Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Dr. Richard S*** als Masseverwalter der beklagten Partei hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit der am 1. Oktober 1987 erhobenen Klage begehrte Erich B*** von Georg H*** die Bezahlung des Betrages von
S 135.400,-- sA (S 125.400,-- für rückständigen Mietzins und
S 10.000,-- aus dem Titel des Schadenersatzes für die unberechtigte Fällung einer Tanne) und die Räumung und Übergabe einer Liegenschaft. Der Beklagte habe am 18. September 1981 die dem Kläger gehörige Liegenschaft EZ 1149 KG Hagenbrunn gemietet. Da der Beklagte trotz wiederholter Mahnung mit der Zahlung des Mietzinses im Rückstand sei, begehre er die Zahlung des offenen Mietzinses und gemäß § 1118 ABGB die Räumung der Liegenschaft. Wegen des grundlos erfolgten Umschneidens einer Tanne sei ihm ein Schaden von
S 10.000,-- entstanden, dessen Ersatz er ebenfalls begehre. Da der Beklagte trotz ausgewiesener eigenhändiger Ladung zur Tagsatzung vom 4. November 1987 nicht erschienen war, fällte das Erstgericht ein Versäumungsurteil iS des Klagebegehrens (§ 442 ZPO). Dieses Urteil wurde von Dr. Richard S*** als zu 6 S 3/82 des Kreisgerichtes Korneuburg bestellter Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Beklagten bekämpft.
Das Gericht zweiter Instanz wies diese Berufung zurück. Der Masseverwalter verweise zwar zutreffend darauf, daß mit Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom 26. Jänner 1982, GZ 6 S 3/82 über das Vermögen des Beklagten der Konkurs eröffnet worden und noch nicht beendet sei, der von ihm weiters vertretenen Meinung, das gesamte Verfahren sei nichtig, weil ihm die Klage samt Ladung zur Tagsatzung vom 4. November 1987 nicht zugestellt worden sei, könne jedoch nicht beigetreten werden. Es sei nämlich von der Annahme auszugehen, daß der Bestandvertrag erst nach Konkurseröffnung abgeschlossen und vom Masseverwalter nicht genehmigt worden sei. Die relative Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners auf Grund des § 3 KO führe jedoch nicht zu einer allgemeinen Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit; er bleibe vielmehr im allgemeinen verpflichtungsfähig. Es seien nur die Masse betreffende Rechtshandlungen des Gemeinschuldners den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Der vom Beklagten während des Konkurses (ohne Zustimmung des Masseverwalters) geschlossene Bestandvertrag sei daher gegenüber dem Kläger als Vertragspartner wirksam und müsse in seinen Auswirkungen dazu führen, daß zufolge Nichtzahlung des Bestandzinses die Räumung des Bestandgegenstandes nach Aufhebung des Bestandvertrages gemäß § 1118 ABGB begehrt werden könne. Zahlungen, zu denen der Beklagte in diesem Zusammenhang verurteilt werde, träfen nicht die Masse; sie seien keine Konkursforderungen, weil sie nach Konkurseröffnung zustande gekommen seien, aber auch keine Masseforderungen, weil auf sie § 46 KO nicht zutreffe. Während des Konkursverfahrens werde daher eine Befriedigung nur im Rahmen konkursfreien Vermögens möglich sein (MietSlg. 32.862, 31.887). Da sich aus dem Gesagten ergäbe, daß die geltend gemachten Ansprüche nicht zur Konkursmasse gehöriges Vermögen beträfen, habe der Masseverwalter in diesem Verfahren keine Parteistellung. Seine Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Masseverwalters, der zulässig (§ 519 Abs. 1 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt ist.
