem von Manfred S und der Gattin des Klägers unterfertigten Bestellschein wurde nach den vorgedruckten Worten "voraussichtliche Lieferfrist" "November 1978" eingetragen. Nachdem der Beklagte auch den dritten BMW in Tirol nicht hatte bekommen können, rief er einige Tage später beim Kläger an und bestellte das dritte Fahrzeug telefonisch. Die Gattin des Klägers übersandte dem Beklagten einen weiteren von ihr unterfertigten Bestellschein über einen BWM 518 Farbe turmalin in Metallic-Lackierung und Stoffpolsterung zum Kaufpreis von 151 005 S ohne Umsatzsteuer. Der Beklagte fügte dem Text auf dem Bestellschein "voraussichtliche Lieferzeit November 1978" handschriftlich bei "1. Dezemberwoche Fixtermin - 5. 12. 1978" und sandte sodann den Bestellschein unterfertigt an den Kläger zurück. Wegen der handschriftlichen Beifügung wies die Gattin des Klägers in einem Ferngespräch darauf hin, daß zu diesem Zeitpunkt noch kein Fixtermin genannt werden könne, weil sie die Produktionsliste von BMW noch nicht in Händen habe. Dazu meinte ihr Gesprächspartner auf Seite des Beklagten, sie solle dies nicht so tragisch nehmen und trotzdem bestellen. Auf die Frage, ob wegen der handschriftlichen Beifügung der Kaufvertrag neu geschrieben werden solle, erklärte der Gesprächspartner der Gattin des Klägers, sie könne die Beifügung durchstreichen. Auf der Vorderseite der Bestellscheine heißt es u. a.: "Zahlungsbedingungen:
bar bei Übernahme der PKW." "Mundliche Nebenabreden sind nicht getroffen. Diese sowie nachträgliche Änderungen dieser Bestellung und etwaige Zusicherungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers." Die auf der Rückseite enthaltenen Liefer- und Verkaufsbedingungen, bei denen es sich um die allgemeinen Lieferbedingungen in der Autobranche handelt, waren Manfred S bekannt. Darin heißt es u. a.: "Das Lieferwerk behält sich Änderungen der Technik, der Ausstattung und der Farbe des Kaufgegenstandes während der Lieferzeit vor. Beide Teile sind im Falle des Verzuges der Gegenseite berechtigt, mittels eingeschriebenen Briefes vom Vertrag zurückzutreten, wobei von diesem Recht erst nach Setzung einer 4-wöchigen Nachfrist Gebrauch gemacht werden kann."
Die Firma BMW gibt auf Grund von Bestellungen Produktionslisten heraus, denen die Auslieferungszeiten entnommen werden können. Zur Zeit der Bestellung kann deshalb ein Fixtermin nicht genannt werden. Die Verkaufsorganisation von BMW untersagt ihren Händlern bei Kaufverträgen die Vereinbarung von fixen Lieferterminen. Manfred S kannte die Gepflogenheiten bei BMW. Auf Grund der Bestellungen erhielt der Kläger von der Firma BMW in Salzburg die erste Produktionsliste am 23. Oktober 1978, aus der hervorging, daß einer der drei PKW in der 47. Woche produziert wird, während bei den beiden anderen Fahrzeugen lediglich der Produktionsmonat Dezember angegeben war. Danach erhielt der Kläger per 20. November 1978 eine weitere Produktionsliste, in der für die drei PKW je die 47., 48. und 49. Woche eingetragen war. Dadurch war klargestellt, daß 1 1/2 Wochen nach der Produktionswoche mit der Auslieferung zu rechnen war. Nach Erhalt der Produktionslisten teilte die Gattin des Klägers Manfred S die voraussichtlichen Liefertermine mit, worauf dieser bemerkte, sie solle ihn verständigen, sobald die Autos da seien. Im Dezember 1978 erhielt der Kläger von BMW Austria die Nachricht, daß ihm die drei PKW innerhalb von drei Tagen zugestellt werden. Dies teilte die Gattin des Klägers telefonisch dem Beklagten mit, der dazu meinte, er werde dies Manfred S weitergeben und dieser werde sich dann beim Kläger melden. In der Folge rief die Gattin des Klägers noch einige Male beim Beklagten an, doch wurde jedes Mal aufgelegt, wenn sie ihren Namen nannte.
