Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Mit rechtskräftigem Sachbeschluß vom 13.6.1989 (ON 27) sprach das Erstgericht für die Zeit vom 1.6.1989 bis 30.11.1994 die Zulässigkeit der Einhebung eines Hauptmietzinses im Ausmaß von 84,5885544 % des jeweiligen Kategorienmietzinses von den Antragsgegnern aus.
Nunmehr begehrt der Antragsteller unter Berufung auf § 19 Abs 3 MRG die Neuberechnung der Hauptmietzinserhöhung für die Zeit vom 1.8.1990 bis 30.11.1994 mit der Begründung, daß der Zinssatz für das Reparaturdarlehen erhöht worden sei, so daß auch das Deckungserfordernis sich erhöht habe.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Gemäß § 19 Abs 3 MRG sei eine Änderung des Ausspruches über die Mietzinserhöhung nur möglich, wenn die Überprüfung der Einwendungen gegen die Hauptmietzinsabrechnung gemäß § 18 Abs 4 MRG vorbehalten worden sei oder wenn sich die veranschlagten Kosten und damit das Deckungserfordernis änderten. Wegen der Änderung anderer Faktoren, also zB der Geldbeschaffungskosten, sei eine Neuberechnung der Mietzinserhöhung nach § 19 Abs 3 MRG nicht zulässig.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.
Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes gehörten Darlehenszinsen zwar zum Deckungserfordernis im Sinne des § 19 Abs 3 MRG, zumal Geldbeschaffungskosten und Zinsen in § 3 Abs 3 MRG als Kosten der Erhaltungsarbeiten angeführt seien. Die Bestimmung des § 19 Abs 3 MRG müsse aber wegen ihrer die Rechtskraft der Entscheidung nach § 19 Abs 1 MRG durchbrechenden Rechtsfolge einschränkend in der Weise ausgelegt werden, daß nicht schlechthin jede Kostenänderung eine solche Neuberechnung ermögliche, sondern nur eine solche Kostenänderung, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht zu erwarten gewesen wäre. Zinssatzschwankungen herkömmlichen Ausmaßes seien aber Erscheinungen des Wirtschaftslebens, die zwar nicht exakt vorhersehbar, aber doch vernünftigerweise zu erwarten seien.
Rechtliche Beurteilung
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob für einen Antrag nach § 19 Abs 3 MRG die Anrufung der Schlichtungsstelle eine zwingende Prozeßvoraussetzung darstelle sowie ob auf Grund einer Änderung des Zinssatzes für Darlehen zur Finanzierung des Deckungserfordernisses eine Neuberechnung der zulässigen Hauptmietzinserhöhung vorgenommen werden dürfe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß seinem Antrag Folge gegeben werde.
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.
1. Zum Verfahren über einen Antrag nach § 19 As 3 MRG:
Gemäß § 19 Abs 4 MRG kann das Gericht (die Gemeinde) die Überprüfung der Einwendungen gegen die Hauptmietzinsabrechnung bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle geregelten weiteren Voraussetzungen der in § 19 Abs 3 MRG vorgesehenen späteren Entscheidung vorbehalten. Daraus folgt zunächst, daß in einem solchen Fall die Entscheidung nach § 19 Abs 3 MRG nichts anderes darstellt als die Fortsetzung des nach § 19 Abs 1 MRG eingeleiteten Verfahrens betreffend die Zulässigkeit der Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses, weil ja im Regelfall über die ausnahmsweise der späteren Entscheidung nach § 19 Abs 3 MRG vorbehaltene Frage, wie sich das Ergebnis der Hauptmietzinsabrechnung auf die zulässige Hauptmietzinserhöhung auswirkt, in einem zu entscheiden ist.