In seinem Rekurs hält der Masseverwalter an seiner Rechtsmeinung fest, das erstgerichtliche Versäumungsurteil und das diesem vorangegangene Verfahren seien nichtig, weil es um ein Bestandrecht gehe, das in die Konkursmasse falle und der Rechtsstreit gegen den Gemeinschuldner nicht hätte anhängig gemacht werden dürfen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß dem Gemeinschuldner durch die Konkurseröffnung die Verfügung über die Masse entzogen wird und die Konkurseröffnung eine doppelte Verfügungsbeschränkung für den Gemeinschuldner mit sich bringt, nämlich eine in der Übernahme der Verwaltung durch den Masseverwalter gelegene tatsächliche und eine unmittelbar mit der Konkurseröffnung verbundene rechtliche, die sich in der relativen Unwirksamkeit von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners äußert. Letztere führt gemäß § 3 KO - entgegen der Ansicht des Rekurswerbers - nicht zu einer allgemeinen Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Gemeinschuldners. Dieser bleibt vielmehr vollkommen verpflichtungsfähig; seine die Masse betreffenden Rechtshandlungen sind allerdings den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam (Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4, Rz 188;
Holzhammer, Österr. Insolvenzrecht2, 13; SZ 34/72; EvBl. 1973/165;
MietSlg. 32.862 ua), sie sind daher nicht nichtig und auch nicht anfechtbar (Feil, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung2, Rz 1 zu § 3 KO unter Berufung auf Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 459; SZ 41/71). Eine nach Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner vorgenommene Rechtshandlung hat also im Verhältnis zwischen dem Gemeinschuldner und dem beteiligten Dritten ihre volle Wirkung (Wegan, Österr. Insolvenzrecht, 92; Bartsch-Heil, aaO, Rz 189). Der vom Beklagten während des Konkurses mit dem Kläger abgeschlossene Bestandvertrag ist daher dem Kläger gegenüber voll wirksam; die den Konkursgläubigern gegenüber bestehende (relative) Unwirksamkeit dauert allerdings über den Konkurs hinaus nicht fort (EvBl. 1973/165 = MietSlg. 25.660), sodaß für den Kläger die Möglichkeit besteht, nach Aufhebung des Konkurses Exekution zu führen. Der Kläger hat allerdings - die Rechtswirksamkeit des Versäumungsurteiles vorausgesetzt - auch das Recht, schon während des Konkurses seine Zahlungsansprüche gegen den Beklagten in dessen konkursfreies Vermögen zu vollstrecken (vgl. SZ 53/92 = EvBl. 1981/103; MietSlg. 32.862). Die dem Kläger aus dem Versäumungsurteil zustehenden Zahlungsansprüche - sowohl aus dem Bestandvertrag als auch aus dem deliktischen Verhalten des Beklagten - sind erst nach Konkurseröffnung entstanden. Damit sind sie aber auch nicht Konkursforderungen iS des § 1 Abs. 2 KO, weil zu diesen - von wenigen hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich nur solche vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Gemeinschuldner zählen, die zur Zeit der Konkurseröffnung schon bestanden haben; Forderungen gegen den Gemeinschuldner, die erst während des Konkursverfahrens entstehen - und nicht zu den Masseforderungen gehören -, sind keine Passiven der Konkursmasse und nehmen daher auch nicht am Konkursverfahren teil; da sie das zur Konkursmasse gehörende Vermögen überhaupt nicht betreffen, sind sie nicht gegen den Masseverwalter, sondern nur gegen den - insoweit voll verfügungsberechtigten - Gemeinschuldner geltend zu machen (SZ 53/92 = EvBl. 1981/103; MietSlg. 