Eines der drei Fahrzeuge wurde dem Kläger am 13. Dezember 1978 ausgeliefert. Am 20. Dezember 1978 befanden sich alle drei Fahrzeuge beim Kläger. An diesem Tag schrieb seine Gattin eine Rechnung über die beiden PKW der Farbe kaschmir mit dem Gesamtbetrag von 307 883.50 S und eine Rechnung über den PKW der Farbe turmalin zum Preis von 155 516 S, jeweils einschließlich 30% Umsatzsteuer, und sandte die Rechnungen an den Beklagten. Die Rechnungen enthielten den Vermerk "zahlbar sofort nach Erhalt der Rechnung ohne Skonto".
Nach Erhalt der Rechnungen forderte Manfred S die Gattin des Klägers telefonisch auf, die Fahrzeuge noch über Neujahr zu behalten. Er fügte hinzu, daß sie im Jänner abgeholt werden. Weil in den ersten Jännertagen kein weiterer Telefonanruf kam, ließ der Kläger den Beklagten per 5. Jänner 1979 durch seinen Anwalt schriftlich mahnen. Danach erhielt der Kläger vom Beklagten einen eingeschriebenen, mit 4. Jänner 1979 datierten Brief, in dem der Beklagte seinen Rücktritt von den Kaufverträgen erklärte. Der Beklagte wies in diesem Schreiben auf die Vereinbarung des 5. Dezember 1978 als letzten Lieferzeitpunkt hin und bemerkte, sein Kunde aus Teheran sei zum vereinbarten Zeitpunkt (4. Dezember 1978) mit mehreren Überstellern in Innsbruck erschienen und habe es abgelehnt, 14 Tage bis drei Wochen länger zu warten, da er ja mit ihm (Beklagtem) einen Fixtermin gehabt hätte.
Mit der am 17. Jänner 1979 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises von 463 399.50 S samt 11.5% Zinsen seit 22. Dezember 1978.
Mit Schreiben vom 14. Feber 1979 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter - bezugnehmend auf ihr Telefonat vom 13. Feber 1979 - mit, daß vom Beklagten unter Berücksichtigung seines Prozeßstandpunktes keine Einwendungen gegen den Verkauf der drei streitverfangenen Autos erhoben würden.
Fahrzeuge der Farbe kaschmir sind nach wie vor lieferbar, nicht mehr jedoch solche der Farbe turmalin, an deren Stelle die ähnliche Farbe zypreßgrün getreten ist. Beim Kläger sind die kaufgegenständlichen Fahrzeuge derzeit nicht lagernd, wohl aber bei der Firma BMW Austria, dem Generalimporteur der BMW-Fahrzeuge in Salzburg. Die Fahrzeuge könnten frühestens in drei Wochen ausgeliefert werden.
Der Kläger besitzt bei der Oberbank seit 21. Dezember 1978 ein Konto, das fast ständig einen Debetsaldo zwischen 500 000 S und 700 000 S aufweist und mit 9.5 % Sollzinsen p.a. verzinst wird.
