OGH 5Ob64/87

OGH5Ob64/8714.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin P*** H*** MBH, Ferdinand Zuckerstätterstraße 269, 5303 Thalgau, vertreten durch Dr. Ernst Böhm, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegner 1) Martin W***, Spenglermeister, und 2) Trude W***, Hausfrau, beide Ferdinand Zuckerstätterstraße 269, 5303 Thalgau wohnhaft und beide vertreten durch Dr. Wolfgang Hochsteger, Rechtsanwalt in Hallein, wegen Feststellung der Angemessenheit des Mietzinses, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 31. März 1987, GZ 33 R 100/87-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Thalgau vom 17. Dezember 1986, GZ Nc 31/86-8, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekrus wird Folge gegeben.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Miteigentümer des Hauses Thalgau Nr. 269, das auf Grund einer nach dem 30. Juni 1953 erteilten Baubewilligung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet wurde. Für die Herstellung einer im Erdgeschoß dieses Hauses gelegenen Wohnung mit 6 Räumen ist ihnen nach dem Salzburger Wohnbauförderungsfondsgesetzes 1977 ein Annuitätenzuschuß von 6 % für ein Hypothekardarlehen der S*** L***

gewährt worden.

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin mehrerer im Dachgeschoß dieses Hauses neu eingebauter Büroräumlichkeiten und eines Kellerraumes. Dem auf die Zeit bis zum 31. Jänner 1989 geschlossenen Mietvertrag zufolge ist die antragstellende Hauptmieterin zur Zahlung eines wertgesicherten Nettomietzinses mit Einschluß des Betriebskostenpauschales von monatlich S 9.600,-- verpflichtet. Unter Berufung auf die von den Antragsgegnern verwendeten öffentlichen Förderungsmittel begehrt die antragstellende Hauptmieterin die Festsetzung eines angemessenen Hauptmietzinses von S 4.000,-- monatlich; sie hält den derzeit bezahlten Mietzins von S 120,-- netto pro Quadratmeter als überhöht.

Die Vermieter als Antragsgegner erachten diesen Antrag als unberechtigt, weil § 1 Abs 4 Z 1 MRG anzuwenden sei. Das Erstgericht wies den Antrag der Hauptmieterin ab, weil es die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG als gegeben erachtete. Es äußerte die Ansicht, daß die Verwendung öffentlicher Mittel zur Errichtung einer Wohnung innerhalb eines ohne Inanspruchnahme solcher Mittel errichteten Hauses den Ausnahmetatbestand weiterbestehen lasse; diese Bestimmung stelle ausdrücklich auf die Förderung von Gebäuden ab und ein Größenschluß aus der Förderung einer Wohnung innerhalb des Gebäudes sei nicht zulässig, so daß § 16 MRG hier nicht anwendbar sei. Das von der Hauptmieterin angerufene Gericht zweiter Instanz hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache mit dem Vorbehalt der Rechtskraft dieses Beschlusses zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurück. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht im wesentlichen an:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG unterliegen Mietgegenstände in Gebäuden, die ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel auf Grund einer nach dem 30. Juli 1953 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, nicht den Zinsbeschränkungen des MRG. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes stehe das Ausmaß der Förderung präzise fest. Es sei deshalb eine Rechtsfrage, ob die für die Herstellung der Wohnung mit 6 Räumen eingesetzten öffentlichen Mittel als eine Förderung mit öffentlichen Mitteln für das gesamte Gebäude zu gelten habe. Nach dem Salzburger Wohnbauförderungsfondsgesetz 1977, LGBl. 4/1978, sei es Aufgabe des Salzburger Wohnbauförderungsfonds, u.a. die Schaffung von Wohnraum durch Errichtung oder Erweiterung von Wohnungen, aber auch die Instandsetzung und Verbesserung von verbesserungswürdigen Altwohnungen in Häusern mit in der Regel höchstens 2 Wohnungen zu fördern. Hier sei die Errichtung einer Wohnung mit öffentlichen Mittel gefördert worden. Der Begriff Wohnung werde im MRG ebensowenig wie im früheren MG definiert. Es sei vielmehr von der Definition auszugehen, welche Bernat in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, Seite 104 gebe: Unter Wohnungen verstehe man nach dem allgemeinen Sprachgebrauch jenen abgeschlossenen räumlichen Bereich eines Hauses, in welchem jemand allein oder mit Angehörigen auf Dauer privat lebe. Sachenrechtlich sei die Wohnung ein unselbständiger Bestandteil des Hauses (MietSlg 37.235, 37.326). Wenn öffentliche Mittel für die Errichtung einer Wohnung beansprucht wurden, so seien diese Mittel für einen Bestandteil des Gebäudes eingesetzt worden. Damit sei aber die Hilfe öffentlicher Mittel der Errichtung des Gebäudes zugekommen, denn nach dem Gesetzeswortlaut komme es nicht darauf an, in welchem Ausmaß solche Mittel eingesetzt worden sind. Dies gelte auch dann, wenn diese Mittel lediglich einen Teil des zu errichtenden Gebäudes fördern sollten, wie etwa hier die Wohnung im Erdgeschoß. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG sei deshalb auf die Geschäftsräumlichkeiten, um die es hier gehe, nicht anzuwenden. Das Erstgericht müsse die Angemessenheit des Hauptmietzinses prüfen.

Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Vermieter mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Hauptmieterin begehrt in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Gebäude sind Bauwerke, die u.a. auch Wohn-, Geschäfts- oder gemischten Zwecken dienen können, während Wohnungen in sich baulich abgeschlossene Einheiten innerhalb solcher Gebäude sind (zum Wohnungsbegriff JBl 1987, 321, MietSlg 37.235 u.a., alle unter Berufung auf Bernat in Korinek-Krejci, Handbuch z. MRG 104 u.a.). Wirtschaftlich ist es durchaus möglich, die Herstellungskosten einer Wohnung im Rahmen der Gesamtkosten des Gebäudes exakt zu berechnen, so daß auch, wie es hier geschehen ist, Förderungsmittel bloß für die Herstellung einer Wohnung anläßlich der Errichtung des Gebäudes gewährt werden können. Es kann deshalb auch nicht gesagt werden, daß ein solches Gebäude jedenfalls auch in seinen übrigen Teilen, insbesondere den Geschäftsräumlichkeiten der Antragstellerin und den anderen Wohnungen, als "unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel" im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG errichtet anzusehen ist. Mit einer rein sachenrechtlich beurteilten Beziehung der beiden Begriffe Wohnung und Gebäude im Sinne dieser Gesetzesstelle, die das Rekursgericht als entscheidend ansah, ist die hier gestellte und von den Vorinstanzen verschieden gesehene Rechtsfrage nicht zu beantworten. Es kommt vielmehr auf die Zielsetzung des Gesetzes an. Der Zweck des Ausschlusses von Wohnungen und Geschäftslokalen von der bloß beschränkten Anwendung der Bestimmungen des MRG im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG liegt ausschließlich darin, daß Mietgegenstände - auf die allein kommt es an und nicht auf das Gebäude, in dem sie liegen -, die unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel nach dem genannten Stichtag errichtet wurden, dem vollen Anwendungsbereich des MRG unterstellt sind und dadurch wirtschaftliche Vorteile des Eigentümers in den gesetzlich determinierten Rahmen des MRG gehalten werden. Deshalb ist in richtiger teleologischer Reduktion im Sinne des § 1 Abs 4 Z 1 MRG lediglich auf die "ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel" hergestellten Mietgegenstände, nicht aber auf das Gebäude insgesamt mit Einschluß aller seiner selbständigen abgeschlossenen Einheiten (Wohnungen und Geschäftslokale) abzustellen. Diese Voraussetzung trifft bei dem Geschäftslokal und den Nebenräumlichkeiten, die die Antragstellerin gemietet hat, in Anbetracht der ausschließlich für die Herstellung der Wohnung im Erdgeschoß zu Hilfe gezogenen öffentlichen Mittel der Wohnbauförderung zu.

Aus diesen Erwägungen ist in Stattgebung des Revisionsrekurses der Vermieter der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

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