Die Bestimmung des § 19 Abs 3 MRG sieht aber eine Neuberechnung der zulässigen Erhöhung des Hauptmietzinses nicht nur für den oben genannten Fall des Vorbehaltes der Prüfung der Hauptmietzinsabrechnung vor, sondern auch für die Fälle, daß sich während oder nach der Durchführung der aufgetragenen Erhaltungsarbeit herausstellt, daß sich die veranschlagten Kosten geändert haben und daß daher die zur Finanzierung des Deckungserfordernisses bewilligte Einhebung des erhöhten Hauptmietzinses nicht ausreicht oder überhöht ist. Die Einheitlichkeit der in § 19 Abs 3 MRG für die genannten Fälle getroffenen Regelung, die insgesamt auf das Deckungserfordernis für bestimmte Erhaltungsarbeiten abstellt, durch deren Umfang das Verfahren nach § 19 Abs 1 MRG abgesteckt war, läßt es sachgemäß erscheinen, in allen diesen Fällen die Neuberechnung der zulässigen Hauptmietzinserhöhung lediglich als Fortsetzung des seinerzeit eingeleiteten Verfahrens anzusehen. Das bedeutet, daß die Entscheidung nach § 19 Abs 3 MRG dann - ohne vorangegangenes diesbezügliches Verfahren bei der Schlichtungsstelle - vom Gericht zu treffen ist, wenn das Gericht die Entscheidung nach § 19 Abs 1 MRG getroffen hatte.
2. Zum Sachbeschluß:
§ 19 Abs 3 MRG sieht eine Korrektur der seinerzeit bewilligten Hauptmietzinserhöhung unter anderem für den Fall vor, daß sich die veranschlagten Kosten der Erhaltungsarbeit geändert haben und daß daher die zur Finanzierung des Deckungserfordernisses bewilligte Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses nicht ausreicht oder überhöht ist. Zutreffend führte das Rekursgericht aus, daß zu den Kosten der Erhaltungsarbeit nach § 3 Abs 3 Z 1 letzter Satz MRG auch die mit der Aufnahme fremden Kapitals verbundenen notwendigen Geldbeschaffungskosten und - wie in der hier zu beurteilenden Rechtssache - Zinsen gehören. Dieser Grundsatz wird in § 18 Abs 1 Satz 1 MRG durch ausdrückliche Bezugnahme auf § 3 Abs 3 Z 1 MRG wiederholt. Eine Änderung des Zinssatzes für das zur Deckung des Erfordernisses aufgenommene Darlehen rechtfertigt daher grundsätzlich eine Neuberechnung der Hauptmietzinserhöhung nach § 19 Abs 3 MRG. Der Oberste Gerichtshof folgt damit der in seiner Entscheidung vom 11.4.1989, 5 Ob 99/88 (WoBl 1989, 96 [98]) ausgedrückten Rechtsmeinung, daß im Falle der Zulässigkeit pauschaler Veranschlagung von Geldbeschaffungskosten in denjenigen Fällen, in denen sich die erst in Zukunft vorgesehene Darlehensaufnahme noch nicht verläßlich abschätzen läßt und daher ihre Bedingungen und ihre Kosten sich nur prognostizieren lassen, eine Korrektur des veranschlagten Pauschalbetrages nach § 19 Abs 3 MRG möglich sei.
Das vom Rekursgericht zur Begründung der Abweisung des Antrages gebrauchte Argument, mit Zinssatzänderungen müsse immer gerechnet werden, überzeugt nicht, weil die Erhöhung des Hauptmietzinses einerseits nur, andererseits aber auch so weit erfolgen soll, als es zur Tilgung des Deckungserfordernisses notwendig ist. Insoweit gilt für die Verzinsung des aufgenommenen Darlehens nichts anderes als für die Werklöhne der durchzuführenden Arbeiten.
Im Gegensatz zu einem neuen Antrag nach § 19 Abs 1 MRG (wegen weiterer Arbeiten) hat die Neuberechnung nach § 19 Abs 3 MRG innerhalb des ursprünglichen Verteilungszeitraumes zu erfolgen, und zwar des "restlichen", also ab einem neuen Verrechnungsstichtag. Bis dahin muß (anschließend an den Stichtag der ursprünglichen Entscheidung) eine Abrechnung über die eingehobenen Hauptmietzinse vorgenommen werden. Nach dem danach sich ergebenden restlichen Gesamterfordernis wird für den restlichen Verteilungszeitraum nach den Regeln der vollen Mietzinserhöhung ein neues monatliches Deckungserfordernis und daraus der neue erhöhte Mietzins für die einzelnen Mietgegenstände errechnet (Würth-Zingher Miet- und Wohnrecht19 § 18 MRG Rz 23).
Im fortzusetzenden Verfahren wird das Erstgericht mit den Parteien im aufgezeigten Sinn mündlich zu verhandeln und sodann zu entscheiden haben.
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