Das Erstgericht erkannte - abgesehen von der rechtskräftigen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 2% - nach dem Klagebegehren.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im wesentlichen aus, der Beklagte habe das Vorliegen eines Fixgeschäftes nicht beweisen können. Zwar sei die voraussichtliche Lieferzeit (November 1978) vom Kläger überschritten worden, doch hätte der Beklagte von seinem Rücktrittsrecht erst nach Setzung einer vierwöchigen Nachfrist Gebrauch machen dürfen, was jedoch nicht geschehen sei. Dem auf Unmöglichkeit der Erfüllung hinauslaufenden Einwand des Beklagten, der Kläger habe die Kraftfahrzeuge inzwischen weiterverkauft, stehe seine schriftliche Zustimmung zu diesem Verkauf entgegen. Der weitere Einwand, die gekauften Fahrzeuge könnten vom Kläger wegen Umstellung der Produktion und auch in der gleichen Farbe nicht mehr geliefert werden, greife nicht durch, weil den Beklagten die nachteiligen Folgen des Annahmeverzuges träfen; überdies seien nach den vereinbarten Liefer- und Verkaufsbedingungen Änderungen der Technik, der Ausstattung und der Farben vorbehalten worden. Da sich der Beklagte als Käufer in Annahmeverzug befinde, sei er ohne Vorbehalt und nicht etwa Zug um Zug zu verurteilen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die vom Beklagten im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfte Rechtsauffassung der Vorinstanzen, daß die zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufverträge nach dem festgestellten Sachverhalt nicht als Fixgeschäfte zu beurteilen sind, trifft - wobei auch der Rechtsansicht beizutreten ist, daß die Beweislast für das Vorliegen eines Fixgeschäftes derjenige trägt, der aus den Besonderheiten dieses Geschäftstyps Rechte für sich herleiten will (Würdinger - Röhricht in RGRK - HGB[3] IV, 328 RN 20 zu § 376; Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3] III, 232; vgl. ferner Würdinger - Röhricht a.a.O., 323 f., RN 7 und 8 zu § 376) - zu. Die im Schreiben des Beklagten vom 4. Jänner 1979 enthaltene Erklärung, von den Kaufverträgen wegen Nichteinhaltung des (angeblich vereinbarten) Fixtermins zurückzutreten, war mithin unwirksam. Eine Rücktrittserklärung des Beklagten im Sinne der auf den Bestellscheinen abgedruckten Liefer- und Verkaufsbedingungen des Klägers wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Kaufverträge bestehen daher nach wie vor aufrecht.
Der Kläger hatte die drei PKW am Ort seiner Niederlassung zu übergeben (s. § 905 Abs. 1 ABGB und dazu Bydlinski in Klang[2] IV/2, 317 sowie Hämmerle - Wünsch a.a.O., 153 und 239; nach Punkt III der auf den Bestellscheinen abgedruckten Liefer- und Verkaufsbedingungen des Klägers gilt für sämtliche Leistungen aus dem Vertrag als Erfüllungsort der Firmensitz des Händlers, die Lieferung ist mangels Vereinbarung seines Zusendungsortes bei Abgabe der Meldung des Verkäufers an den Käufer erfüllt, daß das Fahrzeug abholbereit ist), der Beklagte hatte den Kaufpreis bei Übernahme der Fahrzeuge bar zu bezahlen. Da bei Holschulden das wörtliche Angebot genügt (Koziol - Welser[5] I, 192 und 206; Bydlinski a.a.O., 337; nach Punkt III Z. 2 lit. b der vorerwähnten Liefer- und Verkaufsbedingungen hat der Käufer den Kaufgegenstand sofort nach Erhalt der Bereitstellungsanzeige bei der Lieferfirma zu prüfen und zu übernehmen), geriet der Beklagte dadurch in Annahme-(Gläubiger-)Verzug, daß er die drei Fahrzeuge ungeachtet der Mitteilung von ihrem Eintreffen beim Kläger und dessen demnach vorhandener Lieferfähigkeit (vgl. dazu beispielsweise Wahle in Klang[2] IV/2, 70 sowie Hämmerle - Wünsch a.a.O., 166, wonach die Erfüllungsbereitschaft des Verkäufers allein nicht genügt, es vielmehr erforderlich ist, daß derjenige, der die vereinbarte Gegenleistung begehrt, in der Lage ist, die Leistung, zu der er sich erboten hat, auch tatsächlich zu erbringen), nicht abholte. In Schuldnerverzug (hinsichtlich der Kaufpreiszahlung) geriet der Beklagte durch die nach der Bereitstellungsanzeige erfolgte Zusendung der beiden Rechnungen vom 20. Dezember 1978, die mit dem Vermerk versehen waren, daß die darin gesammelten Beträge sofort nach Erhalt der Rechnung ohne Skonto zahlbar seien, und so die Aufforderung zur Zahlung eindeutig zum Ausdruck brachten. Auch dies wird vom Beklagten in der Revision nicht mehr in Zweifel gezogen.