35.902/8 je samt Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung). Nach der hier im Sinne der §§ 442, 396 ZPO maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage wurde der vom Beklagten mit dem Kläger abgeschlossene Bestandvertrag vom Masseverwalter nicht genehmigt. Der Masseverwalter hat auch nicht den Vorteil aus diesem Vertrag der Konkursmasse zugewendet, sodaß diese auch nicht für die Forderungen aus dem Vertrag haftet. Die mit dem Bestandvertrag zusammenhängenden Forderungen des Klägers stellen sich daher - wie das Berufungsgericht auch zutreffend erkannte - auch nicht als Masseforderungen iS des § 46 KO dar. Insoweit unterscheidet sich das für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles maßgebliche Sachverhaltsbild von dem der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 14. Juni 1988, GZ 2 Ob 544/88, zugrunde liegenden Sachverhalt, bei dem die Frage, ob das nach Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner abgeschlossene, der Klageforderung zugrunde liegende Rechtsgeschäft eine gemäß § 3 KO unwirksame Rechtshandlung des Gemeinschuldners dargestellt hat, nicht eindeutig bejaht, aber auch nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnte, und bei dem dem Masseverwalter nicht von vornherein verwehrt werden konnte, im Wege einer Berufung gegen das Versäumungsurteil seine Einwendungen geltend zu machen. Schuldet aber nur der Gemeinschuldner den Bestandzins (aus dem dem Bestandgeber gegenüber voll wirksamen Bestandvertrag) so kann der Kläger auch nur diesen wegen Aufhebung des Bestandvertrages infolge Nichtzahlung des Bestandzinses (§ 1118 ABGB) in Anspruch nehmen. Das Berufungsgericht hat somit ohne Rechtsirrtum die Passivlegitimation des Masseverwalters sowohl hinsichtlich des Zahlungs- als auch des Räumungsbegehrens verneint.
Auch aus der Rüge des Rekurswerbers, daß das Versäumungsurteil keinen Hinweis auf die Beschränkung der Vollstreckbarkeit in das konkursfreie Vermögen des Beklagten enthält und zu befürchten sei, daß der Kläger, dem ja die pfandweise Beschreibung der im Bestandobjekt befindlichen, dem Beklagten und seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienmitgliedern gehörigen Fahrnisse bewilligt worden sei, versuchen werde, auf zur Konkursmasse gehörendes Vermögen zu greifen, ist für ihn nichts zu gewinnen. Gemäß § 10 KO kann nämlich nach der Konkurseröffnung wegen einer Forderung gegen den Gemeinschuldner an den zur Konkursmasse gehörigen Sachen kein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erworben werden. Ein solcher nach Konkurseröffnung gestellter Exekutionsantrag wäre daher - allenfalls auch noch im Rechtsmittelverfahren, in dem der Hinweis auf die vom Exekutionsbewilligungsgericht übersehene Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten auch nicht als Verstoß gegen das auch im Exekutionsverfahren geltende Neuerungsverbot angesehen werden könnte, - von Amts wegen abzuweisen (Heller-Berger-Stix 114 f). Sollte der Kläger - nach Rechtskraft des Versäumungsurteiles, das dem Beklagten selbst ja bisher noch nicht zugestellt worden ist - im Falle der Einleitung eines Exekutionsverfahrens während des Konkurses es unterlassen, bereits im Exekutionsantrag die Gründe nachzuweisen, aus denen er die Exekution ausnahmsweise für zulässig hält (Heller-Berger-Stix 116), ist keine Schmälerung der Konkursmasse zu befürchten. Die vom Masseverwalter in seiner Berufung in letzter Linie angestrebte urteilsmäßige Beschränkung der Haftung des Beklagten bloß mit bestimmten Vermögensteilen ist somit keine im Titelverfahren zu lösende Rechtsfrage, sie gehört vielmehr in das Exekutionsverfahren. Aus der Fassung des dem Klagebegehren entsprechenden Urteilstenors des Versäumungsurteiles des Erstgerichtes läßt sich somit auch nicht die Parteistellung des Masseverwalters ableiten.
Die Zurückweisung der Berufung des Masseverwalters durch das Berufungsgericht entspricht somit der Sach- und Rechtslage. Dem Rekurs konnte daher kein Erfolg beschieden sein. Die Entscheidung über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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