Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neue Entscheidung über die Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Zeit vom 1.Oktober 1988 bis 30.April 1989 unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 29.4.1986 (ON 34) war der Vater ab 21.6.1985 zu monatlichen Unterhaltsleistungen für den Mindejährigen in Höhe von 4.500 S verpflichtet worden. Am 18.4.1989 beantragte der Vater diese Unterhaltsverpflichtung rückwirkend ab 1.9.1988 auf monatlich 2.800 S herabzusetzen (ON 37). Das Erstgericht reduzierte die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1.10.1988 auf monatlich 2.800 S und wies das Herabsetzungsmehrbegehren für September 1988 ab.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß, der hinsichtlich der Abweisung des Herabsetzungsbegehrens für September 1988 sowie der Reduzierung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1.5.1989 auf monatlich 2.800 S unbekämpft blieb, im übrigen, d.i. in Ansehung der Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Zeit vom 1.10.1988 bis 30.4.1989, dahin ab, daß der dies betreffende Herabsetzungsantrag zurückgewiesen wird. Dies geschah aus nachstehenden Erwägungen:
Die Frage der Unterhaltsreduzierung im außerstreitigen Verfahren sei bisher einhellig dahin gelöst worden, daß eine Unterhaltsenthebung bzw eine Herabsetzung für die Vergangenheit nicht möglich sei (EFSlg 54.309, 54.311 ua) und im übrigen maßgeblich der Tag der betreffenden Antragstellung sei, sodaß die Herabsetzung der bestehenden Unterhaltspflicht bzw der Ausspruch ihres Erlöschens mit Wirksamkeit des auf den Tag der Antragstellung folgenden Monatsersten zu erfolgen habe (EFSlg 54.308, 54.310 ua). Im Hinblick auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über den Anspruch auch auf rückwirkenden Unterhalt werde nunmehr auch die Meinung vertreten, was für die rückwirkende Unterhaltserhöhung gelte, müsse auch für eine rückwirkende Herabsetzung der Unterhaltspflicht bzw gänzliche Enthebung von einer solchen maßgeblich sein. Der Meinung, daß ein Unterhaltstitel rückwirkend reduziert bzw gänzlich außer Kraft gesetzt werden könne, sei grundsätzlich beizupflichten. Dabei handle es sich aber um keine Änderung der bisherigen Rechtslage. Eine solche Möglichkeit habe auch bisher schon bestanden. Änderten sich nachträglich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse im Sinne einer Einschränkung bzw des Wegfalles der finanziellen Leistungsfähigkeit des Alimentationspflichtigen oder eines eigenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten, so habe der Verpflichtete nach wie vor die Möglichkeit, diese Umstände geltend zu machen, und zwar durch Feststellungsklage nach § 228 ZPO oder, falls aufgrund des Unterhaltstitels bereits Exekution geführt werde, durch Oppositionsklage nach § 35 EO, somit aber im streitigen Verfahren. Das gelte auch für jene Titel, die im außerstreitigen Verfahren geschaffen worden seien. Es sei nicht einzusehen, was sich an dieser bisher unbestrittenen verfahrensrechtlichen Situation dadurch geändert haben sollte, daß der Oberste Gerichtshof die materiellrechtliche Frage des rückwirkenden Unterhaltsanspruches in Abgehung von der bisherigen Rechtsprechung anders löse. Der Rekurssenat halte daher an der bisherigen Rechtsprechung fest, daß die rückwirkende Reduzierung eines Unterhaltstitels bzw dessen gänzliche Beseitigung nur auf dem streitigen Rechtsweg möglich sei. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist auszuführen, daß die Frage, ob über ein die Vergangenheit betreffendes Unterhaltsherabsetzungsbegehren im außerstreitigen oder streitigen Verfahren zu entscheiden ist, eine verfahrensrechtliche Frage und nicht den Unterhaltsbemessungskomplex betrifft (EvBl 1965/370; SZ 38/159; RZ 1975/89 ua).
Was die Berechtigung des Revisionsrekurses anlangt, so ist davon auszugehen, daß nach der seit dem Judikat 237 (GlUNF 7608) ständigen Rechtsprechung (vgl etwa SZ 49/78, SZ 50/17 und 133, 1 Ob 588/82;
s. auch Fasching, Kommentar I 136) über auf dem Gesetz beruhende Unterhaltsansprüche pflegebefohlener Kinder gegen ihren ehelichen Vater grundsätzlich im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. Das gilt nicht nur für Unterhalts(erhöhungs)begehren der pflegebefohlenen Kinder, sondern auch für Begehren des Vaters, seine Unterhaltsleistungspflicht herabzusetzen oder für erloschen zu erklären (AnwZ 1936, 96 ua, zuletzt etwa SZ 58/26; s.auch Fasching aaO). Eine vor einem Ansuchen um Exekution überreichte Klage des Vaters auf Feststellung des teilweisen oder gänzlichen Erlöschens des Unterhaltsanspruches des pflegebefohlenen Kindes müßte wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen werden (Heller-Berger-Stix 378; anders ist die Rechtslage im Exekutionsstadium: Heller-Berger-Stix 378 f, Fasching aaO). Dabei macht es für die Frage der Abgrenzung zwischen streitigem und außerstreitigem Verfahren nach Auffassung des erkennenden Senates keinen Unterschied, ob sich das Unterhalts(erhöhungs)begehren des Kindes oder das Begehren des Vaters, seine Unterhaltsleistungspflicht herabzusetzen oder für erloschen zu erklären, auch oder nur auf einen Zeitraum vor der Antragstellung bezieht. Soweit vor der Entscheidung eines verstärkten Senates vom 9.6.1988, 6 Ob 544/87 (EvBl 1988/123), gefällten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes etwas anderes zu entnehmen ist (s.insb.SZ 38/159), kann diesen nicht gefolgt werden. Es ist vor allem nicht ersichtlich, warum (vor Einleitung eines Exekutionsverfahrens) die Rechtskraft eines im außerstreitigen Verfahren ergangenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses nur die Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage offenlassen sollte, werden doch nachträgliche Änderungen des rechtserzeugenden Sachverhaltes von der Rechtskraft nicht erfaßt (vgl SZ 58/26).
Da im gegenständlichen Fall ein Exekutionsverfahren noch nicht anhängig ist und die Zurückweisung des Antrages des Vaters somit zu Unrecht erfolgte, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.
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