Den Revisionsausführungen des Beklagten, wonach das Berufungsgericht bei richtiger rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes zu dem Ergebnis hätte gelangen müssen, daß der im Einverständnis mit dem Beklagten erfolgte anderweitige Verkauf der drei PKW durch den Kläger als auf Rechnung des Beklagten geschehener Selbsthilfeverkauf im Sinne des § 373 HGB zu werten gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden.
Nimmt der Verkäufer einen wirksamen Selbsthilfeverkauf im Sinne des § 373 Abs. 2 HGB vor, dann wird er dadurch von seiner Lieferpflicht befreit; er handelt dabei in Erfüllung des Kaufvertrages als Beauftragter des Käufers für dessen Rechnung (Schlegelberger, HGB[4] III, 2047 f. RN 39 zu § 373). Der Verkäufer kann seinen Kaufpreisanspruch und die Kosten des Selbsthilfeverkaufes gegen den Anspruch des Käufers auf Herausgabe des Verkaufserlöses aufrechnen (Würdinger - Röhricht a.a.O., 307 RN 51 und 52 zu §§ 373, 374; nach Baumbach - Duden, HGB[23], 751 Anm. 8 A zu §§ 373, 374 erlischt der Kaufpreisanspruch des Verkäufers durch die Empfangnahme des Erlöses ohne besondere Aufrechnung; siehe hiezu auch Hämmerle - Wünsch a. a.O., 216 f.). Ein den Erfordernissen des § 373 HGB nicht entsprechender Selbsthilfeverkauf kann ausnahmsweise - bei Zutreffen der diesbezüglichen Voraussetzungen - eine berechtigte Geschäftsführung (des Verkäufers) ohne Auftrag im Interesse und für Rechnung des Käufers und insofern für den Käufer verbindlich sein (Würdinger - Röhricht a.a.O., 309 RN 57 zu §§ 373, 374). Da die Bestimmung des § 373 HGB nachgiebiges Recht ist, können Verkäufer und Käufer überdies - ausdrücklich oder schlüssig - von dieser gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarungen treffen (Würdinger
- Röhricht a.a.O., 310 RN 61 zu §§ 373, 374; Hämmerle - Wünsch a. a.O., 217; vgl. auch Baumbach - Duden a.a.O., 749 Anm. 7 A zu §§ 373, 374). Braucht der Käufer den Selbsthilfeverkauf nicht als für seine Rechnung geschlossen gelten zu lassen, dann hat der Verkäufer seine Lieferpflicht durch die Veräußerung des Kaufgegenstandes an einen Dritten nicht erfüllt; der Käufer kann vom Verkäufer weiterhin die Lieferung des Kaufgegenstandes verlangen (Würdinger - Röhricht a. a.O., 309 RN 58 zu §§ 373, 374). Ähnliches gilt, wenn der Verkäufer bei Annahmeverzug des Käufers die für diesen bestimmte Ware anderweitig verkauft, ohne dabei für Rechnung des Käufers tätig werden zu wollen. In beiden Fällen ist darin allein, daß der Verkäufer beim Gattungskauf nach Eintritt des Annahmeverzuges die für den Käufer bestimmte Ware anderweitig veräußert, weder ein Verzicht des Verkäufers auf die Geltendmachung der Folgen des Annahmeverzuges noch ein Mangel an Leistungsbereitschaft zu sehen, wenn sich der Verkäufer jederzeit auf dem Markt gleichartige Waren beschaffen kann und der Käufer kein Interesse daran hat, gerade die ursprünglich angebotene Ware zu erhalten (Würdinger - Röhricht a. a.O., 297 RN 22 zu §§ 373, 374). Wegen dieser Mehrdeutigkeit des Verhaltens des Verkäufers im Fall der Veräußerung der für den Käufer bestimmten Ware an einen Dritten wird verlangt, daß die im § 373 Abs. 2 HGB geforderte vorgängige Androhung des Selbsthilfeverkaufes (insbesondere eines solchen in der Form des Verkaufes aus freier Hand) klar erkennen läßt, daß ein Selbsthilfeverkauf (aus freier Hand) - gerade der für den Käufer bestimmten Ware - im Sinne dieser Bestimmung beabsichtigt ist (Würdinger - Röhricht a.a.O., 302 RN 37 zu §§ 373, 374; Schlegelberger a.a.O., 2045 RN 31 zu § 373; Hämmerle
- Wünsch a.a.O., 216).
Geht man von dieser Rechtslage aus, dann kann der Verkauf der drei PKW durch den Kläger an Dritte nicht als Selbsthilfeverkauf im Sinne des § 373 HGB, aber auch nicht als sonstiger Verkauf für Rechnung des Beklagten in Erfüllung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Kaufverträge gewertet werden. Dagegen spricht einerseits, daß der Kläger den gesamten Kaufpreis einklagte, sein Begehren nach Zustimmung des Beklagten zum Verkauf der drei Fahrzeuge an Dritte sowie nach Durchführung dieses Verkaufes uneingeschränkt aufrecht erhielt und dem Einwand der Unmöglichkeit der Leistung seine kurzfristige Lieferfähigkeit entgegensetzte. Andererseits kann auch weder der Zustimmungserklärung des Beklagten noch seinem Prozeßvorbringen in erster Instanz entnommen werden, der Verkauf der drei Fahrzeuge sei auf seine Rechnung erfolgt. In der Zustimmungserklärung wird lediglich auf den Prozeßstandpunkt des Beklagten verwiesen, nach dem er von den als Fixgeschäfte zu beurteilenden Kaufverträgen wegen Terminüberschreitung wirksam zurückgetreten sei. Der Antrag des Beklagten auf (gänzliche oder teilweise) Abweisung des Kaufpreiszahlungsbegehrens wird nicht etwa darauf gestützt, daß der vom Kläger durch die Fahrzeugverkäufe erzielte Erlös (abzüglich Kosten) den Kaufpreis (zur Gänze oder zum Teil) abdecke. Wie noch auszuführen sein wird, ist es schließlich nicht richtig, daß sich die Einholung der Zustimmungserklärung des Beklagten zum Verkauf der drei PKW erübrigt hätte, wenn dieser Verkauf nicht auf seine Rechnung hätte erfolgen sollen.
Die Darlegungen in der Revision des Beklagten, wonach die Vorinstanzen die Geltendmachung der Rechtsfolgen des Gläubigerverzuges und des Schuldnerverzuges in unzulässiger Weise miteinander verquickt und infolgedessen übersehen hätten, daß - unter der Annahme eines im Verhältnis zum Käufer unwirksamen Selbsthilfeverkaufes - der Kaufpreis deswegen nicht fällig sei, weil der Kläger nach dem Verkauf der ursprünglich zur Verfügung des Beklagten gehaltenen Fahrzeuge nicht mehr Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises lieferfähig sei, vermögen gleichfalls nicht zu überzeugen.
Gerät der Käufer bezüglich der Annahme des Kaufgegenstandes in Gläubigerverzug und bezüglich der Zahlung des Kaufpreises in Schuldnerverzug, dann treffen die Rechtsfolgen beider Verzugsarten zusammen und können grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 347 bei FN 78; Koziol - Welser a. a.O., 207). Ausgeschlossen ist die gleichzeitige - in sich widersprüchliche - Geltendmachung von Erfüllungsansprüchen und Ansprüchen aus Vertragsrücktritt durch den Verkäufer (vgl. Würdinger - Röhricht a.a.O., 309 f. RN 59 zu §§ 373, 374). Bleibt der Kaufvertrag und damit die Erfüllungspflicht beider Vertragspartner trotz Gläubiger- und Schuldnerverzuges des - Käufers - wie hier - bestehen, so muß der Verkäufer demnach, um den Kaufpreis verlangen zu können, neben seiner Leistungsbereitschaft auch seine Leistungsfähigkeit aufrechterhalten (Koziol - Welser a.a.O., 209; s. auch Bydlinski a.a.O., 338 bei FN 40 und 349 bei FN 84; HS 7277/4). Das Berufungsgericht hat zutreffend aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer dieser Pflicht auch dann Genüge leistet, wenn er den Kaufgegenstand nach eingetretener Konzentration oder Konkretisierung der Gattungsschuld an einen Dritten verkauft; dies ist dann der Fall, wenn er sich jederzeit auf dem Markt gleichartige Ware beschaffen kann und der Käufer kein Interesse daran hat, gerade die ursprünglich angebotene Ware zu erhalten (Würdinger - Röhricht a.a.O., 297 RN 22 und 309 RN 58 zu §§ 373, 374; vgl. auch HS 230/32).
Im vorliegenden Fall stehen einander als Partner der Kaufverträge zwei Kraftfahrzeughändler gegenüber, die sich nach dem festgestellten Sachverhalt sowie auf Grund ihrer Berufserfahrung dessen bewußt sein mußten, daß es im Falle des Verkaufes der drei für den Beklagten bestimmten PKW an Dritte im Bereich der Möglichkeit liegt, daß sich der Kläger nach einem für ihn günstigen Ausgang des gegenständlichen Rechtsstreites nicht sofort völlig gleichartige Fahrzeuge zu dem dem Beklagten verrechneten Preis verschaffen kann. Wenn der Kläger unter diesen Umständen nach Einbringung der gegenständlichen Kaufpreisklage und Abhaltung der ersten Tagsatzung den Beklagten fragte, ob dieser Einwendungen gegen den Verkauf der streitverfangenen Autos erhebe, und wenn der Beklagte diese Frage unter Hinweis auf seinen Prozeßstandpunkt verneinte, kann darin nach der Übung des redlichen Verkehrs mangels anderer Absprachen nur das Einverständnis der Streitteile darüber erblickt werden, daß einerseits der Beklagte in Kauf nimmt, nicht sofort völlig gleichartige PKW zu erhalten, und andererseits der Kläger allfällige Mehrkosten der abermaligen Beschaffung der bestellten drei PKW trägt; angesichts seines Zinsenbegehrens ab ursprünglicher Rechnungslegung in der Höhe der von ihm zu entrichtenden Bankkreditzinsen durfte der Kläger die Zustimmungserklärung des Beklagten nicht dahin verstehen, daß dieser auch noch eine während des Prozesses eintretende Preissteigerung auf sich nehmen wollte. Da nach den Feststellungen PKW der kaufgegenständlichen Art beim Generalimporteur für BMW-Fahrzeuge in Salzburg lagern und binnen drei Wochen ausgeliefert werden könnten, wobei lediglich an die Stelle der Farbe turmalin die ähnliche Farbe zypreßgrün getreten ist, und der Kläger ohnehin nur den seinerzeit in Rechnung gestellten Kaufpreis begehrt, wird das durch die Zustimmungserklärung des Beklagten zum Verkauf der drei ursprünglich für ihn bestimmten Fahrzeuge gedeckte Ausmaß der Änderung der Kaufverträge nicht überschritten. Der Einwand des Beklagten, der Kläger sei nicht leistungsbereit und leistungsfähig, ist demnach im Hinblick auf diese Zustimmungserklärung nicht berechtigt. Dennoch allenfalls sich ergebende ungünstige wirtschaftliche Folgen hat der Beklagte seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben.
Die Auffassung des Berufungsgerichtes schließlich, der Beklagte, der sich zugleich im Schuldner- und Gläubigerverzug befinde, sei unbedingt - ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung - zur Zahlung des Kaufpreises zu verurteilen, entspricht der herrschenden Lehre und überwiegenden Rechtsprechung (Koziol - Welser a.a.O., 191; Bydlinski in JBl. 1973, 281 ff., insbesondere 290 f. bei FN 20, und in Klang[2] IV/2, 316 f. bei FN 43 und 337 bei FN 39 je mit weiteren Nachweisen: HS 7278 u. a., zuletzt etwa JBl. 1980, 92; a. M. HS 205/23 und JBl. 1973, 309).
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